Bei der Frage 12 geht es um die Möglichkeit der Teilnahme am sozialen, gesellschaftlichen und kulturellen Leben und um den Beitrag der Landesregierung, mithilfe der Kreise und kreisfreien Städte - das will ich gern zugeben - Defizite abzubauen.
In Frage 15 fragen wir nach der Hilfe und Unterstützung, die ältere Menschen mit Behinderung bei der täglichen Kommunikation erhalten.
Frage 19 befasst sich mit Tagesstrukturangeboten und Frage 20 mit der Qualifikation der Personals hinsichtlich der Gerontologie, der Gerontopsychiatrie und der Sterbebegleitung.
Durch die Antworten der Landesregierung ist unser Informationsbedarf allerdings in keinem Punkt gedeckt. Ich gehe heute davon aus, dass wir im Sozialausschuss nähere Auskünfte erhalten und konkreter darüber sprechen werden, auf welchem Wege und mit welcher Unterstützung die Sozialministerin des Landes helfen will.
Abschließend will ich - anknüpfend an unsere Frage 13 e und die Antwort der Landesregierung hierzu noch einige allgemeine Bemerkungen anfügen.
Wir hatten uns bei der Frage 13 e darauf bezogen, dass Frau Ministerin Moser bei der Fachtagung „Behindertenhilfe zwischen Eingliederungshilfe und Pflegeversicherung“ am 4. Mai 1999 erklärt hat, mittelbis langfristig sei ein einheitliches Leistungsgesetz erforderlich, und wir haben dazu ergänzend gefragt, welche Maßnahmen die Landesregierung inzwischen getroffen hat, um ihren Beitrag zur Verwirklichung dieses Zieles zu leisten. Die Landesregierung hat in ihrer Antwort erklärt, sie teile die Einschätzung der Bundesregierung, derzeit wegen der nicht absehbaren Finanzfolgen noch kein Leistungsgesetz zu schaffen, sondern zunächst mit dem SGB IX eine begrenzte Sachreform vorzunehmen. Das SGB IX, das sie in wesentlichen Bereichen mitgestaltet habe, enthalte
Verbesserungen für Menschen mit Behinderung. Eine solche Verbesserung sieht die Landesregierung insbesondere darin, dass nicht nur die Schaffung von Service- und Beratungsstellen verbindlich festgeschrieben wird, sondern darüber hinaus auch die Aufgaben der Servicestellen im Gesetz beschrieben werden.
Eine gute Wirtschaftspolitik füllt die Kassen des Finanzministers mit Steuern und Abgaben. Eine gute Sozialpolitik dagegen bringt kein Geld, sondern kostet Geld. Die finanzpolitisch armen Sozialminister greifen daher gern zu Zauberworten, um die Bürgerinnen und Bürger hinsichtlich ihrer Wünsche und Forderungen nach einer guten Sozialpolitik wenigstens zu beruhigen. Ein solches Zauberwort war in den letzten Jahren der „Modellversuch“, angereichert mit dem Hinweis auf seine wissenschaftliche Begleitung. Jetzt wird das Wort „Beratungsstellen“ zu einem neuen Zauberwort, möglichst angereichert mit der Ergänzung „flächendeckendes Netz“.
Gewiss, es gibt in bestimmten Bereichen der Sozialpolitik einen Beratungsbedarf. Aber ob die jetzt im SGB IX vorgesehenen und von der Landesregierung besonders gelobten Beratungs- und Servicestellen aus sachlichen Gründen notwendig sind, halte ich für zweifelhaft und verweise dazu auf die Stellungnahme des Vorstandsvorsitzenden des Verbandes der Angestellten Krankenkassen, Herbert Rebscher, nachzulesen im „forum für gesundheitspolitik“, Ausgabe Februar 2001, Seite 62. Herbert Rebscher ist der Ansicht, die im SGB IX vorgesehene neue Beratungsund Servicestruktur werde nur zu Verzahnungsproblemen zwischen Servicestellen und Rehabilitationsträgern führen und Investitionskosten von rund 400 Millionen DM zulasten der Rehabilitationsträger auslösen, ohne die Versorgung der behinderten Menschen insgesamt zu verbessern. Also doch wieder nur ein sozialpolitisches Zauberwort? Die Zukunft wird es zeigen.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Älter werden bedeutet auch, dass der eigene Körper nicht mehr all das mitmacht, wofür ich ihn brauche, um meinen Vorstellungen von Lebensgefühl nach
kommen zu können. Hier habe auch ich Ängste und Befürchtungen. Dies ist für mich ein wesentlicher Grund, mich in der Seniorenpolitik zu engagieren. Das Gefühl, dass der Körper nicht mehr so kann, wie ich gern möchte, kommt bei manchen schon mit 30, bei anderen mit 45 oder 50 Jahren,
aber spätestens wenn wir mit 65 Jahren in Rente gehen, spürt es der größere Teil von uns. Wie muss es da erst sein, wenn nicht nur das Alter mit seinen Begleiterscheinungen zum Handicap wird, sondern ich auch noch geistig oder körperlich, oder gar sowohl geistig als auch körperlich behindert bin? Wie würde ich dann leben wollen und welche Möglichkeiten hätte ich?
Auf die letzte Frage gibt die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion der CDU umfassende Antworten. An dieser Stelle möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei den mitwirkenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die zu der Beantwortung beigetragen haben, und der Ministerin recht herzlich bedanken,
bietet diese Antwort uns doch ein umfassendes Bild und ist damit eine gute Grundlage für unsere politische Arbeit.
Was für Vorstellungen habe ich, wenn ich älter geworden bin und mit einem Handicap leben muss? Ich möchte weiterhin in vollem Umfange am Leben teilhaben können, möchte über mein Leben selbst bestimmen dürfen. Ich möchte in meiner vertrauten Umgebung bleiben können. Ich erhoffe mir Unterstützung bei meinen Aktivitäten und für meine Mobilität. Hierfür benötige ich ein differenziertes Hilfsangebot, das auf meine persönlichen Bedürfnisse abgestimmt ist. Dies ist mein gutes Recht, denn im Grundgesetz können wir nachlesen: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“
Wie sieht die Realität aus? Hier gibt uns die vorliegende Antwort einen guten Ein- und Überblick. In Schleswig-Holstein leben zurzeit über 100.000 Menschen, die eine Anerkennung als Schwerbehinderte haben und die über 65 Jahre alt sind. In diesem Alter gibt es jedoch nur wenige Personen mit körperlicher oder geistiger Behinderung, die in einer Wohnstätte oder einer Wohngemeinschaft leben. Insgesamt sind es gerade 23. Dies scheint wenig im Vergleich zur erstgenannten Zahl. Glücklicherweise werden diese Zahlen aufgrund der immer besser werdenden medizinischen und pflegerischen Betreuung endlich zunehmen.
Die Lebenserwartung von Menschen mit Behinderung nähert sich der Nichtbehinderter an. Darauf wird sich das Land Schleswig-Holstein vorbereiten.
Aus der vorliegenden Antwort ist zu schließen, dass sichergestellt wird, dass die heute aus dem Arbeitsleben ausscheidenden Menschen mit Behinderung grundsätzlich ihre vertraute Umgebung nicht verlassen müssen. So gibt es - wenn gewünscht - die Möglichkeit der weiteren Kontaktpflege mit den ehemaligen Kolleginnen und Kollegen. Zweidrittel der Wohnstätten im Lande bieten auch weiterhin eine sinnvolle Beschäftigung an. Hier sei darauf hingewiesen, dass es in anderen Einrichtungen oft an Personal hinsichtlich der Qualität und Quantität und/oder an Räumlichkeiten mangelt, wenn es diese Angebote nicht gibt.
Ein Konflikt scheint darin zu bestehen, ob mit dem erhöhten Pflegeaufwand auch eine professionelle Pflege erforderlich wird, sodass es ein Hinüberwechseln von der Eingliederungshilfe zur Pflegeleistung geben muss. Dies ist vergleichbar mit der Situation der Menschen, die im Alter in ihrer Wohnung verbleiben können und ambulant versorgt werden bis zu dem Zeitpunkt, zu dem eine ambulante Pflege nicht mehr ausreicht beziehungsweise nicht mehr möglich ist, sodass die Menschen in eine stationäre Einrichtung wechseln müssen, um eine optimale Betreuung zu erhalten. Wichtig ist, dass es Pflegeeinrichtungen gibt, die sich auf diese Klientel gut vorbereitet haben. Für mich bedeutet dies unter anderem entsprechend qualifiziertes Personal und zusätzliche Betreuungsangebote.
Die Förderung älterer Menschen mit Behinderung ist nicht nur eine Frage der besseren Pflegemöglichkeiten, sondern auch eine Frage der Finanzen. Bei einem Verbleib in einer Wohnstätte zahlt der örtlich zuständige Sozialhilfeträger, bei der Unterbringung in einer Pflegeeinrichtung die Pflegekasse. Hierin darf jedoch nicht die eigentliche Auseinandersetzung liegen; denn wichtig ist, dass der ältere pflegebedürftige Mensch eine hohe qualifizierte Leistung erhält, die auf seine Bedürfnisse abgestimmt ist.
Dies kann nach meiner Ansicht sowohl in einer Wohnstätte als auch in einer stationären Pflegeeinrichtung der Fall sein.
Nach Durcharbeiten der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage stelle ich fest, dass wir in Schleswig-Holstein Strukturen für ältere Menschen mit Behinderung haben, die angesichts der derzeit noch geringen Zahl dieser Menschen ausreichend sind. Dennoch müssen wir dafür Sorge tragen, dass die
Strukturen bei Zunahme der Zahl dieser Menschen, die unausweichlich ist, ausgebaut und verbessert werden.
Die Landesregierung hat deutlich gemacht, dass sie bereit ist, diesbezüglich Hilfestellung, Mitarbeit und Unterstützung zu gewähren. Ich begrüße ausdrücklich, dass die Landesregierung die Werkstätten in ihren Bemühungen unterstützen wird, auch in Zukunft Aufträge von Wirtschaft und Industrie zu erhalten, die es ihnen ermöglichen, älteren Beschäftigten ihrer verminderten Leistungsfähigkeit entsprechende Arbeiten anzubieten, und dass die Landesregierung bereit ist, gemeinsam mit den Kreisen und kreisfreien Städten erforderliche Rahmenbedingungen zu entwickeln, um den Ausbau von Angeboten für Menschen mit Behinderung im Ruhestand zu fördern, und dass sie an ihrer Forderung festhält, langfristig ein einheitliches Leistungsgesetz für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Das SGB IX, das morgen verabschiedet werden wird, macht deutlich, dass der Einsatz erste Früchte trägt.
Ich begrüße ferner, dass die Landesregierung im Rahmen der pflegeplatzfinanzierten Betreuungsangebote in den Einrichtungen Gesprächshilfen zu Themen fördert, mit denen sich Menschen mit Behinderung in der jeweiligen Lebenssituation auseinander setzen, wie etwa Krankheit und Tod. Darüber hinaus begrüße ich, dass die Landesregierung im Rahmen ihrer Zuständigkeit und im Zusammenwirken mit den örtlichen Trägern der Sozialhilfe dafür Sorge tragen wird, dass die Einrichtungsträger den Neigungen und Fähigkeiten der Bewohnerinnen und Bewohner entsprechende Tagesstrukturangebote vorhalten werden, und dass sie weiterhin dafür Sorge tragen wird, dass bedarfsgerechte Wohnmöglichkeiten im erforderlichen Umfang zur Verfügung stehen.
Ich bin davon überzeugt, dass uns dieses Thema auch weiterhin beschäftigen wird. Nicht nur Menschen ohne Behinderung werden im Durchschnitt immer älter, sondern auch Menschen mit Behinderung haben heute dank eines anderen gesellschaftlichen Verständnisses, einer besseren Versorgung und Ernährung, einer Frühförderung und nicht zuletzt dank erheblicher Fortschritte in der Medizin und Medizintechnik eine deutlich erhöhte Lebenserwartung. Es liegt an uns, ihnen einen vernünftigen Rahmen zu bieten, der es ihnen ermöglicht, weiterhin selbstbestimmt am Leben teilzuhaben.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Zunächst einmal danke ich der CDU-Fraktion, insbesondere der Kollegin Kleiner, für ihr Engagement, das sich in der Großen Anfrage wiederfindet.
Vor allem aber haben Sie die Auseinandersetzung mit einer ganz besonderen Problematik angestoßen, was ich für sehr wichtig halte. Dies haben bereits die Vorredner und auch die Ministerin deutlich gemacht.
Damit Sie mich nicht missverstehen - denn das Folgende ist weder als Kritik an der Fragestellung noch an der Beantwortung durch das zuständige Ministerium gedacht -, will ich gleich vorweg Folgendes sagen. Sowohl die gestellten Fragen als auch deren Beantwortung machen eines deutlich: Aus der Sicht eines nichtbehinderten und auch noch nicht zu dieser Altersgruppe zählenden Menschen habe ich sowohl in vielen Gesprächen mit Betroffenen, zum Beispiel anlässlich von Diskussionen bei der Lebenshilfe Schenefeld, als auch beim Durcharbeiten der Großen Anfrage festgestellt, dass viele von uns - damit meine ich selbstverständlich auch mich selbst - vermutlich unbewusst einen entscheidenden gedanklichen Fehler machen, indem sie nicht exakt zwischen älteren Menschen mit Behinderung und pflegebedürftigen Menschen differenzieren.
Viele Probleme im Bereich des geltenden Finanzierungssystems als auch im Betreuungs- und Versorgungsangebot rühren aber gerade aus dieser etwas unscharfen Trennung. Es mag wie eine Binsenweisheit klingen, wenn ich sage: Nicht jeder ältere Mensch mit Behinderung ist zugleich pflegebedürftig. Natürlich kann ein behinderter Mensch auch zum Pflegefall werden, er ist es aber nicht automatisch. Wenn wir uns einmal ansehen, wie wir mit dem Thema in der Realität umgehen, dann stellen wir fest, dass das manchmal anders aussieht. Das führt zum einen zu den bekannten Streitereien darüber, welcher Kostenträger für welche Leistungen aufzukommen hat. Wir alle kennen die seit Jahren geführte Debatte über die Problematik der Abgrenzung von Eingliederungshilfe als nachrangige Leistung des BSHG einerseits und Leistungen der Pflegeversicherung andererseits.
Die immer wieder geäußerte Befürchtung, Einrichtungsträger würden geradezu überredet, aus einer Einrichtung der Behindertenhilfe eine Pflegeeinrichtung zu machen, um die künftige Finanzierung sicherzustellen, ist letztlich eine Konsequenz aus der bisherigen unpräzisen Sichtweise. Das führt schon fast automatisch dazu, dass die Betreuungs- und Versorgungsstruktur sowohl für ältere Menschen mit Behin
Dabei ist jedem von uns klar, dass ältere Menschen mit Behinderung ganz andere Bedürfnisse haben als Pflegebedürftige.
(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD] - Herr Kollege Baasch, ich meine schon, dass ältere Menschen mit Behinderung andere Bedürfnisse haben als Pflegebedürftige. (Wolfgang Baasch [SPD]: Pflegebedürftige haben einen Anspruch auf Pflege!)
- Selbstverständlich! Aber wir trennen da nicht scharf genug. Wir werfen das manchmal in einen Topf.
- Gut, Sie tun das möglicherweise nicht. Ich habe den Eindruck, dass wir das in der öffentlichen Diskussion sehr wohl tun. Ich habe manchmal auch den Eindruck, dass in der Diskussion über Qualitätssicherung und Optimierung der pflegerischen Versorgungsstruktur logische Brüche auftreten. Wenn wir den Begriff der aktivierenden Pflege ernst nehmen, dann muss das in der Konsequenz dazu führen, dass schwer Pflegebedürftige nicht immer bis an ihr Lebensende schwer pflegebedürftig bleiben müssen.