Protocol of the Session on June 16, 2004

Ich wehre mich nur dagegen, dass die Trägerschaft allein in einer Funktion wahrgenommen wird. Das ist

(Werner Kalinka)

der Unterschied und diese Offenheit sollten wir uns in der Diskussion nicht in Abrede stellen lassen.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich jetzt dem Herrn Abgeordneten Andreas Beran.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Natürlich geht es nicht nur darum, ob beraten wird, sondern es stellt sich auch die Frage, wer berät.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das typische Beispiel finde ich bei mir zu Hause vor. Meine Mutter versuchte intensiv, sich darüber zu informieren, was für sie am besten wäre und sie möchte unabhängige Informationen und keine Informationen von Beratungsstellen, die womöglich dazu tendieren, nur in eine Richtung zu informieren. Das ist eine ernste Angelegenheit.

Ich wünsche mir zum Beispiel, dass wir zu einem Beratungs-Guide ähnlich dem Michelin-Führer für das Gastronomiegewerbe kommen. Ein ähnliches Werk für die Pflege wäre gut, um erkennen zu können, welche Qualitätsstandards bestimmte Einrichtungen aufweisen.

(Werner Kalinka [CDU]: Das habe ich heute Vormittag doch gefordert! Zertifizierung!)

Dennoch glaube ich, dass sich die trägerunabhängigen Pflegeberatungsstellen in der Vergangenheit bewährt haben. Und sie haben sich nicht nur bewährt, weil sie zu Einsparungen in der öffentlichen Hand geführt haben, sondern auch deswegen, weil sie sehr gut beraten. Das kann man auch daran erkennen, dass die Anzahl der Beratungen zunimmt. Dieses Modell finanziert sich nicht nur selbst, sondern dient auch den Menschen, um zu erfahren, wo sie sich im Alter am besten wie zu Hause fühlen können.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass die im Lande vorhandenen Pflegeberatungsstellen mit dem Pflegenottelefon vernetzt sind. In diesem Zusammenhang fällt mir ein, dass wir in der vorigen Diskussion immer über ein Kontrollinstrument gesprochen haben. Ich glaube, dieses Pflegenottelefon ist ein sehr gutes Kontrollinstrument bei uns im Land. Lesen Sie einmal die Ihnen zugesandten Berichte dieser Institutionen! Dann werden auch Sie das relativ schnell feststellen können.

(Werner Kalinka [CDU]: Was heißt hier „auch“?)

Die Pflegeberatungsstellen nehmen eine wichtige Funktion ein, weil sie die Betroffenen dahin gehend beraten können, wie sie möglichst lange in ambulanter Pflege, also in ihrer gewohnten Umgebung bleiben können. Denn unser großes Ziel besteht nach wie vor darin, dass Menschen möglichst lange unabhängig leben können. Denn die Unterbringung in stationären Einrichtungen - das muss man auch sehen - ist einschränkend, weil bestimmte Strukturen vorhanden sind, ohne denen diese stationären Einrichtungen nicht bestehen könnten.

Die Unterstützung durch Pflegeberatungsstellen ist wichtig, um den betroffenen Menschen eine objektive Beratung zu geben und sie zu motivieren, Maßnahmen zu ergreifen, die eine möglichst lange ambulante Pflege gewährleisten.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich lege noch einmal explizit Wert darauf, dass es hier um trägerunabhängige Beratungsstellen geht.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Kollege Kalinka hat hier ausgeführt, wie er sich eine trägerunabhängige Beratung vorstellt: Sie solle in den Pflegeheimen, beim Tag der offenen Tür, beim Pflegedienst selbst und so weiter stattfinden. Meiner Meinung nach findet keine trägerunabhängige Beratung statt, wenn sie so stattfindet, wie Sie sie sich vorstellen.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben gerade für den Kreis Plön vorgestellt, wie Sie sich eine Beratung vorstellen. Das ist sehr schade. Denn Sie sollten wissen - darin wird mich Frau Kleiner unterstützen -,

(Werner Kalinka [CDU]: Das sind Baustei- ne!)

(Silke Hinrichsen)

dass gerade das schleswig-holsteinische Altenparlament sehr viel Wert darauf legt, dass eine trägerunabhängige Beratung stattfindet.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Dies gilt insbesondere wegen der Alternativen, die es möglicherweise gibt. Ich meine alternative Wohnformen, ein Neuentwickeln von anderen Wohnformen, die weder Pflegeheim noch Zuhause sind. Das wird mithilfe dieser Beratungsstellen verwirklicht beziehungsweise wird versucht, einen Anschub hierfür zu geben.

Herr Kalinka, Sie haben besonders die Beratung am Tag der offenen Tür im Pflegeheim genannt.

(Werner Kalinka [CDU]: Auch!)

Da frage ich mich wirklich, wie eine solche Beratung ein trägerunabhängiges Angebot sicherstellen soll.

(Werner Kalinka [CDU]: Warum haben Sie ein solches Misstrauen?)

- Ich habe kein Misstrauen. Ich hege im Moment Misstrauen Ihnen gegenüber.

(Zurufe der Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD] und Werner Kalinka [CDU])

Es besteht nach der Geschäftsordnung die Möglichkeit, Zwischenfragen zu stellen oder sich zu Beiträgen zu melden. Wenn einer der Kollegen davon Gebrauch machen möchte, dann nimmt das Präsidium die Meldung gern entgegen. Ein solches Hin und Her in Dialogform ist insbesondere fürs Protokoll schwierig nachvollziehbar und entspricht nicht unseren geschäftsordnungsmäßigen Gewohnheiten.

Nun darf ich für die Landesregierung Frau Ministerin Dr. Trauernicht-Jordan das Wort erteilen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte aus den Debattenbeiträgen drei Aspekte aufgreifen, um ganz klare Worte zu sprechen.

Erstens. Wegen der Bedeutung dieser Aufgabe wird sich das Land nicht aus der Finanzierung zurückziehen, Herr Kalinka.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Extra für Sie bin ich noch einmal ans Pult getreten, um Ihnen zu sagen: Wegen der Bedeutung des Auf

gabe wird sich das Land nicht aus der Finanzierung zurückziehen.

(Werner Kalinka [CDU]: Da wird sich Schleswig-Holstein aber freuen!)

Das betone ich, damit es keine Missverständnisse gibt.

Zweitens. Kreise und kreisfreie Städte entscheiden selbst über die Trägerstruktur. Eine Bedingung ist die Unabhängigkeit der Trägerstruktur. Aber wie die Trägerstruktur aussieht, können die Kreise und kreisfreien Städte selbst entscheiden.

Drittens. Frau Kolb, wir hatten lediglich über einen Zwischenbericht der Evaluation berichtet. Der eigentliche Evaluationsbericht liegt erst Ende des Jahres vor und dieser Evaluationsbericht wird die Infrastruktur bilden und hilfeplanbezogene Elemente der Beratungsstellen evaluieren. Dann können wir darüber berichten. Denn es geht in der Tat nicht nur um Kosteneinsparungen, sondern um die Verbesserung der Pflegequalität.

(Veronika Kolb [FDP]: Sehr gut!)

Zur Kontrolle! Es ist bemerkenswert: Egal, welches Thema man in der Pflege debattiert, es kommt immer wieder zu dieser Kontrolldebatte. Ich verstehe das langsam auch nicht mehr. Sie sprechen von Vertrauen und Misstrauen. Ich spreche von klaren Rollenverteilungen. Die Kommunen haben die Heimaufsicht und ich habe keinen Anlass zu der Annahme, Herr Kalinka, dass diese ihre Aufgabe nicht gut erledigen würden. Ich hege gar kein Misstrauen.

(Werner Kalinka [CDU]: Na also!)

Deswegen braucht man auch kein „Ober-Pflegecontrolling“. Sie fordern nämlich ein Ober-Pflegecontrolling im Ministerium. Darüber muss man sprechen. So langsam wächst bei mir der Eindruck, Sie wollten einen Staat, der alles beobachtet.

(Werner Kalinka [CDU]: Nein!)

Ansonsten würde sich die Frage stellen, was Ihre Ausführungen sollen.

Sie werden Kontrollsysteme brauchen, aber Sie werden mit den Kontrollsystemen nicht verhindern können, dass Probleme weiterhin bestehen. Deswegen wollen wir auch soziale Kontrolle, Eigenverantwortung und eine Kultur des Hinschauens und Mitmachens aller. Denn nur so werden wir eine gute Pflegequalität erreichen.