Protocol of the Session on November 14, 2001

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die antragstellende Fraktion der CDU erteile ich dem Kollegen Hans-Jörn Arp.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der 11. September 2001 hat unsere Welt verändert. Die Ereignisse haben uns alle tief getroffen und wir verfolgen alle Tag für Tag die weiteren Schrekkensmeldungen. Deshalb ist es richtig, dass auch wir in Deutschland alle Anstrengungen unternehmen, um die Menschen in Deutschland so gut wie möglich vor terroristischen Gewaltakten zu schützen. Dass dies nicht zum Nulltarif zu haben ist, war und ist klar.

Gleichwohl bedeutet diese Einsicht nicht ein weiteres automatisches Drehen an der Steuerschraube; denn während Amerika trotz sehr viel größerer Folgelasten die Steuerlasten senkt, erschöpft sich die Fantasie der rot-grünen Bundesregierung offensichtlich in Steuererhöhungen. Dabei ist es schon bedenklich, wenn man feststellt, dass trotz eines Gesamthaushalts mit einem Volumen von rund 500 Milliarden DM nicht einmal 3 Milliarden DM für die Bekämpfung des Terrorismus aufzubringen sind. Das ist nicht nur ein Armutszeugnis, sondern obendrein leider auch eine Mogelpackung. Offiziell soll für Bundeswehr, Bundesgrenzschutz, Polizei und Staatsschutzorgane ein Betrag von 3 Milliarden DM über zusätzliche Steuern neu erhoben werden, ein Betrag, der allein der Bundeswehr in den letzten Jahren durch Fehlentscheidungen der amtierenden Bundesregierung entzogen beziehungsweise nicht bewilligt wurde.

(Hans-Jörn Arp)

Festzustellen ist: Im Ergebnis beschafft sich der Bundesfinanzminister durch die Erhöhung von Tabak- und Versicherungsteuern nicht 3 Milliarden DM, sondern allein durch die Erhöhung der Tabaksteuer in zwei Stufen 5,6 Milliarden DM, gerechnet auf einen Verbrauch von 1.400 Milliarden Zigaretten im Jahr und einer Tabaksteuererhöhung von 4 Pfennig. Dabei müsste auch Rot-Grün klar sein, dass durch die Zusatzsteuer der kleine Mann besonders betroffen wird, während der lebensfrohe Nochkanzler weiterhin beschwingt kubanische Zigarren rauchen kann.

Aber damit nicht genug. Auch die Versicherten sollen zur Kasse gebeten werden. 1.000 Millionen DM jährlich soll der Beitrag der Versicherungsnehmer sein. Auch hier ist wieder der kleine Mann besonders getroffen.

Addiert man die so gerechneten Beträge, kommt man auf 6,6 Milliarden DM zusätzliche Mehrbelastung pro Jahr - netto, versteht sich von selbst. Schlägt man die Mehrwertsteuer richtigerweise oben drauf - was Ihnen, Herr Möller, als Landesfinanzminister auch bei der Ökosteuer ganz recht ist -, dann beläuft sich der Gesamtbetrag auf rund 7 Milliarden DM.

(Zuruf von der CDU: Hört, hört!)

Das Konzept einer so spürbaren Steuererhöhung dürfte dabei schon längst vor der Katastrophe von New York in den Schubladen von Herrn Finanzminister Eichel gelegen haben. Hier entsteht ein besonders bitterer Beigeschmack. Sie, meine Damen und Herren von der hiesigen Regierungsbank, unterstützen ihn dabei auch noch. Dabei wissen Sie doch selbst um die schädliche Signalwirkung einer solchen Steuererhöhung.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Denn jede Steuererhöhung - Herr Kollege Neugebauer, hören Sie jetzt einmal einen Augenblick zu schöpft Werte ab und senkt die Kaufkraft.

(Günter Neugebauer [SPD]: Aber Rauchen gefährdet die Gesundheit!)

Das ist aber genau das, was Deutschland im Moment nicht gebrauchen kann.

(Beifall bei CDU und FDP)

Im Gegenteil. Wir brauchen weniger Vorschriften, niedrigere und gerechtere Steuersätze, damit zusätzliche Arbeitsplätze gesichert werden beziehungsweise entstehen können.

(Uwe Eichelberg [CDU]: Sehr richtig!)

Demgegenüber wirken Steuererhöhungen auf das Konjunkturklima dämpfend. Dies ist insbesondere in

den Zeiten einer bevorstehenden Rezession mehr als kontraproduktiv.

(Beifall bei CDU und FDP)

Deshalb muss sich auch Schleswig-Holstein gegen solche Pläne wehren. Wenn Sie dies nicht tun und einmal wieder bedingungslos dem rot-grünen Bündnis in Berlin folgen, dann tragen Sie, meine Damen und Herren von der rot-grünen Landesregierung, eine direkte Mitverantwortung für eine weitere Abflauung der Konjunktur auch bei uns in Schleswig-Holstein.

(Beifall bei CDU und FDP)

Über 400 Millionen DM weniger Einnahmen in diesem und im nächsten Jahr allein für SchleswigHolstein sind das Ergebnis falscher rot-grüner Finanzpolitik im Bund wie im Land.

(Beifall bei CDU und FDP)

Sie sind pleite, verkaufen Tafelsilber, erhöhen die Kreditaufnahme und bekommen trotz steigender Steuereinnahmen die Enden nicht zusammen. Das geschieht nach dem Motto: Paffen für Waffen und Rasen für die Rente. - Das sind nicht die Patentrezepte zur Genesung unserer Wirtschaft.

(Beifall bei der CDU)

Dass es auch anders geht, zeigen die leidgeprüften Vereinigten Staaten von Amerika. Sie haben als Reaktion auf die Anschläge vom 11. September ein Investitionsprogramm zur Stärkung der Binnennachfrage eingeleitet, eingebettet in umfangreiche Steuersenkungen der Regierung Bush. Wir sollten von Amerika lernen, denn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und die Geldwertstabilität dort beweisen die finanzpolitische Kompetenz.

Wir werden den Antrag der FDP-Fraktion unterstützen und bitten Sie, alle Möglichkeiten zu nutzen, diese Steuererhöhungen zu verhindern.

(Beifall bei CDU und FDP)

Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Günter Neugebauer.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der von mir ansonsten sehr geschätzte Kollege Arp hat wieder einmal mehr bewiesen, wie schlecht es um das Erinnerungsvermögen - zumindest in CDUKreisen - gestellt ist.

(Heinz Maurus [CDU]: Ach, Herr Neuge- bauer!)

(Günter Neugebauer)

Deswegen will ich den Ausführungen, Herr Maurus,

(Heinz Maurus [CDU]: Wessen Ausführun- gen?)

zwei Fakten entgegenhalten. Erster Fakt: Die 1998 abgewählte Bundesregierung von CDU/CSU und FDP hat in Ihrer Regierungszeit von 1983 bis 1998 die Steuern in Deutschland 19-mal erhöht. Sie haben es fertig gebracht, den Nachkriegsrekord in der Steuerbelastung für Normalverdiener zu erreichen, die kleinen Leute, die Sie, Herr Arp, jetzt eben hervorgehoben haben. Die haben Sie belastet wie noch nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland.

(Heinz Maurus [CDU]: Unsere Steuerre- formvorschläge sind an Ihnen total vorbeige- gangen!)

Von diesen 19 Steuererhöhungen entfallen zwei auf die Tabaksteuer und eine auf die Versicherungsteuer.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Zweiter Fakt: Die eigentlichen Steuersenkungsparteien in Deutschland sind Rot und Grün.

(Widerspruch bei der CDU - Heinz Maurus [CDU]: Mit der Ökosteuer an der Spitze!)

Wie alle klugen Leute in Deutschland wissen Sie, dass Rot und Grün oder SPD und Grüne 1998, unmittelbar nach dem Regierungswechsel, die größte Steuerreform in der deutschen Geschichte auf den Weg gebracht haben.

(Heinz Maurus [CDU]: Nachdem sie vorher blockiert haben bis zum Geht-nicht-mehr! Das müssen Sie aber auch sagen!)

Allein in diesem Jahr werden die Steuerzahler und Unternehmen in Deutschland um 45 Milliarden DM entlastet.

(Zuruf von der CDU: Das merkt keiner!)

In den letzten Tagen haben wir leider Einbrüche bei den Steuereinnahmen verzeichnen müssen. Das liegt doch nicht nur an der konjunkturellen Entwicklung, sondern auch daran, dass die Steuerreform im Volumen viel höher ausgefallen ist als vorher prognostiziert.

Weil das so ist, weil SPD und Grüne die eigentlichen Steuersenkungsparteien in Deutschland sind, fällt es uns - daraus mache ich gar kein Hehl - besonders schwer, der moderaten, maßvollen Erhöhung von Tabaksteuer und Versicherungsteuer zuzustimmen.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

- Im Übrigen, Herr Gerg

(Zurufe: Garg!)

- Garg, Entschuldigung! -, sage ich gern als Nichtraucher: Man kann sich der Erhöhung der Tabaksteuer auch dadurch entziehen, indem man es so macht wie ich und nicht raucht. Das ist keine Steuerhinterziehung, die strafbar ist.

(Beifall der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Heinz Maurus [CDU]: Das ist das eingeschränkte Blickfeld des Herrn Kollegen!)