Protocol of the Session on October 18, 2000

Wir dürfen hier nichts verharmlosen. Es gibt gefährliche Hunde auf unseren Straßen und es gibt - das füge ich hinzu - leider verantwortungslose Menschen auf unseren Straßen, die mit diesen Hunden spazieren gehen oder anderes mit ihnen anstellen.

Die Angriffe in den letzten Jahren und Monaten und die mediale Aufmerksamkeit, die das Ganze bekommen hat, haben natürlich die Akzeptanz von Hundehaltern insgesamt nicht gerade erhöht. Es ist verständlich und trägt gewissermaßen zur Sicherheit anderer Bürgerinnen und Bürger bei, wenn ich meinen Kindern oder wem auch immer nahe lege: Gehe nicht zu dicht an Hunde heran, du weißt nie, was passiert.

Der Innenminister war also nicht der Auslöser der Ängste der Menschen, sondern er hat darauf reagiert, was in dieser Situation durchaus geboten war. Gleichwohl habe ich noch nie einen Hehl daraus gemacht, dass ich diese Verordnung nicht für sinnvoll halte. Aber wir können auch nicht einfach zur alten Verordnung zurückkehren. Das Vollzugsdefizit - das habe ich gerade gesagt - ist geradezu zwangsläufig. Es hat sich ja gezeigt, dass die Maulkorbpflicht, wenn sie für einzelne Hunde verhängt wird, nicht wirksam kontrolliert werden kann, und das gilt jetzt ebenso. Die Ordnungsämter sind damit überfordert, schon weil dem Hund auf der Straße nicht anzusehen ist, ob er darunter fällt. Angesichts der Tatsache, dass es Menschen gibt, die ihre Hunde gezielt abrichten, um sie als Waffe einzusetzen, halte ich auch nichts davon, erst dann behördlich tätig zu werden, wenn bereits etwas geschehen ist.

(Beifall der Abgeordneten Christel Aschmoneit-Lücke [F.D.P.] und Dr. Heiner Garg [F.D.P.])

Allerdings reicht es meiner Ansicht nach keineswegs aus, an dieser Stelle Zivilcourage zu fordern, sehr geehrter Herr Innenminister. Das halte ich geradezu für fahrlässig. Gegenüber gefährlichen Hunden Zi

(Irene Fröhlich)

vilcourage zeigen zu wollen, kann zur Katastrophe führen. Das würde ich niemandem anraten wollen.

(Beifall der Abgeordneten Christel Aschmo- neit-Lücke [F.D.P.] und Dr. Heiner Garg [F.D.P.])

Die Menschen haben einen Anspruch darauf, auf der Straße nicht von Hunden belästigt oder gefährdet zu werden. Daher müssen wir dazu kommen, eine Art Hunde-TÜV für größere und kräftige Hunde und einen obligatorischen Sachkundeausweis - nennen wir ihn meinetwegen Hundeführerschein - für Herrchen und Frauchen einzuführen. Dann kann jeder einigermaßen sicher sein, wer ihm oder ihr auf einem Waldweg oder sonst wo entgegenkommt. Hierin sehe ich den einzigen Weg zurück zu mehr Sachlichkeit zwischen Hundehalterinnen und Hundehaltern, Spaziergängerinnen und Spaziergängern sowie Politikerinnen und Politikern.

Wir werden diesen Vorschlag in die Ausschussberatungen einbringen. Ich hoffe, dass wir dort über diese Problematik eine sachliche Diskussion werden führen können. Spannend wird sie allemal, denn wir wollen den von mir eben angesprochenen Entwurf für das Gefahrhundegesetz beraten. Dabei sage ich klar und deutlich: Ein Gesetz, das im Wesentlichen zwischen guten und bösen Hunderassen unterscheidet und die zweite Gruppe mit Zuchtverbot und Sterilisationszwang belegt, fußt auf der falschen Sicherheitsphilosophie und wird nicht meine Zustimmung finden. Dann wird es allemal Krach geben, Herr Garg, da können Sie sicher sein.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [F.D.P.])

Es gibt andere Möglichkeiten und Methoden - das sage ich ganz deutlich. Die Berliner GAL hat hier ein wunderbares Gesetz vorgelegt, das man sich gut zum Vorbild nehmen könnte. Die haben Mittel und Wege gefunden, eine Kennzeichnung zu finden. Man müsste das nur in die Tat umsetzen, dann käme man aus der Geschichte heraus.

Es gibt übrigens Befragungen und Untersuchungen zur Häufigkeit von Beißvorfällen. Wenn Sie die berücksichtigen, Herr Innenminister, müssen Sie sich allerdings ganz warm anziehen, denn Sie müssten dann den deutschen Schäferhund angreifen. Und welcher Innenminister würde das überstehen? Das sage ich Ihnen.

(Lars Harms [SSW]: Die Dänische Dogge! - Zuruf: Der Dackel!)

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin! Die Forderungen nach einem Heimtierzuchtgesetz und einer Haftpflichtversicherung haben wir oft genug in diese Debatte eingebracht. Dem kann ich mich natürlich nur

anschließen. Das ist praktisch unser Vorschlag. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass die Aggressionszucht bereits laut Tierschutzgesetz verboten ist, ohne dass sie damit verhindert worden wäre. Wir sollten uns daher ernsthaft Gedanken darüber machen, wie wir die so genannte Hinterhofzucht besser in den Griff bekommen.

(Wolfgang Kubicki [F.D.P.]: Das stimmt! - Glocke der Präsidentin)

Bitte kommen Sie zum Schluss.

Das ist mein letzter Satz. Ich glaube, dass der Ausgang der Hundedebatte noch offen ist. Eine wichtige Rolle werden die Urteile der Verwaltungsgerichte zu den neuen Hundeverordnungen aus diesem Sommer spielen. Jedenfalls haben wir im Ausschuss noch einiges vor uns. Deswegen bitte ich um Verständnis für den Wunsch nach Ausschussberatung.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten Christel Asch- moneit-Lücke [F.D.P.], Dr. Heiner Garg [F.D.P.] und Lars Harms [SSW])

Das Wort hat Frau Abgeordnete Hinrichsen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie sind natürlich wahnsinnig gespannt darauf, was der SSW zu diesem Thema noch zu sagen hat. Sie wissen es ja noch nicht.

(Klaus Schlie [CDU]: Genau!)

Die Schreckensmeldungen über Angriffe von Hunden auf Menschen haben in der Bevölkerung nicht erst seit kurzer Zeit dazu geführt, dass sich Ängste und Verunsicherung gegenüber Hunden im Allgemeinen ausgebreitet haben. Trotz häufiger Diskussionen zum Thema Kampfhunde, die eben nicht nur in Schleswig-Holstein geführt werden, und der Frage, ob hierzu neue Gesetze oder Verordnungen geschaffen werden sollen, ist es bisher leider noch nicht gelungen, zu einer bundesweit einheitlichen Regelung zu finden. Dies wäre nach unserer Auffassung die vernünftigste Regelung, denn ein Hund bewegt sich auch über Landesgrenzen hinweg.

Nun haben wir in Schleswig-Holstein seit Ende Juni diesen Jahres eine Landesverordnung, die so genannte

(Silke Hinrichsen)

Gefahrhundeverordnung. Diese Verordnung stellt trotz allem in ihrer jetzigen Form eine generelle Verbesserung gegenüber der alten Hundeverordnung dar. Dies begrüßen wir.

Die Gefahrhundeverordnung ist jedoch aus Sicht des SSW nicht die optimale Lösung, um das Problem wirklich in den Griff zu bekommen. Vielmehr sollte das Augenmerk mehr auf die Hundehalter gelegt werden, die durch falsche Erziehung, Dressur oder Abrichtung einen Hund erst wirklich zur Waffe machen.

Ich halte es für falsch, bestimmte Hunderassen in der Verordnung aufzulisten. Wir haben immer gesagt, dass wir nicht das Damoklesschwert über bestimmten Hunderassen kreisen lassen möchten. Denn für uns stellt sich die Frage, ob in der praktischen Arbeit der ausführenden Behörden entschieden werden kann, ob der Hund auf der Liste steht oder nicht. Ich halte es für einen Irrglauben, dass unsere Behörden - wie auch ich - in der Lage sind, einen Kaukasischen Ovtscharka von einem Fila Brasileiro zu unterscheiden, geschweige denn die Kreuzungen dieser Tiere zu erkennen.

Daher halten wir es für angebracht, § 3 Abs. 1 aus der Gefahrhundeverordnung zu streichen. Nach Meinung des SSW ist die Beschreibung gefährlicher Hunde, wie sie unter § 3 Abs. 2 vorgenommen wird, ausreichend, da hierunter genau die Merkmale erfasst werden, die einen ungefährlichen von einem gefährlichen Hund unterscheiden.

Zu fordern, die geltende Verordnung aufzuheben, halte ich jedoch auch nicht für den richtigen Weg, weil wir eine effizientere Handhabung bei gefährlichen Hunden haben müssen. Darin haben auch alle Vorredner übereingestimmt.

Zucht, Haltung, Handel und Umgang mit Heimtieren in einem bundeseinheitlichen Gesetz zu verankern, können wir generell unterstützen. Jedoch sehen wir hier auch noch einigen Klärungsbedarf.

In dem dritten Punkt des Antrages unterstütze ich den Anwalt des Hundes, Herrn Dr. Garg, der die Landesregierung auffordert, sich auf Bundesebene für die Verpflichtung von Hundehaltern auf Abschluss einer Haftpflichtversicherung für Hunde einzusetzen. Das damit verfolgte Ziel, dass nur mit Abschluss einer entsprechenden Haftpflichtversicherung die Anschaffung und Haltung von Hunden erlaubt sein sollen, halte ich für vernünftig und legitim. Ich gehe auch davon aus, dass die Haftpflichtversicherung nicht für den Hundehalter, sondern vor allem für den Hund hinsichtlich der Schäden, die er unbeaufsichtigt oder beaufsichtigt verursacht, gedacht ist.

Weil auch hier sicherlich noch Klärungsbedarf besteht, werden wir der Ausschussüberweisung zustimmen.

Für den SSW geht es hauptsächlich darum, dass Gesetze und Verordnungen einheitlich erlassen werden, und zwar bundesweit. Diese sollen transparent und vernünftig sein, damit in diesem Land zum Schutz der Menschen vor gefährlichen Hunden beigetragen wird. Doch solange dies noch nicht gegeben ist, halten wir die Durchführung der Lösung auf Landesebene für richtiger.

Meine Damen und Herren, wir müssen Regelungen finden, die es den Menschen ermöglichen, sich frei zu bewegen - nicht nur den Hunden - und keine Angst mehr haben zu müssen, wenn ihnen ein Hund begegnet.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD] und Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich erteile Herrn Innenminister Buß das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal für die überwiegend sachlichen Beiträge danken. Ich denke, wir werden im Ausschuss zu vernünftigen Diskussionen kommen.

Wie schwierig das Thema ist, werde ich mit zwei Zitaten belegen. 1991 war ein sechsjähriger Junge von einem Pitbull Terrier gebissen worden. Ich verlese auszugsweise eine Pressemeldung, die wie folgt lautet:

„So fordere seine Partei, dass solche Hunde in Zukunft außerhalb von Zwingern oder unbefriedeten Grundstücken nur noch mit einem Maulkorb geführt werden dürften. Außerdem setze sich die... für ein Verbot der weiteren Züchtung von Kampfhunden ein.“

Was glauben Sie wohl, welche drei Buchstaben in die Lücke eingesetzt werden müssen? - Die F.D.P.! Herr Klug hat das damals massiv gefordert.

(Zurufe von der SPD: Ausgerechnet! Ausge- rechnet der! - Weitere Zurufe)

Wenn die F.D.P. so etwas fordert, darf natürlich die CDU nicht fehlen. Das ist ganz klar. Sie definiert zunächst einmal in einer Presseerklärung zwei Tage später, nämlich vom 19. Juli 1991, „Kampfhunde“ mit American Staffordshire Terrier, Fila Brasileiros, Mastinos, Bullterrier, Bandogs, Pitbull Terrier und ihre Kreuzungen mit anderen Rassen. Sie fordert dann:

„Die CDU-Fraktion fordert die Landesregierung auf, auch in Schleswig-Holstein ordnungsrechtliche Regelungen gegen Kampf

(Minister Klaus Buß)

hunde einzuführen. Darüber hinaus sollte sie prüfen, ob weiter gehend als in Hamburg nicht auch Vorschriften erforderlich seien für die ausbruchsichere Haltung, die Pflicht zum Maulkorbtragen und Anleinen sowie für einschränkendes Mitführen auf öffentlichen Plätzen wie Fußgängerzonen...“

und so weiter. Das war 1991. Wir sind jetzt ein paar Jahre weiter. Das versteht doch kaum noch ein Hund!

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von der CDU)

Sie mögen an diesen Beispielen sehen, wie schwierig die Materie ist.

Ich bin ja wirklich dankbar dafür, dass hier vom Kollegen Schlie gesagt worden ist: In der Tat, es war eine schwierige Situation und es musste gehandelt werden.