Protocol of the Session on October 19, 2000

(Beifall beim SSW)

Richtig ist, dass alle norddeutschen Bundesländer ein klares Interesse daran haben, in konkreten Feldern gemeinsame Projekte und Initiativen voranzubringen. Dabei ist es aus unserer Sicht wichtig, dass alle Länder als gleichberechtigte Partner angesehen werden und dass alle Partner einen Gewinn aus dieser Zu

sammenarbeit ziehen. Es darf aber nicht vergessen werden, dass jedes Bundesland auch seine eigenen legitimen Interessen offen innerhalb dieser Zusammenarbeit vertreten muss. In diesem Sinne kann der SSW die Maxime der Landesregierung „So viel Eigenständigkeit wie möglich, so viel Koordination wie nötig“ nur unterstützen.

(Beifall beim SSW sowie der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Bericht zeigt, dass es auch ohne einen Nordstaat eine breite und vielfältige Kooperation mit den norddeutschen Ländern in fast allen wichtigen Bereichen unserer Gesellschaft gibt: Von der Verkehrsplanung über Abfall, Krankenhausplanung,

(Martin Kayenburg [CDU]: Krankenhauspla- nung? Das ist zehn Jahre her! Das ist nicht zu fassen! Sie haben den Bericht nicht gelesen!)

Energie, Umwelt bis hin zu den Hochschulen gibt es sie zum Teil schon seit Jahren - seit zehn Jahren - je nach Bereich mehr oder weniger intensiv. Das möchte ich hinzufügen.

(Klaus Schlie [CDU]: Eher weniger als mehr! - Martin Kayenburg [CDU]: Das war 1989!)

Trotz einiger Probleme, die bei gleichberechtigten Partnern auftreten können - siehe beispielsweise den Ausbau der A 7 -, ist es sicherlich richtig, dass die Zusammenarbeit in der täglichen Praxis ganz gut funktioniert. Aber natürlich kann und muss dennoch eine Verbesserung in einigen Bereichen angestrebt werden.

Dabei liegt es in der Natur der Sache, dass die Zusammenarbeit mit Hamburg einen Schwerpunkt bildet - ob man es nun mag oder nicht. Um die Weltstadt Hamburg dreht sich in Norddeutschland sowohl in wirtschaftlicher als auch in sozialer und kultureller Hinsicht fast alles, um es einmal ganz überspritzt auszudrücken.

Mit dem Regionalen Entwicklungskonzept Metropolregion Hamburg haben die Länder Niedersachsen, Schleswig-Holstein und Hamburg ein vernünftiges Instrument geschaffen, um die Herausforderungen, die sich aus dem Zusammenleben von fast 4 Millionen Menschen in der gesamten Region ergeben, zu bewältigen. Dabei möchte ich betonen, dass sich der SSW weiterhin für eine Stärkung des nördlichen Landesteils stark macht. Das Augenmerk der Landesregierung darf nicht ausschließlich auf die wirtschaftlich starken Gebiete um Hamburg oder Kiel gerichtet sein. Ich weiß, dass das ein anderes Thema ist. Von mir aus

(Anke Spoorendonk)

darf man das gern als Klein-Klein oder als Kirchturmpolitik charakterisieren.

(Zuruf der Abgeordneten Dr. Christel Hap- pach-Kasan [F.D.P.])

Das ist aber ein wichtiges Thema für ganz viele Menschen in diesem Land.

(Zurufe von der CDU)

Das eine, liebe Kollegin Happach-Kasan, schließt das andere nicht aus.

Dennoch: Angesichts dieser gut entwickelten Zusammenarbeit in der Region Hamburg verblasst fast die Zusammenarbeit Schleswig-Holsteins mit Mecklenburg-Vorpommern und Bremen. Aus unserer Sicht wäre es deshalb wünschenswert, wenn die Kooperation insbesondere mit dem Ostseeanrainer Mecklenburg-Vorpommern verbessert wird. Vor allem im Rahmen der Ostseekooperation haben beide Bundesländer viele gemeinsame Interessen. Ich sehe es als ein wichtiges Signal, dass die nächste Ostseeparlamentarierkonferenz in Greifswald stattfindet.

(Beifall der Abgeordneten Lars Harms [SSW], Rolf Fischer [SPD] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

In der entscheidenden Frage, ob zur Erzielung von Synergieeffekten die Zusammenarbeit von Verwaltungseinrichtungen oder sogar die Zusammenlegung verstärkt werden kann, gibt es im Bericht leider nur wenig Neues. Das bedauere ich. Dabei sind die Planungen für eine gemeinsame Eichverwaltung der Länder und Hamburg die am weitesten gereiften. In fast allen anderen Bereichen hat die Landesregierung jetzt erst einmal Prüfaufträge an die Ministerien vergeben.

So sagt der Bericht leider auch nichts darüber aus, mit welchem finanziellen Einsparpotential im Landeshaushalt man durch die verstärkte Zusammenarbeit mittel- oder langfristig rechnen kann. Dies ist natürlich kein unerheblicher Faktor bei der Bewertung der zukünftigen norddeutschen Zusammenarbeit.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei der SPD sowie der Abgeordneten Monika Hei- nold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Damit schließe ich die Beratung. Eine Antragstellung habe ich nicht gehört.

(Dr. Christel Happach-Kasan [F.D.P.]: Doch! - Martin Kayenburg [CDU]: An alle Aus- schüsse!)

- Frau Dr. Happach-Kasan, Überweisung an den Innen- und Rechtsausschuss?

(Martin Kayenburg [CDU]: An alle Fachaus- schüsse!)

- An alle Ausschüsse? Das ist ein guter Vorschlag.

(Heiterkeit)

Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf

Reform der Juristenausbildung

Landtagsbeschluss vom 12. Mai 2000 Drucksache 15/69

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/228

Ich erteile das Wort der Frau Ministerin für Justiz, Frauen, Jugend und Familie.

Frau Lütkes, Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die gestrige kurze Debatte über die Justizreform hat deutlich in Erinnerung gerufen, dass eine veränderte Streitkultur sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich einer veränderten Juristenausbildung bedarf. Wir können nur dann erwarten, dass sich die beteiligten Juristinnen und Juristen an Streitschlichtung und Streitentscheidung so beteiligen, dass alle Anforderungen erfüllt werden, wenn eine qualifizierte Ausbildung gewährleistet ist.

Leider zeigt Ihnen der vorliegende schriftliche Bericht, dass wir die sehr konkreten Fragen in der jetzigen Situation noch nicht beantworten können, weil die Gesamtdebatte über die Juristenausbildung, die notwendig auf Bundesebene geführt werden muss, in einer Phase ist, in der sie stagniert. Bei der Einbringung Ihres Berichtsantrages war ich noch davon ausgegangen -

(Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin! - Vielleicht könnten notwendige Zweiergespräche vor die Tür verlagert werden.

Das Thema ist vordergründig ein recht trockenes, aber genauso wie die Justizreform selbst hat es einen sehr realen Bezug. Der ist aber etwas schwierig zu sehen. Daher sollten wir ihn vielleicht direkt im Rahmen von Fachgesprächen weiterführen.

Ich möchte dennoch deutlich machen, dass es nicht auf eine Verweigerungshaltung der Landesregierung zurückgeht, wenn wir Ihre sehr konkreten Fragen nicht beantworten. Dies ist vielmehr der Gesamtdiskussion auf Bundesebene geschuldet. Wir stellen bei der Justizministerkonferenz leider fest, dass es eine sehr breite - ich möchte nicht sagen: Blockadehaltung Abwehrhaltung gegen eine qualifizierte Diskussion gibt. Dies ist sehr bedauerlich, weil das von BadenWürttemberg vorgelegte Grundsatzmodell ein zu diskutierendes Modell ist und im Grundsatz auch von Schleswig-Holstein begrüßt worden ist. Wir haben Ihnen im schriftlichen Bericht dargelegt, dass noch sehr viele Dinge zu diskutieren sind.

Wenn man von einer einphasigen juristischen Ausbildung als einem Zukunftsmodell ausgeht, muss man sehr genau klären, wann und wie der Praxisbezug in das Studium, in die Ausbildung einzugliedern ist. Man muss insbesondere - und dies in Zusammenarbeit mit der Kultusministerkonferenz - sehr genau klären, wie die qualitätvolle Ausbildung in der juristischen Universitätsausbildung garantiert werden kann und wo die Schwerpunkte der Betreuung liegen. Allein dieser Problemkreis zeigt, dass der Ansatz, über eine veränderte Juristenausbildung zu einer Einsparungsmöglichkeit für den Landeshaushalt kommen zu können, verfehlt ist. Die Juristenausbildung muss das Ziel haben, gerade auch andere Richterinnen- und Richterpersönlichkeiten herauszubilden, nicht aber das Ziel, Einsparungen zu erreichen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und CDU)

Wenn man von letzterem Ansatzpunkt ausgeht, kann man die Debatte um die Juristenausbildung beenden. Das ist auf Länderebene in dieser Allgemeinheit unstreitig.

Streitig ist aber, wie mit dem Vorschlag des Herrn Goll umzugehen ist. Wir mussten leider feststellen, dass im Moment zwar theoretisch die Bereitschaft zur weiteren Diskussion vorhanden ist, diese Bereitschaft sich aber nicht in die Praxis umsetzt. Insofern ist die Justizministerkonferenz bisher auch nicht in der Lage, die notwendigen sachlichen Gespräche mit der Kultusministerkonferenz zu führen, da diese sachlichen Gespräche nur dann möglich sind, wenn man sehr konkrete Anforderungen und sehr konkrete eigene

Vorstellungen hat. Sonst kann es nicht zu gemeinsamen Gesprächen kommen. Das ist eine etwas bittere Analyse. Es wäre aber ein Darumherumreden, wenn man dies nicht sehr klar sagen würde.

Herr Geißler, es tut mir sehr leid, Ihnen sagen zu müssen, dass diese etwas zurückhaltende Position in dieser Debatte leider von den CDU-geführten Ländern sehr deutlich formuliert wird, aber nicht in der Art, dass man zu qualitätvollen Gesprächen kommt. Diese Gespräche finden bisher leider nicht statt. Insofern hoffe ich sehr, dass es auf der Justizministerkonferenz im Herbst zu einem Qualitätssprung kommt.

Egal, von welcher Seite man sich dem Problem nähert, wir können uns dem Gedanken nicht verschließen, dass die modernen Anforderungen an die Justiz, die wir gestern ja auch ansatzweise haben besprechen können, nur dann durchgehalten und umgesetzt werden können, wenn sich die Universitätsausbildung und die Praxisausbildung für Juristinnen und Juristen verändern. Im Hinblick auf diese Veränderungsdebatte sind wir uns in Ansätzen ausnahmsweise einmal nicht einig, meine Herren von der CDU! Es ist festzustellen, dass es bislang nicht die entsprechenden Vorschläge gibt.

Ich fasse zusammen. So gern von Schleswig-Holstein ein umfassender Entwurf vorgelegt würde - dies ist eine Sache, die auf Bundesebene möglichst einverständlich geklärt werden muss. Es geht auch nicht um dies deutlich zu sagen -, dass ein Land einen Alleingang macht. Es geht um Veränderungen von Bundesrecht. Dabei sollte man möglichst breit streuen. Eine Öffnungsklausel im deutschen Richtergesetz kann die Einheitlichkeit der Rechtsfindung und die Einheitlichkeit der Besetzung der Gerichte gefährden. Es ist kein Platz für eine Einzellösung auf Landesebene gegeben, sondern es kann nur eine Lösung auf der Basis von Gemeinsamkeit geben. Diese Gemeinsamkeit ist im Moment aber noch nicht hergestellt. Insofern ist der Bericht notwendigerweise rudimentär.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Ministerin, für den Bericht.