Protocol of the Session on October 19, 2001

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Wer den Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/1263, in den zuständigen Bildungsausschuss überweisen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? Somit einstimmig beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Daughter’s Day

Antrag der Fraktion der FDP Drucksache 15/1248

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Dem ist nicht so. Dann eröffne ich die Aussprache.

Das Wort für die antragstellende FDP-Fraktion hat die Frau Abgeordnete Christel Aschmoneit-Lücke.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es erfüllt die Opposition immer mit Freude, wenn sie dem Regierungslager ein Schnippchen schlagen kann. Gleichzeitig macht es nachdenklich, denn es zeigt, dass die Regierung ihren eigenen Ansprüchen nicht immer genügt. So auch hier.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut! - Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Gender Mainstrea- ming!)

Ich zitiere aus dem rot-grünen Koalitionsvertrag, der zumindest offiziell noch gültig ist. Oder? - Ja.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Auf Seite 14 heißt es:

„Wir wollen eine Ausweitung des Angebots an Ausbildungsplätzen in Berufen der Informations- und Kommunikationstechnologie erreichen und Mädchen und Frauen stärker für technische Berufe gewinnen... Wir wollen besondere Beschäftigungsinitiativen für Frauen ins Leben rufen.“

(Christel Aschmoneit-Lücke)

Das ist die Theorie. Jetzt ein Beispiel aus der Praxis.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die gibt es gar nicht!)

Ein Unternehmen ergreift die Initiative, um Schülerinnen über berufliche Anforderungen und Möglichkeiten im eigenen Unternehmen zu informieren. Es greift dabei eine in den USA weit verbreitete Praxis auf: den Tag der Tochter - Daugther’s Day. Das Unternehmen veranstaltet einen kleinen Tag der offenen Tür, extra für die Töchter der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Töchter sollen nicht nur sehen, wo Mutter oder Vater das tägliche Brot verdient; sie werden auch gezielt über Berufsperspektiven unterrichtet, und zwar von denjenigen, die den Markt und die Anforderungen bestens kennen. Praxisbezogener kann man solches Wissen wohl nicht vermitteln.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Was passiert? - Die Schulbehörden dieses Landes verweigern den Töchtern die Teilnahme.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich! Skandal!)

In fast jeder Tagung reden wir über die Probleme von Frauen im Arbeitsmarkt. Wenn ich es richtig sehe, werden wir im November über einen entsprechenden Bericht diskutieren. Wenn es vom Reden ans Handeln gehen soll, dann geht Rot-Grün als Erstes die Luft aus.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So sind die Grü- nen!)

Frauen sind in vielen Berufen unterrepräsentiert, die langfristig ein vergleichsweise hohes Lebenseinkommen versprechen. Alles spricht dafür, dass Frauen auch in diesen Berufszweigen genauso leistungsfähig sind wie Männer,

(Dr. Ekkehard Klug [FDP]: Aber hallo!)

denn hohes Einkommen lässt sich heutzutage nur noch sehr, sehr selten mit Muskelkraft verdienen.

(Beifall bei FDP, CDU und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Köpfchen und zwischenmenschliches Geschick sind die gefragten Tugenden der Informationsgesellschaft. Hier stehen Frauen Männern in nichts nach.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW und vereinzelt bei der SPD)

Da meine Fraktion vollständig anwesend ist, sage ich: im Gegenteil!

Oftmals fehlen Schülerinnen allerdings realistische Informationen über Berufsfelder, die noch überwie

gend Männerdomänen sind. Je persönlicher die Information zugeschnitten ist, auf deren Grundlage Menschen eine der wichtigsten Entscheidungen ihres Lebens treffen, nämlich die Entscheidung, womit sie ihren Lebensunterhalt verdienen wollen, desto besser.

Wenn private Unternehmen freiwillig die Initiative ergreifen und Kosten - übrigens nicht geringe - auf sich nehmen, um in ihrem Bereich solches Wissen zu vermitteln, dann sollte sich die Bürokratie nicht dagegen sperren

(Lebhafter Beifall bei der FDP)

- schon gar nicht, wenn die Anstrengungen der Unternehmen genau auf der Linie der Regierung liegen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Wenn die Landesregierung solch kleine Pflänzchen zertritt, muss sie sich nicht wundern, wenn die Ernte mager bleibt.

Ein vermeintlich gewichtiges Argument gegen den Tag der Tochter wäre der ausfallende Unterricht. Wir haben das in der Fraktion sehr eingehend diskutiert.

(Beifall bei der FDP - Klaus Schlie [CDU]: Davon sind wir überzeugt!)

Wenn - wie in Schleswig-Holstein - zehn Schuljahre rechnerisch nur noch neun Unterrichtsjahre bedeuten, wiegt zusätzlicher Ausfall natürlich schwer. Aber wir müssen prüfen, was die Kinder dafür bekommen, wenn sie einen Tag Unterricht für den Tag der Tochter opfern. Sie bekommen aus erster Hand Wissen über die Arbeitswelt, das ihnen im Unterricht nicht vermittelt werden kann - zusätzliches Wissen, das vielleicht mehr wiegt als das Wissen, das sie an diesem Tag in der Schule erwerben würden.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Deshalb ist der normale Unterrichtsausfall wegen politisch verursachten Lehrermangels nicht der richtige Maßstab für den Tag der Tochter.

(Lebhafter Beifall bei der FDP)

Dieser Tag ist den Ausfall wert.

Wir alle wollen Frauen bessere berufliche Chancen ermöglichen.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es! - Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN])

Hierzu ist Information das Wichtigste, um Schülerinnen bessere Grundlagen für ihre eigene Berufsent

(Christel Aschmoneit-Lücke)

scheidung zu geben. Dazu gehören auch Informationen direkt aus dem Arbeitsleben.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wer könnte die besser vermitteln als potenzielle Arbeitgeber vor Ort, sozusagen am potenziellen Arbeitsplatz?

Dieser preiswerten Steigerung der Chancen unserer Töchter sollte sich die Landesregierung nicht in den Weg stellen. Deshalb bitten wir um Ihre Zustimmung. Machen Sie den Weg frei für diesen Tag der Tochter in Schleswig-Holstein!