Protocol of the Session on February 18, 2004

- Ich kann Ihnen genug Beispiele nennen, Frau Kähler.

Bei beabsichtigten Abschlüssen von Staatsverträgen hat die Landesregierung zukünftig mindestens vier Wochen vor der Unterzeichnung zu informieren. Das ist meines Erachtens auch deswegen notwendig, weil wir nach der Unterzeichnung im Grunde keine praktische, aber auch keine realistische Möglichkeit haben, die Staatsverträge zu beeinflussen.

Im Zuge der Ausschussberatung geht es meiner Fraktion darum, eine gemeinsame Regelung zu finden, die alle in diesem Hause mittragen können. Ob es dabei - wie von uns vorgeschlagen - zu einer Vereinbarung mit der Landesregierung kommt oder ob die erforderlichen Regelungen gleich in ein Gesetz aufgenommen werden sollen, darüber können wir gerne diskutieren. Das ist für uns nicht entscheidend. Wir möchten nur den Anstoß zur Diskussion liefern.

Wir gehen allerdings davon aus, dass eine Vereinbarung flexibler zu handhaben ist als ein Gesetz; aber das Weitere wird sich im Verfahren zeigen.

(Glocke des Präsidenten)

Ich komme zum letzten Satz, Herr Präsident. - Der Schleswig-Holsteinische Landtag hat mit der vorliegenden Initiative die Chance, sich mit diesem Gesetz selbstbewusst die Rechte zu nehmen, die er seiner Stellung entsprechend braucht und die ihm als modernem Parlament auch zustehen.

(Beifall bei CDU und FDP)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Puls das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Konkrete Informationspflichten der Regierung sind eines der wichtigsten Kontrollinstrumente, insbesondere der parlamentarischen Opposition. Die CDU-Landtagsfraktion dokumentiert mit ihrem Entwurf eines Par

(Klaus-Peter Puls)

lamentsinformationsgesetzes, dass sie sich auf fünf weitere Jahre Opposition eingestellt hat.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Lachen bei der CDU)

Möglicherweise hat unser nach Sylt zugewanderter Kollege Heinz Maurus in Erinnerung an seine Heimat und in Unkenntnis der aktuellen Bundesligasituation bei der Abfassung seiner Anträge gedacht: Von Bayern lernen heißt Siegen lernen. Denn bei der ursprünglich eingereichten Fassung der CDU-Anträge handelte es sich um komplette wortwörtliche Abschriften aus bayerischen Gesetzes- und Verordnungsblättern.

(Zurufe von der CDU)

Das muss für sich noch nichts Schlechtes sein.

(Beifall und Heiterkeit bei der CDU)

Problematisch wird es allerdings, wenn das Ganze in das schleswig-holsteinische Landesrecht weder formal noch inhaltlich hineinpasst. So haben die Antragsteller zunächst erstens übersehen, dass nahezu sämtliche Informationspflichten der Landesregierung, die sie in ihr Parlamentsinformationsgesetz hineinschreiben wollen, in der Landesverfassung von Schleswig-Holstein bereits konkret verankert sind; Herr Kayenburg hat darauf hingewiesen.

Zweitens ist ihnen offenbar entgangen, dass unsere Landesverfassung nur für die nähere Ausgestaltung ein Gesetz vorsieht, dies allerdings auch als Grundlage für nähere Regelungen nötig hält, sodass, Herr Kollege Kayenburg und Herr Kollege Maurus, der von der CDU-Fraktion vorgeschlagene bayerische Weg einer Vereinbarung zwischen Landtag und Landesregierung schon formalrechtlich möglicherweise unzulässig ist. Das müssten wir überprüfen.

Wir als SPD-Fraktion würden den Weg der Vereinbarung mit unserer Landesregierung auch gar nicht gehen wollen. Warum sollten wir ohne Not auf unsere parlamentarische Regelungskompetenz verzichten und uns in Verhandlungen mit der Regierung über deren von uns für richtig gehaltenen Informationspflichten begeben?

(Beifall bei der SPD)

Wir können das allein und souverän als Landesgesetzgeber festlegen, so, wie es unsere Verfassung vorsieht und wir sollten das tun. Dem Anliegen der CDU-Fraktion nach näherer Konkretisierung der Informationspflichten stimmen wir zu. Hier und da kann auch in der bisher gehandhabten Praxis das eine oder andere sicherlich verbessert werden. Ich denke an die ausdrückliche Aufnahme zum Beispiel der

Staatsverträge und der Verordnungen in den Katalog. Auch bezüglich der von Herrn Kayenburg angesprochenen zeitgleichen und parallelen Information des Parlaments mit Vereinen und Verbänden könnte eine nähere Ausgestaltung erfolgen.

Wir sollten das in der Tat im Ausschuss näher besprechen. Ich schlage deshalb für meine Fraktion vor, die CDU-Anträge zur weiteren Beratung in den Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile Herrn Abgeordneten Kubicki das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der von der CDU vorgelegte Entwurf für ein Parlamentsinformationsgesetz und die dazugehörige Vereinbarung der Landesregierung mit dem Landtag sind nichts Neues. Kollege Puls hat darauf hingewiesen. Eben genau dieses Gesetz gibt es in Bayern. Was dabei von außen so schön aussieht, ist nichts anderes als ein Placebo. Es wird für den Landtag effektiv nichts an qualitativ verwertbarer und wertvoller Information im Vorwege von Gesetzesvorhaben bringen.

Darüber hinaus ist es die Bankrotterklärung an das Parlament. Ich kann mir gut vorstellen, warum die CSU in Bayern dieses Gesetz verabschiedet hat. Sie hat damit demonstriert, dass die Parlamentarier im Bayerischen Landtag anscheinend nicht allein in der Lage sind, Probleme zu erkennen, eigene Gesetzesvorschläge zu machen und während des Verfahrens in den Ausschüssen die notwendigen Stellungnahmen für die parlamentarische Willensbildung selbst einzuholen.

Ich gehe davon aus, dass Sie von der CDU-Fraktion gelesen haben, was Sie eingebracht haben. Ich komme gleich darauf zurück.

(Unruhe)

Wir als FDP-Fraktion werden uns nicht auch noch selbst auf dieses Niveau herunterstutzen und fragen allen Ernstes nach dem Selbstverständnis der Union. Selbst wenn dieses Gesetz samt Vereinbarung nach zweiter Lesung verabschiedet würde, änderte das nichts am verfassungsmäßigen Recht der Landesregierung, Auskünfte zu verweigern. So steht es in Artikel 23 Abs. 3 der Landesverfassung:

(Wolfgang Kubicki)

„Die Landesregierung kann die Beantwortung von Fragen, die Erteilung von Auskünften oder die Vorlage von Akten ablehnen, wenn dem Bekanntwerden des Inhalts gesetzliche Vorschriften oder Staatsgeheimnisse oder schutzwürdige Interessen Einzelner, insbesondere des Datenschutzes, entgegenstehen oder wenn die Funktionsfähigkeit und die Eigenverantwortung der Landesregierung beeinträchtigt werden.“

Eben zu dieser Eigenverantwortung der Landesregierung gehört auch die interne Willensbildung innerhalb des Kabinetts.

Die CDU sieht es selbst auch so, denn in § 1 Abs. 3 des Entwurfs wird der Verfassungslage Rechnung getragen. Dort steht, dass eine Pflicht zur Unterrichtung nicht besteht, wenn die Verpflichtung hierzu geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten betreffen oder geschützte Interessen Dritter beeinträchtigen würde. Eine Verpflichtung zur Information aus dem Kernbereich der Landesregierung besteht nicht.

So ist es. Faktisch wird sich das so auswirken, dass sich die Landesregierung in wichtigen Dingen nicht in die Karten schauen lassen wird. Was also letztlich für das Parlament übrig bliebe, sind zweitrangige Informationen.

Gehen wir aber einmal positiv davon aus, dass die Landesregierung tatsächlich unter freiwilligem Verzicht auf ihre verfassungsmäßigen Rechte den Landtag frühzeitig über Gesetzesvorhaben von Bedeutung unterrichtete - was sie im Übrigen, Kollege Maurus, heute bereits teilweise schon macht.

(Heinz Maurus [CDU]: Teilweise!)

Dann sollen die Fraktionen und auch jeder einzelne Abgeordnete ab diesem Zeitpunkt in ihrem verfassungsmäßig garantierten Gesetzesinitiativrecht gelähmt werden. Ist das wirklich ihr Ernst? Wenn die Landesregierung das Parlament darüber unterrichtet, sie habe ein Gesetzesvorhaben, soll das Parlament nicht mehr tätig werden dürfen, kein Abgeordneter, keine Fraktion? Ist das Ihr parlamentarisches Selbstverständnis?

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Artikel 37 der Landesverfassung besagt, dass Gesetzentwürfe von der Landesregierung oder von einzelnen oder mehreren Abgeordneten oder von Volksinitiativen eingebracht werden. Diesem Initiativrecht ist immanent, dass jeder Abgeordnete jederzeit Gesetzentwürfe einbringen kann.

In der von Ihnen vorgelegten Vereinbarung gibt es aber so etwas wie eine Stillhalteklausel. Dort steht unter Punkt I. Nr. 2:

„Der Landtag sichert zu, dass die zur Verfügung gestellten Gesetzentwürfe nicht zum Gegenstand von Initiativen aus der Mitte des Landtags oder von Beratungen im Parlament gemacht werden.“

Herr Maurus, stellen Sie sich doch einmal folgende Situation vor: Die Landesregierung beabsichtigt, ein Gesetzesvorhaben auf den Weg zu bringen, stellt Ihnen einen Entwurf zur Verfügung und macht dann nichts. Soll das bedeuten, dass wir fünf Jahre lang aus der Mitte des Parlaments heraus keine Gesetzesinitiative ergreifen können? Ist das wirklich Ihr Ernst? Ist das das Selbstverständnis der CDU in SchleswigHolstein?

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Welch eine Selbstenthauptung! Wenn die Union das ernst meinte, dann könnte eine Landesregierung jederzeit Abgeordnete und Fraktionen blockieren, indem sie Gesetzentwürfe zur Verfügung stellte, die dann jede Initiative aus dem Parlament in gleicher Sache verhindern könnte. Auch das erklärt für mich übrigens, warum die CSU in Bayern solche Gesetze erschafft. Sie will damit die Opposition lahm legen.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir glauben, dass eine solche Regelung weder wünschenswert noch von Verfassungs wegen durchsetzbar ist. Jeder Abgeordnete muss jederzeit Gesetzentwürfe einbringen können - übrigens ein Fortschritt in Schleswig-Holstein -, auch wenn die Landesregierung über einen Gesetzentwurf informiert hat.

Ich stelle fest, dass durch diesen Gesetzentwurf und die Vereinbarung nicht das von der Landesregierung und den Parlamentariern erwünschte Verhalten erzwungen werden kann. Daher bleibt es, wie es heute schon ist: Die Landesregierung darf jederzeit Gesetzentwürfe in jedem Stadium freiwillig offenbaren, sie muss es nicht. Parlamentarier dürfen jederzeit Gesetzentwürfe einbringen, sie müssen es nicht.

Der Gesetzentwurf der Union ist für uns ein blamabler Ausweis eigener Unfähigkeit oder mangelnden Arbeitswillens, jedenfalls einer Oppositionsfraktion unwürdig. Wir lehnen den Vorschlag deshalb ab.

(Beifall bei FDP, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile der Frau Abgeordneten Fröhlich das Wort.