Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich für meine Fraktion mehrfach und immer wieder für ein Bundeszuwanderungsgesetz ausgesprochen, weil niemand in Abrede stellen kann, dass es seit Jahren überfällig ist, endlich bundeseinheitliche Regelungen zu schaffen
für eine wirtschaftlich vernünftige Zuwanderung ausländischer Fachkräfte in den deutschen Arbeitsmarkt, für den humanitär gebotenen Flüchtlingsschutz auch und insbesondere in Härtefällen und nicht zuletzt für verbindliche Integrationsmodalitäten, die nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten enthalten.
Noch in der letzten Landtagstagung habe ich hier die Hoffnung zum Ausdruck gebracht - ich zitiere mich -, „dass der gesamte, auf Bundesebene versammelte und zum Teil ideologisch verrammelte Sachverstand im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat endlich den Durchbruch schafft“. Nun scheint es doch noch zu gelingen. Den Durchbruch hat offenbar der Bundeskanzler geschafft. Wir wünschen ihm und allen anderen Beteiligten bei den abschließenden Verhandlungen viel Erfolg. Denn gerade für Schleswig-Holstein wäre das Zustandekommen des Zuwanderungsgesetzes von besonderer Bedeutung, weil dann endlich für die bei uns seit 1996 eingerichtete und vorbildlich arbeitende Härtefallkommission eine konkrete weiterführende Rechtsgrundlage vorhanden wäre, die die in der Härtefallkommission seit Jahren
Der Bericht unserer Kommission belegt, dass die Kommission trotz des vertrauensvollen Miteinanders von Flüchtlingsorganisationen, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen, Innenministerium, aber auch Ausländerbehörden wegen der fehlenden bundesrechtlichen Härtefallregelung seit ihrer Einrichtung darauf angewiesen ist, aus einem überaus restriktiven Bundesausländerrecht das Beste zu machen und trotzdem alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um in konkreten Einzelfällen für Menschen, die bereits lange hier leben und gesellschaftlich längst integriert sind, befriedigende humanitäre Bleiberechtslösungen zu finden. Leider gelang das bisher nicht immer. Der Bericht belegt es.
Ich zitiere deshalb zum Schluss die Flüchtlingsbeauftragte der Nordelbischen Kirche, Fanny Dethloff, die auch Mitglied der schleswig-holsteinischen Härtefallkommission ist, mit einigen wenigen Sätzen, denen ich mich für meine Fraktion voll inhaltlich anschließen kann. Fanny Dethloff schreibt:
„Die populistische Diskussion um die Zuwanderung - von Medien geschürt, von Politikern untermauert, von Umfrageergebnissen betoniert - besagt, dass unser Land nur verlieren kann angesichts der Fremden im Land. Dabei wird übersehen, dass alle seriösen wissenschaftlichen Aussagen belegen, dass ein Land wirtschaftlich davon profitiert, Zuwanderung zuzulassen, die Verschiedenheit von Menschen zu fördern und den Ideen von Menschen Raum zu geben. Die Enge in unseren gesetzlichen Regelwerken, die Erlahmung unserer Kreativität und der Mangel an sozialer Kompetenz in der Diskussion wird geschaffen durch ein Klima im Land, das gebetsmühlenartig wiederholt: das Boot sei voll.
Es ist an der Zeit für ein Umdenken. Ich hoffe, dass - wenn das Zuwanderungsgesetz kommt … - wir wieder die anstehenden Aufgaben bearbeiten können.“
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unsere Einschätzung zur Härtefallkommission hat sich seit ihrer Einführung im Jahr 1996 nicht geändert. Wir diskutieren über die Härtefallkommission auf der Grundlage der bestehenden gesetzlichen Regelung. Das ist ausschließlich das Ausländerrecht. Nach wie vor gilt für uns, das die Kommission politisch und rechtlich außerordentlich fragwürdig ist. Sie weisen jetzt darauf hin, dass es einen Kompromiss beim Zuwanderungsgesetz gegeben hat. Das ist sicherlich in Ordnung. Wir würden auch begrüßen - so ganz erkennbar ist es noch nicht -, wenn es für die Lösung humanitärer Probleme eine Rechtsgrundlage gibt, die verbindlich ist. Jedenfalls ist die Härtefallkommission, wie sie jetzt in Schleswig-Holstein installiert ist, keine Institution, die dazu beitragen kann, dass die problematischen Fälle tatsächlich gelöst werden können. Der Bericht beweist das ja. Ich habe ihn sehr gründlich gelesen.
Herr Minister, auch Sie wissen, dass die Arbeit der Kommission letztlich, wenn man das auf das minimiert, was für die betroffenen Personen tatsächlich dabei herausgekommen ist, höchstens dazu geführt hat, dass ganz viele ein bisschen länger hier bleiben konnten, also geduldet worden sind.
Sie haben bei den Ausländerbehörden Unsicherheit geschaffen. Sie haben durch die Härtefallkommission auch eine problematische Situation hinsichtlich eines ureigensten Rechtes, das das Parlament selber hat, geschaffen, nämlich sich mit Petitionsangelegenheiten zu befassen. Es ist völlig klar, dass es auch in einem rechtsstaatlich geordneten Verfahren immer wieder einmal zu Problemen kommen kann. Gerade, wenn es um humanitäre Probleme geht, ist es wichtig, dass das Recht eines Parlamentes bestehen bleibt, über einen Petitionsausschuss, über ein Petitionsverfahren regulierend einzugreifen. Das ist das Recht des Parlaments. Das ist nicht das Recht einer von der Regierung eingesetzten Kommission, einzugreifen. Das war von Anfang an der Fehler.
Wenn es jetzt über das Zuwanderungsgesetz zu einer rechtlichen Regelung kommt, ist das sicherlich in Ordnung. Es gibt schon einige Fälle, in denen es wichtig ist, dass wir Klarheit haben, nämlich bei extremen Härtefällen. Das war bisher ein schwebender Zustand.
Wenn das Zuwanderungsgesetz hier eine Rolle spielen soll, will ich es hier durchaus lobend erwähnen. Auch aus unserer Sicht ist gut, dass die Kosten der notwendigen Integration beim Bund angesiedelt
werden. Das ist in Ordnung so. Wir halten es auch für richtig, dass es offensichtlich verpflichtende Sprachkurse geben soll, dass es bei Sprachkursen auch die Möglichkeit der Sanktionen geben soll. Ich glaube, dass es insgesamt ein richtiger Weg ist, der als Kompromiss beschritten worden ist, dass dabei allerdings nicht unerwähnt bleiben soll, dass - das ist einem Kompromiss durchaus eigen - dort auch Aspekte eine Rolle spielen, die von Ihnen hier letztes Mal abgelehnt und als völlig absurd dargestellt worden sind. Das will ich zumindest erwähnen.
In das Gesetz wird nämlich die Regelanfrage beim Verfassungsschutz einfließen. Die leichtere Ausweisung von Hasspredigern und Schleusern wird mit reingenommen. Für die Ausweisung von Terrorverdächtigen wird der Rechtsweg vereinfacht werden. Damit soll er beschleunigt werden. Eine Abschiebung von gefährlichen Ausländern - natürlich auf der Grundlage einer von Tatsachen gestützten Gefahrenprognose - wird möglich sein. Das gehört dann auch dazu.
Wir sollten heute hier nicht nur die Dinge darstellen, die einem selber gefallen. Einen solchen geschlossenen Kompromiss, sollte man in seiner Breite darstellen. Dafür, wofür der Kollege Lehnert letztes Mal noch gescholten worden ist, klopft sich der Bundeskanzler jetzt auf die Schulter. Das soll er gern tun. Dass er die Grünen an dieser Stelle ein Stückchen zur Raison gebracht hat, war gut so.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, es wird mir niemand übel nehmen, wenn ich einige Anmerkungen zu dem am Dienstag gefundenen Kompromiss zum Zuwanderungsgesetz machen möchte, bevor ich zum Inhalt des Berichts der Härtefallkommission komme. Mit dem Zuwanderungskompromiss wurde letztlich auch eine zentrale Forderung der Härtefallkommission erfüllt. Es wird ein Zuwanderungsgesetz geben und damit erstmals die Zuwanderung in Deutschland überhaupt geregelt. Ich bedauere allerdings ausdrücklich, dass sich die Diskussion um die Zuwanderung in der letzten Phase fast nur noch um Sicherheitsfragen drehte.
Die Union hat auch im Bund eindrucksvoll das bestätigt, was sie in unserer letzten Sitzung mit Ihrem Antrag zu Zuwanderung und Integration bereits vermuten ließ. Ich meine das keinesfalls positiv. Für die CDU ist die Zuwanderung in erster Linie ein Sicherheitsproblem. Das gipfelte in der Forderung, eine Sicherungshaft für Ausländer einzuführen, ohne den Nachweis einer Straftat oder der Vorbereitung einer Straftat zu verlangen. Für meine Fraktion sind solche Vorschläge nicht nur verfassungsrechtlich fatal, sondern auch menschlich problematisch.
Ich halte fest: Die FDP-Fraktion ist mit dem gefundenen Kompromiss nicht ganz zufrieden. Bevor beschlossen werden kann, wer als Person mit Terrorismusbezug ausgewiesen werden kann, muss erst einmal feststehen, was unter Terrorismusbezug zu verstehen ist.
Positiv beurteilen wir, dass in der Bundesrepublik flächendeckend Härtefallkommissionen eingerichtet werden sollen und die Anerkennung geschlechtsspezifischer Verfolgung als Grund für Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eingeführt wird. Die letzte Hürde des Gesetzgebungsverfahrens ist aber noch nicht genommen. Es wird sich erst am konkret ausformulierten Gesetzestext zeigen, inwieweit der gestern geschlossene Kompromiss der wirkliche Durchbruch war.
Meine Damen, meine Herren, wir haben in Schleswig-Holstein bereits seit Oktober 1996 eine Härtefallkommission. Sie kann angerufen werden, wenn Ausländerinnen und Ausländer aus Schleswig-Holstein geltend machen, dass die Ausweisung für sie eine besondere Härte bedeutet. Weiterhelfen kann die Härtefallkommission zurzeit dann, wenn es im Ausweisungsverfahren noch Ermessensspielräume zur Änderung der Ausweisungsentscheidung gibt, also beispielsweise rechtskräftige Gerichtsentscheidungen oder klare Gesetzesregelungen noch nicht entgegenstehen.
Der Bericht der Kommission ist mit seinen elf Seiten zwar recht übersichtlich, er ist aber dennoch von seinem Inhalt in vieler Hinsicht weit bedeutsamer als andere, wesentlich dickere Berichte. Schließlich verbirgt sich hinter jeder Fallnummer zumindest ein Schicksal, bei Familien oft auch mehrere menschliche Schicksale. Der Bericht stellt fest, dass die Erwartungen für das Berichtsjahr 2003 bereits im Vorwege durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Zuwanderungsgesetz nicht erfüllt werden konn
ten. Aufgrund der fehlenden gesetzlichen Bestimmungen konnten vielfach Ausweisungen nicht verhindert werden, deren Verhinderung aus humanitären Gründen geboten erschien.
Hier füge ich ein: Hier konnte meistens auch der Petitionsausschuss, der als letzte Instanz damit befasst war, auch nicht mehr abhelfen, wenn Gerichtsurteile oder mehrfache Verwaltungsverfahren die Fälle schon abgeschlossen hatten. So hat es im Berichtsjahr eine erkennbare Häufung von Fällen gegeben, in denen der Aufenthalt junger ausreisepflichtiger Erwachsener beendet werden sollte, obwohl die restliche Familie Abschiebungsschutz genießt, weil für die Familie im Heimatland eine konkrete Gefahr für Leib und Leben besteht oder die Angehörigen unter dem Schutz der Konvention zum Schutz der Menschenrechte stehen. Immerhin war durch eine Initiative des Landes Schleswig-Holstein eine bis zum 30. Juni 2004 befristete Bleiberechtsregelung für junge volljährige Ausländerinnen und Ausländer erreicht worden, deren Eltern Abschiebeschutz wegen politischer Verfolgung im Heimatland genießen. Dies sehen wir wie auch die Härtefallkommission als positive Erscheinung an.
Meine Damen, meine Herren, im Berichtsjahr hat die Härtefallkommission Folgendes konkret erreicht - das ist allerdings nicht sehr überzeugend -: Von insgesamt 106 eingegangenen Eingaben gab es in vier Fällen eine Aufenthaltsgenehmigung. Das ist eine sehr geringe Quote. Schuld daran waren nicht die Mitglieder der Härtefallkommission.
Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erteile ich jetzt der Frau Abgeordneten Silke Hinrichsen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Arbeit der Härtefallkommission, um die es bei diesem Antrag zunächst ging, verdient ein großes Lob und muss weiterhin unterstützt werden, da sie dazu beiträgt, Menschen zu helfen, die in einer ausweglosen Lage sind.
Die Kommission geht ihrer schwierigen und zum Teil auch sicherlich frustrierenden Arbeit seit Oktober 1996 nach. Diese Arbeit ist anstrengend. Ich möchte
mich deshalb bei allen, die Mitglied dieser Kommission sind oder waren, an dieser Stelle für diese engagierte Arbeit bedanken.
Die im Bericht für 2003 genannten Zahlen zeigen, dass im Berichtsjahr nicht einmal ein Viertel der behandelten Fälle positiv oder eingeschränkt positiv entschieden werden konnten. Von den 16 eingeschränkt positiven Empfehlungen erhielten denn auch nur vier eine Aufenthaltsgenehmigung. Aber wenn auch nur einem Einzelnen durch diese beratende Instanz geholfen werden konnte, dann hat ihre Einrichtung nach meiner Ansicht gelohnt.
Es ist nicht so, wie Kollege Schlie sagt, dass man daran den Erfolg der Kommission misst. Die Härtefallkommission kann sich nämlich nur in den gegebenen Möglichkeiten bewegen, die es heute gibt. Ihre Funktion ist ausschließlich beratend und sie bietet den Antragstellern keinen Rechtsbehelf. Sie kann aber trotzdem helfen.