Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klimaschutzpolitische Beschlüsse und der Ausstieg aus der Atomenergie sind nachhaltige Ziele, die wir uns in diesem Land gesteckt haben. Damit solche Beschlüsse und Vereinbarungen keine Lippenbekenntnisse bleiben, müssen wir viel dafür tun. Dies gilt ganz besonders für den Sektor der regenerativen Energiegewinnung. Leider befinden sich diese Energiegewinnungsformen noch im Anfangsstadium. Dies ist auf bundespolitische Versäumnisse in den letzten vier Jahrzehnten zurückzuführen.
In der Tat ist die Kraft-Wärme-Kopplung eine Form der Energiegewinnung, die als besonders umweltfreundlich und ressourcenschonend gilt. Die gemeinsame Erzeugung von Wärme und Energie ist effizienter und auch umweltfreundlicher als die separate Produktion von Wärme und Energie. Als zusätzlicher Baustein der Energie- und Umweltpolitik ist der Erhalt und der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung ein erstrebenswertes Ziel.
Der Atomausstieg und die Klimaschutzpolitik werden dazu beitragen, neue Arbeitsplätze zu schaffen. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Bundesumweltministeriums, die Anfang März dieses Jahres in Berlin vorgestellt wurde. Diese Studie, die auf der Grundlage der Atomausstiegsvereinbarung vom letzten Jahr und auf den Klimaschutzmaßnahmen basiert, ergibt, dass bis zum Jahr 2005 etwa 155.000 neue Arbeitsplätze entstehen und dass bis zum Jahre 2020 mit netto etwa 194.000 neuen Arbeitsplätzen zu rechnen sein wird. Diese Zahlen belegen, wie wertvoll der Ausbau der erneuerbaren Energien für die Zukunft ist.
Gerade in diesem Bereich fällt der Kraft-WärmeKopplung künftig eine besondere Rolle zu. Die KWKAnlagen werden künftig nicht nur für unsere Ballungsräume wichtig sein, sondern auch für den ländlichen Raum. Solche Anlagen können dezentral errichtet werden und somit Strom und Wärme in der Region und für die Region umweltfreundlich erzeugen. Die Entscheidung ist daher richtig, die Kraft-WärmeKopplung in Zukunft stark zu fördern. So schaffen wir Arbeitsplätze vor Ort in den Regionen, die sich für diese Art der Strom- und Wärmegewinnung entscheiden. Feste Regelungen zur Absicherung von KraftWärme-Kopplung sind aus technologie-, arbeitsmarktund strukturpolitischen Gründen für SchleswigHolstein positiv zu bewerten.
Dass sich die Kraft-Wärme-Kopplung wesentlich weiter ausbauen lässt und dass man gute Erfahrungen mit dieser Technik gesammelt hat, zeigen uns unter anderem unsere nördlichen Nachbarn. Dort ist der Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der Stromer
zeugung drei- bis viermal höher als in Deutschland. Um in Deutschland den Anteil der KWK-Anlagen zu sichern und auszubauen, wurde im Bundestag im März des letzten Jahres das Gesetz zum Schutz der Stromerzeugung aus Kraft-Wärme-Kopplung verabschiedet. Ziel des Soforthilfeprogramms ist der Schutz der KWK-Anlagen, die durch die Liberalisierung des Strommarktes in ihrer Existenz gefährdet sind. Das Gesetz sieht vor, den Strom aus öffentlichen KWKAnlagen mit 3 Pf pro Kilowattstunde zu fördern. Diese Förderung sinkt jährlich um ½ Pf und soll bis 2004 gelten. Damit wurde zwar Zeit gewonnen. Doch uns muss klar sein, dass wir für die Absicherung der Kraft-Wärme-Kopplung ein langfristiges Konzept benötigen. Es müssen also nach Auslaufen des Soforthilfeprogramms Maßnahmen auf den Weg gebracht werden, um den Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung zu erhöhen.
In diesem Zusammenhang war lange Zeit eine Quotenregelung im Gespräch, die einen fest zu erfüllenden Anteil an Kraft-Wärme-Kopplung gesetzlich festschreiben sollte. Dies wäre mit Sicherheit auch mit den Zielen der EU - Wettbewerb und Umweltschutz vereinbar gewesen. Eine solche Regelung wurde von Umweltminister Trittin bisher immer befürwortet. Bundeswirtschaftsminister Müller scheint jedoch mehr ein Herz für die Stromwirtschaft zu haben, die zum einen eine Selbstverpflichtung eingehen will, in Zukunft den Anteil der Kraft-Wärme-Kopplung an der Gesamtproduktion auszubauen, und die zum anderen staatliche Zulagen wünscht, die die Kraft-WärmeKopplung fördern soll. Diese beiden Positionen stehen sich unvereinbar gegenüber. Wenn man den letzten Presseberichten Glauben schenken darf, scheint Herr Trittin wieder einmal einknicken zu wollen.
Der vor uns liegende Antrag von Rot-Grün deckt schonungslos die Differenzen innerhalb der Bundesregierung auf. Beide Vorschläge zielen in die gleiche Richtung, den Kohlendioxidausstoß um 23 Millionen t pro Jahr bis 2010 zu verringern und eine langfristige Regelung für die Kraft-Wärme-Kopplung herbeizuführen. Dorthin sollen aber völlig unterschiedliche Wege beschritten werden.
Auf der einen Seite steht eine gesetzliche Regelung, die für alle Marktteilnehmer bestimmte Quoten verbindlich festschreibt, also gleicher Marktzugang im Sinne des geltenden EU-Rechts. Darüber hinaus gilt, dass die Bundesregierung keinen Pfennig hinzubezahlen muss. Der Verbraucher wird im Rahmen einer Mischkalkulation mehr bezahlen müssen, was aber auch ein Anreiz zum Stromsparen wäre. Dies ist meiner Meinung nach die eher marktwirtschaftliche Variante von Herrn Trittin.
Auf der anderen Seite steht eine längerfristige Selbstverpflichtung der Stromwirtschaft, möglicherweise auf vertraglicher Basis bei gleichzeitiger Förderung durch den Staat. Dies ist die eher marktwirtschaftsferne Variante der Stromwirtschaft.
Meines Erachtens gibt es mehrere Gründe, die gegen den Aktionsplan der Energiewirtschaft sprechen: Erstens. Für den Verbraucher wird es keinen Anreiz geben, Strom zu sparen, da die Stromwirtschaft keine Mehrkosten haben wird, die sie auf die Verbraucher umlegen muss.
Zweitens. Verträge und Vereinbarungen können ja auch wieder aufgehoben werden und somit die langfristige Sicherheit für Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen gefährden.
Drittens. Da Prämien aus Steuermitteln gezahlt werden sollen, ist es zumindest fraglich, ob eine solche Regelung nach EU-Recht überhaupt Bestand hätte.
Vor dem Hintergrund dieser beiden Alternativen fällt die Wahl nicht schwer. Ich hoffe, dass Herr Trittin nicht einknickt. Ich bewerte den Antrag von SPD und Grünen als einen kleinen, aber feinen Beitrag, um dem Umweltminister deutlich zu machen, dass er seine Ursprungspositionen mutig und offensiv weiter vertreten soll.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Europäische Gerichtshof hat in der vergangenen Woche in einem bemerkenswerten Grundsatzurteil die Auffassung der schleswig-holsteinischen Landesregierung bestätigt, dass das Stromeinspeisegesetz keinen Beihilfetatbestand auslöst. Ich denke, das ist für die Betreiber der Windenergieanlagen in Schleswig-Holstein, aber auch für alle Förderer und Betreiber von Anlagen auf Basis regenerativer Energien ein wichtiges Urteil. Die Rechtsunsicherheit bei der Vergütung hat endlich ein Ende.
Es hat sich gelohnt, Graf Kerssenbrock, dass - wie Sie sagen - der Außenseiter, nämlich die Landesregierung, dem Verfahren zwischen e.on und SCHLESWAG als Streithelfer für die SCHLESWAG beigetreten ist und
Ich hoffe sehr, dass e.on auch die jetzt noch vor dem Bundesverfassungsgericht anhängigen Verfahren endgültig zurückzieht.
Der Europäische Gerichtshof hat in seinem Urteil festgestellt, dass die Nutzung der erneuerbaren Energieträger zu den vorrangigen Zielen der Europäischen Gemeinschaft und ihrer Mitgliedstaaten gehört.
„Diese Politik bezweckt zugleich den Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen, Tieren und Pflanzen und hat Vorrang vor marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten.“
Das Urteil des EuGH aus der letzten Woche zeigt, dass eine sachgerecht ausgestaltete gesetzliche Regelung für die Förderung der KWK mit dem europäischen Warenverkehrsrecht genauso vereinbar ist wie das Einspeisegesetz für regenerative Energien.
Nur durch ambitionierten Klimaschutz und durch energiepolitische Maßnahmen von Bund und Ländern besteht die Chance, dass Deutschland insgesamt das Klimaschutzziel erreicht, nämlich bis 2005 25 % weniger CO2-Emissionen als 1990. Die Bundesregierung hat dies schon quantifiziert: Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung bis 2010 soll eine Verminderung um 23 Millionen t CO2 mit sich bringen.
Wie Sie wissen, fördert die schleswig-holsteinische Landesregierung seit langem erfolgreich den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung in unserem Land, denn die Kraft-Wärme-Kopplung ist eine der wichtigsten Techniken zur Energieeinsparung. Mit der Liberalisierung des deutschen Strommarkts droht die KraftWärme-Kopplung zum Opfer eines gezielten Verdrängungswettbewerbs zu werden. Zahlreiche Heizkraftwerke wurden stillgelegt, eingemottet oder drastisch zurückgefahren. Bei Überkapazitäten im deutschen Kraftwerkspark von rund 30 % können es sich die Großkraftwerksbetreiber leisten, elektrische Energie sehr günstig anzubieten und KWK-Anlagen zu verdrängen. Mit dem KWK-Vorschaltgesetz wurde - auch
Gegen solche Dumping-Angebote auf der Basis rein variabler Kosten abgeschriebener Kraftwerke, die teilweise Dreckschleudern sind, kann kein neues und modernes Kraftwerk - mit oder ohne Kraft-WärmeKopplung - konkurrieren. Deshalb müssen wir im Interesse der Umwelt und des Klimaschutzes gegensteuern. Das hat die EU ausdrücklich bestätigt. Ließen wir diese Entwicklung zu, würden wir uns in die umweltpolitische Ignoranz eines George W. Bush einreihen. Wir wenden uns gegen die kollektive Verdrängung der Auswirkungen, die eine verfehlte Energiepolitik schon heute in Deutschland, in der Welt und vor allem für zukünftige Generationen hat.
Schleswig-Holstein hat - gemeinsam mit sechs anderen Bundesländern - bereits vor vier Jahren vorgeschlagen, die Kraft-Wärme-Kopplung über eine staatliche Mengenvorgabe, das heißt über ein marktwirtschaftliches Zertifikatsystem, auszubauen. Gemeinsam mit Berlin haben wir 1999 einen entsprechenden Vorschlag in den Bundesrat eingebracht. Nach Auffassung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung ist es vernünftig, jene Mengenvorgaben mit Zertifikathandel zu verbinden, weil dieses Modell preiswert, geeignet und technisch umsetzbar ist. Das ist die Meinung der Fachleute.
Die Befürworter des Ausbaus der Kraft-WärmeKopplung und die Befürworter einer Quotenregelung im Zertifikathandel finden sich in allen Parteien und Gruppierungen. Ich nenne nur Städtetag, ÖTV, VKU oder den Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau. Die Zustimmung kommt also auch vonseiten der Wirtschaft. Mit Ausnahme Bayerns haben alle Umweltminister - also auch die der CDU - die Kombination von Mengenvorgaben und Zertifikaten grundsätzlich unterstützt. Die großen Verbundunternehmen, die kaum oder zumindest einen unterproportionalen Anteil an Kraft-Wärme-Kopplung haben, wenden sich ausdrücklich und mit Nachdruck gegen diesen Vorschlag.
Die von ihnen angeführte freiwillige Selbstverpflichtung ist überhaupt nicht justiziabel. Sie wollen über Steuermittel eine starke zusätzliche Subventionierung. Dieses Modell der großen Energieunternehmen halte ich für völlig indiskutabel. Es ist keine Alternative zu einer Quotenregelung.
tung dieser Gruppierung, sondern auf der Veranstaltung des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, von VKU und Deutschem Städtetag. Das Ziel der Großen ist es, ihre Überkapazitäten zu schützen und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung nicht zu fördern.
Wir haben in Schleswig-Holstein mit der freiwilligen Selbstverpflichtung nicht nur gute Erfahrungen. Es war erfreulich, dass wir mit den Stadtwerken und der SCHLESWAG eine Vereinbarung zum kontinuierlichen Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung im BHKWBereich hatten. Es waren zwar nur 4 MW pro Jahr, aber die SCHLESWAG hat sich einige Jahre daran gehalten. Mit der Liberalisierung war es damit aber vorbei und die Anlagen sind bis auf 10 % der Leistung zurückgefahren worden. Wenn wir eine Selbstverpflichtung annehmen, dann muss sie - so denke ich etwas anders aussehen. Deshalb ist das, was Städtetag, VKU, Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau sowie ÖTV unterbreitet haben, vielleicht zielführend, um einen Konsens zu erreichen. Sie sagen: Zurzeit ist keine Mehrheit für Zertifikathandel vorhanden. Daher kann über eine Erweiterung der Bonusregelung nach dem bestehenden Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz etwas erreicht werden.
Ich denke, es sind interessante Vorschläge, wenn die Anlagen - je nach Größe - mit 3 bis 5 Pf gefördert werden sollen und die neue Brennstoffzellentechnologie zum Beispiel anfangs sogar mit 10 Pf gefördert werden soll. Sie wissen, dass wir in SchleswigHolstein in Bargteheide eines der ersten BHKWs dieser Technologie haben, und ich freue mich, dass die Energiestiftung jetzt zehn zusätzliche Brennstoffzellen für BHKWs fördern will.
Warum könnten wir uns mit einem solchen Vorschlag anfreunden? Er besagt, dass es ein regelmäßiges Monitoring geben muss. Dass heißt, die Überprüfung der Erreichung des Klimaschutzziels muss jährlich erfolgen. Wenn dieses Ziel nicht erreicht wird, dann soll ein fertiger Gesetzentwurf mit einer Quotenregelung greifen. Ich denke, das wäre ein mögliches Modell.
Das Modell von Mengenvorgaben und Zertifikaten halte ich nach wie vor - wie auch die Sprecher der Koalitionsfraktionen - für das effektivste und effizienteste Fördermittel, weil mit dem Ausbau dort angefangen wird, wo es am meisten bringt und am wenigsten kostet. Wichtig ist aber nicht so sehr das Instrument, sondern das Ziel des Zubaus der effizienten KraftWärme-Kopplung, um die CO2-Minimierung durchzusetzen.
Die positiven klimaschutzpolitischen, energiepolitischen, arbeitsmarktpolitischen und technologiepolitischen Wirkungen von KWK-Anlagen müssen genutzt werden. Eine Modernisierung des Altbestands wie die Großkonzerne es wollen - reicht nicht aus. Wenn sich der beschriebene Kompromissvorschlag politisch als konsensfähig erweist, werden wir ihn unterstützen. Die damit verbundene breitere Basis von Mitstreitern kann die entgangenen Vorteile des eigentlich besseren Instruments hoffentlich kompensieren.
Warum sind gerade wir so engagiert für die KraftWärme-Kopplung? - Wir liegen mit einem Anteil der KWK von 20 % doppelt so hoch wie der Bundesdurchschnitt, weil wir Gemeinden, Städte und einzelne Betriebe ermuntert haben, hier zu investieren. Wir fühlen uns jetzt auch verpflichtet, diese Technologie nicht nur abzusichern, damit es kein Stranded Investment gibt, sondern aus klimapolitischen Gründen auch auszubauen. Ich bin nach wie vor der Auffassung: Wenn es in Dänemark und in Holland Anteile der Kraft-Wärme-Kopplung von 35 % und 40 % gibt, dann muss es auch möglich sein, den Anteil in Deutschland innerhalb von zehn Jahren von 10 % auf 20 % zu steigern.