Positiv an dem gesamten Vermittlungsprozess war die Erkenntnis, dass es also doch möglich ist, in Deutschland gemeinsame Reformen zu beschließen. Allerdings ist es schon jetzt zweifelhaft, ob wir dadurch den lang ersehnten Durchbruch erzielen.
Die Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung sind zwar für 2004 etwas besser, als noch vor Monaten gedacht, aber eine wirkliche Stimmungswende ist in der Wirtschaft und insbesondere in der Bevölkerung immer noch nicht zu sehen. Zu Recht sind die Menschen aus der Sicht des SSW immer noch sehr verunsichert darüber, wie es weitergehen wird, und viele glauben nicht, dass die Politik wirklich die großen Probleme lösen kann. Gerade die unsoziale, auch bürokratische und ganz ärgerliche Umsetzung der Gesundheitsreform von SPD und CDU ist dafür ein gutes Beispiel.
Aus finanzpolitischer Sicht hatte das Vermittlungsergebnis insbesondere wegen der nur teilweise vorgezogenen dritten Stufe der Steuerreform positive Wirkungen auf den Landeshaushalt. Das geht aus dem uns vorliegenden Bericht der Landesregierung hervor. So bleiben dem Land im Jahre 2004 unter dem Strich cirka 120 Millionen € an Mehreinnahmen. 2005 verlieren wir dann allerdings circa 10 Millionen €, hauptsächlich wegen der steuerlichen Auswirkungen von Hartz IV, also der Zusammenlegung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe, die am 1. Juli 2004 erfolgen soll, und der damit verbundenen Erhöhung des Umsatzsteueranteils. Auf jeden Fall bedeutet das Vermittlungsergebnis, dass wir für den Haushaltsvollzug 2004 ein bisschen Luft bekommen und vielleicht sogar den Haushalt verfassungskonform abschließen können.
An den grundlegenden finanziellen Strukturproblemen des Landes ändert sich aber durch dieses etwas günstigeres Vermittlungsergebnis nichts. Wir brauchen weiterhin nachhaltige Reformen im Bildungs-, Sozial- und Arbeitsbereich, um einen wirklichen Abbau der Arbeitslosigkeit und damit auch eine wirkliche Sanierung der Finanzen von Bund, Ländern und Kommunen zu erreichen.
Auch brauchen wir weiterhin eigene Anstrengungen des Schleswig-Holsteinischen Landtages, um unsere Finanzen langfristig wieder auf die Füße zu bekommen.
Im Übrigen bewertet der SSW es als positiv, dass die Geisterdebatte um eine große Steuerreform mit massiven finanziellen steuerlichen Entlastungen jetzt
endlich von Tisch ist. Selbst Herr Merz hat eingesehen, dass diese Pläne in der jetzigen Situation völlig utopisch und überflüssig sind. Über eine Vereinfachung des kompliziertesten Steuerrechts der Welt kann man immer reden, aber Steuersenkungen, die wir uns überhaupt nicht leisten können, sollten jetzt wirklich nicht das vorrangige Thema sein.
Für die schleswig-holsteinischen Kommunen bedeuten das Vermittlungsergebnis und die beschlossenen Änderungen für 2004 eine finanzielle Entlastung von fast 100 Millionen € bei der Gewerbesteuer und für 2005 sogar 135 Millionen € zusätzliche Einnahmen. Aber auch diese positiven Zahlen sind angesichts der verheerenden Situation der kommunalen Finanzen leider nur ein kleiner Schritt nach vorne.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, darum muss ich noch einmal sagen: Wir hätten uns gewünscht, dass die CDU der von der Landesregierung in den Bundesrat eingebrachten, umfassenden Änderung der Gewerbesteuer zugestimmt hätte. Dieser Vorschlag hätte den Kommunen in Schleswig-Holstein finanziell wirklich geholfen und war ja auch von den kommunalen Landesverbänden massiv befürwortet worden. Leider ist diese notwendige Modernisierung der Gewerbesteuer von der CDU sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene verhindert worden. Das ist schade. Da gibt es wirklich noch etwas zu tun.
Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Eichelberg das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns heute bezüglich der Ergebnisse im Vermittlungsausschuss nur auf den Haushalt beziehen, ist das eigentlich zu kurz gesprungen. Frau Heinold, Sie haben es ja auch angesprochen: Es gibt Facetten, die insgesamt eigentlich mehr betrachtet werden müssen. Wenn man die Protokolle des Bundesrates liest, geht einem so manches Licht auf, und man sagt: Kinder, so kann es eigentlich nicht gehen! Es wird nicht gesamtkonzeptionell gearbeitet.
Die FDP hat den Finger bei den Regionalisierungsmitteln schon in die Wunde gelegt. Die Kürzung von 5 Mio. € bei den Regionalisierungsmitteln bedeutet, dass aus unserem Topf der Regionalisierungsmittel 5 Millionen € herausgenommen werden müssen - weil sie gar nicht da sind - und über andere Haushaltsmittel gedeckt werden müssen. - Stichwort Schwerbehinderten- und Schülerverkehre. - Darüber wurde hier gar nicht gesprochen. Das gehört aber in das Gesamtkonzept einfach mit hinein.
Nun, meine Damen und Herren, zu einem Punkt, der mich wahnsinnig geärgert hat. Die Handwerksordnung ist ja hier am 20. Juni 2003 einvernehmlich zwischen allen Parteien beschlossen worden. Sie muss vorsichtig entwickelt werden. Bestimmte Dinge haben wir mit auf den Weg gegeben. Meine Damen und Herren, was ist in Wirklichkeit passiert? Lesen Sie sich einmal die Protokolle durch. Die Landesregierung hat im Bundesrat überhaupt keine Anträge zu diesem Thema gestellt. Unser Wirtschaftsminister hat hier im Gefecht gestanden, hat auch mit seinen Kollegen gesprochen. Nur, im Bundesrat ist nichts passiert.
Die Minister Lütkes, Müller und Stegner waren bei Sitzungen und haben zu diesem Thema nicht ein einziges Mal das Wort genommen. Am 28. November 2003 haben sie sogar gegen die Überweisung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung an den Vermittlungsausschuss gestimmt. Schleswig-Holstein hat dagegen gestimmt. Das müssen Sie sich einmal bewusst machen. Und der Wirtschaftsminister hat in der gleichen Zeit herumgetobt und gefragt, wie man etwas machen kann. Das muss auch konzeptionell und konzertiert im Bundesrat passieren. Sonst machen wir uns doch lächerlich!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Herr Eichelberg, Sie wissen ja, dass ich Sie schätze. Aber ich muss Ihnen wirklich sagen: Es geht doch nicht darum, dass man zu bestimmten Dingen redet oder Presseerklärungen abgibt, so wie Herr Austermann, sondern
es geht darum, dass man in der Sache zu einem Kompromiss kommt. Herr Professor Rohwer hat stundenlang in Berlin gesessen, um an diesem Kompromiss mitzuwirken. Es ist schließlich ein Kompromiss dabei herausgekommen. Manche Dinge wären noch besser, wenn Ihre Leute nicht immer nur blockiert und Presseerklärungen verfasst hätten. Das ist der Unterschied: Sie reden und wir handeln.
- Zur abschließenden Beratung in den Finanzausschuss. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen! - Enthaltungen? - Dies ist einstimmig so beschlossen.
Das Wort zur Begründung wird, wie ich sehe, nicht gewünscht. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Eisenberg.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lehrerausbildung gliedert sich, wie Sie selbstverständlich alle wissen, in zwei Phasen: das Studium und das Referendariat. Die Landesregierung will zum Schuljahr 2004/2005 das Referendariat, also die zweite Phase, grundlegend umstrukturieren. Dieses Sparmodell einer Reform wird aus unterschiedlichen Gründen von allen Verbänden kritisiert und diese Kritik wird von der CDU geteilt. Ich verweise auf die Landtagsdebatten des letzten Jahres.
Die Stellungnahmen zur Anhörungsfassung der neuen OVP hat diese Kritik noch einmal deutlich gemacht. Um nur einige Kritikpunkte der Verbände an der
Anhörungsfassung zu verdeutlichen: Fehlende Ausbildungsstandards, fehlende Qualifizierung für Mentoren, fehlende Verbindung zwischen Theorie und Praxis.
Frau Erdsiek-Rave, die CDU fordert Sie heute auf: Setzen Sie die Reform der zweiten Lehrerausbildungsphase jetzt aus und beginnen Sie die insgesamt dringend notwendige Qualitätsverbesserung der Lehrerausbildung in unserem Land mit der Reform der ersten Phase.
Sie haben ja bereits eine Einführung von Bachelor- und Masterstudiengängen als Folge des BolognaProzesses auch in der Lehrerausbildung angekündigt. Wenn Sie das Pferd nicht vom Schwanz aufzäumen wollen, müssen Sie die zweite Phase aussetzen, bis die grundlegende Reform der ersten Phase abgeschlossen ist. Wir als CDU-Fraktion wollen die erneute Verunsicherung der betroffenen Studierenden und Lehramtsanwärter und erneute handwerkliche Fehler vermeiden. Ich darf Sie nur an die POL II und an die Kritik des AStA erinnern.
Gute Lehrer braucht das Land. Deshalb muss eine grundlegende Reform der Lehrerausbildung - nach Auffassung der CDU - bereits im Studium ansetzen, wie auch von der Terhardt-Kommission und dem Wissenschaftsrat gefordert. Wir als CDU-Fraktion begreifen die geplante Veränderung der Studiengänge in Richtung BA/MA - Bachelor- und Masterabschlüsse - als Chance, einerseits die Lehrerausbildung bereits im Studium professioneller und praxisnäher zu gestalten, anderseits den Studierenden, die sich nicht für den Lehrerberuf eignen, andere Berufsfelder im Bereich des Bachelor- und Masterabschlusses zu ermöglichen.
Folgende Eckwerte für die Lehrerausbildung sind für uns unabdingbar: erstens eine den Schularten entsprechende fachliche Kompetenz - ein Grundschullehrer benötigt keine höhere Mathematik wie ein Gymnasiallehrer oder ein angehender Wissenschaftler, dafür aber wesentlich mehr pädagogische, didaktische und diagnostische Fähigkeiten; zweitens eine den Schularten und dem Alter der Schülerinnen und Schüler entsprechende pädagogische Kompetenz - ein Hauptschullehrer muss zum Beispiel heute, anders als ein Grundschullehrer, vermehrt diagnostische, kommunikative und sozialpädagogische Fähigkeiten auf
weisen. Eine Trennung der Studiengänge der Grund- und Hauptschullehrer ist zumindest zu prüfen. Drittens: Konfliktbewältigung, Elternarbeit und Kommunikationsfähigkeit sind wesentlich mehr als bisher in alle Studiengänge der Lehramtsstudenten einzuarbeiten.