Protocol of the Session on July 11, 2001

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Sind wir uns nicht alle einig darin, dass wir eine gleiche Kapitalbesteuerung brauchen? Auch die große Spreizung der Umsatzsteuer ist auf Dauer nicht vertretbar.

Wenn wir in der Frage einer teilweisen Novellierung der Steuern in einem vereinten Europa übereinstimmen - zum Teil haben Sie es gefordert -, dann sage ich allerdings: Es ist zwar richtig, dass sich der Bund, was die Ländersteuern angeht, weitgehend aus der Gesetzgebungskompetenz heraushalten und uns nicht die

(Minister Claus Möller)

Vermögensteuer abschaffen oder uns in die Erbschaftsteuer hineinreden sollte - das ist richtig -,

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD], Günter Neugebauer [SPD] und Moni- ka Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

aber ich bin da vorsichtig, wie es auch die Ministerpräsidentin zum Ausdruck gebracht hat. Kommen wir nicht ins 19. Jahrhundert zurück,

(Martin Kayenburg [CDU]: Das ist doch Un- sinn!)

wenn wir europaweit einheitliche Steuersätze haben wollen und jetzt bei noch ungleichen Lebensverhältnissen zwischen Ost und West sowie zwischen Nord und Süd sagen, in jedem Bundesland ist jede Steuer anders? Das ist mehr als Kirchturmspolitik.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kubicki zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch nach dem fulminanten Einwurf des Herrn Finanzministers und dem Beifall, der von der grünen Fraktion gekommen ist, möchte ich festhalten, dass die Erinnerungslücken des Kollegen Hentschel möglicherweise die Größe der Haushaltslücken erreicht haben. Denn auf sein Bemerken hin, bei den Grünen in Schleswig-Holstein gebe es keine Überlegungen zu Zuschlägen auf Einkommensteuer und Körperschaftssteuer, will ich daran erinnern, dass der ja den Grünen noch angehörende Umweltminister Klaus Müller in der „Frankfurter Rundschau“ vom 28. Mai 2001 - das ist noch gar nicht so lange her - unter der Überschrift „Wir halten eisern an weiteren Ökosteuerschritten fest“ über die Grünen als Partei, die nicht kuscht, ausgeführt hat - ich zitiere das jetzt -:

(Günter Neugebauer [SPD]: Einzelmeinung!)

„Am wichtigsten ist es, die finanziellen Spielräume der Länder zu vergrößern“

(Günter Neugebauer [SPD]: Einzelmeinung)

„Hier muss man den Ländern, Kreisen oder auch den Kommunen das Recht einräumen, eigene Steuern zu erheben. Ich schlage einen Zuschlag auf die Einkommensteuer vor, wie es ihn etwa auch in den USA gibt. Er sollte maximal 5 % betragen. Die exakte Höhe

würde vom jeweiligen Bundesland festgelegt. Die Wähler könnten darüber abstimmen, ob sie diese Finanzierung wollen - je nachdem ob eine Partei sie anbietet oder nicht.“

(Zuruf des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Guter Mann! Das ist ein Teil des Wettbewerbsföderalismus.

(Beifall bei FDP und CDU - Minister Klaus Müller: Qualität setzt sich durch!)

Ebenfalls zu einem Kurzbeitrag erteile ich der Frau Abgeordneten Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es zeichnet Parlamentarier aus, wenn sie zuhören können. Herr Hentschel hat hier sehr deutlich gesagt, dass es innerhalb unserer Fraktion unterschiedliche Positionen gibt.

(Jutta Schümann [SPD]: Sehr deutlich!)

Ich glaube, dass das auch die gesellschaftliche Situation widerspiegelt und die Diskussion in den Parteien insgesamt;

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

denn wenn wir in die Welt hineinschauen, gibt es in allen Ländern für beide Modelle - für das Modell, das wir jetzt haben, aber auch für eine eigenständige Steuererhebung der Länder - ein Pro und Kontra. Die USA sind zitiert worden, sodass ich das auch gern tun will. Wenn ich mir die Vereinigten Staaten angucke und sehe, dass die große Unterschiedlichkeit im Steuersystem auch dazu geführt hat, dass in armen Regionen das Bildungssystem deutlich schlechter als in reichen Regionen ist - das ist so; wenn Sie in die Vereinigten Staaten reisen, können Sie das beobachten -

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist bei uns genauso!)

- Diese Unterschiede, die in den USA im Bildungssystem bestehen, haben wir in Deutschland glücklicherweise nicht und wir werden sie hoffentlich auch nicht erreichen.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

So gibt es eine Reihe von Argumentationen pro und kontra. Vor allem ist dabei dann meine Überlegung das will ich hier auch noch zu dem Thema beitragen der europäische Gedanke. Das ist hier schon erwähnt worden.

(Monika Heinold)

Bei der Frage, ob eine kleine Region - wenn es denn in Deutschland Schleswig-Holstein ist, muss man das auch auf die anderen Länder beziehen - in Frankreich, in Großbritannien, in anderen Ländern federführend und mit einer großen Eigenständigkeit tatsächlich mit entscheidet, was in Europa passiert, bin ich sehr vorsichtig. Ich glaube, dass unser Föderalismus, der die Einigung auf Länderebene schafft und bei dem die Bundesregierung insgesamt unsere Position in die Staatengemeinschaft einbringt, zurzeit gut so ist.

Bei aller Liebe zu Schleswig-Holstein und der Tatsache, dass ich mir natürlich auch wünsche, dass wir Kompetenzen haben, dass ich auch dafür bin, Mischfinanzierung zu entflechten, bin ich immer dafür - gerade an dieser Stelle - sehr sorgfältig pro und kontra zu diskutieren und auch ein Stück über den Tellerrand hinaus zu schauen. Frau Simonis hat mit dem Bild der Zollhäuschen an der Landesgrenze ja auch sehr deutlich gemacht, wohin die Reise auf keinen Fall gehen soll.

Ein Letztes! Die Vielfältigkeit der Argumente und der Diskussionen macht ja Folgendes deutlich: Der Oppositionsführer, Herr Kayenburg, hat Frau Scheel und Herrn Metzger - eine sehr kluge grüne Politikerin und einen sehr klugen grünen Politiker - zitiert.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Die haben bloß nichts zu sagen!)

Dass er das tut und sagt, dass sie auch genau das in der Argumentation bringen, was die CDU hier in Schleswig-Holstein aufgreift, zeigt ja, wie breit und vielfältig diese Diskussion ist.

(Lachen bei der CDU)

Sie ist nicht am Ende, sie ist am Anfang. Alle Parteien diskutieren zu Recht darüber. Wir werden auch in den nächsten Jahren weiter diskutieren. Zum Glück gibt es eine Einigkeit darin, dass wir die ostdeutschen Länder nicht abhängen dürfen. Ich hoffe, dass es diesbezüglich in den nächsten Jahren auch keine falschen Töne gibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Ebenfalls zu einem Kurzbeitrag hat nun Herr Abgeordneter Wiegard das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es hat mich dann doch gereizt, Herr Möller, nachdem Sie noch einmal die besonderen Leistungen der Landesre

gierung hervorgehoben haben, mich hier zu Wort zu melden.

(Zurufe der Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] und Wolfgang Kubicki [FDP])

Ich habe mir einmal die Mühe gemacht und die Erklärungen, soweit sie schon im Internet verfügbar waren, der 16 Ministerpräsidenten nachgelesen. Ich habe überall nur gelesen, dass jeder für sich in Anspruch genommen hat, der Sieger dieser Veranstaltung gewesen zu sein.

(Holger Astrup [SPD]: Logisch!)

Ich denke, wenn man am Ende einer solchen Verhandlung Bilanz zieht, dann muss man sich einmal vier Fragen beantworten: Wo standen wir am Anfang dieser Verhandlungen? Welches war das Ziel? Wo sind wir gelandet? Was haben wir dazu beigetragen?

Beantworte ich diese Fragen, kann ich eigentlich nur feststellen, Frau Ministerpräsidentin, Sie rühmen sich hier eines Erfolges, zu dem Sie nichts beigetragen haben, überhaupt nichts. Wo standen Sie am Anfang? Am Anfang

(Holger Astrup [SPD]: Am Anfang stand das Wort!)

haben Sie die Bundesländer, die den jetzigen Finanzausgleich vor dem Bundesverfassungsgericht beklagt haben, kritisiert. Sie wollten da bleiben, wo Sie waren. Insofern können Sie doch jetzt nicht für sich in Anspruch nehmen, Sie hätten den eigentlichen Erfolg herbeigeführt. Wäre es nach Ihnen gegangen, hätte sich überhaupt nichts bewegt.

(Holger Astrup [SPD]: Das habe ich jetzt nicht verstanden, aber das liegt sicherlich an mir!)

Das ist die Ausgangsbasis.