Ich sage dies, weil sich manche Aktivitäten gerade mit Kaliningrad so schwer durchhalten lassen und zum Teil auch wieder versandet sind. Allerdings konzentrieren sich unsere Aktivitäten stark auf dieses Gebiet und es konnten immer wieder hoffnungsvolle Akzente für eine Zusammenarbeit herausgearbeitet werden.
Bei einer abschließenden Betrachtung gerade zu dem letztgenannten Thema können wir erfreut zur Kenntnis nehmen, dass an der Universität in Kaliningrad, der alten Königsberger Albertina, in diesen Tagen eine Euro-Fakultät ins Leben gerufen wurde. In einem Gespräch berichtete Herr Kindsmüller darüber. 500 erwartungsvolle Personen nahmen an dieser Veranstaltung teil, Menschen mit einem großen Multiplikationsfaktor in dieser Region. Nutzen wir diese Chance.
Der Appell der F.D.P.-Landtagsfraktion: Unser Land Schleswig-Holstein kann sehr viel in der Ostseeregion leisten, nicht nur als Wirtschaftsstandort, als Verkehrsdrehscheibe, als Ziel- und Durchgangsland und als Logistikzentrum, sondern auch als Wissenschaftsstandort, als Verbindungspunkt für die Hochschulstandorte im Ostseeraum. Die F.D.P. erwartet von der Landesregierung, dass es vorangeht mit den Verkehrsverbindungen in Schleswig-Holstein und
Herr Landtagspräsident Heinz-Werner Arens, ich habe Sie nicht nur bei der Ostseeparlamentarierkonferenz in Malmö, sondern auch bei verschiedenen Veranstaltungen des Landtages und seiner Ausschüsse als unermüdlichen Fürsprecher und Moderator für diese Ziele erlebt.
Über die Partei- und Fraktionsgrenzen hinweg haben Sie geschickt und unverdrossen auch in schwierigen Situationen die Menschen und Akteure zusammengeführten und selbst bei komplizierten Lagen ein Vorankommen erreicht. Herr Landtagspräsident, Respekt!
Die F.D.P.-Fraktion dieses Hauses - das gilt auch für meine Person - wird Sie und die weiteren Aktivitäten auf dem geschilderten Wege gern konstruktiv begleiten.
Herr Kayenburg, eine kurze Anmerkung zu Ihren Ausführungen zu diesem Thema in Ihrer Haushaltsrede. Die vielfältigen Aktivitäten der Ostseekooperation in die Nähe einer Luftnummer zu rücken, wird den Erfolgen, die erzielt wurden, nicht gerecht.
Die Türen zu den Ostseeanrainerstaaten werden ganz sicher auch durch die Aktivitäten des Landtages und auch der Landesregierung weit geöffnet. Mittel wurden nur in geringem Maße eingesetzt. Das ist zu bedauern, aber wegen der bekannten Haushaltsfakten nicht grundlegend zu ändern. Mit Ihnen, Herr Kayenburg, ist die SPD-Fraktion aber der Meinung, dass im Lande mehr getan werden muss, um unsere Position als Standort im Ostseebereich deutlich zu verbessern.
Einem weiteren Bereich muss das Land größere Aufmerksamkeit schenken. Das ist die Sicherheit des Schiffsverkehrs. Dieser ist Grundlage für den Handel und für den Tourismus, stellt aber im Falle von Havarien eine große Gefahr für die Umwelt im Ostseeraum dar. Wir fordern das Land auf, mit unseren Nachbarn schnell diesbezügliche Vorsorge zu treffen, wie dies im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung mit der Ostsee-Task-Force schon erfolgreich der Fall ist.
Die Erweiterung der Europäischen Union wird uns im Ostseeraum noch stark beschäftigen. Hierbei wird es noch großer Anstrengungen bedürfen, die wirtschaftlichen Standards der Beitrittswilligen an die EU-Norm anzupassen. Ich denke, dies wird aber lösbar sein. Wie
wir allerdings die Problematik der entstehenden Enklave Kaliningrad zufriedenstellend lösen, wage ich nicht vorauszusagen. Hierzu aber dennoch ein persönlicher und unkonventioneller Vorschlag. Vielleicht sollte sich unser Bundeskanzler bei einem weiteren Moskaubesuch etwas mehr Zeit nehmen und einen gemeinsamen Saunabesuch mit Staatschef Putin einplanen. Es gibt Beispiele dafür, dass ein Männergespräch in der Sauna viele Dinge voranbringen kann. Frau Simonis, vielleicht reichen Sie diesen Vorschlag einmal nach Berlin weiter.
Ich denke, hinsichtlich der Ostseekooperation gibt es eine größere Übereinstimmung in diesem Hause, als im ersten Moment erkennbar ist. Nutzen wir diese Übereinstimmung und bringen wir die Dinge voran.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Am Anfang meiner Ausführungen möchte ich Herrn Präsidenten Arens ebenfalls sehr herzlich für seine Vertretung Schleswig-Holsteins, unseres Landes, in der Ostseeparlamentarierkonferenz danken. Das, was er im Standing Committee geleistet und wie er unser Land repräsentiert hat, verdient unser aller Dank und unsere Akzeptanz.
Ich möchte einen Gedanken, den er bereits geäußert hat, noch einmal aufgreifen, weil er auch mir sehr an Herzen liegt. In der Presse wird manchmal aus meiner Sicht sehr kleinkariert Kritik an den Ergebnissen solcher Konferenzen beziehungsweise an dem Stattfinden solcher Konferenzen geäußert.
Wenn gerade wir als Schleswig-Holsteiner uns einmal überlegen, welche Bedeutung die kulturelle Identität im Ostseeraum hat und wie wichtig es ist, diese Kultur zu pflegen, weil es den Menschen dadurch ermöglicht wird, eine gemeinsame Identität zu finden, sich damit zu identifizieren, dann wird deutlich, dass wir auf politischer Ebene genau das Gleiche brauchen: eine politische Kultur, die von Kontakten, von Gesprächen miteinander und auch vom gemeinsamen Essen der Politiker geprägt ist. In der Presse wird das häufig
so dargestellt, dass hierdurch Steuergelder verschwendet werden. Wenn aber Wirtschaftsbosse miteinander reden, wird die Aura der großen Entscheidungen darüber gebreitet. Wir brauchen als Politiker diese Kultur der Kooperation, diese politische Kultur. Insoweit würde ich mir in der Außenvertretung mehr Rückgrat wünschen.
Wir werden diese politische Kultur und diese europäische Identität in Zukunft in sehr viel stärkerem Maße brauchen, denn die Herausforderungen, die mit der Osterweiterung vor uns liegen, sind gewaltig. Da darf man sich nicht täuschen. Das ist die größte Herausforderung seit Bestehen der Europäischen Union, die vor uns liegt.
Es geht nicht nur um die Osterweiterung, um die Addition einiger Länder - immerhin eine Verdoppelung, fast eine halbe Milliarde Menschen kommen dazu -, es geht auch darum, den Erweiterungsprozess mit einer inneren Strukturreform der Europäischen Gemeinschaft zu verknüpfen. Auch das ist notwendig, denn die Strukturen, die wir im Moment haben in der Kommission, im Parlament, in der Kooperation der Regierungen, können so nicht weitergehen. Sie können auch mit den jetzigen Mitgliedern in Zukunft nicht so weitergehen. Wenn wir allein daran denken, wie die Frage der Präsidentschaft bei fast 30 Mitgliedsländern geregelt werden soll - das ist überhaupt nicht mehr vorstellbar. Das ist die große Herausforderung, vor der wir stehen.
Das werden wir mit dem Geist von kleinkariertem Lobbyismus, wie er sich aktuell in der Debatte um europäische Energiepreise zeigt, nicht leisten können. Wenn sich einzelne Länder auf ihre kleinen Lobbygruppen beziehen,
werden wir den Prozess der europäischen Integration, der Osterweiterung und der Strukturreform nicht sinnvoll nach vorn bringen können. Wir brauchen den Geist der Europäer der ersten Stunde in sehr viel stärkerem Maße. Jean Monnet, Robert Schumann - das sind Persönlichkeiten, deren politisches Wirken wir heute wieder brauchen. Ich hoffe, dass sich die Politiker, die die Aufgaben auf europäischer Ebene in Angriff nehmen, von diesem Geist der ersten Stunde der Europäischen Union leiten lassen.
Es ist sehr viel über die Zukunftstechnologien gesprochen worden, über die Modernisierungsstrategien für den Ostseeraum als wichtiger Teil einer Kooperation. Ich stimme dem zu.
Wenn wir allerdings wie Jean Monnet und Robert Schumann mit visionärer Kraft Pragmatismus verbinden, muss man sehen, dass sich die Frage der europäischen Integration sehr viel stärker an Fragen der Landwirtschaft entscheiden wird als an Fragen des Internet. Wenn man sich anguckt, welche gravierenden Probleme wir mit der Integration der polnischen Landwirtschaft in den europäischen Verbund vor uns haben, in der heute noch fast 20 % der Polen beschäftigt sind, oder der Stahl- und Eisenindustrie, die noch genau so große Potentiale der polnischen Bevölkerung bindet, welche Umbrüche dort erforderlich sind, und gleichzeitig sieht, dass große Teile der polnischen Landwirtschaft von Dänen, Holländern und Deutschen über Pachtverträge, über Strohmänner aufgekauft werden, dann hat das zwar einerseits große Vorteile, weil dadurch eine moderne Infrastruktur in die Region hineinkommt - meiner Meinung nach der einzige Weg einer Modernisierung -, andererseits muss man aber die sozialen Folgen im Kopf haben, die diese Entwicklung für ein Land hat, das in der technologischen Entwicklung Jahrzehnte zurück ist.
Deshalb bin ich ausgesprochen skeptisch, dass es reicht zu sagen: Die Zuschüsse für die polnische Landwirtschaft werden bis 2006 ausgesetzt. Ich glaube, dass wir sehr viel früher Programme brauchen, die die Integration der osteuropäischen Länder gerade im landwirtschaftlichen Bereich möglich machen. Sonst werden wir in diesen Ländern soziale Friktionen erleben, die den Integrationsprozess massiv behindern.
Es ist schon von einer Reihe von Vorrednerinnen und Vorrednern gesagt worden, dass die europäische Integration keine neuen Trennlinien aufbauen darf. Die Osterweiterung darf nicht dazu führen, dass wir plötzlich die Grenze zur Russischen Förderation als neue Trennlinie in Europa haben.
Es muss das Bewusstsein dafür vorhanden sein, dass wir den Integrationsprozess nur in Partnerschaft mit der Russischen Föderation leisten können, dass wir sehr sensibel - die Ostseeparlamentarierkonferenz hat Hinweise dafür gegeben - damit umgehen müssen, dass wir die großen Probleme Russlands nicht hämisch belächeln, sondern die Probleme Russlands auch als unsere Probleme begreifen und der Russischen Föderation dabei helfen, ihre Probleme zu überwinden, und sie nicht allein lassen. Deshalb ist die Partnerschaft
(Beifall der Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Joachim Behm [F.D.P.])
Ich habe mich - auch das noch zum Thema „kleinkariert“ - über die bodenlose Unverschämtheit in der Presse geärgert, die von einzelnen Journalisten rübergekommen ist - ich weiß nicht, ob Politiker daran beteiligt waren -, die kritisiert haben, dass Schröder nur für wenige Stunden nach der Jugoslawienwahl nach Moskau gereist ist, um mit Putin zu sprechen. Ich fand das eine hervorragende Geste - egal, ob er noch einmal mit ihm in die Sauna geht oder nicht.
Dass man Russland in diesem Prozess ernst nimmt, nach Russland fährt und sich mit Putin über diese Sache bespricht, ist die Botschaft, die wir brauchen, um Russland ernst zu nehmen, um Russland in die europäische Politik zu integrieren, und so muss es weitergehen.
Unsere Rolle in Schleswig-Holstein ist in diesem Hause unstrittig definiert worden. Wir haben vieles geleistet. Dafür ist der Landesregierung zu danken, dafür ist aber auch allen Politikern zu danken, die sich dafür eingesetzt haben, und insbesondere den vielen Ehrenamtlichen und den in den NGOs organisierten Leuten, die im karitativen Bereich, im Umweltbereich, im Menschenrechtsbereich und in vielen anderen Bereichen Kontakte geknüpft und dadurch den Integrationsprozess im Grunde erst möglich gemacht haben. Schleswig-Holstein ist lange Motor gewesen. Wir müssen diese Rolle weiter ausbauen.
Wir haben in unserem Lande selber noch einmal eine Chance durch die vielen Strukturfondsmittel, die uns durch die Umstrukturierung zugeflossen sind. Dies wird - das wissen alle - die letzte Chance sein, Mittel in dieser Größenordnung hier im Lande für die Wettbewerbsfähigkeit, für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes einzusetzen. Ich appelliere an alle, die hier Verantwortung tragen, diese Gelder nicht dafür zu verwenden, im ländlichen Raum noch einmal die Bürgersteige zu marmorieren, sondern diese Gelder einzusetzen, um die Infrastruktur, um den ländlichen Raum in Europa lebens- und zukunftsfähig zu machen. Denn natürlich besteht die Tendenz, auf Metropolregionen zu gucken und die Vernetzung von Metropolregionen als Rückgrat einer europäischen Erweiterung darzustellen. Aber wenn es nicht gelingt, den ländlichen
Raum und seine Menschen mitzunehmen, wird es immer eine Schieflage in der Akzeptanz Europas geben. Deshalb sollten wir „ziel“, „ZAL“ und solche Programme als letzte Chance nutzen, die Wettbewerbsund Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raumes tatsächlich ernsthaft voranzutreiben, und mit diesem Geld keine leichtfertigen Wahlgeschenke zu realisieren.