(Beifall des Abgeordneten Peter Jensen- Nissen [CDU] - Holger Astrup [SPD]: Das sehen die Kommunen ganz anders! Aber was soll’s!)
Davon träumen Sie. - Dafür, dass es zu einer finanziellen Unterausstattung kommt, spricht einiges. Was ist der Grund für die Kopplung der Erhöhung der Zahlungen für die Kinder- und Jugendhilfe an die Entwicklung der Finanzausgleichsmasse? Ich kann keine Korrelation entdecken und es gibt auch keine. Kollege Astrup, denn sonst würde es keinen Sinn machen, die Revisionsklausel des neuen Absatzes 6 in § 6 FAG an die Entwicklung der Vergütung nach BAT zu koppeln.
Wieso Sie die Entwicklung des BAT als Referenzgröße heranziehen und nicht beispielsweise die allgemeine Preissteigerung, verstehe, wer will. Aber egal!
- Entschuldigung, ich lasse jetzt keine Zwischenfrage zu; sonst komme ich nicht durch, Kollege Astrup!
Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, hier ziehen Sie nicht nur Äpfel zum Vergleich mit Birnen heran, nein, Sie scheuen auch nicht den Vergleich mit Pflaumen.
Nach vier Jahren ist in jedem Fall eine Überprüfung der Zahlungen fällig. Auf Grundlage eines fragwürdigen Indikators muss dann darüber entschieden werden, ob es zu einer Anhebung der Verbundgrundlage kommt.
Grundsätzlich kann ich für die F.D.P.-Fraktion nur feststellen: Es ist uns schleierhaft, welche Vorteile sich aus der Einbeziehung der Kinder- und Jugendhilfekosten in den Finanzausgleich ergeben sollen. Vereinfachung, Transparenz - Fehlanzeige! Für Sie steht doch offensichtlich fest, dass der BAT langsamer steigt als die tatsächlichen Kosten der Kinder- und Jugendhilfe und Sie so um die Anpassung der Verbundgrundlage 2005 herumkommen! Oder ist die Realität vielleicht viel einfacher? Sie lassen die Kreise und die kreisfreien Städte mit ihrer Finanzverantwortung allein und schreiben ganz lapidar in § 58 des Jugendförderungsgesetzes, dass das Land Maßnahmen der örtlichen Jugendhilfeträger nach Maßgabe des Landeshaushaltes fördert. Zu dieser Lösung kann ich al
lerdings den selbst ernannten Kinder- und Jugendpolitiker Karl-Martin Hentschel nur beglückwünschen.
Der Gesetzentwurf enthält mit der differenzierten Kreisumlage ein ganz besonders heißes Eisen. Der Bericht des Innenministeriums zum Abschlussbericht des Sonderausschusses „Kommunales“ zeigt auf, dass es bis 1973 möglich war, eine differenzierte Kreisumlage zu erheben. Für die F.D.P. stellt sich die Frage, warum die Regierungsfraktionen eine Regelung einführen wollen, die in der Vergangenheit als schlecht empfunden und gestrichen wurde. Denn in Drucksache 718 der 7. Wahlperiode ist Folgendes nachzulesen:
„Für die Kreisumlage soll künftig nur noch ein Umlagesatz beschlossen werden. Die bisher gegebene Möglichkeit, für die einzelnen Umlagegrundlagen verschiedene Sätze festzulegen, soll entfallen, zumal von dieser Möglichkeit im Jahre 1973 nur noch ein Kreis Gebrauch gemacht hat."
Die Streichung war vernünftig, denn auch der Innenminister kommt in seinem aktuellen Bericht zu dem Schluss:
„Die Möglichkeit der Differenzierung würde zwar das Konfliktpotential auf der kommunalen Ebene verschärfen. Das gilt sowohl zwischen Kreis und Gemeinden als auch zwischen den Gemeinden des Kreises (je nach Betroffenheit), wenn die einzelnen Steuerkraftzahlen unterschiedlich gewichtet würden."
Die Regierungsfraktionen in ihrer Allmacht scheren sich aber einen Teufel darum. Sie legen Feuer in der kommunalen Familie, wohl wissend, dass Sie kein Wasser zum Löschen haben. Rot-Grün kann sich dann noch einigen, wer Biedermann und wer Brandstifter ist. Krieg im kommunalen Haus - und nichts anderes werden wir in kürzester Zeit vorfinden - ist für die Koalition offenbar sehr verlockend, denn er schwächt die Schlagkraft der Kommunen gegenüber dem Land.
Die differenzierte Kreisumlage trägt zu einer weiteren Verkomplizierung des FAG bei. Es gibt nicht mehr nur einen Hebesatz, sondern gleich sechs. Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht! Gerechter wird es auch nicht. Die Gemeinden und Städte sind letztlich der Willkür des Kreises ausgeliefert.
Sie werden auch durch eine weitere Änderung gemolken: Die Zahl der Gemeinden, die durch die zusätzliche Kreisumlage belastet werden, wird stark anwach
sen. So bleibt nur zu resümieren, dass die Gemeinden wieder einmal die Letzten sind, die gebissen werden.
Haben Sie sich eigentlich einmal Gedanken darüber gemacht, wie Sie mit sechs verschiedenen Hebesätzen sicherstellen wollen, dass sich die Finanzkraftreihung, also das Ranking, nach dem kreisweiten Ausgleich nicht ändert oder gar umkehrt? Sie laden einzelne Gemeinden geradezu zur Klage ein, denn es dürfte wohl unbestritten sein, dass die Rechtsprechung von Ausgleichssystemen - gleich welcher staatlicher Ebene - erwartet, dass die Finanzkraft durch einen Ausgleich zwar angenähert, aber die Reihenfolge nicht verändert wird. Was Sie machen, ist keine Angleichung, sondern sozialistische Gleichmacherei zwischen den Gemeinden.
Sie haben ein Problem mit dem Begriff Leistung. Sparsam, seriös arbeitende Gemeinden werden bestraft, die anderen zum Beispiel für ihr unsolides Ausgabeverhalten belohnt.
Wie sieht es auch in diesem Fall mit der Anreizfunktion des Ausgleichs aus? - Fehlanzeige! Eines verwundert mich allerdings. Wenn ich das Handbuch des Landtages zur Hand nehme, stelle ich fest, dass viele Abgeordnete aus der Koalition auch kommunale Mandate ausüben. Meine Damen und Herren Kommunalpolitiker innerhalb der Regierungsfraktionen, wie können Sie einen solchen Gesetzentwurf mittragen und wie wollen Sie diese Entscheidung bei Ihren Kolleginnen und Kollegen in ihren Kommunen rechtfertigen?
Auch die geplanten Veränderungen beim KIF werden im Bericht des Innenministers ausführlich erläutert. Im Gesetz selbst wird von einer Entnahme aus dem Vermögen des KIF Abstand genommen. Die gestrige Pressekonferenz des Finanzministers brachte aber an den Tag, dass die Kommunalpolitiker der SPD auf der Krisenkonferenz am vergangenen Wochenende - wissentlich oder auch nicht; ich vermute einmal, eher nicht - einem faulen Kompromiss zugestimmt haben, der mit Drucksache 15/524 (neu) auch in den Entwurf Eingang findet. Die Reduzierung der Entnahme von 100 Millionen DM auf 60 Millionen DM wird zu über einem Drittel von den Kommunen selbst bezahlt. Sie erlauben dem Finanzminister, über vier Jahre hinweg 15 Millionen DM aus dem KIF zu entnehmen und der Finanzausgleichsmasse zuzuschlagen. Kollege Astrup,
ich war vorhin etwas amüsiert über die schöne Rechnung, die Sie aufgemacht haben: Finanzausgleichsmasse minus 5 %, dann 25 % an die Gemeinden zurückgeben, das macht ein Plus von 20 %. Herzlichen Glückwunsch!
(Wolfgang Kubicki [F.D.P.] und Dr. Ekke- hard Klug [F.D.P.]: Astrups Mengenlehre! - Holger Astrup [SPD]: Ich erkläre Ihnen das gern noch einmal!)
Ich frage mich, was sich die sozialdemokratische Basis dabei gedacht hat. Sie schwächt sich damit selbst. Denn durch die Entnahme sinkt das Volumen der Darlehen, die aus dem KIF für Zwecke der Kommunen bereitgestellt werden können. Unter Schnorrern mag es noch angehen, dass man den Thekennachbarn um 20 DM bittet, damit man ihn zu einem Drink einladen kann. Zwischen dem Land und seinen kommunalen Gebietskörperschaften sollte ein solches Verhalten aber ausgeschlossen sein.
Hinzu kommt die Belastung aus dem Schulbauprogramm der Landesregierung. Unter der Annahme, dass die Dotierung des Schulbaufonds in den kommenden Jahren unverändert bei 60 Millionen DM pro Jahr bleibt, bringt das vorgeschlagene Sonderprogramm keine müde Mark an zusätzlichen Investitionen über den gesamten betrachteten Zehnjahreszeitraum, es findet lediglich eine zeitliche Verlagerung statt.
(Zurufe von F.D.P. und CDU: So ist es! - Holger Astrup [SPD]: Können Sie das einmal erläutern, bitte? Das würde mich einmal in- teressieren!)
Mehr Investitionen im Zeitraum bis Ende 2005 werden durch weniger Investitionen ab 2006 erreicht. Von Nachhaltigkeit keine Spur, insgesamt ein Nullsummenspiel!
(Holger Astrup [SPD]: Sagen Sie einmal, was Sie an der Stelle wollen! Nicht immer nur meckern, sondern eigene Vorschläge machen! - Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das sagen wir im Ausschuss!)
- Herr Kollege Astrup, kein Nullsummenspiel für den KIF! Wenn ich das Konzept richtig verstanden habe ich lasse mich gern korrigieren, wenn ich mich irre -, wird ein Gegenwartswert von 20 Millionen DM in den Jahren bis 2005 durch den KIF vorfinanziert. 2006 bis 2010 werden diese Zahlungen aus dem FA an den KIF zurückgeführt. Der KIF hat allerdings die Kosten für
die Zinsersparnis von 37 Millionen aus der Vermögenssubstanz zu bezahlen, sodass dessen Vergabevolumen ab 2005 um 10 Millionen DM pro Jahr sinkt.
Die Senkung des Vergabevolumens durch die Entnahme von 60 Millionen über vier Jahre muss noch hinzugerechnet werden.
Der F.D.P. ist nicht verständlich, wieso vor dem Hintergrund der Schwächung der Leistungskraft des KIF durch das Sonderprogramm Schulbau und die jährliche 15-Millionen-DM-Entnahme noch ein weiterer Substanzverzehr eingeführt werden soll.
Das wäre zumindest das Ergebnis der Einführung einer Regelung, nach der bis zur Höhe des jährliches Überschusses des KIF Zuschüsse statt Darlehen vergeben werden können. Ein vollständiger oder teilweiser Inflationsausgleich wird damit nicht mehr möglich sein. Es kommt zu einem inflationsbedingten Substanzverzehr.
In der letzten Zeit war viel von Dissens, ja sogar von Sprachlosigkeit zwischen der Landesregierung und den Regierungsfraktionen die Rede. Wenn ich mir den Bericht des Innenministeriums zur Beschlussempfehlung des Sonderausschusses „Kommunales“ und den Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen zur Änderung des FAG anschaue, dann kann davon keine Rede sein. Im Gegenteil, wie durch ein Wunder sind die Formulierungsvorschläge der Landesregierung und der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen textidentisch,
und das, obwohl die Drucksachen beide das Datum vom 7. November tragen, sodass die Regierungsfraktionen eigentlich von diesem Bericht offiziell noch gar nichts wissen konnten.