Aber ich möchte davor warnen, aus populistischen Erwägungen heraus schnell rechtsstaatliche Sicherungen abzubauen.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Geißler.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dass es Streit zwischen dem Innenminister und den Koalitionsfraktionen gibt, war bisher schon hinlänglich deutlich geworden. Dass es auch Streit innerhalb der Landesregierung gibt, das klarzustellen, dazu hat diese Debatte jedenfalls beigetragen. Denn das, was Sie, Frau Ministerin, eben ausgeführt haben, ist von der Zielrichtung her so ziemlich das Gegenteil dessen, was Herr Innenminister Buß uns im Ausschuss mitgeteilt hat.
Ich frage mich zum Ersten: Wer ist eigentlich zuständig innerhalb der Landesregierung? Zum Zweiten frage ich mich: Was ist eigentlich die Haltung der Landesregierung? Einer redet so und die andere redet so. Meine Damen und Herren, was sollen wir denn damit anfangen?
Nun zur Kritik der SPD-Fraktion. Herr Kollege Puls, das ist ja schon Dialektik. Einerseits kommen wir zu spät, andererseits kommen wir zu früh. Was gilt denn nun in diesem Fall? Daraus könnte man doch den Schluss ziehen: Wir kommen gerade richtig. Dann sagen Sie auch noch: inhaltlich zu kurz. Mehr als einmal haben wir das Angebot an Sie gerichtet, über den Antrag zu sprechen und ihn möglicherweise zu erweitern. Es gibt ja weiter gehende Vorschläge aus Ihrer Richtung. Das haben Sie abgelehnt, meine Damen und Herren. Dann können Sie uns doch nicht sagen, wir würden zu kurz springen. Wenn Sie weiter springen wollen, springen Sie weiter; dann springen wir mit!
Was ist hier wieder alles an Beschwörungsformeln zu Protokoll gegeben worden, meine Damen und Herren. Da ist dick aufgetragen worden, auch von Ihrer Seite, Herr Kollege Dr. Garg. Dass sich ein Grundrechtseingriff nicht allein an Zweckmäßigkeits- und Nützlichkeitserwägungen messen lassen muss, das wissen wir auch.
Das haben wir im Studium gelernt. Und dass der Verzicht auf die Gefährlichkeitsprognose nicht bedeutet, dass die Verhältnismäßigkeitsüberprüfung unterbleibt, das wissen wir auch.
Geeignetheit, Erforderlichkeit, Verhältnismäßigkeit - wie sieht es damit aus? Geeignetheit kann niemand infrage stellen. Erforderlichkeit: Ich weiß nicht, was Sie alles gelesen haben, aber die Studie vom Mai 2001 zur kriminellen Karriere von Sexualstraftätern haben Sie nicht gelesen. 80 % der wegen Exhibitionismus verurteilten Personen wurden innerhalb von zehn Jahren erneut wegen einer Straftat verurteilt. 56 % der Exhibitionisten begehen in diesem Zeitraum erneut ein nachgewiesenes Sexualdelikt. Das sollte Ihnen wirklich zu denken geben, meine sehr verehrten Damen und Herren von den übrigen Fraktionen des Hauses.
Nun zur Verhältnismäßigkeit! Die Abgabe einer Speichelprobe ist in der Tat ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, aber ein geringerer Eingriff als die Entnahme einer Blutprobe.
- Doch, darum geht es im Detail. Nicht mit solchen Beschwörungsformeln, sondern wir machen es im Detail, Herr Kollege Dr. Garg.
Speicherung und Auswertung: Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung, gleiche Qualität wie beim daktyloskopischen Fingerabdruck. Lesen Sie nach, was das Bundesverfassungsgericht zum daktyloskopischen Fingerabdruck sagt!
Meine Damen und Herren, wer sagt, der mögliche Missbrauch müsse uns daran hindern, der muss auch die Blutproben bei Alkoholfahrten verbieten; denn da besteht ein ganz erhebliches Missbrauchsrisiko, Herr Dr. Garg.
Dann sagen Sie auch noch Vorratsdatenspeicherung. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Entscheidung kennen wir auch. Vorratsdatenspeicherung heißt, der Staat sammelt irgendwelche Daten, ohne vorher eine Zweckbindung zu deklarieren. Das ist das Gegenteil dessen, was wir wollen. Die Zweckbindung wird im Gesetz genau definiert. Dabei soll es bleiben.
Also, meine Damen und Herren, Ihre Argumente gehen alle fehl. Sie arbeiten mit Beschwörungsformeln statt mit sachlichen Argumenten. Es ist leider nicht möglich, diesen Antrag noch einmal im Ausschuss zu beraten. Aber ich bin trotzdem optimistisch. Die Beratungen auf Bundesebene werden weitergehen. Ich bin sicher, im Ergebnis werden wir Erfolg haben. Ob Sie heute mitstimmen oder nicht, darauf wird es nicht ankommen.
Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 58 Abs. 2 der Geschäftsordnung erteile ich der Frau Abgeordneten Franzen.
Aber das ist heute nicht Ihr Tag. Erlauben Sie mir, dass ich einmal den Finger in die Wunde lege: CDU, FDP und Rechtsstaatlichkeit, das ist ein ständiges Schauspiel im Innen- und Rechtsausschuss. Das darf ich sagen, weil wir Gott sei Dank öffentlich tagen. Aber meistens ist niemand da, der sich dafür interessiert. Das ist so.
Da erleben wir immer wieder, wie Sie sich auseinander dividieren, bis in die Abstimmungen hinein. Dafür könnte man viele Beispiele bringen. Wir hatten ja letztes Mal den europäischen Haftbefehl. Da hatten wir die Debatte zwischen Herrn Geißler und Herrn Kubicki. Ich weiß nicht, ob Sie sich nicht mal treffen. Da könnten Sie es auch machen. Im Parlament ist es herrlich.
Deshalb will ich Ihnen noch einmal ganz klar sagen, dass Sie sich eine Debatte über einen der wichtigsten Punkte leisten, nämlich über einen der Punkte, in dem
Ich zitiere den letzten Satz von Herrn Garg. Er ist hier vom Pult weggegangen und hat gesagt, dass die FDP keinen Ordnungs- und Überwachungsstaat haben will, sondern einen Rechtsstaat. Recht hat der Mann! Das hat er aber zu Ihnen, zur CDU, gesagt, nicht zum gesamten Parlament. Das war schon ein erstaunlicher Schlusssatz; das will ich hier noch einmal sehr deutlich sagen.
Ich will zur Sache kommen. Ich möchte beiden Ministern, die Arbeitsgruppen eingerichtet haben, etwas mitgeben; das haben wir beim ersten Tagesordnungspunkt auch getan. Das sind die Gesichtspunkte des Datenschutzes. Wir haben uns in unserer internen Beratung mit dem Datenschutzbeauftragten, Herrn Bäumler, der hier ja viel gelobt wird, auseinander gesetzt. Ich will Ihnen zwei, drei Argumente für die Beratung mitgeben; denn wir sind da ja federführend.
Es gibt kein Tabu für eine Erweiterung, für weitere Felder, nicht einmal für die Einschränkung des Richtervorbehalts bei den Tatortuntersuchungen. Das finde ich sehr wichtig. Es gibt ja den Verzicht auf die Bereitschaft der Richter; das halte ich für schwierig. Allerdings werden wir bei langfristiger Aufbewahrung sehr vorsichtig sein müssen und auch bei Rückfallbeurteilungen werden wir den Richtervorbehalt brauchen.
Herr Bäumler hat deutlich gesagt - das war auch meine Rede in der Debatte -: Vorsicht vor der Umkehr der Beweislast. Bis jetzt gibt es eine Unschuldsvermutung. Meine Damen und Herren, darauf können wir sehr stolz sein. Wenn wir jetzt der DNA so großen Raum geben wollen, wie Sie es hier debattieren, dann muss man aufpassen, dass diejenigen, die Spuren hinterlassen, nicht diejenigen sind, die sagen müssen, wo sie wann und wie gewesen sind. Wir alle hinterlassen ständig irgendwelche Spuren. Das ist völlig normal. Sie brauchen nur an unsere Haarpracht zu denken. Jeder Ort kann auch ein Tatort werden. Ich denke, dass wir aufpassen müssen und dass wir das mitgeben müssen.
Abschließend will ich mich genauso wie meine Vorredner für den Besuch beim LKA bedanken. Dort haben wir eine Menge dazugelernt. Da hat es aber keinerlei Forderungen gegeben, auf die Sie sich stützen könnten, es so oder so zu machen. Es hat Beamte
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Liebe Frau Kollegin Franzen, ich habe den ersten Teil Ihres Beitrages nicht so ganz verstanden. Deswegen habe ich mich noch einmal zu Wort gemeldet.
Ich finde es überhaupt nicht schlimm, ich finde es ganz natürlich, dass ich mich als Mitglied einer Partei wie der FDP nicht als Huckepäckchen der Union verstehe - das mögen Teile unserer Bundespartei anders sehen -, dass ich eine andere Auffassung zu diesem Punkt habe und sie auch artikuliere. Es ist ja für alle hier kein Geheimnis, dass an sich der Kollege Kubicki für dieses Thema zuständig ist. Ich hatte aber das Vergnügen, den Kollegen Kubicki auch in der Innen- und Rechtsausschusssitzung zu vertreten. Insofern habe ich noch sehr wohl im Ohr, was der Innenminister damals vorgetragen hat. Sie werden gesehen haben, dass ich die ganze Zeit aufmerksam zugehört habe, was die Frau Justizministerin vorgetragen hat. Ich kann nur feststellen, dass die Differenz zwischen dem Innenminister und der Justizministerin mindestens so groß ist wie die zwischen CDU und FDP.
Vielleicht haben Sie das nicht als Kritik gemeint. Aber ich habe nicht verstanden, warum Sie mich da frontal angehen. Ich werde meine Meinung in diesem Parlament weiterhin äußern, egal, ob sie der Union oder Ihnen gefällt. Ich denke, wir sind dazu da, unterschiedliche Meinungen auszutragen.
Zum Abschluss sage ich Folgendes. Ich weiß noch, wie ich damals den frisch gebackenen Justizminister von der FDP, nämlich Professor Schmidt-Jortzig aus Kiel, als kleiner Parteigänger massiv wegen seiner Entscheidung zum großen Lauschangriff angegriffen habe. Ich werde das auch mit jedem anderen tun, egal, in welcher Partei er ist. Ich werde das hier tun und ich werde das nach wie vor tun. Deswegen habe ich unendlich großen Respekt vor Leuten wie Frau Leuthäuser-Schnarrenberger. Dagegen ist mein Respekt