Aber ich will Ihnen ganz klar sagen: Das, was RotGrün offenbar beabsichtigt, einen maßlosen Zuzug nach Deutschland zuzulassen, ist nicht unsere Absicht. Wir wollen nicht mehr Einwanderung. Wir wollen eine andere Einwanderung nach Deutschland. Darüber sollten wir vernünftig miteinander reden.
Deshalb müssen wir miteinander einige Begriffsverwirrungen aufklären, die insbesondere um die Green Card entstanden sind. Daran sind auch Herr Schröder und seine Regierung nicht ganz unschuldig. Denn es ist der Eindruck erweckt worden, dass man ohne diese Regelung keine ausländischen Fachkräfte hier ins Land holen könnte. Das ist schlichtweg falsch. Herr Kollege Puls, das wissen Sie auch.
Bei der „Green-Card-Offensive“ wurde offenbar völlig übersehen, dass wir mit der so genannten Anwerberstoppausnahmeverordnung schon jetzt zahlreiche Möglichkeiten haben, Fachkräfte kurzfristig und befristet nach Deutschland zu holen. Viele Unternehmen unseres Landes machen bereits davon Gebrauch, nicht nur die Baubranche. Nur die verehrte Bundesregierung hat das bisher nicht zur Kenntnis genommen.
Man kann sicherlich noch das Verfahren vereinfachen oder beschleunigen. Über all diese Sachen kann man reden. Aber eine dringende gesetzliche Neuregelung ist überhaupt nicht notwendig.
Im Übrigen bleibt es auch dabei, dass wir nicht zulassen werden, dass nicht über die Ursachen dieses Fachkräftemangels in Deutschland miteinander geredet wird. Die Ursachen liegen weitgehend in einer verfehlten Bildungspolitik unter sozialdemokratischer Verantwortung.
Leistungs- und Technologiefeindlichkeit sowie das Schließen von Studiengängen in diesen Bereichen zeitigen hier schlimme Ergebnisse.
Ich erinnere an die von Gerhard Schröder geführte Landesregierung in Niedersachsen, die 1996 den Studiengang Informatik gestrichen hat, obwohl die Professoren in Hildesheim dringend davor gewarnt und auf den künftigen Bedarf hingewiesen haben.
Ich erinnere hier in Schleswig-Holstein an die Warnung des Rektors der Kieler Universität, der einen Institutsabbau an den Technischen und MathematischNaturwissenschaftlichen Fakultäten durch die Unterfinanzierung unserer Landesuniversität unter
rot-grüner Verantwortung befürchtet. Ich denke an die Kürzung des Forschungshaushaltes des Bundes durch die Bundesregierung um 340 Millionen DM, was mittelfristig auch einen Mangel an Fachkräften zur Folge haben wird. Diese verfehlte Bildungspolitik werden wir immer wieder aufgreifen.
Deswegen sollten wir jetzt eine sachorientierte Debatte über die künftige Einwanderungspolitik miteinander führen. Wir sind bereit, mit Ihnen über eine gesetzliche Regelung zu reden.
Aber dazu müssen wir uns auch ansehen: Welche Zuwanderung hat es bisher nach Deutschland gegeben? - Der wesentliche Zuzug ist derjenige von Asylbewerbern, so genannten Kontingentflüchtlingen, Aussiedlern und Ausländern, die im Wege des Familiennachzuges einreisen. Jährlich kommen 95.000 Asylbewerber nach Deutschland. Nur etwa 3 % davon sind tatsächlich verfolgt, werden anerkannt und bekommen das dauerhafte Aufenthaltsrecht in Deutschland auf der gesetzlichen Grundlage.
Das ist Anlass, über die Neuregelung des Asylrechtes miteinander zu reden. Dann haben wir Freiräume, um andere Menschen nach Deutschland zu holen. Das wäre der richtige Ansatz, dem Sie sich aufgeschlossen zeigen sollten.
Der Herr Innenminister hat darauf hingewiesen, dass auch die Amsterdamer Verträge eine europäischen Harmonisierung des Asylrechtes verlangen. Inkonsequenterweise, Herr Innenminister, haben Sie dabei verlangt, dass es beim Artikel 16 des Grundgesetzes in der vorliegenden Fassung bleiben sollte. Das wird nicht gelingen. An dem deutschen Wesen wird die restliche EU-Welt nicht genesen wollen. Sie wollen sich nicht unserem Standard anpassen. Nein! Die Bundesrepublik Deutschland muss bereit sein, ihr Asylrecht in eine Institutsgarantie umzuwandeln und darf nicht an der bestehenden rechtlichen Regelung festhalten.
Auf dieser Grundlage sind wir bereit, ganz aufgeschlossen über ein Einwanderungsgesetz zu reden. Ich empfehle Ihnen: Nehmen Sie sich unsere Aufgeschlossenheit als Beispiel und stimmen Sie unserem Antrag zu.
- Nein! Nur zum Verständnis: Die Fraktionen haben vereinbart, dass zu dem gemeinsamen Antrag zuerst die Abgeordnete der Grünen spricht, dann der Redner der F.D.P., der Abgeordnete des SSW und der Abgeordnete Puls für die SPD.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit mir hat sich darüber allerdings keiner geeinigt. Ich hätte gern gehört, was die Sozialdemokraten dazu sagen, bevor ich rede. Aber sei es drum!
Die Landesregierung wird aufgefordert, sich für ein Einwanderungsgesetz einzusetzen. Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, dieser Antrag kommt ein wenig spät. Vor ziemlich genau einem Monat, am 30. April dieses Jahres, hat der Deutsche Bundestag über den von der F.D.P.Bundestagsfraktion eingebrachten Entwurf eines Zuwanderungsbegrenzungsgesetzes debattiert. Der Beschluss des Deutschen Bundestages lautete:
„Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung mit den Stimmen des ganzen Hauses gegen die Stimmen der F.D.P. abgelehnt worden.“
Ein solches Verfahren ist bei Gesetzentwürfen einer Oppositionsfraktion auch in diesem hohen Haus nicht unüblich. Aber es ist schon interessant nachzulesen, unter welchen Verrenkungen die Abgeordneten der Berliner Regierungsfraktionen einen Gesetzentwurf ablehnten, den sie vor der letzten Bundestagswahl selbst so vehement gefordert hatten.
Die F.D.P. in Schleswig-Holstein begrüßt es deshalb sehr, dass nun auch die rot-grüne Koalition in Kiel erkannt hat, dass die Einwanderung in die Bundesrepublik Deutschland endlich auf der Basis einer gesetzlichen Regelung gesteuert werden muss.
Noch schöner wäre es allerdings, Sie würden sich mit Ihrer Forderung auch in Berlin, und zwar in Ihren eigenen Fraktionen durchsetzen.
Vor der Wahl und nach der Wahl macht beim Thema Einwanderung einen entscheidenden Unterschied. Vor der Bundestagswahl waren die Grünen und die SPD für ein Einwanderungsgesetz, die F.D.P. prinzipiell auch, verzichtete aber aus Rücksicht auf den
Nach der Wahl ist die F.D.P. immer noch für ein Einwanderungsgesetz, aber plötzlich sind die Sozialdemokraten dagegen und die Grünen trauen sich nicht mehr aus den Büschen. So schnell können sich die Zeiten ändern. Vor nicht allzu langer Zeit haben Sie, Frau Kollegin Heinold, noch kübelweise Spott und Häme über die F.D.P.-Bundestagsfraktion ausgegossen. Wir wollen das nicht mit gleicher Münze zurückzahlen, aber Sie sehen: Willkommen im wirklichen Leben!
Liebe Kolleginnen und Kollegen der Grünen, jetzt können Ihre Parteifreunde im Bund beweisen, dass sie ganze Mädels und Kerle sind und einen Gesetzentwurf für ein Einwanderungsgesetz einbringen. Zeigen Sie uns, dass Sie nicht der Schoßhund der Sozialdemokraten sind, oder geben Sie einfach zu, dass in einer Koalition der Schwanz höchst selten mit dem Hund wackelt und Sie in der Frage der Einwanderung eine Niederlage erlitten haben.
Ich hoffe, nicht für immer. Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz; es ist längst überfällig. Auch wenn ich nicht immer die Aussagen und Ansichten der Kollegin Fröhlich teile - in einem hat sie Recht. Die Überlebensfähigkeit unserer sozialpolitischen Systeme in der jetzigen Form wird davon abhängen, ob wir eine gezielte Einwanderung möglich machen oder nicht. Da gibt es in der Wissenschaft überhaupt keine unterschiedlichen Meinungen.
(Beifall bei der F.D.P. sowie der Abgeordne- ten Hermann Benker [SPD], Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Zuwanderung in die Bundesrepublik findet seit Jahrzehnten statt, ohne geregelt oder gar gesteuert zu sein. Sie vollzog sich in den frühen Jahren der Bundesrepublik in starkem Maße als wirtschaftlich induzierte Zuwanderung in Form der damals so genannten Gastarbeiter, heute im wesentlichen - der Kollege Wadephul hat darauf hingewiesen - als Zuzug von Asylbewerbern, Flüchtlingen, Aussiedlern und durch Familiennachzug.
Da Einwanderung rechtlich und im Bewusstsein der Öffentlichkeit nach wie vor nicht stattfindet, gibt es auch kein Problembewusstsein. Die qualitativ und quantitativ nicht geregelte Zuwanderung führt zu Problemen auf dem Arbeits- und/oder dem Wohnungsmarkt. Die Integration wird sträflich vernachlässigt.
Die F.D.P. im Bund wie im Land hat dies schon lange erkannt und ein Einwanderungsgesetz beschlossen. Ein Blick darauf lohnt sich wirklich. Sind doch bereits viele der Forderungen des heute zur Debatte stehenden gemeinsamen Antrages in ihm enthalten, auch wenn man darüber noch einmal sehr ernsthaft debattieren sollte, was Detailregelungen angeht.
Der Gesetzentwurf der F.D.P. sieht beispielsweise den gegenseitigen Ausschluss eines Einwanderungs- und eines Asylverfahrens vor, legt den Zugang zu Integrationsmaßnahmen fest, umfasst Regelungen zum Familiennachzug und berücksichtigt kurz- und längerfristige Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt.
Angesichts der bisher gezeigten Durchsetzungskraft der hiesigen Regierungskoalition und des Ergebnisses der Abstimmung über den Gesetzentwurf der F.D.P. habe ich allerdings große Zweifel, ob der gemeinsame Antrag heute wirklich zu einem Umdenken auf Bundesebene führt. Herr Kollege Wadephul hat die Äußerungen der letzten Tage von führenden Sozialdemokraten, deren Durchschlagskraft man ja nicht unterschätzen darf, bereits erläutert. Dies sollte uns aber nicht hindern, endlich eine der Lebenslügen der alten Bonner und neuer Berliner Republik aufzugeben.
sie muss aber geregelt werden, berechenbar und von den Bürgerinnen und Bürgern akzeptiert werden. Die Einwanderung darf aber auch nicht als Gnadenakt gegenüber den Einwanderern betrachtet werden. Es ist legitim und auch ehrlich, wenn mit der Einwanderung auch ökonomische Ziele verbunden werden. Für klassische Einwanderungsländer wie die Vereinigten Staaten, Australien oder Kanada ist dies eine Selbstverständlichkeit. Warum nicht auch für Deutschland?
Der Bundesrepublik würde es gut zu Gesicht stehen, wenn sie nach der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts auch in der Frage der Einwanderung die Realitäten anerkennen würde. Die Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen in Kiel haben diesen Prozess bereits hinter sich. Willkommen im Club!
Bevor ich das Wort dem Abgeordneten Lars Harms gebe, darf ich noch einmal darauf hinweisen, dass das Präsidium dankbar wäre, wenn in Zukunft Änderungen der Rednerreihenfolge nur abgestimmt zwischen allen Fraktionen an das Präsidium herangetragen würden.