Protocol of the Session on March 21, 2001

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Ich erteile das Wort dem Herrn Abgeordneten Dr. Wadephul.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! So ist das also, Frau Ministerpräsidentin, mit Ihrem Sprechdenken, für das Sie ja bekannt sind. Sie haben eben schon wieder eine Aussage getroffen,

(Zurufe von der SPD)

von der ich sage: Ich empfehle Ihnen, in Zukunft erst zu denken und dann zu sprechen.

(Widerspruch bei der SPD - Lothar Hay [SPD]: Nein! Das ist ja wie im Kasperle- theater!)

Sie haben gerade gesagt, dass Sie sich in der Talkshow nicht für eine Erhöhung ausgesprochen hätten. Leider ist das Gegenteil richtig.

(Beifall des Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU])

Sie haben in der Talkshow den Beschluss des SPDLandesparteitages in Lübeck unterstützt, und in dem heißt es nun einmal - als Parteivorsitzender lege ich auch sehr viel Wert darauf, dass wir Beschlüsse ernst meinen; da bin ich mit Ihnen einer Auffassung -,

(Günter Neugebauer [SPD]: Nehmen Sie einmal Ihr Grundsatzprogramm ernst!)

die SPD werde deshalb in der kommenden Wahlperiode mit einem neuen Stufenplan in gleichen berechenbaren Schritten die ökologische Steuerreform fortsetzen. Ich empfehle die Lektüre.

(Zurufe von der CDU: Hört, hört! - Zurufe von der SPD)

Das heißt, Sie haben eine Erhöhung beschlossen und die Ministerpräsidentin hat öffentlich eine Unterstützung zugesagt. Das, was Sie hier gesagt haben, war nicht wahr.

(Beifall bei der CDU)

Ein Zweites. Was gilt denn nun hinsichtlich der Verwendung der Mittel, Frau Ministerpräsidentin? Sie haben eben auch schon wieder gesagt, sie sollten verwendet werden, um die Rentenversicherung zu finanzieren. Dieses Modell hält keiner für richtig, auch der von Ihnen zitierte Chefvolkswirt der Deutschen Bank nicht. Wir sind das einzige Land, das seine Rentenversicherungsbeiträge an der Tankstelle bezahlt. Das ist doch großer Unsinn.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

(Dr. Johann Wadephul)

An der Stelle verweise ich Sie nur auf den Beschluss des SPD-Landesparteitages, auf dem man zumindest schon einmal zu neuen Erkenntnissen gekommen ist. Dort hat man dann gesagt: In der nächsten Legislaturperiode nicht mehr zur Senkung der Lohnnebenkosten, sondern zur Finanzierung von ökologischen Modernisierungsmaßnahmen.

(Martin Kayenburg [CDU]: Hört, hört! - Zu- rufe von SPD und SSW: Sehr gut!)

Ich mache hier auf Parteitagsbeschlüsse aufmerksam, zur Abwechslung einmal nicht auf die der CDU - das werden wir zu einem späteren Zeitpunkt tun -, sondern auf die der SPD. Herr Kollege Neugebauer, Sie haben sich in Ihrer Rede zweimal widersprochen. Halten Sie sich doch in Ihrer Argumentation an Ihre eigenen Beschlüsse! Dann wissen wir jedenfalls, wo Sie stehen.

(Beifall bei der CDU - Günter Neugebauer [SPD]: Das müssen gerade Sie sagen!)

Frau Kollegin Heinold, was Sie gesagt haben, nehme ich gern auf. Wenn hier gesagt wird, man solle über eine sinnvolle und intelligente ökologische Steuerreform miteinander diskutieren, dann ist die ChristlichDemokratische Union die letzte, die an dieser Stelle nicht - um Ihre Worte aufzunehmen - gewaltig kommen würde und auch gewaltig mitmachen würde. Aber dann machen Sie erst einmal intelligente Vorschläge zu diesem Thema.

(Beifall bei der CDU - Lothar Hay [SPD]: Wieso? Das tun Sie doch auch nicht!)

Das, was wir jetzt haben, ist eine Steuer, die der Umwelt überhaupt nichts bringt. Allein deswegen verdient sie den Namen Ökosteuer nicht. Sie ist nur Steuer, überhaupt nicht „öko“

(Beifall bei der CDU)

und sie ist eine Steuer - das sage ich Ihnen auch als Vorsitzender einer Volkspartei -, die die sozial Schwachen ganz besonders belastet.

(Lachen bei der SPD)

Rentner, Hausfrauen und Arbeitslose bekommen keine Entfernungspauschale. Die Schwachen der Schwächsten werden am stärksten belastet, liebe Sozialdemokraten, und das ist unsozial und das vertreten wir nicht!

(Lebhafter Beifall bei CDU und F.D.P.)

Dann höre ich von Rot-Grün immer wieder, wir müssten auf den ÖPNV, auf die Bahn umsteigen. Wissen Sie eigentlich, dass der größte Ökosteuerzahler die Deutsche Bahn ist? Das zeigt doch, wie unsinnig diese Steuer ist.

(Klaus Schlie [CDU]: So ist es! Das ist völli- ger Unsinn!)

Sie kassieren bei denjenigen am meisten ab, von denen Sie eigentlich erwarten, dass sie den Transport von Menschen übernehmen. Das ist widersprüchlich bis zum Gehtnichtmehr. Diese Ökosteuer muss - und das wird unser Kampf bleiben - abgeschafft werden. Sie ist unsinnig. Sie verdient den Namen nicht und sie belastet die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes viel zu stark. Die Ministerpräsidentin unseres Landes sollte sich in der Zukunft nicht nur darum kümmern, die Interessen ihres Parteitages zu vertreten, sondern sollte endlich die Interessen der Menschen in Schleswig-Holstein vertreten.

(Anhaltender Beifall bei CDU und F.D.P.)

Nun erteile ich Herrn Abgeordneten Schröder das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Wadephul, eine solche Rede hätte ich zurzeit Ihrer Regierungsverantwortung erwartet, in der Sie auf Bundesebene 32 Milliarden DM eingenommen haben. Der elementare Unterschied zur heutigen Situation ist folgender: Sie haben damals diese 32 Milliarden DM ausschließlich zum Stopfen von Haushaltslöchern benutzt; wir haben die Gelder, die durch die Ökosteuer hereingekommen sind, dazu benutzt, den Faktor Arbeit und die Lohnnebenkosten herunterzufahren.

(Beifall bei der SPD)

Was mich wirklich wundert, meine Damen und Herren von der CDU und der F.D.P., ist Ihre Aufgeregtheit über diesen Beschluss des jüngsten SPD-Landesparteitages zur Ökosteuer. Vor allen Dingen wundert mich, welche Schlussfolgerungen Sie daraus ziehen.

Ob Ihnen das nun passt oder nicht, es ist doch zunächst einmal festzustellen: Die SPD wird das Thema Ökosteuer auch weiter beraten. Sie wird es aber ganz anders tun, als Sie es den Leuten draußen gern weismachen möchten.

Wir Sozialdemokraten werden erstens rechtzeitig vor der nächsten Bundestagswahl bewerten, was die Ökosteuer gebracht hat, wie sie weiterzuführen ist und wo sie verbessert werden kann, und zwar zum Vorteil der Bürgerinnen und Bürger und vor allen Dingen der

(Bernd Schröder)

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die von der Ökosteuer profitieren,

(Martin Kayenburg [CDU]: Reden Sie doch den Parteitagsbeschluss nicht schön!)

weil nämlich, Herr Kayenburg, durch die Einnahmen aus der Ökosteuer zum Beispiel bereits die Rentenund Sozialversicherungsbeiträge gesenkt wurden.

Zweitens werden wir Sozialdemokraten mit der Wirtschaft und insbesondere auch mit dem Mittelstand, aber auch mit den Gewerkschaften und Verbänden über die Ökosteuer reden und ausloten, was und vor allen Dingen in welchem Umfang dies zu tun ist. Ich bin mir ganz sicher: Die Fachleute in der Wirtschaft werden erkennen und haben bereits erkannt, dass zum Beispiel durch die genannte Absenkung der Rentenund Sozialversicherungsbeiträge der Faktor Arbeit hierzulande billiger wird. Das ist auch eine Maßnahme, um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft zu erhöhen. Dies ist ganz nebenbei im Zusammenhang mit den Entlastungen zu sehen, die die große Steuerreform bringen wird, an der Sie von der CDU im Bundesrat, wenn auch erst am Ende, tatkräftig mitgewirkt haben.

Drittens. Wir Sozialdemokraten werden den Beschluss des Landesparteitages in den Gremien der Partei behandeln und auf dem Bundesparteitag beraten. Am Ende wird dann darüber abgestimmt werden. Das machen wir in der SPD seit weit über 100 Jahren so.

(Lachen bei der CDU - Klaus Schlie [CDU]: Das kommt dabei heraus!)

Dieses Verfahren, meine Damen und Herren von der CDU, ist ja bei Ihnen erst wenige Stunden alt und wurde erst vor kurzem versuchsweise eingeführt.

(Zurufe von der CDU)

So viel zum Verfahren, damit deutlich wird, dass der Beschluss des Landesparteitages nun wirklich nichts mit dem zu tun hat, was Herr Kayenburg und Herr Koppelin den Bürgerinnen und Bürgern draußen gern einreden möchten! Weder will jemand in der SPD den Mittelstand plündern noch befinden sich Sozialdemokraten aus diesem Hause oder in der Landesregierung auf Konfrontationskurs mit dem Kanzler. Das hätten Sie natürlich gern.

(Martin Kayenburg [CDU]: Sie können das gar nicht wegdiskutieren!)