Protocol of the Session on May 10, 2000

(Beifall bei der SPD - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Beifall bei den Grünen!)

Auch unser Engagement in der Ostseeregion ist ein strategisches Konzept, um unsere Position in der größten Boomregion der Europäischen Union zu stärken.

Deutschlands Ostseehandel hatte 1997 bereits einen Warenwert von über 92 Milliarden DM erreicht. Das ist fast das Volumen des Handels mit Japan und den USA zusammen. Wirtschaft, Gewerkschaften und weite Teile der Wissenschaft sind sich einig, dass wir hier neue Märkte vor der Haustür haben, die auch im globalen Wettbewerb bestehen können.

Bundeskanzler Schröder hat ein stärkeres deutsches Engagement im Ostseeraum angekündigt.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Das wurde auch Zeit!)

Wir werden die Bundesregierung bei ihrem Vorsitz im Ostseerat ab Juli tatkräftig unterstützen.

Für die Zukunft unseres Landes und der gesamten Ostseeregion ist die Frage, wie sich Europa weiter entwickelt, entscheidend. Darum habe ich die Europapolitik und die Vertretung des Landes beim Bund in die Staatskanzlei geholt.

Die Frage „Wie geht es weiter mit Europa?“ wird immer öfter und immer lauter gestellt. Europa braucht handlungsfähige Institutionen, Europa muss ein gemeinsames Gesellschaftsmodell entwickeln und die Erweiterung um die Staaten Mittel- und Osteuropas muss sorgfältig vorbereitet werden. Dann kommen wir der Verwirklichung des Traums vom vereinigten Europa und dauerhaften Frieden mit unseren Nachbarn einen weiteren großen Schritt näher.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielleicht darf ich mich gleich von Anfang an entschuldigen: die Pollen! - Europa ist die Zukunft unse

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

rer Kinder und kein Thema für Populisten, die die Lufthoheit über den Stammtischen gewinnen wollen.

(Holger Astrup [SPD]: Wohl wahr!)

Deshalb werden wir verantwortungsvoll damit umgehen.

In Berlin haben wir endlich eine Bundesregierung, die den Reformstau in Deutschland auflöst.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Ach du lieber Gott! - Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Fragen zur künftigen Alterssicherung, zu einer bezahlbaren und gerechten Gesundheitsversorgung, zur Zukunft der Arbeit und zum Abbau der Arbeitslosigkeit, zu einer Ressourcen sparenden und kontrollierbaren Energiepolitik und zu einem investitionsfreudigen Wirtschaftsklima brauchen die richtigen Antworten. Schleswig-Holstein wird sich in diese Diskussionen einmischen und mithelfen, die Antworten so weit wie möglich im Konsens zu finden.

So wichtig uns der Blick über den Tellerrand ist, so genau müssen wir auch darauf achten, was auf unserem Teller liegt. Deshalb hat für Schleswig-Holstein die Neugestaltung des Länderfinanzausgleichs grundsätzliche Bedeutung. Unser Motto heißt: Die Stärken eines jeden Landes müssen gleichermaßen zum eigenen und gemeinsamen Nutzen der Länder zur Geltung kommen. Wir treten für eine gerechte Lösung ein, die die Solidarität zwischen alten und neuen Ländern, zwischen Nord und Süd sichert.

Die Bundesregierung hat das größte steuerpolitische Reformpaket in der Geschichte der Bundesrepublik vorgelegt: Bis 2005 werden Arbeitnehmer, Familien und die Wirtschaft um rund 75 Milliarden DM entlastet. Einen solchen Kraftakt für mehr soziale Gerechtigkeit und wirtschaftliche Innovation hat sich die alte schwarz-gelbe Koalition nicht zugetraut.

Natürlich hat diese Reform auch ihren Preis. Im nächsten Jahr führt die Reform der Unternehmenssteuer zu einem Minus von 485 Millionen DM in der Landeskasse unseres Landes. Gleichzeitig werden die schleswig-holsteinischen Unternehmen jedoch um diese Summe entlastet und können in neue Arbeitsplätze investieren. Bis 2005 wird der Spitzensteuersatz von jetzt 51 % auf 45 % sinken. Das sind beachtliche Erfolge und deswegen sagen wir deutlich „Ja“ zur Steuerreform!

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

In der aktuellen Diskussion um das Gesetz setzt sich die Landesregierung für folgende Veränderungen ein:

Sie hält das Optionsmodell für zu kompliziert.

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [F.D.P.])

Sie schlägt außerdem vor, die Freibeträge beim Verkauf von Personengesellschaften zu erhöhen. Das gibt den Betriebsinhabern mehr Sicherheit im Alter. Der Verkauf von Aktienpaketen zwischen Kapitalgesellschaften muss auch künftig einer Steuer unterliegen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Sonst würden wir Kapitalgesellschaften besser stellen als Personengesellschaften. Weil wir ein Mittelstandsland sind, können wir das gar nicht wollen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, SSW - Zuruf des Abgeordneten Wolf- gang Kubicki [F.D.P.])

Bei allem Willen und dem Wunsch, zu Entlastungen für unsere Unternehmer beizutragen, müssen wir jedoch die Belastbarkeit des Landeshaushalts im Auge behalten.

(Klaus Schlie [CDU]: Wohl wahr!)

Deshalb bin ich zum jetzigen Zeitpunkt gegen weitere Steuersenkungen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Zur teilweisen Gegenfinanzierung für die Landeskassen halte ich außerdem eine Reform des Erbschaftssteuerrechts für unverzichtbar. Damit wird auch ein weiteres Stück sozialer Gerechtigkeit geschaffen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Wir werden in den nächsten Jahren viel in die großen Zukunftsaufgaben Arbeit, Bildung, technologische Innovation und ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit investieren. Trotzdem werden wir den Weg weitergehen, den Landeshaushalt zu konsolidieren.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Weitergehen?)

Genau wie die Zukunftsaufgaben ist die Konsolidierung der Finanzen für uns und für mich eine Frage des verantwortungsvollen Umgangs mit künftigen Generationen.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt. Wir werden den Nettokreditbedarf bis 2010 auf null bringen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das erzählen Sie jedes Mal!)

(Ministerpräsidentin Heide Simonis)

Das wird ein enormer Kraftakt. Dies umso mehr, weil 2001 und 2002 die Auswirkungen der Steuerreform auf den Landeshaushalt am dramatischsten sein werden. Unser Kreditbedarf wird deswegen in den nächsten beiden Jahren sogar noch einmal steigen.

(Dr. Ekkehard Klug [F.D.P.]: Eine ganz schöne Achterbahnfahrt!)

Die nächsten Jahre werden für das Land sehr hart. Außerhalb der Schwerpunkte dieser Regierung wird es keine Zuwächse geben. Als ersten Schritt wollen wir die Nettokreditaufnahme entsprechend der mittelfristigen Finanzplanung bis 2005 deutlich und spürbar senken. In den nächsten Jahren werden wir dank der anspringenden Konjunktur wieder Steuermehreinnahmen haben. Diese werden wir insbesondere auch für die Reduzierung des Kreditbedarfs einsetzen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das allein wird nicht genügen. Aus den bereits beschlossenen und geplanten Steuerrechtsänderungen ergibt sich nach derzeitigem Stand im Jahr 2001 ein Einsparbedarf von rund 750 Millionen DM. Ab 2002 werden es über 500 Millionen DM sein. Vom nächsten Jahr an werden wir daher an weiteren strukturellen Einschnitten in den Haushalten nicht vorbeikommen. Niemand darf sich dabei zum Anwalt von Einzelinteressen machen. Die absehbaren Proteste vor dem Landeshaus müssten wir eigentlich alle im Interesse Schleswig-Holsteins aushalten. Wir jedenfalls werden sie aushalten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Kabinett hat im April bereits eine Reihe von Arbeitsaufträgen beschlossen. Sämtliche Förderprogramme werden auf ihre Effizienz und die weitere Notwendigkeit hin untersucht. Alle Politikbereiche müssen zur Schwerpunktbildung beitragen, auch durch finanzielle Einschnitte und Opfer. Die Erhöhung von Einnahmen - zum Beispiel durch den Erdölförderzins oder eine Abgabe auf die Entnahme von Oberflächenwasser - wird ebenso geprüft.

Zentrale Bedeutung haben die Personalkosten. Wir wollen ihren Anteil am Landeshaushalt dauerhaft unter 39 % halten. In den kommenden Jahren kann es deshalb bei den Personalbudgets keine Zuwächse geben.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das freut die Polizei!)

Schließlich müssen wir auch mit den Kommunen darüber sprechen, welchen Teil sie zu diesem Kraftakt für unser Land beitragen werden. Mir liegt an einer sachlichen Diskussion um eine gerechte Finanzverteilung