In einer Debatte um den Landeshaushalt 2005 muss es erlaubt sein, die finanzpolitischen Konzepte miteinander zu vergleichen.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Präsident, sorgen Sie mal für Ruhe da drüben! Die schreien immer rum! - Glocke des Präsidenten)
Ich darf um etwas Ruhe bitten. - Jetzt darf ich Frau Kollegin Heinold fragen, ob sie eine Zwischenfrage des Kollegen Wiegard zulässt.
Ich würde jetzt gern meine Rede zum Schluss führen. Ich bin lange genug gestört worden. Dann komme ich zum Ende.
Für beide Haushalte, ob 2004 oder 2005, liegen die Grundlagen nicht nur in Schleswig-Holstein, sie liegen auch im Bund. Meine Damen und Herren von der Opposition, wie wollen Sie die Nettoneuverschuldung reduzieren, wenn Sie im Bundesrat Subventionsabbauvorschläge in einer Größenordnung von 15 Milliarden € blockieren, wenn Sie ein Steuerkonzept vorlegen, das jährlich 30 Milliarden Minuseinnahmen in Deutschland einbringt? Ich appelliere an Sie, geben Sie Ihre Blockadepolitik auf, stoppen Sie das unsinnige Klageverfahren gegen den Landeshaushalt, was nur die Gerichte beschäftigt, und setzen Sie stattdessen gemeinsam mit uns Reformen um! Damit würden Sie zum Wohle des Landes beitragen.
Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt seiner Sprecherin, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion hat heute einen Antrag eingebracht, mit dem die Landesregierung aufgefordert wird, in der 47. Tagung einen Nachtragshaushalt für die Jahre 2004/2005 vorzulegen. Ich sage das noch einmal, weil es vorhin diskutiert wurde. Es ist klar, dass es sich die größte Oppositionspartei wenige Monate vor der Wahl nicht entgehen lassen möchte, über die schlechte Haushaltssituation des Landes zu debattieren. Dafür habe ich sogar grundsätzlich Verständnis.
Einer unserer Kritikpunkte an der Einführung des Doppelhaushaltes war ja, dass man so der Notwendigkeit entgeht, vor einer Landtagswahl womöglich harte Sparbeschlüsse fassen zu müssen. Von daher begrüßen wir also die heutige Debatte. Allerdings sind wir der Meinung, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass Sie mit Ihrem Antrag zu weit gehen.
Aus Sicht des SSW geht es bei einem Doppelhaushalt vor allem darum, dass der Finanzausschuss den Haushaltsvollzug genau kontrolliert und entsprechende Konsequenzen daraus zieht. Das heißt aber eben nicht, dass man bei jeder Veröffentlichung von Steuerzahlen gleich einen Nachtragshaushalt fordern muss.
Der Bericht über den Haushaltsablauf mit Stand vom 30. Juni 2004, den wir nach der Sommerpause im Finanzausschuss diskutiert haben, war zugegebenermaßen wenig erhebend; denn die Steuereinnahmen des Landes sind im ersten Halbjahr im Vergleich zu 2003 um fast 9 % zurückgegangen. Das ist kein gutes Ergebnis. Im Haushaltssoll für 2004 war nur mit einem Rückgang von 2,4 % gerechnet worden. Aber alle Finanzpolitikerinnen und -politiker wissen aus Erfahrung, dass das örtliche Aufkommen in den einzelnen Bundesländern sehr schwankend sein kann und mitunter durch Einzelentwicklungen beeinflusst wird. Dazu kommt, dass Schleswig-Holstein als Nehmerland durch Zuschüsse aus dem Länderfinanzausgleich sowie durch höhere Bundesergänzungszuweisungen insgesamt mit einem Plus von 1,2 % bei den Steuereinnahmen des ersten Halbjahres doch noch akzeptabel abschließt. Das Haushaltssoll für das ganze Jahr liegt bei 1,5 %.
Mit Ausnahme der steigenden Personalausgaben hat das Land im ersten Halbjahr auch die Nettoausgaben in den Griff bekommen. Der Rückgang mit 0,7 % ist sogar höher, als im Soll geplant war. Das liegt hauptsächlich an dem hohen Rückgang der investiven Ausgaben, die mit einem Minus von circa 19 % im Ver
In der aktuellen wirtschaftlichen Situation ist dies natürlich überhaupt kein gutes Signal. Allerdings muss man auch hier sagen, dass 2004 noch nicht zu Ende ist. Der SSW erwartet daher, dass sich die Landesregierung bemüht, den angepeilten Anstieg von 10 % der Investitionen noch zu erreichen. Schließlich war gerade die Erhöhung der Investitionen zur Bekämpfung der wirtschaftlichen Notlage des Landes das wesentliche Argument dafür, dass wir letztes Jahr einer Nettoneuverschuldung über die Verfassungsgrenze hinaus zugestimmt haben, sage ich einmal für den SSW.
Der Finanzminister hat uns im Finanzausschuss erklärt, dass er für 2004 keinen Grund sieht, einen Nachtragshaushalt aufzustellen. Zwar waren auch die Steuereinnahmen für Juli mit 5 % unter dem Niveau des Vorjahres, in die einmaligen Einnahmen ist aber bereits das Geld für die LEG eingegangen und auch mit dem Geld für die Haftkapitalvergütung der HSH Nordbank wird noch in diesem Jahr gerechnet. Deshalb geht der Finanzminister weiterhin davon aus, dass die Mai-Steuerschätzung, die für SchleswigHolstein für das ganze Jahr sogar Mehreinnahmen von circa 19 Millionen € im Vergleich zur Haushaltsaufstellung 2004 voraussagt, richtig ist.
Die Ergebnisse der November-Steuerschätzung kennen wir aus guten Gründen noch nicht. Darum ist es unseriös zu fordern, dass wir bereits in der 47. Tagung einen Nachtragshaushalt vorgelegt bekommen sollen. Das soll heißen, wir vertrauen natürlich den Aussagen unseres Finanzministers und wir gehen davon aus, dass wir im Gegensatz zu 2002 und 2003 in diesem Jahr keinen Nachtragshaushalt mehr brauchen.
Ich will vorsichtshalber noch einmal daran erinnern, dass wir trotz eines Doppelhaushalts immer noch das Prinzip der Jährlichkeit des Haushalts haben. So steht es in der Landeshaushaltsordnung. Das heißt, für 2005 sieht die Situation anders aus. In der MaiSteuerschätzung wird in 2005 mit Steuermindereinnahmen für Schleswig-Holstein in Höhe von 450 Millionen € gerechnet. Das ist für ein kleines Bundesland wie Schleswig-Holstein wirklich sehr viel Geld. Darum müssen wir uns in der nächsten Legislaturperiode, nach der Wahl also, alle gemeinsam Gedanken darüber machen, wie wir mit dem Haushalt 2005 umgehen wollen. Da es wahrscheinlich im Zuge der Verhandlungen über eine Änderung des Länderfinanzausgleichs eine Neuordnung des quotalen Systems geben wird, muss es im Laufe des Haushaltsvollzuges 2005 auf jeden Fall einen Nach
tragshaushalt geben. Aber auch hier wird der SSW bei seiner bisherigen Linie bleiben. Wir können, so sagen wir, aus heutiger Sicht nicht ersehen, wo man in diesem völlig verkrusteten Haushalt - damit gemeint ist, dass wir so viele Aufgaben haben, die wir nicht wegdiskutieren, die wir nicht wegbewegen können - auf die Schnelle fast eine halbe Milliarde € wird einsparen können.
Die Landesregierung hat - das haben wir in jeder Haushaltsdebatte gesagt - in den letzten Jahren bereits einen Sparkurs gefahren, der für viele Vereine und Verbände, für viele Organisationen, die vom Landeshaushalt abhängen, an die Grenze der finanziellen Belastbarkeit gegangen ist. Weitere Einsparungen gefährden in der jetzigen Situation nicht nur den wirtschaftlichen Aufschwung, sondern auch die soziale Balance des Landes. Das gilt natürlich auch für 2005. Darüber hinaus würde sich eine verschärfte Sparrunde kontraproduktiv auf eine solide Finanzpolitik auswirken, weil dadurch die Einnahmen weiter wegbrechen würden.
Die Vorschläge, die CDU und FDP bisher zur Sanierung des Landeshaushalts vorgelegt haben, sind aus Sicht des SSW wenig überzeugend.
Dabei geht es entweder nur um Einmaleffekte wie beim Verkauf der Anteile an der HSH-Nordbank oder um völlig unseriöse Einsparvorschläge wie die angebliche Streichung von 2.000 Stellen im Landesdienst, während - auch das muss ich sagen - Herr Carstensen gleichzeitig neue Lehrerstellen und mehr Polizeibeamte für Schleswig-Holstein fordert.
Ob die Forderung nach einer Senkung der Sozialhilfekosten noch im Raum steht, vermag ich jetzt nicht zu sagen. Aber auch sie wirkte aus meiner Sicht recht abenteuerlich.
Wenn man ehrlich ist, sollte man den Wählerinnen und Wählern daher ganz klar sagen, dass es keine kurzfristigen Patentrezepte dafür gibt, wie man das finanziell schwer angeschlagene Land SchleswigHolstein sanieren kann. Aus der Sicht des SSW werden wir nur aus der Finanzmisere herauskommen, wenn es uns gelingt, die Wirtschaft anzukurbeln, die Arbeitslosigkeit massiv abzubauen, die Verwaltungsstrukturen, zum Beispiel die Gemeindegrößen, effizienter zu gestalten und die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern zugunsten der Länder zu ändern. Dafür benötigen wir einen langen Atem, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Das wird nicht einfach sein und wird letztlich nur in einer gemeinsamen Kraftanstrengung aller Parteien und aller gesellschaftlichen Gruppen in SchleswigHolstein und auch in der Bundesrepublik gelingen können. Somit ist es äußerst bedauerlich und bestimmt nicht ungefährlich für den Zustand unserer Demokratie, dass aus dieser gemeinsamen Kraftanstrengung bisher nichts geworden ist, dass jeder Anlauf im Parteiengeplänkel oder im Gestrüpp der Interessengruppen stecken geblieben ist.
Ich denke, da haben wir einen Ansatz und das muss eigentlich die Überschrift einer Forderung nach einem Nachtragshaushalt für 2005 sein.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst der Opposition für diesen Antrag meinen dreifach herzlichen Dank aussprechen: erstens, weil er mir Gelegenheit gibt, die Annahmen für 2004 noch einmal darzulegen und ihre Richtigkeit zu beweisen, zweitens, weil er mir erlaubt, die interessanten Vorstellungen der Union zur Haushalts- und Finanzpolitik mit unseren Konzepten zu vergleichen, und drittens - das ist mir fast am liebsten -, weil er schonungslos offenbart, wie es um die Zuversicht der Nord-Union bestellt ist, was den Ausgang der Landtagswahl und Ihrer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht anbetrifft.
Die „sh:z“ titelt heute: „Gute Stimmung in der Nordwirtschaft“. Man könnte das auch so sagen: FliesenHarry top, Pannen-Harry flop!
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Opposition, Sie sind immerhin konsequent und lassen sich von Fakten nicht von Ihrem Kurs abbringen. Das ehrt Sie irgendwo. Jahr für Jahr kommt von Ihnen ein Antrag zum Nachtragshaushalt. Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Zugegebenerweise ist es schon eigenartig, wenn man Ihre Klage vor dem Bundesverfassungsgericht nachliest. Als einen der
Hauptgründe, die Sie anführen, sagen Sie, Sie wollten einen weiteren Dezember-Nachtrag verhindern. Aber, sehr verehrter Herr Kayenburg, was meinen Sie denn um Himmels willen, wann der von Ihnen beantragte Nachtrag beraten würde? Sie wollen also genau das verhindern, was Sie hier fordern. Das verstehe ich nicht.
Herr Kayenburg, man könnte Ihnen immerhin ein tolles Timing zubilligen. Aber auch dieser Schuss ging knapp daneben, ist doch vor wenigen Tagen die aktuelle Abrechnung des Länderfinanzausgleichs gekommen. Gut für das Land Schleswig-Holstein, schlecht für die CDU-Opposition hier im Landtag.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das, was ich Ihnen am 19. August zum Haushaltsverlauf vorgelegt habe, bestätigt sich. Trotz Ihrer massiven Kritik sind die Fakten anders. Gegenwärtig spricht alles dafür, dass wir mit den Steuereinnahmen in diesem Jahr 1,5 % Wachstum erreichen, so wie wir das gesagt haben.
Lieber Herr Wiegard, ich habe Ihren Zahlensalat vorhin gehört. Ich verlange gar nicht, dass Sie rechnen, sondern nur, dass Sie lesen. Wenn Sie in dieser Unterlage lesen würden, Herr Wiegard, würden Sie feststellen, dass die Steigerung bei den Personalausgaben - Lehrer zum Beispiel - bei 3 % liegt, bei den Zinsen und Schulden bei minus 1,9 %. Lieber Herr Wiegard, lesen Sie das doch einmal nach! Ich kann das gar nicht begreifen! Wer hat Ihnen das nur aufgeschrieben?
Die Gewerbesteuer, die Sie zulasten der Kommunen abschaffen wollen, hat zugenommen. Auch diesbezüglich wollen Sie massive Verschlechterungen. Ich sage Ihnen im Übrigen: Wir werden die globale Minderausgabe im Einzelplan 11 natürlich einhalten und dass wir keine Baustopps verordnen, finden vielleicht sogar Sie richtig.
Die einmaligen Einnahmen aus dem Verkauf der Lotterieanteile wird der Landtag vermutlich morgen gegen Ihren Widerstand beschließen. Aller Voraussicht nach wird es in diesem Jahr auch noch eine definitive Einigung zur Haftkapitalvergütung mit entsprechenden Zahlungen an Schleswig-Holstein geben. Ich habe gestern das lange Gesicht des Herrn Vizepräsidenten gesehen, als mitgeteilt wurde, was bei der Besprechung der Finanzminister mit Herrn Monti - Staatssekretär Döring ist dabei gewesen - herausgekommen ist.
Erfahrungen mit der größten Sozialreform der letzten Jahrzehnte, also mit Hartz IV, zu reden, ist unseriös und zurzeit völlig absurd. Ich hatte Ihnen bei der Einbringung des Doppelhaushaltes die Annahmen für 2005 genannt, die man zugrunde legen muss, um dahin zu kommen. Ich finde es nett, dass Sie das noch einmal zitiert haben. Ich stehe nämlich zu jedem Wort, das ich damals formuliert habe. Dass manches nicht so kommen wird, liegt unter anderem daran, dass Sie und Ihre Parteifreunde beim Subventionsabbau im Bundesrat immer Nein sagen, wenn es konkret wird.