Protocol of the Session on December 13, 2000

Im Verhältnis zu den Einsparungen ist die Erhöhung der Einnahmen durch den Erdölförderzins und die Oberflächenwasserabgabe absolut maßvoll und vernünftig. Auch bei allen betroffenen Unternehmen ist es nicht so, dass die Entlastung womöglich durch die Abgabe kompensiert werden würde. Ganz im Gegenteil; auch diese Unternehmen werden de facto durch die rot-grüne Politik in Berlin entlastet.

Was haben wir mit dem Gesetz gemacht? Ich will es noch einmal unterstreichen.

Erstens. Die Bagatellgrenze von 5.000 DM ist bundesweit einmalig. Sie ist ein Angebot an kleine und mittlere Unternehmen; sie ist ein Angebot zur Verwaltungsvereinfachungen, zur einfachen Abgabengesetzgebung; insofern ist sie richtig.

Zweitens. Ich möchte eindeutig unterstreichen: Wir machen nur die Entnahme abgabepflichtig. Das ist ganz wichtig. Nur die Entnahme ist abgabepflichtig, nicht die Ableitung. Dies ist ein Punkt, den viele Unternehmen, viele Verbandsstrukturen in diesem Bereich in den vergangenen Wochen leider nicht ausreichend gewürdigt haben. Ich wünschte mir, dass auch insofern in Zukunft vielleicht ein bisschen mehr juristischer Sachverstand zu Rate gezogen wird, wenn ein Gesetzgebungsverfahren kritisiert wird.

Ein drittes Argument in diesem Kontext: Die Abgabesätze, die wir vorschlagen und hoffentlich gleich beschließen werden, liegen bundesweit absolut im Durchschnitt. Es gibt eine Reihe von Ländern, die darüber liegen. Insofern kann man nicht davon sprechen, dass die Unternehmen in Schleswig-Holstein in unzumutbarer Art und Weise geschröpft würden.

Gestatten Sie mir einen Satz zum Verfahren. Das Verfahren war ordnungsgemäß. Es gab - wie Sie wissen - eine Anhörung im Umweltausschuss, und zwar in schriftlicher Form. Ich kann Ihnen aber versichern, dass sowohl meine Kolleginnen und Kollegen im Umweltministerium als auch ich selbst eine ganze Reihe von Gesprächen Auge in Auge, vis-à-vis, geführt haben. Insofern kann niemand sagen, dass mit den Betroffenen nicht gesprochen worden wäre.

Lassen Sie mich noch einen Satz zum Thema Vertragstreue sagen, Herr Kerssenbrock! Ich glaube, wir sind uns einig, dass sich in einer parlamentarischen Demokratie wohl Mehrheiten ändern können - das war zum Glück in Schleswig-Holstein zu einem bestimmten Zeitpunkt der Fall, wie ich anmerken möchte -, dass sich aber auch das öffentliche Bewusstsein ändert. Ich bin der Ansicht, dass sich das öffentliche Bewusstsein zur Schonung natürlicher Ressourcen geändert hat und dass deshalb auch in der Bevölkerung eine Akzeptanz hierfür vorhanden ist.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Minister, erlauben Sie noch eine Zwischenfrage?

Nein, das tut mir Leid; sonst dauert es noch länger. Ich denke, dass auch mancher Unternehmer im persönlichen Gespräch inzwischen durchaus so weit ist, dass er sagt: Ja, wenn es für mich persönlich vielleicht auch unangenehm sein mag - eine solche ökologische Abgabenpolitik macht durchaus Sinn.

Ein letzter Satz dazu: Richtig ist - das schmerzt den Umweltminister und ein bisschen auch den Finanzmi

(Minister Klaus Müller)

nister -, dass die Höhe der Einnahmen aus der Abgabe sehr schwierig zu prognostizieren ist, weil die Entnahme des Wassers aus Oberflächengewässern allein aufgrund der Temperaturen unterschiedlich sein kann. Einige Grade Temperaturunterschied im Winter können durchaus dazu führen, dass mehr oder weniger Wasser entnommen wird und dementsprechend - je nach Menge - auch ein höherer oder geringerer Abgabebetrag gezahlt werden muss.

Wir haben uns bemüht, eine möglichst objektive Schätzung durchzuführen. Sie führt zu 46 Millionen DM prognostizierten Einnahmen im nächsten Jahr und zu 62 Millionen DM prognostizierten Einnahmen ab 2002. Ich bin der Ansicht, dass dieser Betrag vernünftig kalkuliert ist. Wir werden sehen, wie nahe wir der Schätzung gekommen sein werden.

Ich werbe immer noch um Ihre Zustimmung zu diesem Gesetz.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Meine Damen und Herren, die Redezeiten von Fraktionen und Regierung sind erschöpft. Wir wechseln jetzt in die „Abteilung § 56 Abs. 4“.

Zu einem Kurzbeitrag hat sich Herr Abgeordneter Stritzl zu Wort gemeldet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zwei kurze Anmerkungen, Herr Minister! Die Rede, die Sie gehalten haben, habe ich schon einmal gehört; damals ging es um das Abfallabgabengesetz. Auch dieses Gesetz ist an den verfassungsgerichtlichen Schranken gescheitert. Nehmen Sie bitte die Rede des Finanzministers nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gleich mit auf; darin hat er nämlich gesagt, er habe gedacht, das Gesetz sei nur für die Zukunft verfassungswidrig, nicht aber für die Vergangenheit. Stellen Sie also doch gleich einmal die entsprechende Vorsorge in den Haushalt ein.

(Beifall bei CDU und F.D.P.)

Meine zweite Anmerkung: Frau Ministerpräsidentin, Sie haben in Ihrer „Ich-bin-wieder-da-Rede“ darauf hingewiesen, dass die CDU in Sachen „Sicherung der Arbeitsplätze“ immer - wie haben Sie sich ausgedrückt? - neben den gesellschaftlichen Notwendigkeiten liege.

(Günter Neugebauer [SPD]: Ja, da hat sie Recht!)

Frau Ministerpräsidentin, Sie irren! Wir teilen Ihre Freude über jedes neu entstehende Callcenter - gar keine Frage! Wir weisen Sie nur darauf hin, dass dies kein Ersatz für die hoch qualifizierten Arbeitsplätze auf den Werften in unserem Lande ist. Diese im Lande Schleswig-Holstein zu erhalten, ist eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Dazu sollten Sie sich bekennen.

Ich weise darauf hin, dass das, was Sie bisher auch den Werftarbeitern in dieser Frage zugemutet haben,

(Konrad Nabel [SPD]: Kalter Kaffee!)

nun wirklich dem Fass den Boden ausschlägt. Sich öffentlich hinzustellen und zu sagen, man könne die Verpflichtungsermächtigung - ab dem Jahr 2002 kassenwirksam - heute nicht beschließen, weil das den verfassungsrechtlichen Rahmen des Haushalts sprenge, ist in der Tat ein starkes Stück.

Ich darf Sie einmal fragen: War es nicht der Finanzminister dieses Landes, der gesagt hat, die Werftenhilfe sei ein Investitionstitel? Haben Sie den Titel nicht von einem Titel der Hauptgruppe 6 auf einen Titel der Hauptgruppe 8 umgestellt? Stimmt das oder stimmt das nicht? Wenn es ferner keinen Baransatz gibt, kann dies auch in keiner Weise die Verfassungsmäßigkeit dieses Haushalts infrage stellen.

Zum Zweiten: Sie bieten den Werften jetzt an, Auftragshilfe über Bürgschaften zu geben. Das gilt aber nur für bereits akquirierte Aufträge, nicht jedoch für zu akquirierende Aufträge, und um sie geht es. Es geht darum, dass wir mit einem Mittelansatz von zusätzlichen 40 Millionen DM ein Auftragsvolumen von 1 Milliarde DM in diesem Land halten können. Das müssen wir leisten, wenn wir an die Arbeitsplätze bei uns im Lande denken.

(Beifall bei CDU und F.D.P. sowie des Ab- geordneten Lars Harms [SSW])

Da hilft es auch nicht, mit dem Bund Verstecken zu spielen nach dem Motto, Sie würden jetzt für das Verhältnis 50 : 50 eintreten. Warum tun denn das Ihre Genossen in Berlin nicht? Den Umlagebeschluss im Finanzausschuss gibt es bis zum heutigen Tage nicht.

Zum anderen: Was heißt denn „50 : 50“? Um eine Aufstockung des Bundesanteils kann es sich ja nicht handeln, weil der Bundeshaushalt gerade beschlossen worden ist. Also geht es doch um eine Absenkung des Landesanteils!

Es bleibt also dabei: Auch Ihre 50 : 50-Regelung führt dazu, dass ein Auftragsvolumen von 1 Milliarde DM

(Thomas Stritzl)

und damit Hunderttausende von Arbeitsstunden an den Schleswig-Holsteinischen Werften vorbei gehen.

(Beifall bei CDU und F.D.P. - Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, Ihren Schlusssatz bitte!

Jawohl, mein Schlusssatz: Vorhin war der Kollege Neugebauer so freundlich, darauf hinzuweisen, was andere Bundesländer tun. Herr Kollege Neugebauer, der Bremer Senat hat heute bereits beschlossen, die schleswig-holsteinische Quote zu übernehmen, wenn wir nicht handeln. Das ist ein Export von Wirtschaftsund Arbeitskraft aus dem Lande Schleswig-Holstein hinaus. Das machen wir nicht mit. Deswegen sagen wir Ihnen: Arbeitsplätze statt Werftenreste muss die Devise sein; stimmen Sie deswegen unserem Antrag zu!

(Beifall bei CDU und F.D.P. sowie des Ab- geordneten Lars Harms [SSW])

Das Wort hat zu einem weiteren Kurzbeitrag Herr Abgeordneter Geißler.

(Zurufe von der SPD: Oh! - Günter Neuge- bauer [SPD]: Die Reiterstaffel haben wir doch gar nicht mehr!)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir bitte, dass ich Ihre Aufmerksamkeit noch drei Minuten zum Thema innere Sicherheit in Anspruch nehme, weil sich doch eine gewisse Zuspitzung der Situation an unseren Landgerichten - namentlich in Kiel und Lübeck - ergeben hat, die aus der Sicht meiner Fraktion ein Tätigwerden des Haushaltsgesetzgebers unerlässlich werden lässt.

Wir werben seit Jahren für eine Aufstockung der Strafkammern an den Landgerichten Kiel und Lübeck, weil wir Haftentlassungen nach § 121 der Strafprozessordnung, die es ja auch in Schleswig-Holstein schon gegeben hat, vermeiden wollen. Die Öffentlichkeit akzeptiert es nicht, wenn mutmaßliche Schwerkriminelle freigelassen werden müssen, weil der Staat nicht in der Lage ist, seine Justiz so zu organisieren, dass dem Beschleunigungsgebot Rechnung getragen werden kann.

Wer sich die Situation am Landgericht Kiel ansieht, der muss feststellen: Mit binnenorganisatorischen

Maßnahmen ist die gegenwärtige Überlastung nicht mehr aufzufangen. Es kommt bereits heute dazu, dass mit Hilfsstrafkammern gearbeitet wird. Es kommt dazu, dass Nicht-Haftsachen nicht mehr zeitgerecht behandelt werden können. Es kommt dazu, dass die Zivilgerichtsbarkeit leidet, weil Strafsachen Vorrang eingeräumt werden muss und Hilfsstrafkammern gebildet werden.

Wir stellen heute einen Antrag zur Einzelabstimmung, der zum Ziel hat, die Bildung einer weiteren Strafkammer am Landgericht Kiel zu ermöglichen. Auch ich weiß, dass die Geschäftsverteilung Sache des Gerichts ist, aber wenn wir diese Stellen zur Verfügung stellen, wird das Gericht schon das Erforderliche veranlassen.

Wenn Sie diesen Vorschlag heute ablehnen und es im kommenden Haushaltsjahr zu Haftentlassungen nach § 121 der Strafprozessordnung wegen Überschreitens der Sechsmonatsgrenze kommt, dann sind ausschließlich und allein Sie dafür verantwortlich und werden das der Öffentlichkeit zu erklären haben.

Noch eine Anmerkung zu Ihrer Abteilung „Verpacken und Verkaufen“, die ja sehr rührig ist. Die Justizministerin hat sich zu Beginn ihrer Amtszeit ein Bild von der desolaten Lage des Strafvollzugs in SchleswigHolstein gemacht und hat selbstkritisch, was die gesamte Regierung betrifft - nicht ihre persönliche Leistung; die stand zum damaligen Zeitpunkt nicht zur Debatte -, angemerkt, dass sich hier etwas ändern muss, und hat Änderungen angekündigt. Dabei haben Sie natürlich auch unsere volle Unterstützung, Frau Ministerin!

Aber wie sieht die Realität aus? Es wird mit einem 111-Millionen-DM-Programm geworben. Im diesjährigen Haushalt werden gerade einmal 6,2 Millionen DM eingestellt. Im kommenden Haushaltsjahr sind es 22 Millionen DM und im Jahre 2003 sind es 24 Millionen DM. Der größte Teil - nämlich 57,7 Millionen DM - ist für die Jahre 2004 fort-folgende verplant. Bis heute wissen wir nicht, was 2004 sein wird. Bis wann erstreckt sich fort-folgend? Dann kann man auch 200-Millionen-DM- oder 300-Millionen-DMProgramme auflegen. Das ist eine Ausdehnung auf Legislaturperioden, von denen man weiß, dass diese Landesregierung dann nicht mehr im Amt sein wird und der verantwortliche Minister schon gar nicht.

(Zurufe von der SPD)

Es gilt der Grundsatz der Diskontinuität. Das ist keine Missachtung des Wählerwillens, sondern eine Erinnerung an die verfassungsrechtliche Situation. Man kann nur sagen: verpacken und verkaufen, das können Sie wirklich. Ob aber wirkliche Fortschritte

(Thorsten Geißler)