Protocol of the Session on March 21, 2001

(Lars Harms)

das sie in ihrem Antrag Bezug nimmt, in wesentlichen Punkt als falsch erwiesen hat. Die CDU versucht mit einem wenig konsequenten „Ja, aber“ die Situation zu retten. Die SPD möchte zwar Bürgerbeteiligung für ihr Projekt Kiel-Holtenau, aber der Bürger sollte bitte schön - am besten das denken, was schon vorgedacht wurde. Die Grünen sind wieder einmal strikt gegen die verkehrliche Weiterentwicklung unseres Landes. Allein der SSW

(Lachen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU: Oh, oh!)

macht in seinem Antrag deutlich, dass er ohne ideologische Scheuklappen die Verbesserung der Verkehrsinfrastruktur unseres Landes angehen will.

(Beifall beim SSW)

Das Wort zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung hat der Herr Abgeordnete Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe am letzten Samstag - ich empfehle Ähnliches allen Parlamentariern dieses Hauses - an einer Veranstaltung der Bürgerinitiative gegen den Ausbau des Flughafens Kiel-Holtenau in Altenholz teilgenommen. Ich muss Ihnen sagen: Bei aller emotionalen Betroffenheit war die Diskussion dort von einer größeren Sachlichkeit geprägt als die Beiträge, die ich heute hier gehört habe.

Es handelt sich nämlich nicht überwiegend um Menschen, die die verkehrliche Anbindung Kiels über den Flughafen Kiel-Holtenau grundsätzlich in Frage stellen, sondern um Menschen, die sich sehr berechtigt die Frage stellen, ob das vorgesehene Ausbauprogramm aufgrund seiner finanziellen Dimension nicht geradezu dazu zwingt, Verkehre, die nicht unbedingt notwendig wären, aus der K.E.R.N.-Region heraus an KielHoltenau zu binden. Das ist ein Gedanke, über den man sehr intensiv diskutieren muss.

Ich war mit dem ehemaligen Wirtschaftsminister Steinbrück einer Meinung, dass ein Ausbau - so er notwendig wäre - vorgenommen werden soll, um Verkehre aus der Region abfließen zu lassen. Dass wir aber eine Investitionsgrößenordnung erreichen, die uns dazu zwingt, dass wir Verkehre attrahieren müssen, damit sich die Sache überhaupt rechnet, ist ein neues Argument, das einer tieferen Beleuchtung bedarf. In der Tat muss man für diese Form des Verkehrs fragen, ob es nicht alternativ bessere Standorte gibt als Kiel-Holtenau.

Herr Kollege Hentschel, ich habe mich aufgrund Ihres Beitrags gemeldet. Ich will die Verlogenheit, mit der sich gerade Ihre Partei in dieser Frage zu Wort meldet, nicht durchgehen lassen. Das gilt für alle Ebenen. Ich habe Herrn Oschmann, Mitarbeiter Ihrer Fraktion und gleichzeitig Vorsitzender der Ratsfraktion in Kiel erlebt, der sich mit sehr emotionalen Worten zu einem vehementen Gegner des Ausbaus erklärt hat und der der dortigen Initiative beigetreten ist. Dagegen habe ich an sich nichts.

Dass Sie sich aber jetzt hier hinstellen und sagen, wir müssten eine ergebnisoffene Prüfung unternehmen, aber gleichzeitig alle Argumente auflisten, die eine Prüfung vollkommen überflüssig machen, weil sie darauf hindeuten, dass wir den Standort gar nicht ausbauen dürfen, das schlägt dem Fass den Boden aus. Dass Sie gleichzeitig Hamburg-Fuhlsbüttel - übrigens auch ein Flughafen, der aufgrund seiner Stadtlage problembehaftet ist - als das Nonplusultra für eine Verkehrsanbindung Schleswig-Holsteins bezeichnen, finde ich für einen Grünen, der sich ansonsten immer herstellt und sagt, wir müssten den Flugverkehr eindämmen oder abbauen, bemerkenswert.

(Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Was denn nun?)

- Frau Birk, ich erwarte von Ihnen, dass Sie hier sagen, was Sie als Regierungspartei eigentlich wollen. Sie sind Regierungspartei. Das Land SchleswigHolstein ist Mehrheitsgesellschafter. Herr Hentschel, wenn Sie sagen, das solle nicht stattfinden, dann findet das nicht statt. Diesen Mut haben Sie aber nicht. Stattdessen machen Sie eine „Wischiwaschi-Politik“ und glauben, Sie kämen damit durch.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Diese Verlogenheit, mit der Sie den Leuten vor Ort etwas anderes erzählen, als Sie es hier machen, werden Ihnen die Wählerinnen und Wähler demnächst heimzahlen. Das ist übrigens auch das, was zur Politikverdrossenheit beiträgt. Frau Birk, kommen Sie doch hierher und sagen Sie, was Sie wollen und was Sie als Regierungspartei durchsetzen werden. Dann können Sie ernst genommen werden. Versuchen Sie nicht, sich hier vom Acker zu schleichen.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich nun Herrn Abgeordneten Hentschel das Wort.

Damit das ganz klar ist, Herr Kubicki: Dinge, die notwendig sind, um den Geschäftsverkehr von Kiel abzuwickeln, tragen wir mit. Das habe ich hier und in allen Statements, die ich auf allen Ebenen gemacht habe, immer wieder deutlich gesagt. Wenn es sich herausstellt, dass es aufgrund der neuen EU-Vorschriften notwendig wird, die Landebahn um 200 m zu verlängern, dann werden wir gemeinsam - auch mit der SPD und allen anderen Fraktionen - darüber nachdenken, wie wir diese 200 m unterbringen - entweder durch eine Verlagerung der Straße oder durch eine entsprechende Rampe auf der anderen Seite. Da gibt es sicherlich Möglichkeiten. Ich habe aber auch deutlich gemacht, dass ich Ausgaben in Höhe von 170 Millionen DM für Investitionen, um Charterverkehr nach Kiel zu ziehen, für eine falsche Alternative halte. Ich halte die Aussagen des Gutachtens für so fehlerhaft, dass ich fordere, den Gutachter in Regress zu nehmen, denn das, was mit dem Gutachten passiert ist, halte ich für geradewegs absurd.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Minister Dr. Rohwer das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kubicki, ich habe die Debatte nicht so widersprüchlich empfunden, wie Sie sie hier dargestellt haben. Ich habe in diesem hohen Hause einen bemerkenswerten Konsens darüber festgestellt, dass Kiel und die K.E.R.N.Region als attraktive Wirtschaftsstandorte attraktive Verkehrsanbindungen - auch aus der Luft - brauchen. Es gab und gibt diese Einigung, für die ich sehr dankbar bin. Das gilt für die ganze K.E.R.N.-Region und das mittlere und nördliche Schleswig-Holstein. Mit Kiel-Holtenau haben wir einen Regionalflughafen, der zurzeit direkte Verbindungen nach Berlin, Frankfurt, Köln/Bonn und in wenigen Tagen auch nach München gewährleistet. Es gilt diese Verbindungen langfristig zu sichern. Wir wollen weitere Anbindungen an die großen Wirtschaftszentren, vor allem an Kopenhagen/Malmø und den Rhein-Neckar-Raum. Wir müssen rechtzeitig die Voraussetzungen dafür schaffen, dass wir in dieser Region auch in fünf, zehn oder 15 Jahren einen solchen leistungsfähigen und marktgerechten Flughafen haben.

Nun sagen die Fluggesellschaften und Gutachter, dass der Regionalverkehr in den nächsten Jahren von Turbo-Prop-Maschinen auf Jets umgestellt wird. Diese

Jets können schneller, leiser und - im Gesamtumlauf auch wirtschaftlicher fliegen. Sie benötigen allerdings längere Start- und Landebahnen, als sie in Holtenau zurzeit vorhanden sind. Ob das 2.700 m sein müssen, bedarf noch einer Prüfung.

Wenn diese Einschätzung der Gutachter, die noch geprüft werden muss, richtig ist, besteht die Gefahr, dass die Linienverbindungen von und nach Kiel in den nächsten Jahren zurückgeführt und irgendwann ganz gekappt werden. Dies wäre nicht akzeptabel. Es gilt aber auch: Regionaler Luftverkehr muss jetzt und künftig so menschen- und umweltschonend wie möglich sein. Daher sage ich in Richtung F.D.P.: Man trifft eine Entscheidung in Richtung Flughafenausbau nicht auf Knopfdruck, sondern nach sorgfältiger Prüfung. Die betroffenen Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, dass eine Entscheidung alle relevanten Aspekte berücksichtigt. Wir müssen und werden klären, ob die Einschätzung der Fachleute richtig ist, dass die schon eingeleitete Umstellung auf Jets weitergehen wird. Wir werden klären, ob für die neuen Flugzeuge und den künftigen wirtschaftlichen Betrieb der erforderlichen Linienverbindungen eine Bahnverlängerung in dem vom Gutachter empfohlenen Ausmaß erforderlich ist. Wir werden auch die Auswirkungen auf Umwelt und Lärm prüfen und die finanzielle Machbarkeit aufzeigen. Wären die Ausbaukosten reduzierbar? Wie sähen die Fördermöglichkeiten aus? Können private Finanzierungspartner eingebunden werden?

Natürlich prüfen wir auch, ob es realistische Alternativen zu einem Ausbau in Holtenau gibt. Vielen Dank an den SSW für die interessante Anregung.

(Heiterkeit)

Allerdings weisen die denkbaren Alternativen - Hohn und Neumünster - auch Probleme auf. Bei Hohn ist es vor allem die ungünstige verkehrliche Erreichbarkeit. In Neumünster besteht das Problem der Planung und Finanzierung eines völlig neuen Flughafens. Wer sieht, wie so etwas anderswo funktioniert, weiß, dass das keine leichte Aufgabe ist. Eine schnelle Bahnanbindung an Fuhlsbüttel muss kommen, aber nicht als Alternative, sondern als Ergänzung zu einem leistungsfähigen Regionalflughafen.

(Beifall bei SPD, CDU, F.D.P. und SSW)

Wir prüfen dies - wie zugesagt - sorgfältig und ergebnisoffen. Ich sage aber auch: Nach der Prüfung müssen wir zügig entscheiden. Für Planung und Realisierung von Ausbau- oder Neubaumaßnahmen braucht man bis zu fünf Jahren. Deshalb ist mein Ziel, dass wir im Herbst dieses Jahres zu einer Entscheidung kommen. Die dazu erforderlichen ergänzenden Untersuchungen

(Minister Dr. Bernd Rohwer)

sollen im Juli vorliegen. Dann werden sie ausgewertet und dann wird entschieden.

Zum Antrag der F.D.P.! Ich glaube nicht, dass Ihr Antrag unserem gemeinsamen Ziel dient, weil er über die notwendigen Vorklärungen hinweg geht. Wir sollten Ihren Antrag für den Herbst auf Wiedervorlage nehmen, wenn alle notwendigen Fakten auf dem Tisch liegen.

Zum Antrag der CDU sage ich Folgendes. Wir beantworten Ihnen gern alle Fragen - im Ausschuss oder wo auch immer. Für die in diesem Jahr zu entscheidende Frage brauchen wir aber kein neues Luftverkehrskonzept. Es gibt klare Festlegungen: Fuhlsbüttel ist und bleibt der Großflughafen für Hamburg und für Schleswig-Holstein. Kiel ist der Regionalflughafen für die K.E.R.N.-Region. Wie wir diese Funktion sichern, ist das Thema der nächsten Monate.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

Dazu brauchen wir kein neues Konzept.

Herr Kayenburg, Lübeck hat für seinen Flughafen bereits einen maßvollen Ausbau beschlossen. Vielleicht sollten Sie sich einmal darüber informieren, wie dort die Lage ist. Dort wird es keine Probleme geben. Der Antrag wird nicht an Umweltschutzaspekten und auch nicht an der B 207 scheitern. Das habe ich öffentlich erklärt. Lieber Herr Geißler, dabei wird es auch bleiben. Es nützt auch nichts, wenn man in den „Lübecker Nachrichten“ immer wieder neue Überschriften produziert.

(Klaus Schlie [CDU]: Wir?)

Gerade weil wir alle ein Ziel haben, nämlich einen attraktiven Linienflugverkehr für die K.E.R.N.-Region zu sichern, bitte ich Sie alle: Tragen Sie dazu bei, dass die Diskussion in den nächsten Monaten ruhig und sachlich geführt wird, auch wenn es bei einem solchen Projekt schwer sein wird, mit allen Betroffenen einen Konsens zu erreichen. Die Diskussionen müssen fair und offen geführt werden. Bitte helfen Sie dabei mit.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, die Anträge an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Verfassungsklage auf Beteiligung der Länder am UMTS-Auktionserlös

Antrag der Fraktion der F.D.P. Drucksache 15/795

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Herr Abgeordneter Dr. Klug hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei der Versteigerung der UMTS-Mobilfunklizenzen hat der Bund den großen Reibach gemacht. Rund 100 Milliarden DM hat der Bundesfinanzminister als zusätzlichen Geldsegen verbuchen können. Wie dies im Bund-Länder-Finanzgeflecht verfassungsrechtlich zu bewerten ist, darüber gibt es geteilte Ansichten. Der Leipziger Rechtswissenschaftler Christoph Degenhart erklärte in einem Interview mit „FAZ.NET“ am 30. Januar auf die Frage, ob nicht eine Aufteilung der Erlöse zwischen dem Bund und den Ländern als eine legitime Kompensation für die mit der UMTSLizenzvergabe verbundenen Nachteile für die Länderfinanzen anzusehen sei - ich zitiere -:

„Wohl ja. Man muss sehen, dass es am Ende zu Steuerausfällen im Bereich der Körperschaftsteuer kommen wird. Das betrifft den Bund und die Länder. Die Einnahmen hingegen betreffen nach derzeitiger Handhabe nur den Bund. Die Einnahmen betragen immerhin rund 20 % des Bundeshaushaltes, sodass sich hier die Frage stellt, ob sich der Bund zulasten der Länder saniert.“

Diese Frage stellt sich im Übrigen, wie hinzugefügt werden muss, in besonderer Weise für jene Länder, in denen Unternehmen, die UMTS-Lizenzen ersteigert haben, ihren Sitz haben, also auch für SchleswigHolstein.

Es ist deshalb schlicht unverständlich, dass sich die schleswig-holsteinische Landesregierung bislang damit zufrieden gibt, aus den ersparten Zinsen, die der Bund im Zusammenhang mit dem UMTS-Reibach verbuchen kann, ein paar Berliner Hilfsgelder zu erbetteln. Das wären im Übrigen nur Einmalzahlungen, aber keine dauerhaften Entlastungen. Könnte das Land an den UMTS-Erlösen einen Anteil von schätzungsweise 1,7 Milliarden DM erhalten, so brächte dies über einen entsprechenden Schuldenabbau eine dauerhafte Entlastung der künftige Haushalte, und zwar über die Zinsersparnisse, die wir dann erzielen könnten. Das ist ein hoher, fast dreistelliger Millionenbetrag. Wir könnten dann Aufgaben in Bildung und Wissenschaft

(Dr. Ekkehard Klug)

in einem Umfang finanzieren, wie wir es uns angesichts der Finanzlage des Landes in den letzten Jahren bislang gar nicht träumen lassen konnten.