Protocol of the Session on January 26, 2005

„Sie spricht sich dafür aus, die DNAAnalyse vor dem Hintergrund der überragenden Bedeutung im Rahmen der Kriminalitätsbekämpfung zukünftig zum Zwecke der Identifizierung in künftigen Strafverfahren entsprechend den erkennungsdienstlichen Maßnahmen zu nutzen.“

(Klaus Schlie [CDU]: Aha!)

Hierzu gab es eine Protokollnotiz von zwei Ländern. Sie hatten eine Protokollnotiz von Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein von der Ministerkonferenz davor erwähnt. Zu dem Beschluss vom 19. November gibt es eine Protokollnotiz von Berlin und SchleswigHolstein. Diese lautet:

„Berlin und Schleswig-Holstein sehen die Prüfungen zu weiteren Anwendungsmöglichkeiten der DNA-Analyse als noch nicht abgeschlossen an.“

Das ist die Konferenz vom 19. November in Lübeck gewesen. Dann hat es den offenen Brief von Frau Fröhlich gegeben, in dem sie noch einmal darauf hinweist, dass sich der Innenminister in den letzten Tagen wiederholt zur Aufnahme der DNA-Analyse in den Katalog der erkennungsdienstlichen Maßnahmen geäußert hat. Sie macht deutlich, dass die Grünen dazu eine unterschiedliche Position haben, und schließt:

„Wir möchten Sie daher bitten, sich für eine Novellierung der bundesrechtlichen Vorschriften über die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen einzusetzen. Diese muss die gesetzlichen Voraussetzungen für erkennungsdienstliche Maßnahmen enger fassen und Löschungsregelungen beinhalten, die rechtsstaatlichen Grundsätzen genügen.“

Das heißt, die Grünen wollen noch eine weitere Verengung. Kollege Schlie und auch die Zahlen der GdP haben deutlich gemacht, dass von 87.000 Tatverdächtigen in Schleswig-Holstein weniger als 7.000 überhaupt erkennungsdienstlich behandelt werden. Das sind weniger als 8 %. Dieser Kreis soll also nach der Forderung der Grünen noch weiter eingeengt werden. Ich denke, das ist nicht zu vertreten.

Zum Wechsel bei der Innenministerkonferenz vor wenigen Tagen, am 20. Januar, hat der Innenminister

(Peter Lehnert)

noch einmal deutlich gemacht, dass er sich für diese erkennungsdienstliche Standardmaßnahme ausspricht und insofern die Polizei unterstützt. Er hat auch noch einmal ganz deutlich gemacht, dass wir mit der DNAAnalyse im nicht codierenden Bereich den Fingerabdruck des 21. Jahrhunderts haben, dass der Beweiswert des DNA-Materials dem herkömmlichen Fingerabdruck und anderen Verfahren zur Identifikation weit überlegen ist, wegen ihrer überragenden Bedeutung für die Kriminalitätsbekämpfung sollte man daher die DNA-Analyse zur erkennungsdienstlichen Standardmaßnahme machen.

(Zuruf von der CDU: Recht hat er!)

Die Polizei benutzt bei der Standard-DNA-Analyse nur den nicht codierenden Teil; denn nur diese Merkmale sind von Person zu Person sehr unterschiedlich. Nur dadurch erhält sie überhaupt diese enorm hohe Treffsicherheit. Das ist im codierenden Bereich gar nicht möglich. Deswegen wird er auch nicht erfasst. Das ist ganz eindeutig geregelt. Der Innenminister hat das Gott sei Dank auch deutlich gemacht.

Ich sehe keine Missbrauchsgefahr, insbesondere nicht durch staatliche Behörden, vor allen Dingen nicht durch unsere Polizei. Ich will ganz deutlich sagen, dass dort mit hoher Fachkompetenz und hoher Sensibilität gearbeitet wird. Der Innen- und Rechtsausschuss hat das Landeskriminalamt besucht, hat sich vor Ort sachkundig gemacht. Der CDU-Fraktionsarbeitskreis Innen und Recht hat sich bereits vorher dort zu diesem Thema sachkundig gemacht. Einigen Kollegen in diesem Plenum würde es gut tun, das zu vertiefen.

Im Interesse der Bürgerinnen und Bürger muss die Polizei schwere Verbrechen möglichst schnell aufklären, um weitere Verbrechen zu verhindern. Manche Mordermittlungen dauern Jahre mit erheblichem personellen und zeitlichen Aufwand. In dieser Zeit läuft ein potenzieller Mörder oder ein Sexualstraftäter, bei dem die Wiederholungsgefahr besonders hoch ist, frei herum.

Es besteht ein krasser Widerspruch zwischen dem Misstrauen gegenüber kontrollierten staatlichen Behörden und der Gefahr, dass Bürger persönlichste Daten in vielfältigster Form in den privaten Wirtschaftsbereich weitergeben. Ich glaube, dass der Gesetzgeber hier einen dringlicheren Handlungsbedarf hat.

Ich will zum Abschluss aus einer Analyse des Bundeskriminalamts zitieren. Inzwischen ist Herr Zierke Chef des Bundeskriminalamtes geworden. Das Bundeskriminalamt stellt fest:

„Bei der DNA-Analyse geht es nicht darum, Täter nach dem ersten Ladendiebstahl zu erfassen, sondern nach dem fünften oder nach dem zehnten Vergehen.“

Der durchschnittliche Sexualtäter hatte nach der BKA-Studie in fünf Deliktsbereichen 22 Vorstrafen.

(Glocke des Präsidenten)

Deswegen glaube ich, werden uns die Fachleute eindringlich darum bitten - Herr Präsident, ich komme zum Schluss -, diese Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung, übrigens auch zum Schutz derjenigen, die unschuldig in Verdacht geraten, einzuführen. Wir sind dringend aufgefordert, hier schnell und entschlossen zu handeln.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Dr. Wadephul das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Während sich diese Koalition in offenen Briefen und Protokollnotizen verheddert, geht die bundesweite Diskussion längst sehr viel weiter. Herr Innenminister, Sie wissen das sehr gut - jedenfalls aus der Zeit, in der Sie den Vorsitz in der Innenministerkonferenz hatten, als wir hier in Schleswig-Holstein haben feststellen können, dass diese Koalition nicht handlungsfähig und handlungsbereit ist.

Heute kann man in der „Welt“ nachlesen, selbst die Sozialdemokraten in der benachbarten Hansestadt Hamburg sind den Vorstellungen der Union im Bereich der Ausweitung der DNA-Analysen sehr aufgeschlossen, wollen den unionsgeführten Hamburger Senat an dieser Stelle unterstützen. Bundesinnenminister Schily ist geradezu ein Vorkämpfer an dieser Stelle. Selbst Bundesjustizministerin Zypries hat erkennen lassen, dass sie für eine entsprechende Diskussion offen ist.

Wer heute dem Kollegen Puls zugehört hat und seine Kraftausdrücke - die ihm ohnehin nicht so liegen - beiseite rückt, stellt fest: Im Kern ist selbst der Kollege Puls der Auffassung, dass die Union hier richtig liegt.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb sollten Sie, Herr Kollege Puls, versuchen, sich innerhalb der SPD-Fraktion durchzusetzen. Ich hoffe, ich habe Ihnen mit dieser Bemerkung jetzt nicht allzu viel geschadet.

(Dr. Johann Wadephul)

Ich will an dieser Stelle noch einmal festhalten, um was es eigentlich geht. Deshalb sollten wir in der Argumentation sehr vorsichtig sein. Wir sollten - das ist von vielen Rednern hier betont worden - die Rechtsstaatlichkeit beachten, natürlich auch die Informationsrechte und das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Bürgerinnen und Bürger schützen und in keiner Weise missbrauchen. Nur, darum geht es überhaupt nicht. Wenn wir fordern, den genetischen Fingerabdruck den herkömmlichen erkennungsdienstlichen Maßnahmen, die aus dem vorvorletzten Jahrhundert stammen, gleichzustellen, sprechen datenschutzrechtliche Erwägungen überhaupt nicht dagegen. Vielmehr ist es so: Die DNA-Analyse betrifft den nicht codierenden Teil der DNA. Sie enthält zuverlässige Informationen, um einen Täter zu erkennen, aber sie gibt überhaupt keine Auskünfte, die in irgendeiner Weise das Informationsrecht oder das Selbstbestimmungsrecht des Täters betreffen könnten. Deswegen sind wir dafür, diese Möglichkeiten zu nutzen.

(Beifall bei der CDU)

Wir müssen schon darauf aufmerksam machen. Heute ist mit großer Verve von der Landesjustizministerin gesagt worden, die gesetzlichen Möglichkeiten reichten aus. Das ist nicht ganz der Fall. Wir haben in unserer Strafprozessordnung - § 81 f Abs. 1 Satz 2 StPO, Frau Kollegin - eine Vorschrift, die heute einen Richtervorbehalt für die Situation verlangt, dass eine molekular-genetische Untersuchung notwendig ist, wenn Spuren eines anonymen Täters am Opfer gefunden werden.

(Zuruf von Ministerin Anne Lütkes)

- Es ist sehr gut, wenn Sie hier und heute im Haus erklären, dass Sie dafür sind. Nur, Sie regieren hier in dieser Koalition und es gibt den offenen Brief der Kollegin Fröhlich. Das ist ein klarer Widerspruch. Öffnen Sie endlich die Möglichkeit, an dieser Stelle zu einer gesetzlichen Änderung zu kommen!

(Beifall bei der CDU)

Schließlich ist es immer noch so, dass Regierungen - Sie regieren hier in Schleswig-Holstein leider immer noch ein paar Tage und auf Bundesebene bis 2006 - an Ihren Taten gemessen werden. Das wollen wir auch machen.

Ich mache darauf aufmerksam, dass sich alle Fachleute inklusive des von Ihnen, Herr Innenminister, sehr geschätzten Herrn Zierke, in dieser Frage völlig einig sind, dass der Richtervorbehalt bei diesen Spuren, bei anonymen Tätern, völliger Unsinn ist. Was soll der Richter an dieser Stelle eigentlich prüfen? Was soll er

eigentlich abwägen, wenn er überhaupt nicht weiß, wer der potenzielle Täter ist?

Das führt mich zu der Frage - darüber sollten wir etwas näher nachdenken -: Wer denkt an der Stelle eigentlich an die Daten des Opfers, die durch einen unnötigen Richtervorbehalt durch alle Akten geschleppt werden? Wer denkt eigentlich an Datenschutz zugunsten des Opfers? - Wir wollen an erster Stelle Opferschutz und nicht Täterschutz. Hier kann man handeln.

(Beifall bei der CDU)

Wer sich an dieser Stelle auf die Grundrechte und ihren Schutzcharakter für die Freiheit der Menschen in Deutschland stützt - sie haben einen großen Wert für uns -, muss darüber nachdenken, um welche Frage es eigentlich geht, wie man die Freiheit der Menschen am besten schützen kann.

Wir haben gegenüber unseren Ermittlungsbehörden eine grundsätzliche andere Einstellung, als Rot-Grün sie offensichtlich hat, jedenfalls der grüne Teil. Den Herrn Innenminister möchte ich ausnehmen. Wir hegen gegenüber den Ermittlungsbehörden unseres Landes, gegenüber den Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, gegenüber den Staatsanwälten und Richtern, die damit befasst sind, keinen Generalverdacht, dass sie mit allen Daten irgendwelchen Unsinn anstellten, sondern wir gehen davon aus, dass sie diese Daten nutzen, um Täter zu erkennen, um Täter zu verfolgen und um potenzielle Täter von ihren Taten abzuhalten. Deswegen ist es richtig, ihnen diese Mittel in die Hand zu geben. Wir wollen unsere Ermittlungsbehörden nicht unter Generalverdacht stellen, sondern wir wollen ihnen die Werkzeuge geben, um unsere Bürger wirksam zu schützen. Darum geht es.

(Beifall bei der CDU)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Franzen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht, ob es uns wie bei dem vorherigen Tagesordnungspunkt gelingt. Da waren wir eigentlich vorbildlich und gut. Deswegen zwei Sätze, die wir alle als Überschrift haben könnten: Alle Demokraten - sowieso dieses Landtages - sind für Opferschutz. Alle Demokraten sind für optimale Aufklärung von Straftaten. - Mit dieser Überschrift müssten wir alle uns doch identifizieren können. Das kann doch nicht das Problem sein, auch wenn man sich über die Mittel

(Ingrid Franzen)

austauscht, die wir verwenden wollen, um dort hinzukommen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Diese Überschriften müssen da sein. Wenn das so ist, bin ich beruhigt. Trotzdem will ich Ihre Motivation für diese Diskussion aufgreifen.

Zu Ihnen, Herr Schlie: Sie sind aus meiner Sicht zweimal fachlich falsch eingestiegen. Ich sage das hier einmal so deutlich. Es ist immer eine relative Sache. Sie haben die Aufklärungsquote gelobt, die auch beachtlich ist - ich habe das mitgeschrieben -, aber Sie haben nicht gesagt: bei bestehender Rechtslage.

(Klaus Schlie [CDU]: Sie könnte wesentlich besser werden!)

Das ist die Aufklärungsquote. Das ist doch wunderbar. Das muss man dazu sagen.