Protocol of the Session on April 29, 2004

Wenn das Gegenteil eintritt, kann das zu einer Diskreditierung führen. Das kann dazu führen, dass Pflanzenschutzmittel in Verruf gebracht werden, obwohl es gar nicht notwendig ist. Es kann dazu führen, dass weitere Zulassungen mit den entsprechend nachteiligen Auswirkungen für die gesamte Praxis infrage gestellt werden. Das heißt, es liegt im Interesse der gesamten Landwirtschaft, der Hersteller, der Pflanzenschutz- und Umweltbehörden, dass die Anwendungsbestimmungen tatsächlich eingehalten werden.

Auch vor dem Hintergrund der häufigen Kritik aus der Praxis, dass die Auflagen für Pflanzenschutzmittel eigentlich nicht einhaltbar seien, ist es für die Zulassungsbehörden wichtig, Erkenntnisse praxisgerecht und praxisnah zu bekommen, wie wirksam die Auflagen tatsächlich sind. Nur wenn wir das erfahren, können wir mögliche Schwachstellen oder Reglementierungen, die nicht notwendig sind, aufdecken und letztlich die Ausgestaltung optimieren.

Vor diesem Hintergrund halte ich das Vorhaben des Umweltbundesamtes für geeignet, einen realitätsnahen Überblick über die Anwendungspraxis der Pflanzenschutzmittel in der Landwirtschaft und im Gartenbau zu bekommen. Dank Maren Kruse haben wir sehr anschaulich beschrieben bekommen, wie ein solches Projekt tatsächlich geplant ist.

Ich unterstreiche deutlich: Bei dem Forschungsprojekt werden lediglich statistisch anonymisierte Daten erhoben und ausgewertet. Es geht nicht um personenbezogene oder betriebsbezogene Daten. Das wäre in der Tat schwierig. Dann wäre auch die viel beschworene Nähe zu manch Teilvorstellungen der FDP vielleicht gerechtfertigt. Das ist hier aber gar nicht der Fall. Insofern geht diese Kritik vollkommen fehl.

Die erwarteten Erkenntnisse werden es auch uns ermöglichen, in unserem Verantwortungsbereich und im Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln den Zielen der Landwirtschaft und der Umwelt noch besser gerecht zu werden. Das Umweltbundesamt plant, die Anwendungsbestimmungen zukünftig regional zu differenzieren, was auch klug und vernünftig ist. Auch für dieses Vorhaben sind die gewonnenen Daten von Bedeutung.

(Minister Klaus Müller)

Unabhängig davon ist die Kontrolle der pflanzenschutzrechtlichen Vorschriften und die Ahndung von Verstößen natürlich Aufgabe des Landes. Lars Harms hat zu Recht darauf hingewiesen. Maren Kruse und Detlef Matthiessen genauso. Zuständigkeiten bleiben vollständig unberührt.

An einer Stelle möchte ich Claus Ehlers ausdrücklich Recht geben. Man muss die Kirche im Dorf lassen. Das Projekt des UBA erstreckt sich voraussichtlich auf 300 Betriebe in der gesamten Bundesrepublik. Die Kontrolldichte unserer Pflanzenschutzbehörden, die der Länder, ist wesentlich höher. Eine vermeintliche Aufregung steht in keinem Verhältnis zu dem, was geplant ist.

Verehrte Damen und Herren, das Projekt des UBA ist in der Ankündigung unglücklich verlaufen. Das ist zweifelsohne richtig. Dass der wissenschaftliche Begriff der verdeckten Feldbeobachtung missverständlich ist und zu Analogien zu CIA, FBI, Ausspionieren und Ähnlichem verleitet, ist leider richtig. Die Kommunikation ist hier nicht optimal gelaufen. Ich glaube, dass das dem Präsidenten Troge, der allgemein bekannt ist, mit am meisten von allen Beteiligten Leid tut. Inzwischen sind Versäumnisse eingeräumt worden. Die Behörde hat Klarstellungen vorgenommen, die dem Thema die vermeintliche Brisanz genommen hat. Es wird jetzt vertrauensbildende Maßnahmen geben. Wenn ich das richtig gesehen habe, hat der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Herr Sonnleitner, die Bereitschaft erklärt, in einem Beirat mitzuwirken.

Vor dem geschilderten Hintergrund und in Anbetracht des zwischenzeitlich geklärten Sachverhaltes ist die Zielrichtung des Antrags der FDP, das Projekt des UBA zur Feldbeobachtung zu diskreditieren, verfehlt und überholt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen sehe ich nicht. Ich schließe die Beratung.

Ich gehe davon aus, dass beantragt ist, den Antrag an den zuständigen Fachausschuss zu überweisen, oder soll in der Sache abgestimmt werden?

(Günther Hildebrand [FDP]: Von uns ist die- ser Antrag nicht gestellt worden, aber von der SPD! - Weitere Zurufe)

- Es ist Ausschussüberweisung an den zuständigen Agrarausschuss beantragt worden.

(Zurufe: Zur abschließenden Beratung! - Claus Ehlers [CDU]: Es ist Abstimmung in der Sache beantragt, aber wir sind damit ein- verstanden, wenn wir den Antrag an den Ausschuss überweisen!)

Wir haben jetzt Folgendes: Es gibt den Antrag auf Ausschussüberweisung. Nun kam eben die Anregung, den Antrag zur abschließenden Beratung an den Ausschuss zu überweisen.

(Zurufe)

- Gut, zur abschließenden Beratung an den zuständigen Agrarausschuss überweisen! Wer die Drucksache 15/3366, den Antrag der Fraktion der FDP, verdeckte Feldbeobachtung in der Landwirtschaft, an den Agrarausschuss überweisen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Damit ist das einstimmig so beschlossen.

(Konrad Nabel [SPD]: Verdeckte Aus- schussüberweisung!)

Der Tagesordnungspunkt 22 hat damit seine Erledigung gefunden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 29 auf:

Neue Partner und Nachbarn willkommen

Antrag der Fraktionen von SPD, CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Abgeordneten des SSW Drucksache 15/3414

Ich weise hierzu zunächst darauf hin, dass der Antrag Drucksache 15/3381 von den Antragstellern zurückgezogen wird. Ich frage: Ist das der Fall?

(Ulrike Rodust [SPD]: Der Antrag, den alle unterschrieben haben, gilt!)

Beratungsgrundlage ist also der Antrag Drucksache 15/3414, der von SPD, CDU, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW unterschrieben worden ist. Zurückgezogen ist der Antrag Drucksache 15/3381.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ersetzt!)

- Dieser Antrag ist nicht mehr Beratungsgrundlage, ist also in dem neuen Antrag aufgegangen. Damit steht nur ein Antrag zur Debatte.

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Bevor wir in die Aussprache einsteigen, begrüße ich neue Gäste auf der Tribüne, und zwar die Frauen des

(Vizepräsident Thomas Stritzl)

Landfrauenvereins aus Hohenlockstedt. - Herzlich willkommen im Schleswig-Holsteinischen Landtag!

(Beifall)

Wir treten in die Aussprache zum Antrag Drucksache 15/3414 ein. Das Wort für die Fraktion der SPD erteile ich zunächst der Frau Abgeordneten Rodust.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der 1. Mai 2004 wird ein Meilenstein in der Geschichte der Europäischen Union und in der Geschichte Europas. Zehn Staaten werden mit ihren Menschen und ihren Problemen zu uns kommen. Aus Partnern werden Nachbarn in der europäischen Familie. Unsere gemeinsame Resolution soll daher in zwei Richtungen wirken. Zum einen an die Adresse der Beitrittsländer. Da sagen wir: „Seid uns willkommen!“ Zum anderen an die Menschen in Schleswig-Holstein mit der Mitteilung: „Habt keine Angst!“

Viele Menschen bewegen Fragen, die sich aus dieser Erweiterung durch die mittelosteuropäischen und südosteuropäischen Staaten ergeben. Wichtig für uns ist: Welche Chancen ergeben sich für Deutschland, für Schleswig-Holstein, für jeden Einzelnen?

Dazu der frühere dänische Ministerpräsident Poul Nyrup Rasmussen:

„Europa ist nicht ein Teil des Problems oder das Problem selbst, es ist ein Teil der Lösung. Denn Europa ist mein Partner und nicht irgendein bürokratisches System.“

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Europa ist die Antwort auf viele Fragen, auch eine Antwort auf die Probleme, die sich aus der Globalisierung ergeben. Die Europäische Union ist sehr viel mehr als eine Wirtschafts- und Finanzunion. Allein die Perspektive auf eine europäische Mitgliedschaft brachte den neuen Nachbarn und Partnern bereits mehr Sicherheit in Hinsicht auf Stabilität, demokratische Entwicklung und friedliche Kooperation. Das bedeutet für die Zukunft keine Grenzschwierigkeiten mehr und mehr Möglichkeiten für die Lösung von Minderheitenkonflikten.

Eine zentrale Forderung in Europa ist und bleibt die Weiterführung und Durchsetzung des LissabonProzesses, der die Beschäftigungssituation in den Ländern der Europäischen Union aktiv verbessern soll - allerdings unter den Bedingungen, ein „soziales Europa“ zu schaffen. Aus diesem Grund war die Politik des Landtages und der Landesregierung bezogen

auf die Ostseekooperation richtig und bleibt zukunftweisend.

Wir in Schleswig-Holstein legen unser besonderes Augenmerk auf die neuen Mitglieder an der Ostsee. Diese europäischen Staaten bilden gemeinsam mit den russischen Ostseeregionen einen neuen Schwerpunkt in Europa. Die frühere Sowjetunion forderte als Schlagwort: „Die Ostsee soll ein Meer des Friedens werden“. - Nun, die UdSSR gibt es nicht mehr. Aber das Ziel ist erreicht. Das bedeutet aber auch eine Verpflichtung, die russischen Ostseeregionen und die Oblast Kaliningrad nicht von der Entwicklung abzukoppeln,

(Rolf Fischer [SPD]: Sehr gut!)

damit der Friede auf Dauer erhalten bleibt.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Daher nehmen wir die Forderung an die Bundesregierung und die Europäische Kommission sowie an die jeweilige Ratspräsidentschaft sehr ernst, die Kooperation mit Russland weiter zu intensivieren.

Grenzüberschreitende Zusammenarbeit, wie sie heute schon an der Westgrenze Deutschlands selbstverständlich ist, wird im Ostseeraum zu einer tragenden Säule werden. Die Kooperation mit den Regionen wird weiter eine besondere Bedeutung haben, da die Schwerpunkte einer gesamteuropäischen Politik künftig in der Politik für die Regionen liegen werden. Heißen wir die Menschen und Länder in der Europäischen Union herzlich willkommen. Für uns ist es eine große Chance.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW sowie der Abgeordneten Jut- ta Scheicht [CDU])

Für die Fraktion der CDU erteile ich jetzt Herrn Abgeordneten Manfred Ritzek das Wort.