Protocol of the Session on October 18, 2001

cher Relevanz. Zweitens. Es geht um ein außerordentlich komplexes, auch kompliziertes Thema. Drittens. Es bedarf der Sachlichkeit und auch der Professionalität, wenn wir über dieses Thema reden.

Ich glaube, der Schleswig-Holsteinische Landtag hat zu diesem dritten Punkt einen wichtigen Beitrag geleistet. Anders als viele von Ihnen in diesem Hause hat sich damals meine Kollegin, Frau Erdsiek-Rave, dafür ausgesprochen, dass bei einem Primat der Forschung an adulten Stammzellen auch die Forschung an embryonalen Stammzellen nicht grundsätzlich abzulehnen sei. Diese Position teile ich als Gesundheitsministerin nachdrücklich. Die damalige Mehrheitsmeinung des Landtages, ein Moratorium zu beschließen, hat Frau Erdsiek-Rave nicht teilen können, so wie auch ich sie nach wie vor nicht teilen kann, weil dies von vielen kranken Menschen und deren Angehörigen als falsches Signal missverstanden werden könnte. Aber Frau Erdsiek-Rave und ich teilen die Intention, die hinter dem Beschluss dieses Hauses steht, nämlich das Bedürfnis nach einer sehr sorgfältigen Vorgehensweise, nach einer umfassenden Diskussion, bei der alle mitgenommen werden müssen und niemand ausgegrenzt werden darf, und nach einer sehr sorgfältigen Abwägung.

Entscheidend ist, dass sowohl für die Forscherinnen und Forscher als auch für die Öffentlichkeit klar sein muss, was sein darf und was nicht sein darf. Das heißt, es muss eine Grundsatzdebatte und -entscheidung sein und es müssen die Rahmenbedingungen klar sein. Diese Rahmenbedingungen zu schaffen und darüber zu entscheiden, ist Aufgabe der Politik und damit darf sie sich nicht unbegrenzt Zeit lassen.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Es wird von der Forschung und auch von der Forschungsgemeinschaft zu Recht erwartet, dass diese Entscheidungen zügig, aber natürlich nicht hastig getroffen werden. Es wird auch akzeptiert, dass sehr sorgfältig abgewogen wird. Das ist meine Überzeugung. Die Diskussion läuft ja. Es ist ja nicht so, dass nun alle dasitzen und dass sich niemand für das Thema interessiert. Sie läuft in den Fraktionen dieses Hauses. Sie läuft in der Landesregierung sowie auf Bundesund Bund-Länder-Ebene. Sie läuft in der breiten Öffentlichkeit und vor allem in der Enquetekommission „Recht und Ethik der modernen Medizin“ des Bundestages und im Nationalen Ethikrat der Bundesregierung. Die Debatte ist aber noch nicht abgeschlossen.

Niemand von uns kennt die Ergebnisse und Empfehlungen der Enquetekommission und des Nationalen Ethikrates. Ich bin bislang davon ausgegangen, dass

(Ministerin Heide Moser)

in diesem Hause aufgrund des Mehrheitsbeschlusses Einvernehmen darüber besteht, dass die Berichte und Voten dieser beiden Institutionen Grundlage für die politischen Entscheidungen der Bundesregierung und damit auch für die Orientierung und Positionierung der Fraktionen in der sehr schwierigen Frage des Umgangs mit embryonalen Stammzellen sein sollen.

Deshalb halte ich den Antrag der FDP-Fraktion zu diesem Zeitpunkt für zumindest irritierend, eigentlich für überflüssig.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist ja trau- rig!)

Stammzellenforschung öffnet gewiss ein großes Potenzial zur erfolgreichen Behandlung schwer wiegender und lebensbedrohender Krankheiten. Das ist meine Überzeugung. Aber die Gewinnung und Verwendung von embryonalen Stammzellen ist mit erheblichen ethischen, theologischen und rechtlichen Problemen verbunden, die - soweit es denn überhaupt möglich ist - gelöst werden müssten.

Deshalb ist nicht Aktionismus gefragt, sondern Besonnenheit und der Wille zur Entscheidung. Bei aller auch mir verständlichen - Ungeduld sollten wir die Kraft aufbringen, auf die Voten, insbesondere des Nationalen Ethikrates, zu warten, und danach zielführend über Umsetzungsstrategien und Zeitpläne diskutieren; denn nur dann können wir erreichen, dass wir bei diesem wichtigen Thema auch die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz für die Entscheidungen, die wir zu treffen haben, finden.

Wenn es Ihnen um Standortfragen geht, Herr Dr. Klug, dann kann ich nur sagen: Ich befürchte für unser Land überhaupt keine Standortnachteile; denn wir sind kein Land, in dem die Forschung beispielsweise mit adulten Stammzellen hinterherhinkt, sondern wir haben da ein internationales Renommee. Das wissen auch Sie. Ich nenne als Stichworte nur: Knochenmarktransplantation, Mildred-Scheel-Haus. Wir sind da national und auch international führend. Warum sollten angesichts dessen just wir hinten runterfallen, wenn wir - wie alle anderen - diese Debatte so sorgfältig zu Ende führen, wie sie begonnen worden ist?

Ich schließe mich den Erwartungen des Abgeordneten Weber an, was die Beratung des Antrages im Ausschuss angeht, und hoffe, dass wir in unserer Meinungsfindung bis zum Ende des Jahres einen Schritt weiterkommen.

(Beifall bei SPD, SSW und vereinzelt bei der CDU)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Antrag dem Bildungsausschuss

(Zurufe: Und Sozialausschuss!)

und mitberatend dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Auf der Besuchertribüne begrüße ich jetzt die nächste Besuchergruppe, und zwar zunächst eine weitere Gruppe der Realschule Bad Schwartau sowie eine Besuchergruppe des 3. ABC-Abwehrbataillons 610, Unteroffiziers-Corps mit ausländischen Gästen.

(Beifall)

Ich rufe Tagesordnungspunkt 7 auf:

Tiertransporte

Große Anfrage der Fraktion der FDP Drucksache 15/986 (neu)

Antwort der Landesregierung Drucksache 15/1252

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Zur Beantwortung der Großen Anfrage erteile ich der Frau Ministerin für ländliche Räume, Landesplanung, Landwirtschaft und Tourismus, Frau Franzen, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich begrüße ausdrücklich die Große Anfrage der FDP-Fraktion. Ich denke, wir alle haben noch die Bilder und unsere Debatte vom Mai dieses Jahres vor Augen. Die Landesregierung hat, was diesen speziellen Teil angeht, eine Initiative im Bundesrat ergriffen, die folgende Schwerpunkte hat: Verkürzung der Transportzeiten auf vier Stunden ohne Ladezeiten, Verbesserung der Vorschriften für die Versorgungsund Pflegebedingungen und das Platzangebot sowie ersatzlose Streichung der Exporterstattung bei lebenden Schlachttieren. Das ist weitgehend mit dem identisch, was eine breite Mehrheit des Landtages von uns gefordert hat.

Diese Initiative Schleswig-Holsteins hat am 22. Juni im Bundesrat eine große Mehrheit gefunden. Ich denke, wir sind gut davor.

(Ministerin Ingrid Franzen)

Nun ist Ihre Anfrage viel umfassender. Sie müssen akzeptieren - das tun Sie hoffentlich -, dass wir zum Teil keine offiziellen Zahlen hatten. Das war auch für mich ein neues Erlebnis. Wir haben uns aber, wie Sie merken, bemüht, etwas zusammenzutragen.

Ich gehe zunächst auf das Thema Zuchttiere ein. Wir haben in Schleswig-Holstein eine sehr starke Ausfuhr. Bezogen auf die jährlich verkauften circa 10.000 Zuchtrinder, werden etwa 50 % davon von SchleswigHolstein nach außerhalb verkauft. Das haben wir in der Antwort nach Bundesländern und anderen Staaten differenziert.

Bei den Schweinen sieht es so aus, dass rund 27.000 Zuchtschweine in anderen Bundesländern vermarktet werden.

Ich denke - das will ich nicht ins Verhältnis zu den Transporten setzen; da haben wir immer deutlich differenziert -, dass die Zahlen, die ich aus Zeitgründen leider nicht weiter ausführen kann - wir können uns darüber jedoch gern im Ausschuss weiter unterhalten -, deutlich zeigen, wie gut unser Land im Zuchtbereich ist. Darauf können und müssen wir stolz sein.

Im Umkehrschluss heißt das für mich als Ministerin das gilt für Sie als Parlament sicherlich gleichermaßen -, dass hier die Bedrohung durch BSE und MKS besteht. In diesen Betrieben ist das besonders schwierig. Dazu konnten wir keine weiteren Ausführungen machen.

Die Einfuhr bei den Zuchttieren spielt eine eher untergeordnete Rolle. Sie werden mir nachsehen, dass ich deshalb darauf nicht weiter eingehe.

Wir haben auch Aus- und Einfuhren bei den Nutztieren, und zwar in großer Zahl. Im Jahre 2000 sind 21.000 Rinder lebend zum Zwecke der Schlachtung ausgeführt worden, und zwar überwiegend nach Ägypten, in den Libanon, aber auch nach Frankreich. Das sind immerhin 22 % der aus Deutschland exportierten Rinder. Das sind aber Tiere - das sage ich sehr selbstkritisch an uns als Verbraucher und Kunden -, die bei uns kein Verbraucher mehr kaufen und essen will.

(Claus Ehlers [CDU]: So ist das!)

Ich sage das sehr deutlich. Ich weiß von der Westküstenbereisung, dass das so ist. Daher müssen wir da mit Kritik vorsichtig sein.

(Claus Ehlers [CDU]: Das hat zugenommen!)

- Sie sind gleich noch dran!

Wir wollen dazu kommen - wir wollen die Lebendtierprämien abschaffen -, dass hier geschlachtet wird, dass das Fleisch und nicht die Tiere transportiert wer

den. Aber es ist nicht so einfach, einen Markt dafür zu finden.

Nun könnten Zweifel daran aufkommen - darüber wird gern diskutiert -, ob wir mit den Zeiten, die wir vorgesehen haben, und den Prämien, die wir auf Brüsseler Ebene ändern wollen, in Schleswig-Holstein überhaupt in der Lage wären, selbst genug zu schlachten. Die Antwort auf diese Frage ist Voraussetzung dafür, dass man ehrlich diskutiert.

Ich bin über Ihre differenzierten Fragen sehr froh. Wir haben auch gesagt, was gar nicht geht beziehungsweise welcher Zeitfaktor möglich ist und welcher nicht. Sie können der Antwort auf die Große Anfrage entnehmen, dass wir bei einer Transportzeit von vier Stunden gerade in den Bereichen, in denen wir die größten Tierbestände in Schleswig-Holstein haben, sehr wohl in der Lage wären, die Tiere zu schlachten. Die Auslastung der Schlachtkapazitäten beträgt nur etwa 70 %. Bei den Rindern sieht es so aus, dass jährlich 400.000 geschlachtet werden, wir aber 600.000 schlachten könnten. Das ist eine gute Sache. Auch bei den Schweinen sieht es nicht viel anders aus. Ich meine also, wir könnten eine Menge selbst machen.

Ich bin gerade in Lübeck bei der Nordfleisch, einem Schweineschlachtbetrieb, gewesen. Wir könnten die Betriebe, die ein Ausbildungs- und ein Wirtschaftsfaktor sind und die im Übrigen überwiegend schleswig-holsteinische Tiere schlachten - das ist gerade bei der Nordfleisch der Fall -, stabilisieren. Darum müssen wir uns noch stärker kümmern.

(Beifall des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Fazit: Ich denke, Tierschutz ist praktizierter Verbraucherschutz, mit allem, was hier dazu schon gesagt worden ist. Wir haben Schlachtkapazitäten. Wir können uns deshalb der Diskussion über die Transportzeiten stellen. Diesbezüglich sehe ich jetzt die Bundesregierung in der Pflicht, das auf EU-Ebene durchzusetzen. Wir haben unsere Schularbeiten gemacht. Ich denke, dass wir im Hinblick auf die Zuchttiere eine besondere Situation haben, die wir auch immer differenziert gesehen haben.

(Beifall des Abgeordneten Claus Ehlers [CDU])

Meine Damen und Herren, meine Zeit ist abgelaufen.

(Lothar Hay [SPD]: Ihre Redezeit!)