Protocol of the Session on May 31, 2001

Sie wissen sicherlich, dass auch Verschlanken und Beschleunigen ihre Kehrseite haben. Das bedeutet nämlich Einschränkung von Rechten von Bürgerinnen und Bürgern. Herr Hildebrand hat das wunderschön plastisch - wenn auch nicht gerade in meinem Sinn dargestellt.

(Zuruf des Abgeordneten Klaus Schlie [CDU])

Dass wir das mit der Experimentierklausel hingekriegt haben, spricht dafür, dass wir pragmatisch damit umgegangen sind, dass wir nämlich das, was uns für Schleswig-Holstein etwas bringt, nutzen. Mit dem, was uns nur beschwert, müssen wir sorgfältig umgehen.

Entgegen anders lautender Verlautbarungen haben wir nämlich Regelungen gefunden, mit denen wir dem Interesse an einem zügigen Verwaltungsverfahren entgegenkommen und gleichzeitig die Rechte der Ein

(Irene Fröhlich)

zelnen wahren. Außerdem haben wir hierbei einen eigenen Weg eingeschlagen, den, der uns am sinnvollsten erschien.

Wir haben dem Föderalismus einen Dienst erwiesen, indem wir nicht einfach den bequemsten Weg gegangen sind und die im Wesentlichen gleich lautenden Regelungen des Bundesverwaltungsverfahrensgesetzes und der anderen Länder übernommen haben.

In der Debatte über dieses Thema, die nun schon oft im Landtag geführt wurde, hat die Opposition - wie auch heute wieder - stets die Gefahr für den Wirtschaftsstandort beschworen,

(Klaus Schlie [CDU]: Das war Ihr Innenmi- nister, den ich zitiert habe!)

weil die Verwaltungsverfahren gerade für umstrittene Bau- oder Großvorhaben zu lang seien.

(Glocke des Präsidenten)

Meine Damen und Herren, ich bitte doch um etwas mehr Aufmerksamkeit.

Nun wurde schon öfter festgestellt, dass durch gute Verwaltungsorganisation und durch kluges Projektmanagement einiges getan werden kann. Das ist noch einmal zu unterstreichen.

Die wirklichen Konflikte, die dann noch übrig bleiben, lassen sich zufrieden stellender und vor allem im Sinne eines dauerhaften Rechtsfriedens lösen, wenn den Beteiligten eine faire Chance gegeben wird, ihre Interessen zu wahren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Das zeigen alle Versuche mit frühzeitiger Bürgerbeteiligung und Umweltmediation und hat nichts mit der von Herrn Hildebrand angesprochenen Befriedigung von Freunden oder so etwas zu tun. Es hat nur etwas damit zu tun, die Rechte der Natur in diesem Land zu wahren.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

Wo es aber gar nicht um die Lösung von Interessenkonflikten, sondern um die Entscheidung von Wertkonflikten geht, muss das Verwaltungsrecht zwangsläufig versagen. Wertkonflikte der Bevölkerung lassen sich nicht mit Präklusionsregelungen oder verkürzten Einwendungsfristen lösen. Möglich ist hier

allenfalls ein Pyrrhussieg. Wir erlebten das soeben wieder wie bei vielen Großvorhaben.

Last, but not least haben die Beratungen gezeigt, dass der ursprünglich vorgesehene Text in europarechtlicher Hinsicht und im Hinblick auf den Amtsermittlungsgrundsatz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bedenklich war. Wir haben daher nach einer Lösung gesucht, die die Plangenehmigung mit europäischem Umweltrecht vereinbar macht. Wir haben sichergestellt, dass durch die Präklusionswirkung in der Planfeststellung weder die Ermittlungspflicht der Behörden noch der Gerichte berührt wird.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. Ich freue mich, dass wir es geschafft haben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Hinrichsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Franzen, ich freue mich, dass ein Mitglied der Landesregierung noch hier ist.

(Anhaltender Beifall im ganzen Haus)

Ich finde es besonders erfreulich, dass es eine Kollegin aus Flensburg ist, die hiermit dieses Interesse bekundet.

(Klaus Schlie [CDU]: Das spricht für die Beibehaltung des Ministeriums, eventuell auch der Ministerin! - Heiterkeit)

Zur Geschichte des Entwurfs ist auch heute einiges gesagt worden, aber leider noch nicht von mir. Seit 1998 beschäftigt sich der Landtag mit dem Entwurf. Heute haben wir endlich die abschließende Lesung. Der Hintergrund ist schon ein bisschen ausgeleuchtet worden.

Was mir ein bisschen fehlte, war, dass der SSW bereits 1998, in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs, gesagt hatte, dass wegen der Verkürzung der Rechte für Bürgerinnen und Bürger ganz erhebliche Bedenken bestehen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Ihr seid die Speer- spitze der Bewegung!)

- Danke schön, vielen Dank, dass sogar die FDP das diesmal erkannt hat.

(Heiterkeit)

(Silke Hinrichsen)

Diesen Bedenken wird nun zum großen Teil in der Beschlussvorlage Rechnung getragen. Die Beschlussvorlage wurde einstimmig im Innen- und Rechtsausschuss beschlossen. Das begrüßen wird.

Auch die von uns kritisierten Heilungsmöglichkeiten bei bereits getroffenen Entscheidungen durch die Behörden im Rahmen eines laufenden Gerichtsverfahrens wurden erheblich eingeschränkt. Das ist zu begrüßen, da nach dem bisherigen Gesetzentwurf nur die Kostenentscheidung einen Hinweis für die einzelnen Bürgerinnen und Bürger darauf gegeben hätte, dass ein falsches Handeln der Behörde vorgelegen hat.

Abschließend möchte ich nur sagen, dass der Entstehung dieses Landesverwaltungsgesetzes ein langer und schwieriger Prozess vorangegangen ist. Ich vermute, dass auch erst die so genannte dritte Lesung, nämlich die dritte Behandlung hier im Landtag, letztlich dazu geführt hat, dass der Gesetzentwurf in der jetzigen Form vorliegt. Es wurden Veränderungen zugunsten der Bürgerinnen und Bürger vorgenommen. Somit wurde dann auch den Bedenken der Angehörten Rechnung getragen. Wir stimmen jetzt zu.

(Heiterkeit und Beifall bei SSW, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abge- ordneten Martin Kayenburg [CDU])

Ich erteile Frau Ministerin Franzen das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielen Dank für einen so schönen Beifall, den bekommt man selten.

(Heiterkeit bei der CDU)

Ich möchte diese Rede unter das Motto stellen: Was lange währt, wird endlich gut.

(Beifall des Abgeordneten Holger Astrup [SPD])

Herr Schlie, deshalb muss ich die Geschichte nicht noch einmal von der anderen Seite aufrollen. Wir erzielen jetzt etwas, was Seltenheitswert hier im Landtag hat, nämlich die Einstimmigkeit. Das meine ich als Kompliment. Das ist eine gute Sache.

(Heinz Maurus [CDU]: Da haben wir auch lange dran gearbeitet!)

Es hat noch Änderungen gegeben, und ich glaube, das ist auch gut so. Zum einen ist der in der Literatur geübten Kritik an der so genannten Heilung von Verfahrens- und Formfehlern in § 114 Abs. 2 Rechnung

getragen worden. Dadurch beugen wir einem zum Teil befürchteten allzu laxen Umgehen der Behörde mit den Bürgerinnen und Bürgern im Verfahrensrecht vor. Das kann bei uns nicht mehr passieren. Ich finde, darauf können wir stolz sein, und ich freue mich, dass wir einstimmig zu dieser Änderung gekommen sind.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Eine zweite Sache, die wir nicht übernommen haben ich denke, auch das können wir hier laut und deutlich sagen -, ist, dass bei aller Beschleunigung, die wir haben wollten, insbesondere im Planfeststellungsverfahren, keine erleichterte Benachrichtigung oder Zustellung erfolgen soll. Auch das ist für die Bürgerinnen und Bürger wichtig.

(Beifall der Abgeordneten Silke Hinrichsen [SSW])

Wir halten damit trotzdem an dem Ziel fest, die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein zu erhalten.