Protocol of the Session on June 7, 2000

Wenn nun Frau Warnicke auf die Mischarbeitsplätze im Zusammenhang mit dem Umzug zu sprechen kommt, so möchte ich an dieser Stelle noch einmal

(Angelika Birk)

daran erinnern, dass wir Grünen uns darüber hinaus gern mehr Synergieeffekte von einem Bürgerrechtsbüro versprechen. Alle diejenigen nämlich, die in den unterschiedlichen Funktionen tätig sind - sei es der Beauftragte für die Menschen mit Behinderung, sei es das Thema des Kinderbeauftragten oder auch der Gleichstellung von Schwulen und Lesben, für alle weiteren Themen, bei denen es um Diskriminierung, um strukturelle Probleme geht -, könnten in einem Bürgerrechtsbüro gebündelt werden, ohne dass die einzelnen Beauftragten damit Rechte verlieren.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Man könnte vielmehr alles das, was hier gemeinsam genutzt werden kann - Personal und Sachmittel -, auch tatsächlich gemeinsam nutzen, gemeinsame Sprechstunden einrichten und damit auch verwirrende Instanzenwege zwischen den Beauftragten abkürzen.

Die rheinland-pfälzische Lösung wurde hier ebenfalls in diesem Zusammenhang bereits angesprochen, was die Synergieeffekte mit dem Eingabenausschuss angeht. Auch diesen Gedanken finden wir noch beratenswert. Wir sollten das Thema, wie wir zukünftig das Büro der Bürgerbeauftragten organisieren, aus Anlass des Berichts im Sozialausschuss besprechen. Allerdings möchte ich keinen Zweifel daran aufkommen lassen: Die gute Zusammenarbeit mit Frau Warnicke, die ich auch ganz persönlich erfahren konnte, erfüllt mich mit großem Dank. Ich darf das hier auch für die Fraktion der Grünen insgesamt sagen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Wir wissen ja, Frau Warnicke, dass kein Amt ewig währt und dass Sie uns hiermit wahrscheinlich auch den letzten Bericht aus Ihrer persönlichen Feder vorgelegt haben. Ich möchte mich an dieser Stelle umso herzlicher bedanken und Ihnen die Gewissheit geben: Vonseiten der Grünen wird das Amt der Bürgerbeauftragten vielleicht verändert, aber keineswegs geschwächt, sondern gestärkt werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Hinrichsen.

(Unruhe)

Vielleicht darf ich darum bitten, die relative Ruhe, die wir bis jetzt bewahrt haben, auch noch bis 18:00 Uhr durchzuhalten.

Sie haben das Wort, Frau Hinrichsen!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Fünfte Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten ist für mich zwar der erste Bericht von Frau Warnicke, den ich gelesen habe, aber ich habe mir erzählen lassen, dass die vorherigen genauso gut waren. Für mich als neues Mitglied hier im Hause war und ist dieser Bericht eine echte Bereicherung. Er versteht es nämlich in hervorragender Weise, die generellen Probleme in den speziellen Sachverhalten zu erkennen und hervorzuheben.

Die Aufgabe der Bürgerbeauftragten ist es, bei konkreten Problemstellungen konkrete Hilfe zu leisten. Unsere Aufgabe aber ist es, die grundlegenden Probleme hinter den Einzelfällen zu erkennen und gegebenenfalls Abhilfe zu schaffen. Dafür ist nach unserer Ansicht der vorliegende Bericht eine ganz tolle Vorlage. Dafür sei Ihnen, Frau Warnicke, persönlich, aber auch Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern herzlich gedankt!

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist jetzt am Landtag - vor allem am Sozialausschuss -, die Konsequenzen aus dem Bericht zu ziehen und gegebenenfalls Weiteres zu veranlassen. Das müssen nicht unbedingt gleich Gesetzesinitiativen sein, sondern das kann auch auf anderen Ebenen stattfinden. Die Hinweise der Bürgerbeauftragten auf rechtswidrige Einbehaltungen bei der Sozialhilfe zum Beispiel sollten nach unserer Ansicht den Sozialämtern des Landes mitgeteilt werden, damit es zukünftig nicht mehr zu solchen Fehlentscheidungen kommen kann.

Häufig wäre auch viel gewonnen, wenn es uns gelänge, ein Stück Aufklärungsarbeit zu leisten, um die falsche Behandlung der Bürgerinnen und Bürger zu vermeiden. Dies scheint nicht zuletzt für den Gesundheitsbereich zu gelten.

Erschreckend ist es eigentlich, dem Bericht zu entnehmen, dass bei den Krankenversicherungen die Leistungseinschränkungen den Versicherten nicht vorab mitgeteilt werden, sondern dass Veröffentlichungen hierfür ausreichend sind. Erst nach Inanspruchnahme von ärztlicher Hilfe oder anderer Hilfe wird dem Versicherten ab und zu bekannt gemacht, dass diese Leistungen nicht mehr von der Krankenversicherung bezahlt werden. Außerdem zeigt der Bericht, dass zulasten der Versicherten auch versucht wird, Leistungen nicht weiter zu erbringen. Hier sollten wir alle einen Beitrag leisten, indem wir das

(Silke Hinrichsen)

Bewusstsein der Bürgerinnen und Bürger für ihre Rechte stärken.

(Beifall beim SSW)

Die bereits von meinen Vorrednern genannten Beispiele aus dem Bericht und die im Augenblick hier noch nicht erwähnten Fälle werden wir im Ausschuss näher erläutern.

Der vorliegende Bericht hat wieder einmal deutlich gemacht, wie sehr wir Sie, Frau Warnicke, beziehungsweise eine Bürgerbeauftragte benötigen. Der SSW ist nach wie vor der Ansicht, dass ein Ausbau der Position der Bürgerbeauftragten notwendig ist, um bestehende Möglichkeiten zur Unterstützung der Bürger auszuschöpfen.

(Beifall bei SSW und SPD)

Unsererseits sehen wir aber auch noch weiteren dringenden Bedarf, die Arbeit des Eingabenausschusses des Landtages mit der Tätigkeit der Bürgerbeauftragten besser zu verzahnen.

Der Fünfte Tätigkeitsbericht der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten war zugleich der offiziell letzte Bericht, den Frau Warnicke vorlegen darf. Sie hat vorhin erzählt, dass sie im Februar nächsten Jahres ihre Tätigkeit voraussichtlich einstellen wird. Der SSW möchte Ihnen deshalb gern für Ihre ganz tolle Arbeit danken und wir wünschen Ihnen auch für die Zukunft alles Gute, Frau Warnicke!

(Beifall im ganzen Hause)

Das Wort hat Frau Ministerin Moser.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch der Fünfte Bericht, sehr geehrte, liebe Frau Warnicke, zeigt deutlich, wie wichtig die Institution „Bürgerbeauftragte“ ist - zum einen für die Bürgerinnen und Bürger selbst, zum anderen aber auch für die Verwaltung. Durch Ihre Tätigkeit, liebe Frau Warnicke, ist es nicht nur möglich, in Einzelfällen zu helfen - davon gibt der Bericht beredtes Zeugnis -, sondern es ist auch möglich, Regelungsbedarf zu entdekken und den Gesetzgeber oder die Verwaltung darauf aufmerksam zu machen.

Dafür bin ich Ihnen und Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wie in den letzten Jahren besonders dankbar.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Wir sollten vielleicht auch dankbar dafür sein, dass diejenigen, die gewisse Defizite und Fehlentwicklungen zum Beispiel im Rahmen der Pflegeversicherung mit zu verantworten haben, jetzt Abhilfe anmahnen. Ich hoffe, es fühlen sich einige angesprochen.

(Beifall des Abgeordneten Andreas Beran [SPD])

Lassen Sie mich noch einen Hinweis geben: Ich bitte um etwas mehr Ehrlichkeit - jeder mit sich selbst und wir alle miteinander. Wenn wir hier Leistungsbereitschaft, größeren Leistungsumfang von Sozialverwaltung und -versicherung anmahnen und einfordern, müssen wir uns darüber auch im Klaren sein, wenn wir uns bei der nächsten Rede hier hinstellen und sagen: Hier muss gespart werden und der Sozialstaat ist in dieser Form nicht mehr finanzierbar.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

So viel Ehrlichkeit sind wir insbesondere auch der Bürgerbeauftragten schuldig.

Ich möchte konkret auf einige Punkte in Ihrem Bericht eingehen. Sie fordern mein Haus auf, eine Bundesratsinitiative zum Bundeserziehungsgeldgesetz zu starten. Für die Forderung wäre zwar eigentlich das Jugendministerium Adressat gewesen. Wichtig ist aber, dass sich inzwischen etwas getan hat. Im neuen Bundeserziehungsgeldgesetz ist der entsprechende Paragraph geändert worden. Um den Erziehungsgeldbescheid bei Einkommensverringerung gab es immer wieder Streit; die Regelungen waren unklar. Jetzt ist klar geregelt, dass bei einer Einkommensminderung von mindestens 20 % das Erziehungsgeld auf Antrag neu zu ermitteln ist. Damit wissen alle, woran sie sind.

In einem weiteren Punkt weisen Sie auf ungerechtfertigte Einbehaltung bei vom Empfänger nicht zu verantwortenden Überzahlungen der Sozialämter hin. Wir teilen Ihre Rechtsauffassung und die Sozialämter haben - wie wir schon hörten - ihre Bescheide ja auch zurückgenommen, korrigiert. In Zukunft müssen solche Fehlentscheidungen vermieden werden. Deshalb haben wir dieses Thema auf die Tagesordnung der nächsten Sitzungen der Arbeitsgemeinschaft der Sozialamtsleiterinnen und -leiter gesetzt, um hier ein einheitliches und bürgerfreundliches Verwaltungshandeln im Lande sicherzustellen.

Meine Damen und Herren, liebe Frau Warnicke, auf dem Feld der Pflegequalitätssicherung und auf dem Feld der Stärkung der Betroffenen streiten wir gemeinsam. Ich glaube, wir sind da ein gutes Stück vorangekommen, übrigens auch mit Hilfe der öffentlichen Debatte, die zu diesem Thema geführt worden

(Ministerin Heide Moser)

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Ausschussdienst und Stenographischer Dienst

ist. Die Referentenentwürfe für ein Pflegequalitätssicherungsgesetz und ein Heimbewohnerschutzgesetz liegen inzwischen vor. Sie enthalten die von Ihnen und auch von uns hier im Hause häufiger beredeten Regelungen, die unter anderem auch einen Pflege-TÜV ermöglichen. Im Sinne der Pflegebedürftigen muss uns allen daran liegen, dass Prävention und Beratung Vorrang vor Intervention und Kontrolle erhalten, die erst greifen, wenn die Zustände schon eingetreten sind.

(Beifall)

Hier setzt auch das Aktionsprogramm des Landespflegeausschusses und die Pflegequalitätsoffensive meines Hauses - ich denke, dass ich das so sagen kann - Maßstäbe, Maßstäbe auch deshalb, weil sie schnell zu konkreten Verbesserungen führen, und zwar ab sofort, wenn alle konstruktiv daran mitarbeiten. Deshalb bin ich auch für die Ankündigung konstruktiver politischer Begleitung seitens der Opposition dankbar.

Die Bürgerbeauftragte hat ein weiteres Thema angesprochen, das immer wieder auch in der Öffentlichkeit behandelt wird, nämlich die unzureichende Unterbringung von Pflegebedürftigen in Einzelzimmern. Auch wir beurteilen diesen Zustand als unbefriedigend und wir werden prüfen, inwieweit eine Änderung der Landespflegegesetzverordnung hier zu einer Verbesserung führen kann.

Ein letzter Punkt, den ich ansprechen möchte, ist der häufige Streitfall, wer für die Kosten bei der Beschulung von Kindern, Schülerinnen und Schülern mit Behinderung zuständig ist, der Schulträger oder der Sozialhilfeträger. Hier haben wir gemeinsam mit dem Bildungs- und Jugendministerium Kriterien entwickelt, die in Zukunft zumindest die Zahl der Streitfälle reduzieren sollen.

(Unruhe)

Meine Damen und Herren, liebe Frau Warnicke, diese wenigen Punkte sollten zeigen, wie viel auch und vor allem dank des Einsatzes der Bürgerbeauftragten in Bewegung gesetzt wird, gesetzt werden kann, im Sinne bürgerfreundlicher Regelungen und der entsprechenden Verwaltung. Die Institution der Bürgerbeauftragten hat sich nicht nur bewährt, sie hat erfolgreichste

Arbeit geleistet und das hängt natürlich auch mit der Person zusammen, die diese Institution mit Leben erfüllt hat. Liebe Frau Warnicke - wir haben es schon mehrfach gehört -, das war vermutlich der letzte Bericht aus Ihrer Feder; deshalb ein ganz besonderer Anlass, einen ganz besonderen Dank heute von dieser Stelle an Sie und Ihr Haus zu richten.

(Beifall im ganzen Haus)