Protocol of the Session on November 16, 2000

Für die CDU-Fraktion erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Frauke Tengler das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Amrum und Pellworm haben es gut - sie sind getränkedosenfreie Inseln.

(Beifall bei der SPD - Lothar Hay [SPD]: Sehr gut!)

In Dänemark ist der Verkauf von Getränkedosen verboten. Es wird allerdings für den Export in Dosen produziert.

(Zuruf von der SPD: Schweinkram!)

- Das ist Schweinkram, ja! - Und wir haben seit 1991 die Verpackungsverordnung, die besagt - mein Kollege Jacobs hat es schon erwähnt -, dass bei Unterschreitung des Mehrweganteils von 72 % mehr als zwei Jahre hintereinander ein Pflichtpfand erhoben werden kann. Dies war 1997 und 1998 der Fall.

Mehrwegsysteme haben in der Vergangenheit die hohen gestellten Anforderungen erfüllt und werden ihnen laut Bericht des Umweltbundesamtes vom 9. August 2000 auch in Zukunft in höchstem Maße gerecht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die CDU insgesamt anders als die SPD - stand und steht zur Verpackungsverordnung. Die vorgelegte Ökobilanz des Umweltbundesamtes hat die Entscheidung der früheren Bundesregierung für den Mehrweg und die Verpackungsverordnung bestätigt.

Liebe Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktionen, Sie fordern nun in Ihrem Antrag klar auf der Linie Ihres Bundesumweltministers und Ihrer Landesumweltminister eine unmittelbare Pfandpflicht auf ökologisch nachteilige Getränkeverpackungen,

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

unabhängig von Quoten, Füllmengen und Getränk. Heißt das, dass Sie sich von der Erfüllung der Mehrwegquoten verabschieden wollen?

Wir sind mit Ihnen der Meinung, dass die Verpakkungsverordnung zu novellieren ist, unter anderem auch deshalb, weil sich die Verpackungsmaterialien mein Kollege Jacobs hat es angesprochen - in den letzten zehn Jahren deutlich weiterentwickelt haben. So stuft die Ökobilanz des Umweltbundesamtes den Einweggetränkekarton dem Mehrweg als gleichwertig ein.

(Frauke Tengler)

Allerdings sind deshalb aus unserer Sicht vor der Einführung eines Zwangspfandes unabdingbar folgende Fragen zu klären: Sind die Gesichtspunkte der Ökobilanz ausreichend berücksichtigt? Wird es ein echtes Pfand oder eine zusätzliche Abgabe? Gilt das Pfand einheitlich für alle Dosen?

Vor diesem Hintergrund und dem Hintergrund, dass die Einführung eines Zwangspfandes auf erhebliche Bedenken der EU-Kommission stößt und dass auch in Zukunft eine differenzierte und flexible Betrachtung der Mehrwegquote nötig ist, tritt die CDU-Fraktion für den Erhalt der Mehrwegquote ein, ist gegen eine übereilte Aufgabenlösung, gegen eine verfrühte Zwangspfandeinführung und absolut gegen eine Lenkungsabgabe

(Beifall der Abgeordneten Brita Schmitz- Hübsch [CDU])

- danke schön, Frau Kollegin! -, auch wenn der schleswig-holsteinische Umweltminister laut Presseerklärung vom 9. August 2000 schon wieder Morgenluft wittert. Er zieht eine Abgabe sehr wohl in Betracht. Damit bliebe die Landesregierung in ihrer Tradition, jede Möglichkeit der bürgernahen Geldbeschaffung zu nutzen.

(Brita Schmitz-Hübsch [CDU]: Abzocken nennt man das!)

Ungeachtet dessen habe ich doch noch die Hoffnung, dass sich die Bundesregierung eines Besseren besinnt und zumindest von einer Zwangsabgabe Abstand nimmt.

Die Bandbreite von den dosenfreien Inseln bis zum Dosenverbotsland Dänemark, von der sofortigen Einführung eines Zwangspfandes bis zur Überprüfung der aktuellen ökonomischen und ökologischen Fakten ist groß. Wir sollten das im Umweltausschuss noch einmal miteinander besprechen und ich bitte um Überweisung des Antrags an den Umweltausschuss, Herr Nabel.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort hat für die F.D.P.-Fraktion jetzt Frau Abgeordnete Christel Aschmoneit-Lücke.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich weiß ja, dass Sie das Original vorziehen; erlauben Sie mir aber trotzdem, dass ich heute in Vertretung der erkrankten Kollegin Happach-Kasan spreche.

(Lothar Hay [SPD]: Nun sind wir gespannt!)

Zunächst eine kleine formelle Merkwürdigkeit! Ich frage Sie: Welchen Zweck hat es, die Landesregierung zu etwas aufzufordern, was sie schon vor vier Wochen getan hat?

(Heiterkeit der Abgeordneten Roswitha Strauß [CDU])

Vor vier Wochen haben die Umweltminister von Bund und Ländern eine Erklärung zur Pfandregelung für ökologisch nachteilige Verpackungen abgegeben. Mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz halten alle - ich zitiere wörtlich - „eine unmittelbare Pfandpflicht auf ökologisch nachteilige Getränkeverpackungen, unabhängig von Quoten und Füllmengen sowie vom Getränk, für sinnvoll“. Dieses Zitat wurde nahezu wörtlich in den vorliegenden Antrag übernommen und der Antrag wurde sechs Tage nach der Erklärung der Umweltminister gestellt. Das sagt uns zweierlei:

Erstens können die Antragsteller fehlerfrei abschreiben lassen,

(Heiterkeit und Beifall bei F.D.P. und CDU)

zweitens haben die Antragsteller anscheinend nur wenig Vertrauen in ihre eigene Landesregierung, denn sie fordern diese zu etwas auf, was die Landesregierung schon sechs Tage zuvor erklärt hat.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Ich kann mir allerdings nicht vorstellen, dass Außenstehende dieses Verhalten als Beweis des Vertrauens innerhalb der Regierungskoalition interpretieren.

Die Begründung des Antrags ist aus der oben genannten Erklärung übernommen worden und mit ihr die unlogische Argumentation über die vermeintlichen ökologischen Vorteile des Zwangspfandes. Die Eindämmung ökologisch nachteiliger Einwegverpackungen, Dosen oder Einweg-Glasflaschen ist ökologisch ein erstrebenswertes Ziel, denn die Ökobilanzen des Umweltbundesamtes beweisen, dass diese Verpackungen im Vergleich zu Mehrwegflaschen und Getränkekartons ökologisch nachteilig sind. Eine Pfandpflicht für ökologisch nachteilige Verpackungen würde den Gebrauch dieser Verpackungen allerdings nicht einschränken. Ich zitiere aus dem Jahresgutachten 2000 des Sachverständigenrates der Bundesregierung für Umweltfragen: „Ob die Einführung eines Pflichtpfandes zu einer Stützung von Mehrwegverpackungen führt, muss bezweifelt werden.“

Hier ist auch die Argumentation des Bundesumweltministers widersprüchlich. Einerseits soll die Pfandpflicht für Mehrwegflaschen der wesentliche Grund für den Erfolg des Mehrwegsystems sein, andererseits

(Christel Aschmoneit-Lücke)

soll nun die Pfandpflicht auf ökologisch nachteilige Verpackungen das Mehrwegsystem stützen, obwohl der logische Schluss ja sein müsste, dass das Dosenpfand die Dose unterstützt, so wie das Pfand auf Mehrwegflaschen die Mehrwegflasche unterstützt. Wie das funktioniert, sehen wir in Skandinavien, wo die Dose alle anderen Getränkeverpackungen weitestgehend verdrängt hat.

Ein Pfand auf Dosen und Einwegverpackungen ist in erster Linie ein zinsloser Kredit an Getränkehändler. Das beim Kauf hinterlegte Pfand erhöht den Cashflow des Getränkehändlers und senkt das verfügbare Einkommen des Verbrauchers. Der Händler wird diese zusätzlichen Mittel in seine Finanzierungsrechnung einbeziehen und realisiert Zinsgewinne.

Meine Damen und Herren, ich könnte Ihnen das anhand eines Beispiels vorrechnen. Dies ist eine Möglichkeit, sich über Kredite, die vom Verbraucher gewährt werden, zu finanzieren, insbesondere natürlich für große Kredite, wenn große Mengen von Dosen abgesetzt werden.

Die Verbraucher allerdings haben nur Nachteile, denn wenn sie dem Getränkehändler beim nächsten Kauf nicht noch mehr Kredit geben wollen, müssen sie die Dosen sammeln, statt sie gleich im gelben Sack zu entsorgen. Der ökologische Nachteil der Dose bleibt, unabhängig davon, ob sie zurückgegeben wird oder gleich im gelben Sack verschwindet.

(Beifall bei der F.D.P.)

Die Deutschen sind ja, wie wir wissen, Weltmeister im Müllsortieren; daher ist es kaum vorstellbar, dass der Großteil der verbrauchten Dosen an Parkbänken oder auf Rastplätzen liegen bleibt. Meine Damen und Herren, das sind sehr unangenehme Ausnahmen und ich ärgere mich wirklich schlagrührend über jede Dose, die irgendwo im Park oder sonst wo herumliegt - oder auch auf der Straße -; das ist ästhetisch höchst ärgerlich, aber ökologisch macht es überhaupt keinen Unterschied, ob die Dose in der gelben Mülltonne oder beim Händler entsorgt wird; wenn die Dose einmal in der Welt ist, muss sie entsorgt werden - wie auch immer. Das ist ökologisch höchst ärgerlich, aber es macht eben - wie gesagt - keinen Unterschied, wie sie letztlich entsorgt wird.

Meine Damen und Herren, wenn man den Gebrauch ökologisch nachteiliger Verpackungen eindämmen will, muss man den relativen Preis dieser Verpackungen erhöhen. Das Zwangspfand allein erreicht dies nicht. Deshalb ist dieser Antrag nicht nur formell, sondern auch materiell unsinnig.

(Beifall bei der F.D.P. und der Abgeordneten Brita Schmitz-Hübsch [CDU])

Selbstverständlich werden wir uns der Überweisung an den Ausschuss nicht widersetzen und ich nehme an, dass sich meine Kollegin Happach-Kasan im Ausschuss sehr konstruktiv an der weiteren Beratung beteiligen wird.

(Beifall bei F.D.P. und CDU)

Das Wort hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Monika Heinold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir wollen gern, dass über den Antrag in der Sache abgestimmt wird und er nicht in den Ausschuss geht. Die F.D.P. hat Ja gesagt, dass sie ihn ablehnt. Die CDU wird sich positionieren müssen. Was die CDU in ihrem Antrag fordert, ist ja nur das, was das Bundesumweltministerium im Sommer bereits getan hat, nämlich zu prüfen, auch die ökonomischen und ökologischen Fakten.

(Martin Kayenburg [CDU]: Und wo ist das Ergebnis?)

- Das hat der Bundesumweltminister ja verkündet und daraufhin der Landesumweltministerkonferenz seine Vorschläge gemacht. Der Grund, warum wir dies noch einmal einbringen, liegt darin, dass in der Zwischenzeit die Landeswirtschaftsminister und -ministerinnen getagt haben und zu einem gegenteiligen Beschluss gekommen sind.

Grüne und SPD bringen also heute diesen Antrag zur Verpackungsverordnung in den Landtag ein, da diese Verordnung - 1991 noch von der CDU/F.D.P.-Bundesregierung auf den Weg gebracht - novelliert werden muss. Wir wollen, dass der Landtag ein deutliches Signal setzt, dass er den Vorschlag des Bundesumweltministers zur Novellierung der Verpackungsverordnung unterstützt.

Worum genau geht es? Es geht um die Einführung einer unmittelbaren Pfandpflicht auf ökologisch nachteilige Getränkeverpackungen, unabhängig von Quoten, von Füllmengen sowie vom Getränk selbst. Dabei gelten als ökologisch nachteilig jene Verpakkungssysteme, die nach den Erkenntnissen des Umweltbundesamtes in Herstellung und Entsorgung problematischer sind als andere. Während das Mehrwegsystem und inzwischen auch Getränkekartons durch verbesserte Verwertbarkeit ökologisch vorteilhaft sind, belasten alle anderen Einwegverpackungen die Umwelt überdurchschnittlich.