Schlimmer noch ist allerdings, dass diese Frage immer sofort mit der Finanzierungsfrage verbunden wird. Deswegen habe ich ganz bewusst darauf verzichtet, den Schweregrad der Pflegebedürftigkeit nach § 15 SGB IX als Beispiel heranzuziehen. Mir geht es aber darum, deutlich zu machen, dass wir unter einer optimierten Versorgungsstruktur ein nach beiden Seiten durchlässiges Angebot verstehen müssen, angefangen von der Unterstützung zur Meisterung eines weitgehend selbstbestimmten Lebens für ältere Menschen mit Behinderung, die aus dem Erwerbsleben ausscheiden oder kurz davor stehen, bis hin zur intensiven Versorgung Schwerstpflegebedürftiger, und zwar flankiert durch den Auf- beziehungsweise Ausbau geriatrischer und gerontopsychiatrischer Kapazitäten.
Ich sage noch einmal ganz deutlich: Dies würde entscheidend über das hinausgehen, was im Allgemeinen unter der Vernetzung von bestehenden Angeboten
verstanden wird. Es handelt sich vielmehr um eine stufenlose, in beide Richtungen durchlässige integrierende Versorgungsstruktur, die viel präziser auf die individuellen Bedürfnisse des Einzelnen abgestimmt werden kann.
Ich will an dieser Stelle nicht den Eindruck erwecken, als müsste alles neu erfunden werden, im Gegenteil! Natürlich steht zu Beginn die Vernetzung vorhandener Angebote sowohl im ambulanten als auch im teilstationären und stationären Sektor. Das gilt sowohl innerhalb dieser Sektoren als auch übergreifend, und zwar unter Einschluss der entsprechenden akutmedizinischen Angebote. Bestehende Lücken zu schließen, ist aber ebenso wichtig, um eine stufenlose Struktur, wie ich sie mir vorstelle, aufbauen zu können.
Dieser zusammenführende Ansatz stand im Prinzip hinter der seit Jahren geführten Diskussion über das SGB IX. Wenn ich das SGB IX an dieser Stelle erwähne, habe ich an uns alle eine große Bitte: Tun wir uns, aber vor allem jenen, für die dieses Gesetz gemacht wurde, den Gefallen und wecken keine Hoffnungen, die das von allen Fraktionen im Deutschen Bundestag beschlossene Gesetz gar nicht erfüllen kann.
(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sehr gut! - Beifall der Abgeordneten Christel Aschmoneit-Lücke [FDP] und Joachim Behm [FDP])
Das SGB IX ist kein neues Leistungsgesetz. Es ist nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein Strukturgesetz, das unter anderem zur Vereinfachung der Leistungsinanspruchnahme und zu mehr Transparenz des Leistungsangebotes - zum Beispiel durch die Einführung von Beratungs- und Servicestellen - führen soll. Es gilt aber nach wie vor der Grundsatz der Nachrangigkeit der BSHG-Leistungen. Das heißt - weil es hier immer wieder angesprochen wurde -: Der Streit um die Eingliederungshilfe wird uns vermutlich noch eine ganze Weile beschäftigen.
Dabei wird aus der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage deutlich, dass es sich hierbei um ein ganz zentrales Problem im Zusammenhang mit der heute zu führenden Debatte handelt, ein Problem, das nach wie vor nicht gelöst ist. Im Kern geht es darum, dass in Zukunft Fragen der Finanzierung und damit einhergehende Kompetenzstreitigkeiten zwischen Kostenträgern kein Anlass sein dürfen, dass Menschen mit Behinderung im Alter aus ihrem gewohnten Wohnumfeld gerissen werden.
In Zukunft muss vielmehr ganz selbstverständlich sein - oder selbstverständlich werden -, dass vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung, die sich auch in der Bevölkerungsgruppe der Menschen mit Behinderung wie in der Bevölkerungsgruppe der Pflegebedürftigen widerspiegelt - das heißt, dass die Zahl zunehmen wird, die Frau Ministerin hat das bereits angeführt -, bestehende Wohnstätten durch Betreuungs- und Pflegeangebote ergänzt werden können, sodass es diesen Menschen, die ihr ganzes Leben dort verbracht haben, ermöglicht wird, auch dort ihren Lebensabend zu erleben.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Was passiert eigentlich mit Menschen mit schwerwiegenden körperlichen, geistigen und seelischen Behinderungen, wenn sie alt und betagt werden? Diese Frage hat unser Behindertenbeauftragter schon 1999 gestellt und Wissenschaftler beauftragt, diese Menschen nach ihren Wünschen am Lebensabend zu fragen. Die Ergebnisse sind uns vorgestellt worden. Diese Frage stellt auch - ich finde, dass es sehr lesenswert ist - die „Tageszeitung“, die seit Wochen in einer sehr ausführlichen Reportage kritisch - auch selbstkritisch, was unser eigenes Selbstverständnis als Menschen ohne sichtbare Behinderung angeht - das Leben in Werkstätten für Behinderte unter die Lupe nimmt und unser Selbstverständnis als von außen Daraufschauende wachrüttelt und infrage stellt. Diese Frage hat ebenfalls die CDU-Fraktion hier im Landtag gestellt - angesichts der Reform des Sozialrechts eine aktuelle Frage.
Ich weise noch auf einen weiteren Aspekt dieses Themas hin: Dass diese Frage in Deutschland aktuell und offensichtlich ein wenig neu ist, muss uns innehalten lassen. Neben den dankenswerterweise guten Gründen, auf die die Ministerin und andere hingewiesen haben, muss an dieser Stelle auch gesagt werden, warum erst jetzt mehr Menschen mit Behinderung das Lebensalter von 60 Jahren plus erreichen, das uns allen selbstverständlich erscheint. Die Ermordung vieler Menschen mit Behinderung in der Nazizeit hat dafür gesorgt, dass die Zahl dieser Menschen bisher recht gering war. Würden all diese ermordeten Menschen noch leben, hätte sich die Frage danach, was mit Menschen mit Behinderung im Alter passiert, schon viel dringender und früher gestellt.
Wir begrüßen, dass wir jetzt Reformbemühungen auf der Bundesebene haben, die über die sehr enge Orientierung der Behindertenhilfe auf die Eingliederung ins Erwerbsleben hinausgreift und endlich den Rückgriff der Sozialhilfe auf Eltern behinderter Kinder entfallen lässt und die Möglichkeit eröffnet, ein persönliches Budget an Menschen mit Behinderung auszuzahlen, damit sie mehr Wahl in der Form der Assistenz und ihrer Lebensform haben.
Der Bericht der Landesregierung über die Situation älterer Menschen mit Behinderung in Schleswig-Holstein zeigt, dass Menschen mit Behinderung, die in Einrichtungen leben und arbeiten, dort - wenn sie wollen - auch bis zum Tode bleiben und am sozialen Leben teilnehmen können. Ich unterstreiche drei Mal: Das ist gut so.
Nicht gut ist - das sage ich an dieser Stelle auch -, dass diese Menschen oft faktisch - nicht rechtlich - gar keine andere Wahl haben. Das sollte uns nachdenklich machen. Jeder Mensch muss das Recht haben, zu bleiben oder zu gehen. Das ist natürlich in der Lebensrealität gerade dieser Generation besonders schwierig.
Der Bericht weist aber auch darauf hin, dass nur ein sehr kleiner Teil der Menschen mit schweren Behinderungen in einer betreuten Werkstätte lebt. Der weitaus überwiegende Teil lebt irgendwo anders. Eine weitere große Fragestellung wäre daher sicherlich gewesen, diese Lebenssituationen genauer zu betrachten. Denn es sind wenige Hunderte, über die wir im Augenblick reden, die in den Werkstätten arbeiten und dort zum Teil auch leben, während es Tausende sind, die eine völlig andere Lebenssituation haben.
Der Bericht betont und beschreibt die leider immer noch nicht selbstverständliche Einsicht, dass sich alte Menschen mit Behinderung in ihren Grundbedürfnissen hinsichtlich Vielfalt und Tendenz nicht von Menschen ohne Behinderung unterscheiden. Es war sehr interessant, was Professor Walburg und der Diplomsoziologe Klaus Jutzi im Auftrag des Landesbeauftragten für Behinderte hierzu ihre Antworten vorgelegt haben. Daraus wird deutlich, dass über 80 % mit den Kollegen in den Werkstätten für Behinderte auch im Alter in Kontakt bleiben wollen. Über 66 % haben damals geantwortet, sie möchten in ihrer Wohngruppe bleiben, auch wenn sie nicht mehr voll in der Werkstätte arbeiten.
Obwohl diese Antwort natürlich eine Tendenz vorgibt, müssen unsere Lösungen vielfältig sein, so vielfältig wie die Wünsche.
Ich begrüße deswegen, dass aus der Antwort auf die Große Anfrage deutlich wird, dass denjenigen, die sich bisher als Sozialverbände um Menschen mit Behinderung gekümmert haben, bewusst ist, dass sie neue Angebote schaffen müssen. Es sollte für uns als Politiker eine Aufgabe sein, die Sozialverbände bei diesem neuen Tätigkeitsfeld zu begleiten.
Die Reaktion in der Öffentlichkeit und die mangelnde Barrierefreiheit vielerorts sind allerdings für viele Menschen mit Behinderung gerade auch im Alter keine Ermutigung zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Deshalb betone ich auch noch einmal: Hier sind wir alle gefordert, im Alltag, in der Landespolitik sowie juristisch die Bundesregierung, durch die Schaffung eines überfälligen Gleichstellungsgesetzes zur Unterstützung wenigstens der Rechtsposition behinderter Menschen beizutragen.
In den letzten Minuten meines Beitrages möchte ich auf die von Herrn Garg in sehr differenzierter Weise angesprochene Situation der Kostenträgerschaft eingehen. Frau Kleiner hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass das Problem SGB IX und SGB IX der Anlass für die Große Anfrage war. Auch in SchleswigHolstein tobt diese Auseinandersetzung. Bei Kindern haben wir das Problem - in Kiel beispielsweise wird im Augenblick sehr heftig darum gerungen -, wer für welche Zahlung zuständig ist und welche Einrichtung für Kinder mit Behinderung die richtige ist. Aber gerade auch im Alter spitzt sich die Auseinandersetzung zu. Herr Garg hat darauf hingewiesen, dass ein Mensch, der zwar nicht mehr arbeiten kann, damit aber keineswegs gleich bedeutend pflegebedürftig ist, als Behinderter offensichtlich sehr viel schneller befürchten muss, nur noch als „Klient“ der Pflegeversicherung gesehen zu werden, weil von vielen Instanzen als Erstes die Pflegeversicherung als Ansprechpartner gesehen und nicht differenziert wird.
Während uns die kommunalen Landesverbände geschrieben haben, sie sähen eine Kostenlawine durch das neue SGB IX auf sich zukommen, befürchten Lebenshilfe und andere Sozialverbände - sie haben uns aus Anlass der Großen Anfrage sehr ausführliche Stellungnahmen zukommen lassen -, dass sich trotz der Reform nach wie vor ein Trend verstärkt, bisherige ganzheitliche Leistungen oder künftig zu schaffende ganzheitliche Leistungen für Menschen mit Behinderung einzuschränken auf die Basisleistungen, wie sie nach dem Pflegegesetz finanziert werden. Die jetzige Formulierung des Bundesgesetzes zu dieser Frage das unterstreiche ich ganz deutlich - ist ein Kompromiss, für den auch Grüne sehr zäh gestritten haben. Das, was wir erreicht haben und hoffentlich auch durch den Bundesrat bestätigt sehen, ist das, was offensichtlich im bisherigen politischen Gerangel zu
erreichen ist. Ich unterstreiche deshalb, was die Sozialministerin hier gesagt hat: Wir dürfen die Arbeit an einem umfassenden Leistungsgesetz nicht aufgeben. Das, was wir erreicht haben, ist ein Zwischenschritt, aber es kann nicht der letzte Schritt sein.
Es ist doch klar: Die Arbeit, die vor uns liegt, muss sich auf die Inhalte beziehen. Wir müssen neue Wege der Begegnung zwischen Behinderten und Nichtbehinderten und zwischen Jung und Alt gehen. Gerade für diese Menschen ist es wichtig, dass sie nicht nur ihre Altersgenossen sehen. Es ist wichtig, dass sie am Leben teilhaben können, dass es selbstverständlich für sie ist, Ausflüge zu machen, dass sie sich nicht eingeschlossen fühlen und Werkstätte und Wohnheim nicht letzter Zufluchtsort sein muss.
Das ist eine sehr anspruchsvolle und nicht leichte Aufgabe. Wenn diese Aufgabe noch mit Kostenauseinandersetzungen überlagert wird und die Menschen, deren pädagogische, psychologische und pflegerische Fähigkeiten wir brauchen, mit der Auseinandersetzung mit Kostenträgern, Pflegeversicherung, Sozialhilfestellen der Kommunen und so weiter beschäftigt werden, dann ist das eine sehr missliche und unwürdige Situation. Da ich die Sensibilität des ganzen Hauses für diese Fragestellung spüre, denke ich, dass mein Appell nicht ins Leere geht. Ich appelliere an Sie, diese Kostenauseinandersetzung solidarisch zu begleiten und gemeinsam nach Lösungen zu streben, die es möglich machen, dass die Menschen eine ganzheitliche Leistung erfahren und dass wir zu dem von Herrn Garg angesprochenen stufenlosen System kommen. Ich fand das sehr anschaulich und denke, das sollte unser Leitbild sein, denn alle Menschen - mit oder ohne Behinderung - verdienen eine würdige Begleitung im Alter und insbesondere eine große Nähe von anderen, wenn sie sterben.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In den letzten Jahrzehnten ist viel unternommen worden, um Menschen mit Behinderung ein Leben zu ermöglichen, das so normal wie möglich ist. Menschen mit Behinderung werden in Kindertagesstätten gefördert, in Schulen integriert und in das Arbeitsleben einge
Wir wissen alle, was man mit Menschen macht, die erst im höheren Alter eine Behinderung bekommen. Diese Menschen, die zum Beispiel einen Schlaganfall erleiden oder eine Demenz entwickeln, sind bisher hauptsächlich als medizinisches und pflegerisches Problem gesehen worden. Erst langsam setzt sich auch hier die Kenntnis durch, dass eine ganzheitliche und aktivierende Pflege mehr beinhalten muss.
Bei den älteren Menschen mit Behinderung ist die Entwicklung aber andersherum. Wenn die hier besprochenen Menschen mit Behinderung älter werden, befinden sie sich häufig schon in betreuten Umständen. Erst seit Einführung der Pflegeversicherung rücken bei ihnen medizinisch-pflegerische Aspekte weiter in den Vordergrund und drohen, den ganzheitlichen Betreuungsansatz einer integrierenden Behindertenhilfe in den Einrichtungen zu verdrängen. Damit ist diese Entwicklung auch gegenläufig zu den Leitbildern in der Politik für Menschen mit Behinderung. Gerade das macht die Brisanz dieses Themas aus.
Bisher hat es für die Politik keine besondere Rolle gespielt, was mit den Bewohnerinnen und Bewohnern in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung im Alter geschieht. Weder in Berichten zur Altenhilfe noch zur Behindertenpolitik haben sie eine besondere Rolle gespielt. Im Bericht der Bundesregierung zur Lage der Behinderten und der Entwicklung der Rehabilitation aus dem Jahre 1998 wird zum Beispiel neben den medizinisch-pflegerischen Aspekten weniger als einer Seite auf die Gestaltung des Lebensabends von Menschen mit geistiger Behinderung verwendet. Nicht einmal in den Alterswissenschaften hat man sich besonders intensiv mit diesen Fragen auseinander gesetzt, weil es bis heute um eine sehr kleine Gruppe von Menschen ging. Dies haben auch die Ministerin und Frau Birk bereits gesagt. Jetzt zeichnet sich aber ab, dass diese Gruppe größer wird und dass man sich Gedanken über das Altern der Menschen mit Behinderung machen muss. In diesem Zusammenhang möchten wir ausdrücklich begrüßen, dass die CDU-Fraktion mit ihrer Großen Anfrage dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt hat.
Menschen mit Behinderung werden erfreulicherweise zunehmend älter. Sie überleben ihre Eltern, kommen über das Rentenalter hinaus und müssen - wie alle anderen - früher oder später die Erwerbstätigkeit aufgeben. Wie alle anderen Senioren heute ist diesen Menschen aber nicht damit gedient, in Altenheimen vor sich hinzusitzen, bis sie Pflegefälle werden und schließlich „das Zeitliche segnen“. Also muss die Politik für Menschen mit Behinderung jetzt herausfin
Das Erste ist natürlich, nach den Wünschen der Betroffenen zu fragen. Bisher gibt es hierzu wenige empirische Daten. Die bisher vorliegende Befragung scheint aber zwei wichtige Punkte aufzuzeigen: Diese Menschen wollen mehrheitlich möglichst einen gleitenden Übergang in den Ruhestand. Das wünschen im Übrigen auch viele Senioren ohne Behinderung. Die meisten wollen auch in ihren bisherigen Wohngruppen bleiben. Diese Anforderungen entsprechen auch unseren Vorstellungen einer nach dem Normalitätsprinzip organisierten Hilfe für Menschen mit Behinderung. Ebenso wie ihre Altersgenossen sollen die älteren Menschen mit Behinderung - soweit es möglich ist einen aktiven Lebensabend genießen können. Sie sollen - soweit möglich - in ihrem Zuhause wohnen können. Das stellt die Behindertenhilfe - wie von meinen Vorrednerinnen und Vorrednern gesagt - vor ganz neue Herausforderungen.
Die betroffenen Menschen können ihre Freizeit häufig nicht selbstständig gestalten. Sie brauchen Hilfen und Angebote - zum einen, damit die Lebensqualität stimmt, zum anderen aber schlicht auch deshalb, weil sie einen strukturierten Tagesablauf brauchen. Die Antwort auf die Große Anfrage macht deutlich, dass man sich hier auf dem Weg befindet.
Es wird aber auch deutlich, dass die Wohneinrichtungen nicht durchgängig dafür eingerichtet sind, eine erfüllte Gestaltung zu ermöglichen. Diese Angebote werden also in den nächsten Jahren noch wesentlich verbessert werden müssen. Hier liegt nicht zuletzt eine große Herausforderung für die Kostenträger, denn das Personal in den Wohngruppen ist danach bemessen, dass die Menschen tagsüber in den Werkstätten tätig sind. Die örtlichen Sozialhilfeträger sind gefordert, die Grundlage für die Ausweitung und Verbesserung dieser Angebote zu schaffen.
Aber auch andere sind in der Pflicht. Der Verweis auf die bisher geringe Zahl der Betroffenen verfängt nicht, weil die Entwicklung deutlich absehbar ist. Schleswig-Holstein hat früher einmal eine herausragende Rolle gespielt, als es um die Erkundung der Bedürfnisse und Wünsche und der Fortentwicklung der Hilfen für ältere Menschen ging. Es stünde unserem Land gut zu Gesicht, wenn die Regierung auch in Fragen der Hilfen für ältere Menschen mit Behinderung nicht abwartet. Damit können wir auch am ehesten den berechtigten Ansprüchen der Mitbürgerinnen und Mitbürger in den Werkstätten gerecht werden.
Der zweite große Komplex im Lebensabend ist der mit dem Alter zunehmende Bedarf an pflegerischen Dienstleistungen. Wie alle anderen Menschen kom
men die älter werdenden Menschen mit Behinderung irgendwann in die Situation, dass sie körperlich oder geistig abbauen und zunehmend pflegebedürftig werden. Wie bei allen anderen Pflegebedürftigen besteht dann bei ihnen natürlich auch der Wunsch, so lange wie möglich Zuhause gepflegt zu werden, statt in eine Pflegeeinrichtung umzusiedeln. Dieses Recht gestehen prinzipiell alle Beteiligten den Menschen mit Behinderung zu. Allerdings gibt es erhebliche Probleme, weil die praktische Umsetzung alles andere als gesichert ist. Da ambulante Pflegedienste nicht in Einrichtungen der Behindertenhilfe tätig werden dürfen, muss die Einrichtung selbst ein solches pflegerisches Angebot vorhalten. Anderenfalls müssen die älteren Menschen anderswo stationär gepflegt werden, was weniger wünschenswert ist.