Protocol of the Session on February 20, 2004

Bericht der Landesregierung Drucksache 15/3210

Ich erteile dem Herrn Minister für Umwelt, Naturschutz und Landwirtschaft, Herrn Minister Müller, das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Damen und Herren! Die Landesregierung hat Ihnen den Sechsten Forstbericht für die Jahre 1998 bis 2002 vorgelegt. Sie kommt damit nicht nur einem gesetzlichen Auftrag nach, sondern sie unterstreicht damit auch den unverändert hohen Stellenwert des forstlichen Sektors als Wirtschaftsfaktor für den ländlichen Raum und dessen großen Wert als Lieferant für Naturschutzleistungen sowie als Mosaikstein unseres Programms „Bildung für nachhaltige Entwicklung“.

(Zuruf von der CDU: Schularbeiten ma- chen!)

Ein Berichtszeitraum von vier Jahren liegt hinter uns. Dieser war erstens durch die Verschlechterung der Ertragslage vieler Forstbetriebe insbesondere im kleinstrukturierten Privat- und Körperschaftswald, zweitens durch das unverändert hohe Niveau der Gefährdung des Waldes durch entsprechende Belastungen - insbesondere durch Luftschadstoffe, Sturmschäden und Wildverbiss - der Forstbetriebe und drittens durch die zunehmende Bedeutung der immateriellen Leistungen des Waldes als Erholungsort, Schutzgebiet für die Tier- und Pflanzenwelt und - bezogen auf ökologische Zusammenhänge - Lernort für Jung und Alt gekennzeichnet.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Landesregierung hat hier einen klaren forstpolitischen Kurs eingeschlagen. Wir haben die Aufgabentrennung zwischen der Betreuung des Privatwaldes durch die Landwirtschaftskammer einerseits und die

Bewirtschaftung des Staatswaldes durch die Forstbehörden andererseits beibehalten. Dieses System hat in unserem Land eine lange Tradition und es hat sich bewährt.

Wir sind nicht den Strömungen und Versuchungen erlegen, die den Staatswald durch den schnellen Euro wegprivatisieren wollten.

(Vereinzelter Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Landesforstverwaltung hat sich bei - ich gebe zu - erheblichem Personalabbau überwiegend aus sich selbst heraus modernisiert und gestrafft. Sie ist weiterhin dabei, sich zukunftsfähig aufzustellen und selbstgesteckte Einsparziele konsequent umzusetzen. Wir werden dafür sorgen, dass das gesetzlich fixierte Primat der Gemeinwohlfunktion auch künftig gewährleistet bleibt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

In der Waldpädagogik setzen wir Maßstäbe für andere Bundesländer. Das Konzept unseres ErlebnisWaldes Trappenkamp als waldpädagogisches Zentrum des Landes ist inhaltlich und organisatorisch hervorragend; die Nachfrage zeigt das auch. Das ist ein bewährtes Konzept. Wir berichten dem Landtag regelmäßig darüber. Jugendwaldheime, Familien- und Jugendwaldspiele und das Waldjugendzentrum sind nur einige weitere Beispiele für die hervorragende Arbeit, die im Bereich der Waldpädagogik geleistet wird.

Unsere forstpolitische Arbeit ist im Berichtszeitraum leider nicht von finanziellen Restriktionen verschont geblieben. Ich bedauere dies ausdrücklich. Bei der gegebenen Haushaltslage war das aber unvermeidbar. In der Tat: Alle Bereiche mussten Einsparbeiträge leisten. Mein Ziel war und ist es, neue Finanzierungswege, insbesondere bei der Förderung des Privat- und Körperschaftswaldes, zu eröffnen. Dies ist uns für das Jahr 2004 gelungen, indem wir Mittel aus der Grundwasserabgabe bereitstellen, um Bundes- und EU-Mittel kofinanzieren zu können. Damit können wir - das wird von der Bevölkerung akzeptiert und es wurde von vielen Kreistagen beschlossen, während das hier im Landtag leider nicht so einvernehmlich gelungen ist - nun die Bildung von Neuwald und den ökologischen Waldumbau finanzieren. Dadurch haben wir eine nachhaltige Finanzgrundlage für unseren Wald geschaffen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

(Minister Klaus Müller)

Die entsprechend modernisierte Förderrichtlinie ist vor wenigen Tagen unterzeichnet worden. Weitere finanzielle Erträge können Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer in NATURA 2000-Gebieten künftig erzielen, wenn sie im Rahmen von freiwilligen Vereinbarungen Naturschutzleistungen vermarkten. Das ist übrigens der realisierte Weg für die Umsetzung von NATURA 2000 in Schleswig-Holstein.

Ich freue mich, dass es uns gemeinsam mit dem Verband der privaten Waldbesitzer gelungen ist, eine entsprechende Rahmenvereinbarung zu unterzeichnen. Ich wünsche mir, dass das ein Vorbild für weitere Bereiche der Landwirtschaft ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Verehrte Damen und Herren, unser Beispiel, die Realität, zeigt: Naturschutz im Wald gibt es nicht nur im Staatswald, sondern auch in privaten Wäldern.

(Werner Kalinka [CDU]: Vor allen Dingen!)

Er ist eine besitzartübergreifende Aufgabe. Wir als Landesregierung haben den Weg dafür geebnet. Aber - auch das will ich unterstreichen - natürlich geht es uns auch weiterhin um die Vermarktung des Hauptproduktes unserer Wälder, nämlich des umweltfreundlichen Rohstoffs Holz.

Der 1996 auf Initiative der Landesregierung gegründete Landesbeirat Forst- und Holzwirtschaft und das 1998 vorgestellte Holzimpulsprogramm tragen dazu bei, neue Produktentwicklungen anzustoßen, Wettbewerbsnachteile zu minimieren und die Betriebe unserer Forst- und Holzwirtschaft in SchleswigHolstein zu stärken. Forstpolitik erfordert ein Denken in langen Zeiträumen. Die Rahmenbedingungen dürfen sich dabei nicht ständig ändern. Sie müssen sich gleichwohl modernen Anforderungen anpassen. Wir werden in diesem Jahr den Dreiklang vollenden. Das Jagdgesetz, das Naturschutzgesetz und in Kürze das Landeswaldgesetz haben ein gemeinsames Ziel: Sie berücksichtigen ökologische, nachhaltige Anforderungen, wenn auch nur mit landespolitischen Akzentsetzungen. Der politische Rahmen ist wesentlich größer. Sie können dies im Sechsten Forstbericht nachlesen.

Wir erfüllen damit die Verpflichtung von Rio und der Agenda 21. Wir stellen uns unter das Dach der Konvention über die biologische Vielfalt und der Klimaschutzkonvention. Wir setzen die Beschlüsse der europäischen Ministerkonferenz zum Schutz der Wälder in Europa aus Lissabon vorbildlich um.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum letzten Satz. Wir tun dies im Rahmen unserer Landesnachhaltigkeitsstrategie, im Bewusstsein, dass die Wälder in Schleswig-Holstein ein knappes Gut sind, die eine unverzichtbare Lebensgrundlage der Menschen und unersetzbaren Lebensraum für Tiere und Pflanzen bieten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich danke dem Herrn Minister für den Bericht, eröffne die Aussprache und erteile Herrn Abgeordneten Ehlers das Wort.

(Zurufe: Oh!)

- Mit Vorschusslorbeeren soll man vorsichtig sein.

(Günter Neugebauer [SPD]: Für wen sprichst du, für die CDU oder für den Bauernver- band? - Weitere Zurufe)

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vorliegende Sechste Forstbericht wird für den Zeitraum 1998 bis 2002 gegeben. § 45 Landeswaldgesetz formuliert eindeutig:

„Die Landesregierung legt dem Landtag jeweils zwei Jahre nach Beginn der Wahlzeit einen Forstbericht vor...“

Ich stelle fest: Die Landesregierung hinkt dem von ihr selbst erlassenen Gesetz zwei Jahre hinterher

(Roswitha Strauß [CDU]: Wie überall!)

und hat sich nicht an die gesetzlichen Vorgaben gehalten.

(Beifall bei der CDU)

Versöhnlich stimmt, dass der vorliegende Bericht sehr umfangreich und informativ ist. Er enthält eine Fülle von Abbildungen, Tabellen und Statistiken und arbeitet die sieben Anforderungspunkte aus dem Landeswaldgesetz ausführlich ab. Dafür gilt der Verwaltung ein besonderer Dank.

(Beifall)

In fünf Minuten ist der 107-seitige Bericht nicht erschöpfend zu diskutieren. Wir werden das im Umwelt- und mitberatend im Agrarausschuss vertiefen.

(Lothar Hay [SPD]: Sehr gut!)

Ich will jedoch einige Punkte herausgreifen.

(Claus Ehlers)

Schleswig-Holstein ist mit 9,9 % unverändert das waldärmste Flächenland in Deutschland. Betrachtet man den Umfang der Neuwaldbildung - im Privatwald lächerliche 11 ha -, so stellt man fest, dass 2002 mit lediglich 119 ha das schlechteste Jahr seit 1969 war. In den letzten sechs Jahren wurde nicht einmal mehr der Durchschnitt der Neuwaldbildung des Berichtszeitraumes erreicht.

Abbildung 7 auf Seite 46 verdeutlicht die Flächenankäufe der Landesforstverwaltung für die Neuwaldbildung. Während 1987, dem höchsten Wert im Darstellungszeitraum, annährend 1.000 ha erworben worden sind, sank dieser mit Übernahme der rot-grünen Regierungsverwaltung auf einen absoluten Tiefpunkt für die reguläre Neuwaldbildung im Jahr 2002 mit unter 50 ha kontinuierlich ab.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Un- glaublich!)

Dieses Trauerspiel müsste Sie eigentlich erröten lassen, insbesondere die Grünen und den grünen Umweltminister, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und des Abgeordneten Lars Harms [SSW] - Minister Klaus Müller: Es geht wieder hoch!)

An den Fakten ändert dies jedoch nichts, Frau Fröhlich.

(Günther Hildebrand [FDP]: Entgrünen las- sen! - Zuruf der Abgeordneten Irene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Seit dem Regierungsantritt vor über 15 Jahren hat es Rot-Grün nicht fertig gebracht, die rote Laterne abzugeben.