Protocol of the Session on June 1, 2001

den. Das ist bis jetzt offensichtlich nicht der Fall. Die Steuerentlastung der Privathaushalte wird durch die angestiegene Inflation fast wieder aufgebraucht. Von dieser Seite kann man also nicht mit Impulsen rechnen.

Die Steuerentlastungen des Mittelstandes waren von vornherein nicht in einer Größenordnung wie bei den Konzernen. Das wissen wir. Die Steuerentlastungen bei den Konzernen haben bisher nur bei der Bekanntgabe der Steuergeschenke Anfang 2000 zu einem Kursfeuerwerk an den Börsen geführt. Dieser Kursanstieg ist somit wieder verpufft.

Die Bundesregierung ist mit dieser zum großen Teil unfinanzierten Steuerreform ein großes Risiko für die öffentlichen Haushalte in Deutschland eingegangen. Die Folgen dieser Politik müssen die Bürgerinnen und Bürger in Schleswig-Holstein jetzt - jedenfalls kurzfristig - ausbaden. Deswegen bleibt der SSW bei seiner Kritik daran, dass die Landesregierung der Reform in dieser Form im Bundesrat zugestimmt hat.

(Beifall beim SSW)

Es mag sein, dass kein Weg daran vorbeigeht, aber die Kritik muss noch einmal formuliert werden. Sie wird auch von anderen Bundesländern kommen, wenn der berühmte Aufschwung ausbleibt.

Bei allem Verständnis dafür, dass der Finanzminister bei Bekanntwerden dieser Steuerausfälle mit einer Haushaltssperre reagiert hat, sieht der SSW dieses Instrument nicht als geeignetes Mittel an, um die Probleme zu lösen. Auch wenn es sich nur um eine differenzierte Haushaltssperre handelt, die insbesondere die Sachausgaben betrifft, wirkt sich dieses so genannte schwerste finanzpolitische Schwert für die Betroffenen kontraproduktiv aus.

Die FDP-Fraktion hat in ihrem Antrag darauf hingewiesen, dass die Haushaltssperre zu großen Unsicherheiten vor Ort bei der Durchführung von geplanten Investitionen und Fördermaßnahmen des Landes geführt habe. Da kann man natürlich sagen: Wer kein Geld hat, kann eben auch nichts ausgeben. Es geht aber in dieser Frage um die Planbarkeit von Projekten und um Investitionen, die bei den Kommunen zum Teil lange in Vorbereitung waren. Wir wissen, dass Verzögerungen Geld kosten können. Wenn die Haushaltssperre nun auch zur Disziplinierung der Ministerien verhängt worden sein sollte, dann wirft das wirklich kein gutes Licht auf die Finanzpolitik der Landesregierung.

(Beifall bei SSW, CDU und FDP)

Der richtige Weg ist, das Haushaltsloch für das Jahr 2001 durch einen solide durchfinanzierten Nachtragshaushalt zu schließen. Durch die parlamentari

sche Beteiligung an diesem Prozess sichert man den Kommunen bis hin zu den Verbänden und Zuwendungsempfängern - also allen Betroffenen - ein transparenteres und gerechteres Verfahren.

Doch wie soll Schleswig-Holstein die neuen Haushaltslöcher für 2001 und 2002 stopfen? Dazu kann die Landesregierung heute noch keine genauen Angaben machen. Das kann man sicherlich auch nicht erwarten. Aus Sicht des SSW wird es dennoch darauf ankommen, dass die Landesregierung die richtige Balance zwischen notwendigen Einsparungen und den Prioritäten der Landespolitik findet. Es wurde bereits heute Morgen gesagt, dass auch für uns die Bildungspolitik Priorität genießt.

Aber auch im sozialen Bereich und in der Wirtschaftsund Regionalpolitik trägt die Landesregierung eine große Verantwortung. Natürlich kommen jetzt alle Förderprogramme - angefangen von ASH 2000 über das Regionalprogramm 2000 bis zum Programm „Zukunft auf dem Land“ - wieder in den Mittelpunkt der Sparvorschläge. Es bleibt auch nichts anderes übrig. Man muss sich aber fragen, ob es wirklich so vernünftig ist, wie von dem von mir sehr geschätzten Kollegen Neugebauer vorgeschlagen, bei einigen Investitionen auf die volle EU-Förderung zu verzichten, weil nicht genügend Landesmittel bereitgestellt werden.

Man mag dies dahinstellen, aber ich frage mich wirklich, ob das der richtige Weg ist. Ich möchte auf das Beispiel der Werftenhilfe verweisen, wo eine solche Praxis für die Betroffenen erhebliche Probleme gebracht hat. Auch da gibt es noch etwas zu tun, weil ich denke, dass das Versprechen der Ministerpräsidentin gegenüber den Werftmitarbeitern nicht in Vergessenheit geraten ist.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut!)

Dazu kommt, dass die EU-Regionalförderung wahrscheinlich nur noch bis zum Jahr 2006 für die strukturschwachen Regionen zur Verfügung steht. Es gilt, diese Förderung zum Ausbau einer effektiven und wirtschaftsnahen Infrastruktur unbedingt maximal auszuschöpfen, damit die strukturschwachen Regionen - beispielsweise auch der nördliche Landesteil - nach 2006 wirklich fit for fight sind.

(Beifall beim SSW)

In diesem Zusammenhang wollte ich eigentlich die Grünen unterstützen. Jetzt hat der Kollege Hentschel mich ein bisschen durcheinander gebracht. Presseberichten habe ich aber entnehmen können, dass die

(Anke Spoorendonk)

Grünen doch eine differenzierte Meinung zur Nettoneuverschuldung haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir vom SSW sind der Meinung, dass eine Senkung der Nettoneuverschuldung auf null bis zum Jahre 2008 kein ideologisches Dogma sein darf. Für uns ist es viel wichtiger, dass die Landesregierung ein langfristig angelegtes finanzpolitisches Konzept vorlegt, das alle verschiedenen Interessen des Landes berührt.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Natürlich werde ich dabei noch einmal auf die berechtigten Interessen der Minderheiten eingehen. So ein finanzpolitisches Konzept muss also her, denn nur durch so ein Konzept können die Interessen sinnvoll zusammengebracht werden. Daran fehlt es noch.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Der Antrag hatte im Wesentlichen einen Bericht der Landesregierung zur Haushaltssperre zum Inhalt. Der Bericht wurde gegeben und die Diskussion dazu hat stattgefunden. Weitere Anträge sind nicht gestellt worden. Damit ist der Antrag erledigt.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Schleswig-Holsteinischen Gesetzes über den Abbau der Fehlsubventionierung im Wohnungsbauwesen (AFWoG SH)

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 15/571

Bericht und Beschlussempfehlung des Innen- und Rechtsausschusses Drucksache 15/949

Gesetzentwurf der Fraktion der CDU Drucksache 15/1005

Ich erteile der Berichterstatterin des Innen- und Rechtsausschusses, Frau Monika Schwalm, das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Innen- und Rechtsausschuss hat den Gesetzentwurf in drei Sitzungen beraten und empfiehlt dem Landtag im Einvernehmen mit dem beteiligten Sozialausschuss mit

den Stimmen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen von CDU und FDP, den Gesetzentwurf der Landesregierung unverändert anzunehmen.

Gibt es Wortmeldungen zum Bericht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Einzelberatung. Für die Fraktion der SPD hat Frau Abgeordnete Renate Gröpel das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dem Landtag liegt eine Änderung des Gesetzes über die Fehlbelegungsabgabe sowie ein Änderungsantrag der CDU vor. Die SPD-Fraktion hat die Stellungnahmen der Verbände und Organisationen der schriftlichen Anhörung sehr sorgfältig ausgewertet und die Argumente abgewogen. Dabei hat die SPD-Landtagsfraktion auch die Debatte um die Reform des sozialen Wohnungsbaus sowie die Diskussion in den anderen Bundesländern zur Fehlbelegungsabgabe mit einbezogen. Kein anderes Bundesland - bis auf Hamburg mit seiner speziellen Problematik - kann und will grundsätzlich auf die Abgabe verzichten. In Übereinstimmung mit dem Deutschen Mieterbund und dem Deutschen Städtetag auf Bundesebene stellen wir fest, dass es nach wie vor wichtig ist, Fehlförderung und Fehlsubventionierung zu vermeiden. Deshalb werden wir die Abgabepflicht beibehalten.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Damit sollen nicht die angeblichen Fehlbeleger vertrieben werden. Vielmehr sollen diejenigen, die in einer niedrigen Einkommenssituation öffentliche Förderung erhalten haben, bei gestiegenem Einkommen einen angemessenen Mietzuschlag bezahlen.

Die Begründung der CDU, auf die Erhebung der Abgabe zu verzichten, stützt sich allein auf den hohen Verwaltungskostenanteil bei der Erhebung der Fehlbelegungsabgabe. Herr Storjohann, um nicht missverstanden zu werden: Auch die SPD-Landtagsfraktion hat es immer kritisiert, dass dies ein hoher Kostenpunkt war. Mit der vorgelegten Gesetzesänderung soll dem aber entgegengewirkt werden.

So sollen die Verwaltungskosten bei der Erhebung durch die Investitionsbank durch organisatorische Maßnahmen gesenkt werden. Daher halten wir die Begründung der CDU für nicht ausreichend. Vielmehr ist zu befürchten, dass Kommunen, Bund und Land und nicht zuletzt alle Sozialmieter die Folgen zu tragen hätten. Eine Abschaffung der Fehlbelegungsab

(Renate Gröpel)

gabe kann nur bei Anpassung an die ortsüblichen Vergleichsmieten erfolgen. Das hätte zur Folge, dass bei dem größten Teil der Sozialmieter Bund, Land und Kommunen höhere Ausgaben für Wohngeld und Sozialhilfeleistungen aufbringen müssten. Daher weisen wir die erhobene Behauptung, die Fehlbelegungsabgabe sei unsozial und ungerecht, zurück.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Um den Ursachen für überforderte Nachbarschaften zu begegnen, greift die Forderung nach Abschaffung der Fehlbelegungsabgabe zu kurz. Ich zitiere aus einem Artikel des Beigeordneten des Städtetages, Folkert Kiepe, aus der Zeitschrift „Der Städtetag“ vom April 2001:

„Wir beobachten eine Zunahme der sozialen Probleme in den Wohnungsbeständen, die sich nicht nur auf Sozialwohnungen beziehen und die ihre Ursachen nur zu einem geringen Teil in wohnungspolitischen und wohnungswirtschaftlichen Fehlentwicklungen haben und deshalb auch kaum allein mit wohnungspolitischen und wohnungswirtschaftlichen Maßnahmen behoben werden können. Deshalb halten wir auch den immer wieder zu hörenden Ruf nach der Abschaffung der so genannten Fehlbelegungsabgabe für keine wirkliche Hilfe.“

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Untersuchungen in Schleswig-Holstein haben zudem ergeben, dass die Leerstände und der Mieterwechsel im sozialen Wohnungsbau nicht höher sind als im übrigen Wohnungsbau. Sehr wohl wird aber schon heute auf problematische Entwicklungen Rücksicht genommen. So wird die Fehlbelegungsabgabe in den Fördergebieten „Soziale Stadt“ und in den Gebieten, in denen die Kommunen und Wohnungsunternehmen eine Freistellung beantragt und genehmigt bekommen haben, nicht erhoben. Um einseitigen Belegungsstrukturen entgegenzuwirken, werden den Wohnungsunternehmen mit der Gesetzesänderung weitere flexible Möglichkeiten eingeräumt. So soll neu aufgenommen werden, dass so genannte Fehlbeleger von der Abgabe befreit werden können, wenn die Wohnungsunternehmen in einer bindungsfreien Wohnung ein Belegrecht einräumen und für Sozialmieter zur Verfügung stellen.

Außerdem soll es nicht zu erhöhten Ausgleichszahlungen führen, wenn die Wohnungsunternehmen zum Beispiel die Miete senken, um Wohnungsleerstände zu vermeiden. Hiermit wird einer Forderung der Wohnungsunternehmen und des Mieterbundes entsprochen.

Zuletzt auch noch ein wichtiger, vielleicht der wichtigste Punkt: Schleswig-Holstein kann auf die Einnahmen aus der Fehlbelegungsabgabe in Höhe von 7 Millionen DM netto nicht verzichten.

(Beifall des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Die CDU-Forderung, ab sofort, ab 1. Juli dieses Jahres, auf die Abgabe zu verzichten, ist populistisch und in höchstem Maße unsolide, Herr Storjohann.

(Beifall bei der SPD und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])