Sie hätten vielleicht Ihren Minister Schmidt-Jortzig kritisieren sollen, als er dieses Gesetz erlassen hat,
und sollten sich weniger darüber mokieren, dass wir hier mit Kritik an der jetzigen Bundesregierung genau dann zur Stelle sind, wenn es angebracht ist.
- Nein, nein, jetzt rede ich. Ich höre Ihnen ein anderes Mal wieder zu. Jetzt geht es erst einmal hier weiter, Herr Kubicki, und nicht bei Ihnen.
(Heiterkeit und Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])
Eines steht fest: Unsere Volkswirtschaft lebt von Kreditvergabe, vom Kauf auf Pump, und Verbraucherkredite sind sehr einfach zu bekommen, manchmal zu einfach, wie vielleicht seinerzeit nicht zuletzt die Debatte um so genannte Peanuts gezeigt hat.
Es ist nur fair, wenn den Menschen, die durch Überschuldung - sicherlich auch nicht unverschuldet - in eine fast ausweglose Lage geraten sind, von der Gesellschaft auch eine Lösung angeboten wird. Mit der Insolvenzordnung wurde eine Möglichkeit geschaf
fen. Aber die Frage der Finanzierung - ich habe das eingangs gesagt - ist dabei leider vertagt worden, was zu kritisieren ist.
Selbstverständlich dürfen das Verbraucherinsolvenzverfahren und die Restschuldbefreiung nicht grundsätzlich an der Tatsache scheitern, dass die Betroffenen die Verfahrenskosten nicht aufbringen können. Das wäre sonst geradezu absurd.
Vor allem aber muss natürlich die Rechtslage eindeutig geklärt werden. Es ist unerträglich, dass die Wohnortlage in einem Landgerichtsbezirk darüber entscheidet, ob es Prozesskostenhilfe gibt oder nicht.
Vor der Antwort auf die Frage, wie wir uns denn diese Regelung vorstellen, dürfen wir uns natürlich nicht drücken. Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, dass bei einer generellen Gewährung der Prozesskostenhilfe enorme Kosten auf uns zukommen würden - sicherlich mehrere Millionen im Jahr. Das lässt der Antrag des SSW offen - leider, muss ich sagen.
Unsere Justizministerin, aber auch die Bund-LänderArbeitsgruppe, die Herr Kubicki bereits angesprochen hat, haben ja bereits Vorschläge erarbeitet, die wir dann im Ausschuss erörtern werden, und ich werde auch gern Ihre Anregung aufgreifen, Herr Kubicki, dass man hier nicht sozusagen vorschnell alle Tore aufstoßen sollte.
Es gibt nämlich noch einen nächsten Punkt, den wir berücksichtigen müssen: Zu der Debatte um das gerichtliche Insolvenzverfahren gehört nämlich die Notwendigkeit der angemessenen Ausstattung der Schulnerberatung - die dürfen wir nicht aus den Augen verlieren - und jetzt ist schon vielerorts ein Beratungsstau entstanden. Wir sollten die Sozialministerin bitten, im Ausschuss darüber zu berichten. Wir haben es ja hier auch mit einem Wechsel in den Zuständigkeiten zu tun. Für die Schuldnerberatung ist die Sozialministerin zuständig, für die Insolvenzlösung die Justizministerin.
das heißt, in erster Linie bei den Schuldnerberatungsstellen. Darüber lässt sich aber bisher - soweit ich das sehen kann - noch nicht viel Positives sagen.
Ich habe mir noch einmal die Kleine Anfrage meines Kollegen Matthias Böttcher hervorgeholt. In der Antwort ist zwar nur eine Stichprobenerfassung wiedergegeben worden, die natürlich überhaupt nicht repräsentativ ist, aber interessant finde ich es allerdings schon, dass von drei mündlich befragten Beratungsstellen Schleswig, Elmshorn, Bad Oldesloe - Bad Oldesloe, also der Kreis Stormarn, den geringsten Anstieg bei der Zahl der Ratsuchenden gegenüber dem Vorjahr hatte, aber gleichzeitig die höchste Erledigungsrate im außergerichtlichen Einigungsverfahren. Elmshorn hatte demgegenüber mit dem prozentual größten Anstieg die geringste Erledigungsrate bei den außergerichtlichen Einigungsverfahren. Das sollte einen natürlich nachdenklich machen, gerade auch im Hinblick auf die Regelung bei der Prozesskostenhilfe. Hier muss es ein Gleichgewicht geben, sodass nicht Tor und Tür für eine bequeme gesellschaftliche Möglichkeit geöffnet werden.
Die Regelungen zur Kostenhilfe für das gerichtliche Verfahren müssen also so gestaltet sein, dass zwar niemand davon ausgeschlossen wird, jedoch die außergerichtliche Einigung trotzdem attraktiv sowohl für Gläubiger wie für Schuldner ist.
Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat zu einem Kurzbeitrag die Frau Abgeordnete Silke Hinrichsen das Wort.
Meine Damen und Herren Vorrednerinnen und Vorredner, Sie sind auch auf ein weiteres Problem eingegangen, dass es bei der Prozesskostenhilfe sicherlich gibt, nämlich auf die Kosten. Wer finanziert das?
Hierzu sei nunmehr Folgendes ausgeführt. Wir meinen, mit unserer Regelung die Gefahr auszuschalten, dass bei einer bundeseinheitlichen Regelung von Prozesskostenhilfegewährung beziehungsweise -nichtgewährung möglicherweise die Gewährung von Prozesskostenhilfe verhindert werden könnte, und zwar aus folgenden Gründen.
Die zurzeit ablehnende Haltung der Gerichte zur Gewährung von Prozesskostenhilfe führt nämlich zu Folgendem: Die so genannten Großgläubiger lehnen es ab, sich in den außergerichtlichen Verfahren, die vorgeschaltet sind, auf Vergleiche einzulassen. Weil sie ja Kenntnis davon haben, wie die Prozesskostenhilfe seitens der Gerichte erfolgt, führt dies dazu, dass den Menschen nicht einmal die Möglichkeit geboten wird, das irgendwie außergerichtlich zu regeln. Die Banken lehnen einfach ab. Zum gerichtlichen Insolvenzverfahren kann es nicht kommen. Das wissen die Großgläubiger.
(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das hat einen anderen Hintergrund! Die sind versichert und wenn sie akzeptieren, geht die Versicherung flöten! So ist das schlicht und einfach!)
- Ja, die Versicherung, die die noch haben. Aber ich sage einmal, es ist für den einzelnen Menschen ganz wichtig, dass er hier wirklich die Hilfe bekommt und dass die größeren Gläubiger zumindest das Gefühl haben, sie müssen sich auch darauf einlassen. Daran liegt uns, wenn es hier eine einheitliche Regelung gibt.
(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Karl-Martin Hentschel [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN]: Gutes Argument!)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema, das Sie hier zur Debatte stellen, zeigt, dass sich die Regierungserklärung nahtlos ins Konkrete überführen lässt. Wir sprechen hier über einen Bereich, der Teil einer sozial gerechten Bürgergesellschaft sein sollte.
Sie waren sich in der Debatte einig - und auch ich gehe mit Ihnen darin einig -, dass die Neufassung der Insolvenzordnung Anfang letzten Jahres sehr viele Kinderkrankheiten - auch im materiellen Recht - hat, die wir vielleicht im Ausschuss gemeinsam erörtern können. Einer der eklatantesten Fehler ist das Fehlen einer klaren Bestimmung über die Prozesskostenhilfeberechtigung. Sie haben eben selbst sehr ausführlich dargestellt, welche gesellschaftlichen Implikationen dadurch deutlich werden.
Das neue Gesetz, gerade für Fälle der Verbraucherinsolvenz, ist sozialpolitisch, aber auch familienpolitisch gewollt gewesen, ist jetzt aber im Tatsächlichen nicht umsetzbar. Deshalb ist es aus meiner Sicht selbstver
Wir haben gestern schon den Spruch gehört: Das Sein bestimmt das Bewusstsein. Vor ungefähr drei Monaten hätte ich Ihnen zugestimmt und gesagt: Das muss so sein; das ist eine rechtspolitische, sozialpolitische und familienpolitische Notwendigkeit, da gibt es gar kein Vertun. Jetzt stehe ich hier in einer anderen Rolle und sage - wohl auch zu Recht -: Der Wunsch ist berechtigt, die Notwendigkeit ist anerkannt, allein die auch von Ihnen gerade angeschnittene Frage der Umsetzung stellt sich sofort, nicht nur, weil ich auf der Regierungsbank neben Herrn Möller sitze.
Die grundsätzliche Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist Bundesrecht. Sie waren sich da einig. Die Obergerichte sind - Sie wissen das sicherlich, Herr Kollege - damit befasst, aber sie werden so schnell nicht entscheiden. Insofern ist es richtig, dass wir gemeinsam auf eine bundesgesetzliche Regelung hinarbeiten sollten. Inzwischen ist es so, dass fast nirgendwo in der Bundesrepublik Prozesskostenhilfe bewilligt wird. Nach meiner Kenntnis bewilligt fast kein Insolvenzgericht nahtlos Prozesskostenhilfe.
Es ist also - wie gesagt - überfällig, tätig zu werden. Die Bundesjustizministerin hat aber bereits darauf hingewiesen, dass auch sie darüber nachdenkt, eine Gesetzesänderung vorzulegen.
Hoffentlich wissen Sie mit mir gemeinsam, dass die Bund-Länder-Kommission an diesem Thema arbeitet; es gibt dort konkrete Vorschläge, wie mit diesem Problem umgegangen werden soll.
Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist das eine, sie zu bezahlen ist das andere. Die Bund-LänderArbeitsgruppe schlägt deshalb vor, zunächst eine Stundung der Verfahrenskosten vorzunehmen. Das entlastet die Haushalte der Länder nicht. Insofern stehen wir nach wie vor in der Verpflichtung, mit dem Bund darüber zu verhandeln, ob nicht doch eine Entlastung der Länder denkbar wäre. Wichtig ist es aber, ein gemeinsames Vorgehen aller Länder zu vereinbaren. Deshalb meine ich, dass der Vorschlag, zunächst auch hier im Landtag im Ausschuss noch etwas ausführlicher darüber zu diskutieren, mit der Möglichkeit korrespondiert, sich in der Justizministerkonferenz Ende des Monats mit den anderen Ju
Ich denke, es gibt eine weitere Möglichkeit, diesem Problem näher zu treten. Wir kennen in der Zivilprozessordnung die Prozesskostenhilfe mit Raten. Es ist sicherlich zu prüfen, inwieweit nicht auch im Rahmen der Verbraucherinsolvenzverfahren die Prozesskostenhilfe mit der Bewilligung von Raten ein angemessenes Mittel sein kann. Das gilt wohl nicht in jedem Fall, aber die Prüfung sollte nicht vom Tisch gewischt werden, denn man kann auch darüber nachdenken, inwieweit nicht der Staat, der nach dem Gesetz die Auseinandersetzung mit den Gläubigern zu regeln hat, auch seine eigenen Ansprüche in die Quote einbringen kann. Im Prozesskostenhilferecht gibt es die Möglichkeit das sage ich jetzt für die Nichtjuristen -, in geringen Raten auch den Prozesskostenhilfeberechtigten an den Verfahrenskosten zu beteiligen, wenn das denn angemessen ist.