Protocol of the Session on May 11, 2000

Ich erteile jetzt dem Herrn Abgeordneten Schröder das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wirtschaftspolitik bedeutet „gestalten“, das heißt die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass sich die Wirtschaft entfalten und entwickeln kann, dass neuen und jungen Unternehmen eine Chance geboten

wird, sich im harten Wettbewerb an den Märkten zu behaupten, und dass damit vor allem neue und zukunftssichere Arbeitsplätze geschaffen werden.

(Beifall des Abgeordneten Uwe Eichelberg [CDU])

- Vielen Dank, Herr Kollege Eichelberg.

In diesem Sinne sind wir in Schleswig-Holstein ein gutes Stück vorangekommen. Die Landesregierung hat in der Vergangenheit dazu die notwendigen und wünschenswerten Instrumente eingesetzt und wird dies auch in Zukunft tun. Ich brauche zum Strukturwandel in Schleswig-Holstein nichts zu sagen. Was sich in den vergangenen Jahren getan hat, ist bekannt. Der Erfolg dieses Wandels wurde schon im vergangenen Jahr deutlich und wird es jetzt erst recht. Mit dem prognostizierten Wachstum von 3 % dürfte SchleswigHolstein erneut ganz weit oben in der Spitzengruppe der Bundesländer stehen.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Das ist doch nur der Zuwachs!)

Damit haben wir hier bei uns eine solide Grundlage geschaffen, auf der wir weiter aufbauen können.

Dazu bietet sich für uns jetzt eine einmalige Chance: Mit einem Gesamtumfang von rund 2,3 Milliarden DM für den Zeitraum bis 2006 wollen wir das Förderprogramm „ziel: Zukunft im eigenen Land“ realisieren. 2,3 Milliarden DM - das wäre das umfangreichste Förderprogramm des Landes in seiner Geschichte und damit alle Anstrengungen wert, die Komplementärmittel in Höhe von 500 Millionen DM, die wir bereitstellen müssen, auch aufzubringen.

Ich glaube, Frau Kollegin, es ist völlig egal, ob dies Dinge sind, die wir zusammentragen, die auch aus verschiedenen Programmen zusammengestellt werden. Es ist doch die große Chance, 2,3 Milliarden DM bis zum Jahr 2006 in diesem Land einzusetzen und damit Arbeitsplätze und auch Zukunft zu schaffen. Das ist dabei doch der entscheidende Punkt.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Genauso wie Sie in der Antwort auf die Regierungserklärung nicht einen einzigen positiven Punkt in diesem Land gefunden haben, mäkeln Sie jetzt herum, dass das alte Programme sind, und sehen einfach die Zukunftschancen nicht.

(Zuruf des Abgeordneten Heinz Maurus [CDU])

(Bernd Schröder)

Mir ist wirklich Angst und Bange. Solange Sie sich so verhalten, bieten Sie in diesem Land keine Alternative.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Die Förderschwerpunkte von „ziel“ sind klar. Es wird darum gehen, Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern, die berufliche Qualifizierung auszubauen, zukunftsweisende Technologien zu fördern, die Vorteile der Informations- und Kommunikationstechnologien zu nutzen, die ländlichen Räume in ihrer Entwicklung zu stärken, Energie einzusparen, erneuerbare Energien zu nutzen und Klimaschutz zu betreiben, die ökologische Modernisierung zu fördern und, last not least, die Chancen der Ostsee- und Nordseekooperation für unser Land zu nutzen.

Das Programm „Zukunft im eigenen Land“ wird sich in drei Schwerpunkte gliedern: In den Bereich Arbeit für Schleswig-Holstein - kurz ASH - mit dem Förderschwerpunkt Arbeit und Qualifikation unter Einsatz der EU-Fördermittel aus dem ESF, in den Bereich „Zukunft auf dem Land“ - kurz ZAL - mit der Förderung der ländlichen Räume - dabei wird es um die Modernisierung der Agrarstruktur gehen unter Einsatz der Mittel der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur - sowie in den dritten Bereich Wachstum und Beschäftigung - Regionalförderung 2000 -, der als Dach dienen soll für EFRE-Fördermaßnahmen, für Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur und für Landesmittel.

Über die Umstrukturierung der Regionalförderung im Rahmen der Regionalförderung 2000 sind wir ja bereits von der Landesregierung ausführlich informiert worden. Betonen möchte ich in diesem Zusammenhang noch einmal, dass die Landesregierung mit der Regionalförderung 2000 im Besonderen anstrebt, die regionale Zusammenarbeit voranzubringen. Im immer stärker werdenden Wettbewerb der Regionen brauchen wir in Schleswig-Holstein die Kooperation mit den Kommunen, ihre eigene Identitätsfindung nach innen und nach außen sowie die Findung gemeinsamer Entwicklungspotentiale und Entwicklungsziele, die natürlich auch umgesetzt werden müssen.

Wir wollen, dass in den Regionen integrierte Leitprojekte für ihre eigene Entwicklung definiert werden. Dass die so entstandenen Projekte dann in einen Qualitätswettbewerb einfließen, versteht sich von selbst. Aber nur so werden wir die richtigen Projekte für die Entwicklung unseres Landes fördern. Wie auch schon früher sollen diese innovativen regionalen Leitprojekte in den Regionen selbst entwickelt und vorangebracht werden. Daher sind in den Förderregionen auch regionale Begleitausschüsse zur Umsetzung der Projekte eingesetzt worden. Die Verantwortung bleibt

damit vor Ort, zugleich jedoch wird sie auch die enge Zusammenarbeit zwischen Land, Kommunen und Institutionen fördern.

Der Landtag tut jedoch gut daran, auch in Zukunft nicht darauf zu verzichten, sich mit der Art und Weise der Förderung und den gefundenen Projekten auseinander zu setzen. Schließlich geht es hier um das größte und wichtigste Förderprogramm im Lande. Wir sind da auf den Bericht der Landesregierung an den Landtag außerordentlich gespannt.

Die Landesregierung hat mit der Umsetzung ihres Vorhabens bereits begonnen. Inzwischen wurde schon eine Reihe von Projekten vorgeschlagen und im Herbst wird wohl auch die Zustimmung der EU vorliegen.

Wir stimmen daher Ihrem Berichtsantrag zu, haben jedoch die Bitte, den Bericht nicht bereits im Juni zu behandeln, denn es soll ja auch so sein, dass wir alle Fakten, Unterlagen und Zahlen dazu bekommen. Wir möchten Sie deshalb also um Ihre Zustimmung bitten, die Behandlung auf die Juli-Tagung zu verschieben.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Wenn das zugesichert wird, okay!)

- Wenn das zugesagt wird! - Wir sind auf den Bericht der Regierung gespannt und werden uns dann intensiv mit dem „ziel“-Programm auseinander setzen. Dann wird noch deutlicher werden, welche Chance das Programm für Schleswig-Holstein ist.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Das Wort hat jetzt Frau Abgeordnete Dr. Christel Happach-Kasan.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Werter Herr Vorredner, Eines muss ich doch gleich zu Anfang einmal sagen: Wenn die vergangenen Strukturprogramme, die wir in diesem Lande durchgezogen haben, alle so erfolgreich gewesen wären, wie Sie es hier immer darstellen, dann bräuchten wir kein neues Strukturprogramm.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Wir müssen doch feststellen, dass Strukturprogramm auf Strukturprogramm folgte und trotzdem nach wie vor strukturelle Defizite vorhanden sind. Das muss auch etwas damit zu tun haben, dass möglicherweise

(Dr. Christel Happach-Kasan)

auch von dieser Landesregierung - oder der vorherigen oder des vor-vorherigen - bestimmte Programme nicht sinnvoll angewendet und umgesetzt worden sind, wenn wir immer noch die Defizite haben, die wir alle zusammen in diesem Lande beklagen.

In der Debatte über die Regierungserklärung der Ministerpräsidentin ist von allen Seiten des Hauses ausgesprochen worden, welche Hausaufgaben das Land in dieser Legislaturperiode zu erledigen hat. Die Verminderung der Neuverschuldung kann nicht durch den Verkauf von Tafelsilber - davon ist nicht mehr viel vorhanden - oder durch weitere Sparmaßnahmen erreicht werden. Die Einnahmen sind zu erhöhen - aber nicht durch die Erfindung weiterer Abgaben, auch nicht die auf Oberflächenwasser, sondern durch eine Verbesserung der Wirtschaftsstruktur.

Im letzten Jahr wurde die Bilanz des bisherigen Regionalprogramms 1995 bis 1999 vorgestellt: 135 Projekte, Zuschussvolumen 145 Millionen DM, Gesamtfördervolumen 307 Millionen DM. Das wurde als Erfolg verkauft. Warum aber eigentlich? Warum ist es ein Erfolg? Es ist doch gar kein Kunststück, Geld im Land zu verteilen, Projekte zu finden, die man fördern kann, mag oder will. Ein Erfolg ist es doch nur dann, wenn damit etwas bewirkt worden ist, wenn das bewirkt wurde, zu dessen Zweck das Programm aufgelegt worden ist. Wie viele neue dauerhafte Arbeitsplätze sind denn mit dem Regionalprogramm geschaffen worden? Welche strukturellen Maßnahmen gibt es denn? Welche Erhöhungen von Steuereinnahmen haben wir denn damit erzielt? Darüber findet sich kein Wort in der Erklärung der Landesregierung, nicht eine einzige Bilanz. Nur das wäre dann eine echte ehrliche Erfolgsbilanz für ein solches Programm.

Der ehemalige Landwirtschaftsminister Buß nannte „ziel“ eine Initiative der Landesregierung für mehr Arbeit und moderne Strukturentwicklung. Dabei fehlte der Hinweis, dass nur die EU-Mittel diese Initiative möglich machen, und weiter die Feststellung, dass zumindest im Augenblick nicht absehbar ist, woher das Land die Mittel zur Kofinanzierung eigentlich nehmen soll. Wie wollen wir denn bei dem Haushalt, wie er uns in den vergangenen Jahren immer wieder vorgestellt worden ist, eigentlich die notwendige Kofinanzierung aufbringen?

Die Liste der Förderschwerpunkte - Herr Schröder hat sie ja dankenswerterweise alle genannt - lässt befürchten, dass Rot-Grün Chancen des Standorts Schleswig-Holstein aus ideologischen Gründen verspielt. Ich will ein Beispiel nennen.

Die Landwirtschaftsministerin verweist stolz darauf, dass 75 % der mit Raps bestellten Flächen in der Bundesrepublik Deutschland mit Raps aus schleswig

holsteinischer Züchtung bestellt werden. Das wird nicht gehalten werden können, wenn die Grünen weiterhin undifferenziert die Gentechnik als Risikotechnologie bezeichnen, wenn weiterhin ökologischer Landbau für wichtiger gehalten wird als Molekulargenetik, wenn die Anwendung gentechnischer Methoden prinzipiell und unabhängig von den Anwendungsgebieten und von den Alternativen abgelehnt wird.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie bestreiten also, dass das eine Risikotechnologie ist?)

- Ich bestreite sehr wohl, dass dies eine Risikotechnologie ist.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das ist ja unglaublich!)

Ja, das tue ich. Wir brauchen ein technologiefreundliches Klima und Sie tun alles dafür, dieses Klima zu zerstören,

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

und das als eine Partei, die erst im Jahre 2000 ihren Beschluss, Computer verbieten zu wollen, abgeschafft hat. Daran erkennt man Ihre besonderen Fähigkeiten, in die Zukunft zu gucken, Ihre besonderen Fähigkeiten der Prophetie. Ganz hervorragend! Damit wollen Sie auch hier in Schleswig-Holstein unsere Chancen vermindern. - Gucken Sie nicht so, Herr Hentschel! Überlegen Sie das einmal und lesen Sie etwas intensiver nach, was man auch mit Gentechnik in diesem Lande machen könnte und wie viele zukunftsträchtige Arbeitsplätze wir dadurch hätten.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Die kann man nicht durch weitere Investitionen in den Bereich Öko-Landbau erreichen. Dort, wo er sich trägt, ist er in Ordnung; wir wollen ihn durchaus auch fördern. Aber wir müssen sehen: Das zweite Standbein in diesem Lande ist beispielsweise die Molekulargenetik, ist eine Unterstützung der Initiativen an der CAU auf diesem Feld, ist eine Unterstützung der entsprechenden Unternehmen in diesem Lande, statt denen noch weitere Steine in den Weg zu legen.

(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aha!)

Sie auf der linken Seite des Hauses müssen endlich Ihre Tabus einmotten, Freiräume für wirtschaftliche Tätigkeit schaffen und bei der Gentechnik eine reali

(Dr. Christel Happach-Kasan)

stische Abwägung von Chancen und Risiken vornehmen.