Protocol of the Session on July 13, 2001

(Zurufe von FDP und CDU: Sehr richtig! Ja- wohl!)

(Christel Aschmoneit-Lücke)

Im beginnenden Wahlkampf kehrt Gerhard Schröder zu seinen sozialistischen Wurzeln zurück.

(Widerspruch bei der SPD - Lars Harms [SSW]: Sehr gut! - Klaus Schlie [CDU]: Hat er Wurzeln? Das habe ich bisher gar nicht geglaubt!)

- Das trifft Sie offensichtlich. Aber darf ich bitte weiter reden? - Im Mai hat Minister Rohwer in der Debatte zum Wirtschaftsbericht richtigerweise hervorgehoben, dass der Trend wichtiger sei als die Konjunktur. Er hat damit hoffentlich gemeint, dass wir den Trend verbessern müssen. Das geht nur mit mehr Flexibilität und Wettbewerb. Dem ist nur eines hinzuzufügen: Herr Minister Rohwer, sorgen Sie dafür, dass auch Ihre Kabinettskolleginnen und -kollegen dies endlich begreifen und im Land sowie im Bundesrat entsprechend handeln!

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Das ist es!)

Der erste Schritt wäre, dass wir heute alle gemeinsam den Antrag der Kollegin Schmitz-Hübsch unterstützen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Das Wort hat Herr Abgeordneter Hentschel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich werde nicht meine Rede vorlesen. Ich denke, man sollte auf das eingehen, was hier gesagt worden ist.

Ich sehe durchaus, dass wir mit der augenblicklichen Konjunkturentwicklung nicht zufrieden sein können. Woran es mangelt, ist insbesondere die Binnennachfrage, weil die Sparquote in diesem Jahr erheblich angestiegen ist. Das hat auch etwas mit der Rentenreform zu tun, wie allgemein vermutet wird.

(Martin Kayenburg [CDU]: Mit der Unsi- cherheit der Bevölkerung!)

Diese Schwäche in der Binnennachfrage - der Export boomt ja erstaunlicherweise, insbesondere bei der Automobilindustrie

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Boomen tut da gar nichts mehr!)

schlägt insbesondere auf den Mittelstand durch und trifft damit in besonderer Weise Schleswig-Holstein. Das ist völlig richtig.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Richtige Analyse!)

Aber wenn Sie sich nun begeistert daran weiden, dass Schleswig-Holstein besonders betroffen ist,

(Zurufe von der CDU)

dann frage ich mich: Wenn nun die Binnenkonjunktur nächstes Jahr anspringt, dann müssten Sie ja in genau das Gegenteil verfallen und anschließend Ihre Parteiarbeit einstellen.

So können wir mit einer solchen Situation nicht umgehen und so kann man auch nicht reagieren. Dass die Binnennachfrage im Moment bundesweit nachlässt und dass sich dies auf Schleswig-Holstein auswirkt, ist nicht eine Frage der Wirtschaftspolitik SchleswigHolsteins; denn die Wirtschaftspolitik SchleswigHolsteins setzt ja gerade in spezieller Weise auf den Mittelstand und insbesondere auf neue Technologien, weil wir gesagt haben: Wir können die schleswigholsteinische Wirtschaft nicht entwickeln, wie Sie es ja in Ihrer Regierungszeit mit Brunsbüttel versucht haben, indem wir mit Milliardensubventionen Konzerne nach Schleswig-Holstein zu holen versuchen. Stabilität kann man vielmehr nur entwickeln, wenn man kleine Betriebe und insbesondere Technologiebetriebe unterstützt, um einen eigenständigen Mittelstand in Schleswig-Holstein zu entwickeln und schrittweise aufzubauen. Daran arbeitet die Landesregierung. Dieser Kurs muss weiter durchgehalten werden.

(Zurufe von der CDU)

Ihre Vorschläge zur Bundespolitik sind allerdings absurd. Sie fordern ein Vorziehen der Steuerreform, das heißt, ein kurzes Konjunkturstrohfeuer zu finanzieren

(Zuruf von der CDU: Das fordern die Finanz- politiker der Grünen auch!)

in der Hoffnung, dass dadurch die Konjunktur anspringt, indem sich der Staat um mehrere Milliarden DM mehr verschuldet. Dieser Weg hat noch nie funktioniert. Es wäre eher katastrophal, würden wir ihn gehen. Da bin ich allerdings mit dem Bundeskanzler einig und sage, dass man in einer solchen Situation eine ruhige Hand bewahren sollte.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: Ach! Ge- nau! Lieber gar nichts tun! Das ist toll!)

Ihre Diskussion um die Ökosteuer wieder hochzuziehen, ist deswegen absurd, weil die Frage der Lohnnebenkosten eine der zentralen Fragen der gesamten Diskussion ist.

(Zurufe von der CDU)

Wenn Sie in den nächsten Jahren ernsthaft eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten erreichen wollen,

(Karl-Martin Hentschel)

dann müssen Sie auch den Mut haben, an die Verbrauchsteuern heranzugehen; sonst wird Ihnen die Senkung der Lohnnebenkosten nicht gelingen. Im vertraulichen Gespräch stimmen mir insofern auch viele CDU-Leute und viele Leute aus der Wirtschaft zu. Das wissen alle, aber keiner traut es sich zu sagen, weil jeder Angst hat, dass dann ein anderer auf ihn einprügeln würde. Herr Wadephul hat den Mut gehabt, es einmal zu sagen; dafür lobe ich ihn explizit.

(Lachen bei der CDU)

Quintessenz Ihres Papiers: Sie verlangen insbesondere im zweiten Teil Ihres Papiers von der Landesregierung, das CDU-Wirtschaftsprogramm in voller Gänze in den Bundesrat einzubringen. Sie haben 16 Jahre Zeit gehabt,

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Fällt Ihnen eigent- lich nichts Neues ein?)

das CDU-Wirtschaftsprogramm umzusetzen. Sie sind damit gescheitert.

(Widerspruch bei der CDU)

Sie haben permanent die Lohnnebenkosten erhöht, Sie haben permanent neue und höhere Steuern eingeführt und Sie haben es geschafft, dass die Arbeitslosigkeit permanent gestiegen ist. Deswegen sind Sie dann auch abgewählt worden.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD - Wider- spruch bei CDU und FDP)

Bevor Sie also die Forderung aufstellen, die Landesregierung sollte das alte CDU-Wirtschaftsprogramm in den Bundesrat einbringen, sollten Sie - das schlage ich Ihnen vor - erst einmal eine neue Politik in Ihrer eigenen Partei beraten. Da wartet ein weiteres interessantes Betätigungsfeld für den Erneuerer Wadephul. Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei der Arbeit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich erteile dem Herrn Abgeordneten Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wachstum und Beschäftigung für SchleswigHolstein - wer wünscht sich das nicht? Gerade die kleineren und mittleren Unternehmen, die viele Arbeits- und Ausbildungsplätze vorhalten, bilden die tragende Säule unserer Wirtschaft. Aus diesem Grund teilen wir die Zielsetzung des vorliegenden Antrages, den Mittelstand in Schleswig-Holstein zu stärken.

(Zurufe von der CDU: Sehr gut!)

Über den Weg dahin lässt sich aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, streiten. Insofern sind wir beileibe nicht immer auf der Linie des Antrages. Die Forderung nach Förderung moderner Technologien ist genauso eine Standardforderung wie der Wunsch, keine Einsparungen bei den Programmen zur Verbesserung der Infrastruktur - ich denke an „ziel“ oder das Regionalprogramm - vorzunehmen.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Findet ja zum Teil nicht statt!)

- Insofern sind sich der SSW und die CDU ja auch einig, Frau Schmitz-Hübsch. Wir sind uns auch einig wir haben ja auch einen gemeinsamen Antrag gestellt hinsichtlich des Wunsches, dass öffentliche Auftraggeber das Vergaberecht strikt einhalten sollen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Ist das schön!)

Allerdings ist all das nicht das Problem, denn im Regelfall geschieht das schon so. Das Vergaberecht entspricht aber nicht den offensichtlichen Notwendigkeiten. Deshalb haben wir in der letzten Landtagstagung einen Entwurf für ein Landesvergabegesetz eingebracht.

(Beifall beim SSW)

Frau Kollegin Schmitz-Hübsch, Sie haben also durchaus noch die Chance, nachhaltig etwas für die Beschäftigung und für den Mittelstand in SchleswigHolstein zu tun, indem Sie unsere Gesetzesinitiative unterstützen.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])