Bis vor wenigen Wochen gab es Debatten darüber, ob nicht die Kontrollen durch das Umweltministerium übertrieben seien. Es gab Debatten in diesem Land, ob nicht die Labore für Lebensmitteluntersuchungen zu teuer seien. Genau diese Haltung gegenüber den Problemen ist es, die zu der Situation geführt hat, die wir heute vor uns haben.
Ich sage es auch noch einmal ganz deutlich: Es ist die Agrarlobby, angefangen von den Bauernverbänden über die Landwirtschaftskammern bis hin auch zu den Ministerien,
Es sind die kleinen Bauern hier im Lande, die jetzt die Zeche für die verfehlte Agrarpolitik in der Europäischen Union zahlen müssen. Es ist die eigene Lobby, die Landwirtschaftslobby, die für die Einkommensverluste der Bauern verantwortlich ist und die in Deutschland und auch in der Europäischen Union verhindert hat, dass die BSE-Tests schon vor vier Jahren eingeführt wurden.
habe ich nicht schlecht gestaunt. Da hörte ich doch einen bayerischen Ministerpräsidenten, wie er der Europäischen Union vorwarf, durch ihre undifferenzierte Förderpolitik fördere sie nur die großen Agrarfabriken und treibe die kleinen Bauern in den Ruin. Ich habe deshalb darüber gestaunt, weil wir genau diese Position seit Jahren vertreten haben. Wenn wir eine gesunde Landwirtschaft, wenn wir gesunde Nahrungsmittel haben wollen, müssen wir auch den Preis dafür bezahlen, dann müssen wir auch sagen, dass wir eine bäuerliche Landwirtschaft brauchen und dass die ihren Preis kostet.
In diesem Zusammenhang stellt sich die grundsätzliche Frage: Müssen Lebensmittel subventioniert werden? In den 50er-Jahren bezahlte die Durchschnittsfamilie fast die Hälfte ihres Einkommens für Lebensmittel. Heute ist es nur noch ein Fünftel. Trotzdem ist die Landwirtschaft der am höchsten subventionierte Wirtschaftszweig in unserer Gesellschaft. Gegenüber den Summen, die in Schleswig-Holstein jedes Jahr in die Landwirtschaft gehen, ist die Werftenhilfe Peanuts.
Natürlich macht es Sinn, die Unterschiede zwischen guten und schlechten Böden auszugleichen, weil die Landwirtschaft - solange sie noch auf dem Acker und nicht in der Fabrik stattfindet - nun einmal von den Bodenbedingungen abhängig ist. Sonst würden in Berglagen und auf Inseln gar keine Landwirte mehr arbeiten.
Aber macht es Sinn, dass in einem Land wie Schleswig-Holstein, in dem die wohlhabendsten Höfe der Republik liegen und in vielen Regionen auf guten Böden arbeiten, die Hälfte des Einkommens aus staatlichen Subventionen kommt? Wir wissen doch sehr gut, dass dort, wo staatliche Subventionen und staatliche Aufträge reichlich fließen, das Einfallstor für Korruption und kriminelle Energien weit geöffnet ist.
Das ist in der Futtermittelindustrie typisch, das ist in der gesamten Industrie, mit der die Landwirtschaft zu tun hat, ein Problem. Das wissen wir seit Jahren. Es ist nicht aus der Luft gegriffen zu vermuten,
dass die regelmäßigen Skandale in der Landwirtschaft, in der Lebensmittelproduktion, mit den Subventionen zu tun haben.
Eine weitgehende Beendigung der Subventionswirtschaft würde die Preise des Endverbrauchers nur um wenige Prozentpunkte erhöhen, aber umgekehrt auch zu Steuereinsparungen führen. Wer gesunde Lebensmittel haben will, muss auch seinen Preis dafür bezahlen. Es ist gerade die gnadenlose Jagd nach immer billigeren Produkten, die uns zur Industrialisierung und zu den häufigen Skandalen geführt hat.
Es wird gefordert: Dies muss bezahlt werden, jenes muss bezahlt werden - alles soll der Staat bezahlen.
Richtig ist, dass wir die Bauern in der aktuellen Situation nicht allein lassen können, dass wir in der aktuellen Situation bestimmte Maßnahmen ergreifen müssen,
dass wir in der aktuellen Situation die Betroffenen unterstützen müssen und dass wir Maßnahmen ergreifen müssen, um die Testlabors auszubauen. Nicht passieren darf es aber, dass wir zu einer neuen Dauersubventionierung kommen. Es muss so sein, dass die zusätzlichen Kosten aufgrund von Labortests, Untersuchungen, Futtermittel, Tierkörperbeseitigung und Einhaltung von Hygienevorschriften
Ich glaube, wir müssen uns über die Art und Weise, wie Landwirtschaft in unserer Gesellschaft betrieben wird, grundlegend Gedanken machen. Die Diskussion über die ökologische Landwirtschaft muss geführt werden. Darunter verstehe ich nun nicht nur im enge
ren Sinne Höfe, die nach ganz bestimmten Prinzipien arbeiten, sondern wenn ich von „ökologischer Landwirtschaft“ spreche, dann meine ich insgesamt jeden Schritt der Landwirte dahin, weniger künstliche Pestizide, weniger chemische Düngermittel einzusetzen und mehr auf natürliche Ressourcen zu setzen, mehr auf natürliche Viehzucht zu setzen. Alles dies sind Schritte in Richtung einer ökologischen Landwirtschaft.
Immer wieder wird uns Grünen als Argument entgegengehalten, ökologische Landwirtschaft sei nicht leistungsfähig genug, um die Weltbevölkerung zu ernähren. Die Fakten sprechen dagegen.
In den vergangenen 300 Jahren hat sich die Produktivität der Landwirtschaft um den Faktor 50 erhöht. Das gilt sowohl für die konventionell wie auch für die ökologisch produzierenden Landwirte, die sich untereinander nur um den geringen Faktor von 1,3 bis 1,5 unterscheiden. Das bedeutet: Die großen Fortschritte der Landwirtschaft wurden durch wissenschaftliche Zuchtverfahren für Tiere und Pflanzen, durch den wissenschaftlich begründeten Einsatz von Dünger im Ackerbau und von Futter in der Viehzucht, durch Automation, durch den Einsatz von Landmaschinen und durch Rationalisierung der Arbeitsabläufe erreicht. Nicht die chemischen Kunstdünger, Tiermehl, Gentechnik und Hormone, nicht Pestizide, Herbizide und Insektizide haben die Revolution hervorgebracht, sodass heute nur noch weniger als 3 % der Menschen in der Landwirtschaft arbeiten, sondern wissenschaftliche Erkenntnisse über die ausgewogene Ernährung von Vieh und die Düngung von Äckern, über den Einsatz von Melkmaschinen, Traktoren und Mähdreschern, die wissenschaftliche Zucht von Arten und die Hygiene alles Methoden, die in der ökologischen Landwirtschaft genauso eingesetzt werden können und auch eingesetzt werden wie auf konventionellen Höfen.
Deshalb stehen wir vor einer Grundentscheidung: Wollen wir die industrielle Land- und Fischwirtschaft fortsetzen, was dazu führt, dass unsere Nahrungsmittel in Agrarfabriken produziert werden - wie es bereits in der Universität propagiert wird, wobei wir die Folgen in immer größeren Skandalen erleben -, oder wollen wir uns darauf besinnen, dass wir Menschen ein Teil der Natur sind, dass wir von der Natur und natürlich wachsenden Pflanzen und Tieren leben müssen und wollen?
Es wird immer davon gesprochen, dass die Produkte dann teurer wären und dass dann mehr Menschen in der Landwirtschaft arbeiten müssten. Was ist für den ländlichen Raum jedoch schlimm daran, wenn 10 bis
Ist das nicht gut für den ländlichen Raum? Ist es nicht so, dass der ländliche Raum heute gerade durch die Industrialisierung immer mehr Kompetenzen verliert, die aus diesem Bereich abgezogen werden? Diejenigen, die darunter leiden werden, wenn die Landwirtschaft naturnaher gestaltet wird, sind nicht die Bauern oder Vertreter der Lebensmittelindustrie, der Schlachtereien, der Molkereien oder der Mühlen. Es sind auch nicht die Fertignahrungsproduzenten. Sie alle werden sich auf die veränderten Bedingungen einstellen. Die Einzigen, die darunter leiden werden, sind die internationalen Futtermittelkonzerne. Ich sage ehrlich, dass es mir für Schleswig-Holstein um die nicht Leid tut.
Heute ist Schleswig-Holstein noch immer ein Land, in dem ökologische Landwirtschaft ein Nischendasein fristet. Süddeutschland ist aufgrund der höheren EUSubventionen - bedingt durch seine besondere Struktur mit Bergbauern - in einer anderen Situation und hat höhere Anteile. Dass dies aber auch im Norden möglich ist, zeigt Dänemark mit einem Anteil ökologisch produzierender Höfe von 10 %. Wenn das dort möglich ist, dann frage ich mich, warum das nicht auch in Schleswig-Holstein möglich ist.
Es gibt zwei Dinge, die geändert werden müssen. Zunächst muss die gesamte Förderpolitik der EU - aber auch die der Bundesrepublik - umgestellt werden. Ich freue mich, dass es aus Berlin Signale dazu gibt. Weiterhin müssen wir auch in Schleswig-Holstein unsere Hausaufgaben machen. Ich habe bereits gestern geschildert, dass dies ein Punkt ist, der zwischen den Parteien der Regierungskoalition - auch während der letzten Koalitionsverhandlungen - kontrovers diskutiert worden ist, nämlich inwieweit man in diesem Bereich Schritte unternimmt.