Für die F.D.P.-Fraktion sind folgende Maßnahmen vordringlich: Wir brauchen eine durchgängige Kennzeichnung von Rindfleisch und Rindfleischprodukten, die über Geburt, Weidehaltung, Schlachtung und Zerlegung des Tieres ebenso informiert wie darüber, wo dies passiert. Wir brauchen eine Deklaration der Inhaltsstoffe von Futtermitteln und eine verstärkte Kontrolle von Futtermitteln. Das ist in der Vergangenheit zu lax gehandhabt worden.
Es muss eine Möglichkeit geschaffen werden, dass beim Verkauf von Fleisch jüngerer Tiere über die Durchführung von BSE-Tests informiert wird. Anderenfalls können wir diese Tests nicht durchsetzen.
Wir brauchen eine verstärkte Investition in die Forschung, Erforschung der Übertragungswege, Entwicklung von Tests am lebenden Tier.
In der Debatte über die Ernährungswirtschaft in Schleswig-Holstein hat der Kollege Wodarz darauf hingewiesen, dass nach Professor von Alvensleben von
der CAU die Deutschen die Weltmeister im Misstrauen gegenüber Nahrungsmitteln seien. In seiner Tabelle liegen die Deutschen an oberster Stelle, die Briten an der vorletzten. Letztlich - so müssen wir feststellen hat uns dieses Misstrauen sehr lange vor dem Auftreten von BSE bewahrt.
Doch die Aufregung über diese unheimliche Seuche sollte uns nicht verleiten, in ihr das einzige Problem der Nahrungsmittelerzeugung zu sehen.
Kollege Wodarz hat zu Recht auf die Geflügelmast, auf die unverantwortlichen Zustände und die teilweise nicht legalen Machenschaften aufmerksam gemacht. Man muss darauf hinweisen und kann nicht nur auf das Rind starren.
Die statistischen Daten über das Gesundheitswesen zeigen, dass wir weitere schwerwiegende Probleme haben. Die Salmonellenerkrankungen in Husum, über die gestern in den Zeitungen berichtet wurde, sind ein jüngstes Beispiel. Im Bundesgebiet geht die Zahl der Erkrankungen an Salmonellen und entsprechenden Krankheiten in die Hunderttausende, die Zahl der Todesfälle in die Hunderte. Die Politik muss Maß halten und die Probleme entsprechend ihrer Gefährdung der menschlichen Gesundheit und nicht entsprechend der medialen Aufmerksamkeit angehen.
(Beifall bei F.D.P. und CDU sowie der Ab- geordneten Karl-Martin Hentschel [BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN] und Rainder Steen- block [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wie immer, wenn ein Unglück passiert ist, weil ein Schaden, eine Katastrophe eingetreten ist, sind plötzlich alle erschüttert. Plötzlich rufen alle danach, dass hart durchgegriffen werden müsse. Leider hält das erfahrungsgemäß nicht lange vor. Und die Präsenz in der großen Agrarpartei CDU heute im
Erinnern wir uns noch an Futtermittelskandale, an Hormonspritzenskandale, an Frostschutzmittelskandale, an Schweinepest und Dioxinhühner, die uns immer wieder in Erinnerung gerufen haben, wie wichtig eine staatliche Lebensmittelüberwachung ist? Und doch haben wir sie immer wieder vergessen und nach einigen Monaten sind wir wieder zur Tagesordnung übergegangen.
Wir haben in der letzten Landtagstagung eine Debatte über Gentechnologie geführt, Frau Happach-Kasan. Da ging es um Technikfolgenabschätzung. Ich habe in dieser Debatte darauf hingewiesen: Wenn man nicht rechtzeitig wissenschaftlich über die Folgen der eingesetzten industriellen Verfahren forscht, werden uns die Konsequenzen hinterher teuer zu stehen kommen.
Großbritannien hat Milliarden dafür bezahlen müssen und zurzeit müssen die schleswig-holsteinischen Landwirte für diese Versäumnisse und Ignoranz büßen.
Ich habe den Satz gesagt, eine Selbstkontrolle der Wirtschaft und eine Selbstkontrolle der Wissenschaft sei aufgrund des Konkurrenzprinzips nicht möglich. Daraufhin haben Sie hier im Landtag laut gerufen: Quatsch!
Heute fordert die CDU plötzlich dramatische Kontrollen, wissenschaftliche Forschung und all das, was Sie im letzten Monat noch abgelehnt haben.
Industrielle Landwirtschaft ist eine Technologie wie auch Gentechnologie. Der Einsatz neuartiger, industriell produzierter Futtermittel erfordert,
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Konrad Nabel [SPD] und Friedrich-Carl Wodarz [SPD])
Wir können doch nicht Fleisch an Tiere verfüttern, die in ihrem ganzen Leben und in ihrer ganzen Historie nie Fleisch gefressen haben, und sagen, wir kontrollieren und überprüfen nicht, welche Folgen das hat.
Ich bin über den Beitrag von Herrn Kayenburg hier etwas entsetzt gewesen, der darüber geredet hat, dass das Verbot der Tiermehlverfütterung im Grunde gar nicht mehr notwendig sei.
Ich bedanke mich, Herr Kollege Hentschel! Ich möchte Sie nur fragen, ob Ihnen bei Ihren Ausführungen eigentlich die Verkürzung, die damit verbunden ist, klar ist. Der Fall, den wir hier in Schleswig-Holstein haben, lässt sich zumindest nach unserem augenblicklichen Erkenntnisstand eben nicht darauf zurückführen, dass die Ursache in der Verfütterung von Tiermehl an Wiederkäuer liegt.
- Frau Strauß, Sie haben völlig Recht. Der Fall, der hier in Schleswig-Holstein aufgetreten ist, und der Hof des Bauern Lorenzen sind kein Beispiel für industrielle Massentierhaltung.
Aber die Futtermittelverfahren, über die wir hier reden, und die Tatsache, dass die Bauern häufig gar nicht wissen, was in den Futtermitteln, die sie einkaufen, enthalten ist, sind natürlich Folgen einer Art von Landwirtschaft, die sich zunehmend ausgebreitet hat und die übrigens auch von der Landwirtschaftlichen Fakultät der Universität permanent als Schlüssel zum Heil der Menschheit propagiert wird. Das muss man hier auch einmal deutlich sagen, weil wir die Diskussion darüber ja gerade gehabt haben.
Ich möchte auch eine Bemerkung zu den Beschimpfungen der Europäischen Union machen, die hier wieder einmal losgelassen worden sind. Die Europäische Union ist sicherlich eine Institution, mit der man sich kritisch auseinander setzen muss. Aber man muss auch eines sagen: Wenn die Europäische Union internatio
nale Regularien festsetzt, dann sind in der Regel die Leute von der CDU die Ersten, die dagegen protestieren und sagen, die sollten sich nicht in alles einmischen, die europäische Bürokratie solle sich nicht um alles kümmern.
Deswegen finde ich es ziemlich verlogen, in diesem Punkte zu sagen: Warum hat die Europäische Union nicht alles geregelt und sich nicht in jede Einzelheit eingemischt?
So kann man doch nicht Politik machen, indem man immer dann, wenn etwas nicht in Ordnung ist, der Europäischen Union die Schuld gibt, statt sich an die eigene Nase zu fassen und zu bewerten, was die Regierungen hier gemacht haben.