Protocol of the Session on April 30, 2004

aussterben. Und wenn sie ausgestorben sind, dann ist das ziemlich endgültig.

Einen Punkt räume ich offen und ehrlich ein, und zwar zum dritten Mal an dieser Stelle hier: Ja, die Landesregierung hat 1999 einen Fehler gemacht. Sie hat in ihrer damaligen Entscheidung ihren Ermessensspielraum falsch eingeschätzt. Dass uns dieser Fehler mit München, Wiesbaden, Düsseldorf, Potsdam und jeder anderen Stadt - nennen Sie Hamburg oder Schwerin -, mit allen anderen Landesregierungen in dieser Bundesrepublik, verbindet, macht es für uns nicht besser. Das räume ich ein.

Aber ich sage Ihnen ganz ehrlich: Ihr Drängen, diesen Fehler erneut zu wiederholen und die Entscheidung nach Kriterien zu ermessen, die nicht mit europäischem Recht einhergehen, werden wir nicht unterstützen. Wir wollen nicht in zwei oder drei Jahren erneut hier stehen und wieder die gleiche Debatte führen.

(Beifall bei der SPD - Günther Hildebrand [FDP]: Sie sowieso nicht!)

Verehrte Damen und Herren, auch Folgendes will ich für Frau Todsen-Reese ganz ausführlich beschreiben: Es besteht ein Unterschied zwischen FFH und Vogelschutz. Ich werde seit über einem Jahr nicht müde, zu betonen: Wir befinden uns beim Thema FFH im zweiten Vertragsverletzungsverfahren. Die Bundesrepublik ist am 11. September 2001 vor dem Europäischen Gerichtshof verurteilt worden und das zweite Vertragsverletzungsverfahren ist nur Dank der Bestätigung aller Bundesländer, sich an einen engen Zeitplan zu halten, aufgehalten worden. Dieses müsste Ihnen auch beschrieben worden sein. Ich reiche Ihnen gerne die Tabellen nach, auf die sich alle CDU-, SPD- und Grünen-Umweltminister geeinigt haben. Dort ist für Schleswig-Holstein klar und deutlich -

(Zuruf der Abgeordneten Herlich Marie Tod- sen-Reese [CDU])

- Sie müssen bis zum Ende lesen, Frau Todsen-Reese, und nicht nur das lesen, was Ihnen passt - der Juni 2004 als Datum für die Meldung beschrieben. Für Niedersachen, aber auch für andere Bundesländer wie Bayern oder Baden-Württemberg gelten andere Termine. Jedes Bundesland hat sich dort zu einem bestimmten Zeitplan verpflichtet und wir liegen ziemlich genau in der Mitte.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Und warum haben Sie das gemacht?)

Der nächste Punkt. Beim Thema Vogelschutz sieht das anders aus. Obwohl Sie regelmäßig versuchen,

(Minister Klaus Müller)

mir etwas Unzutreffendes in den Mund zu legen, Frau Abgeordnete, wird es dadurch nicht zutreffend. Beim Thema Vogelschutz befinden wir uns am Beginn des ersten Vertragsverletzungsverfahrens. Aber es kann nicht Aufgabe einer Landesregierung sein, erst einmal auf eine Verurteilung zuzusteuern, bevor sie handelt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das machen Sie doch regelmäßig!)

Wenn Sie das zur Maxime Ihres Handelns in anderen Politikbereichen erheben wollen, sage ich Ihnen: Gute Nacht mit diesem Rechtsstaat!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Verehrte Damen und Herren, was bedeutet NATURA 2000? - Es ist nicht die schärfste Klinge des Naturschutzes. NATURA 2000 bedeutet lediglich - ich wiederhole mich hier - das Verschlechterungsverbot. Das heißt, all das, was heutzutage legal ist - ob es landwirtschaftliche, forstwirtschaftliche, gewerbliche, touristische, küstenschützerische oder sonstige Tätigkeiten sind -, ist nach wie vor möglich. Lediglich bei darüber hinausgehenden Maßnahmen, die zu einer Verschlechterung führen, gilt es zu prüfen.

Ich sage auch hier ganz deutlich: Wir dürfen bei der Meldung nur naturschutzrechtliche Kriterien einbeziehen. Und wenn Sie mir und nicht einmal Ihrem Europaabgeordneten Böge glauben, dann glauben Sie doch zumindest dem Wissenschaftlichen Dienst des Landtags, der dieses in ausgesprochen präziser Art und Weise aufgeschrieben hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Aber: Nach einer Meldung - und das sage ich allen Lübeckern, das sage ich allen Lauenburgern und allen anderen, die betroffen sind - sieht die FFH- und Vogelschutzrichtlinie wirtschaftliche und soziale Gesichtspunkte vor, wenn es darum geht, Ausnahmen für Projekte zu erteilen, die es wert sind. Und zu diesen Projekten gehören Infrastrukturprojekte, gewerbliche Projekte und andere.

Da gibt es ein Beispiel aus Hamburg, wo diese Meldung sehr gelassen und sauber durchgezogen wurde. Ich glaube, die Hamburger können in bestimmten Fällen ein gutes Beispiel sein.

Verehrte Damen und Herren, unser Angebot an Eiderstedt ist eines des Dialoges; auch das will ich noch einmal unterstreichen. Wir haben uns das Gutachten, das die Eiderstedter vorgelegt haben, angeschaut und wir werden das sehr ernst nehmen. Ich werde auch hier nicht zu irgendwelchen endgültigen

Aussagen kommen; dies wäre verfrüht und an dieser Stelle falsch.

Ich möchte aber zu einigen Punkten, die uns im handwerklichen Bereich aufgefallen sind, zumindest vorsichtige Fragen stellen. Das Kölner Büro für Faunistik kritisiert Erfassungsmethoden auf Eiderstedt. Beim Nationalpark lobt es - aus nachvollziehbaren Gründen - diese Erfassungsmethoden -

(Holger Astrup [SPD]: Es sind die gleichen Methoden!)

- Holger, du nimmst mir die Pointe weg -, obwohl die Erfassungsmethoden in beiden Fällen die gleichen sind.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Man muss sich schon entscheiden, was man kritisiert und was man nicht kritisiert.

Ich möchte ein anderes Beispiel nennen. Wir haben wie Konrad Nabel das 1999er-Gutachten gut aufgehoben und gut gelesen. Noch 1999 kritisiert das Kölner Büro, die Teilflächen für die Trauerseeschwalbe allein reichten nicht aus. Sie seien zu klein, um einen nachvollziehbaren Schutz für die Trauerseeschwalbe zu gewährleisten. - Jetzt kritisiert das Kölner Institut in genau umgekehrter Richtung.

Auch dieses ist nicht konsistent und ich will darauf hinweisen, dass es viele Vogelarten gibt, die Hilfsmaßnahmen brauchen. Die Trauerseeschwalbe braucht die Hilfe der Landwirte und ist auf sie angewiesen. Das Gleiche gilt in anderen Zusammenhängen für den Weißstorch oder Seeadler. Dies sind keine Kriterien, die dazu führen, dass es kein Vogelschutzgebiet wäre. Ich glaube, das würde in Bezug auf den Weißstorch oder Seeadler niemand behaupten. Dies steht aber für die Trauerseeschwalbe schwarz auf weiß in dem Gutachten.

Wir wollen diese Punkte gemeinsam mit dem Kölner Institut diskutieren und erst nach dieser Diskussion, nach einem fairen naturschutzfachlichen Austausch werden wir zu einer Entscheidung kommen. So habe ich auch den Appell von Ulf von Hielmcrone verstanden. Das ist die Verantwortung, die uns obliegt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Verehrte Damen und Herren, unser Angebot an Eiderstedt geht weiter. Wir wollen darüber reden, eine Kernzone mit einem absoluten Grünlanderhalt und drum herum eine zweite Zone mit einer Grünlandbörse zu schaffen, um eine maximale Flexibilität zu erreichen.

(Minister Klaus Müller)

Lieber Lars Harms, wir sprachen immer von 77 € und wir wollen das aus den Modulationsmitteln - kofinanziert durch Umweltabgaben - nutzen. Das ist doch das Sicherste, was man unter unseren Bedingungen überhaupt anbieten kann, ohne dem Souverän zu nahe zu treten, wenn es um die Frage geht, welche Verantwortung das Parlament hat.

Last, but noch least habe ich mir einen Punkt aufgehoben, nämlich die Pressemitteilung der CDULandtagsfraktion nach ihrer Reise. Sehr geehrte Frau Todsen-Reese, Sie werfen mir in dieser Pressemitteilung eine ganze Menge an den Kopf. Sie haben einen sehr laxen Umgang mit dem Vorwurf der Lüge. Ich bitte Sie, die Umweltausschussprotokolle vom 7. Januar und 4. Februar 2004 nachzulesen. Ich zitiere Ihnen die Antwort vom 12. März 2004 - also zwei Wochen vor Ihrer Brüssel-Reise - auf eine Kleine Anfrage. Da antworte ich Ihnen:

„Die Kommission hat keine bestimmte Angrenzung eines Gebietes auf Eiderstedt gefordert. Vielmehr ergibt sich die Abgrenzung aus den naturschutzfachlichen Anforderungen der Ziele der Vogelschutz-Richtlinie.“

- Drucksache 15/3307. Zwei Wochen später werfen Sie mir vor, ich hätte das Gegenteil gesagt.

Ich persönlich habe erwartet, dass Sie hier die Größe aufgebracht hätten, dies richtig zu stellen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Hinzu kommt, dass Sie genau wissen, dass die Person der EU-Kommission, die Sie zitieren, nicht die Referatsleiterin, sondern eine Mitarbeiterin ist. Sie hat mitnichten gesagt, sie habe nicht die fachliche Kompetenz. Sie wissen genau, was sie Ihnen in ihrer EMail vom 30. März auf Ihre Pressemitteilung geantwortet hat. Lesen Sie den Brief der Kommissionsmitarbeiterin, die Sie gegen mich zitiert haben, hier bitte offen und ehrlich vor.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das wird sehr erhellend sein in Bezug auf die Art und Weise, wie Sie mich hier der Lüge strafen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Die offiziell angemeldeten Redezeiten sind jeweils erschöpft. Wir kommen nun zu Kurzbeiträgen nach § 56 Abs. 4. der Geschäftsordnung. Ich darf darauf

hinweisen, dass dem Präsidium bereits vier Meldungen vorliegen.

Zunächst hat sich Herr Abgeordneter Jürgen Feddersen gemeldet.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Landesregierung hat aus der Debatte um den Nationalpark offensichtlich nichts dazugelernt.

Minister Müller macht die gleichen Fehler wie seine Vorgänger. Schlimmer noch: Mit Unwahrheiten versucht er, die betroffen Menschen reinzulegen.

(Zurufe von der SPD: Unerhört! Wer erzählt denn hier Unwahrheiten?)

- Ich weiß, das tut weh, aber das muss gesagt werden.

„Lügen haben kurze Beine“, lautet ein Sprichwort.

(Lachen bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)