Protocol of the Session on December 11, 2003

(Anke Spoorendonk)

gend klargemacht, dass ja nicht nur dieser Haushalt, sondern dass auch die vorhergehenden Haushalte Sparhaushalte waren.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten I- rene Fröhlich [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN] und Ursula Kähler [SPD])

In vielen Bereichen ist es ja immer wieder zu Kürzungen bei Zuwendungsempfängern, bei Personalausgaben sowie bei Investitionen gekommen.

Dazu ist es offensichtlich, dass Kürzungen in dieser Größenordnung nur durch massive Entlassungen innerhalb des Landesdienstes möglich werden, da die allermeisten Ausgaben wirklich rechtlich gebunden sind.

Die Landesregierung nennt eine Zahl von 12.000 Entlassungen, um die genannte Summe einsparen zu können. Jeder mit einem vernünftigen Menschenverstand wird einsehen, dass dies keine Alternative ist. Die Voraussetzung für weitere Kreditaufnahmen ist laut Landesverfassung, dass der Landtag erneut eine Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts erklärt. In diesem Zusammenhang können wir es drehen oder wenden, wie wir es wollen: Wir kommen an der Feststellung nicht herum, dass das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht in der Bundesrepublik schwer gestört ist. Dies gilt auch für das Land Schleswig-Holstein.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das glaubst du doch selber nicht!)

- Das glaube ich selbst, lieber Kollege Garg!

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Das glaube ich dir nicht!)

Egal wo man ist: Politiker aller Parteien stellen unisono fest, dass sich unser Land in der schwersten finanziellen Krise seit Bestehen der Bundesrepublik befindet. Es kommt vielleicht darauf an, wer jetzt irgendwo die Regierungsmehrheit hat, aber was aus den Bundesländern hervorgeht, ist eben diese Botschaft.

(Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Die Arbeitslosigkeit steigt, die sozialen Sicherungssysteme kommen ins Wanken und auch die öffentlichen Haushalte geraten in erhebliche Schwierigkeiten. Wir können immer wieder darüber philosophieren, ob die eine oder andere Entscheidung in den letzten Jahren auf Bundes- oder Länderebene das Problem verschärft hat oder nicht. Eindeutig können wir allerdings sagen, dass uns die sinkenden Steuereinnahmen und die immer größer werdenden Proble

me bei der Finanzierung unserer sozialen Sicherungssysteme zu gravierenden Systemänderungen zwingen werden.

Unser Landeshaushalt wie auch die Haushalte in anderen Ländern können durch eigenes finanzpolitisches Handeln nicht mehr auf verfassungsmäßig vorgeschriebene Beine gestellt werden. Wir sind an dem Punkt angekommen, an dem wir alles daran setzen müssen, die Wirtschaft wieder anzukurbeln.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Diese Notwendigkeit sehen alle verantwortlichen Parteien. Kernpunkt aller Überlegungen ist dabei, wie man quasi antizyklisch durch Investitionen die Wirtschaft in Schleswig-Holstein beleben kann. Auch die CDU will beispielsweise - darüber haben wir uns ja auch unterhalten - Investitionsprogramme starten, weil sie weiß, dass dies in der jetzigen Situation unbedingt notwendig ist.

Ziel muss es ja sein, die Wirtschaft zu beleben und Arbeitsplätze zu schaffen. Dieses Ziel können wir aber nicht erreichen, indem wir uns kaputt sparen. Sparen allein belebt nicht die Wirtschaft, sondern führt sogar eher noch weiter in die Krise.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Natürlich muss das Land auf eine sparsame Haushaltsführung achten. Darüber sind wir uns ja auch alle einig; darüber gibt es auch Konsens. Aber das bedeutet eben nicht, dass sämtliche Maßnahmen zur Wirtschaftsbelebung unterlassen werden müssen. Man kann auch in Schönheit sterben, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jede Ausgabe, die getätigt wird, fließt in irgendeiner Weise in den wirtschaftlichen Kreislauf - egal ob das Geld für direkte Wirtschaftsförderung, für Personalausgaben, für soziale Aufgaben oder für Umweltschutz ausgegeben wird. Der Haushalt des Landes ist daher als Ganzes zu sehen. Das Land SchleswigHolstein hat in diesem Zusammenhang nur sehr eingeschränkte gesetzgeberische Möglichkeiten, um auf die genannten Missstände reagieren zu können.

Deshalb müssen wir vor allem wirtschaftspolitisch reagieren und als Land investieren und auch konsumtive Ausgaben aufrechterhalten. Nur so leisten wir

(Anke Spoorendonk)

unseren Beitrag, um das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht wieder herzustellen.

(Beifall beim SSW und vereinzelt bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das muss ja nun wirklich das Ziel der Landespolitik sein.

Nun haben die Berliner Verfassungsrichter in ihrem Urteil zum Berliner Haushalt erklärt, dass man detailliert darlegen muss, wie die Erhöhung der Kredite und die damit verbundenen Maßnahmen zur Abwendung einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts beitragen können.

Vom Prinzip her ist es natürlich richtig, dass dem Landesgesetzgeber enge Grenzen gesetzt werden, wenn er die von der Verfassung vorgesehenen Kreditaufnahmemöglichkeiten des Landes ausweiten will.

Da die CDU bereits angekündigt hat, dass sie vor dem Bundesverfassungsgericht gegen den Nachtragshaushalt 2003 Klage einreichen wird, hat die Landesregierung schon in ihrer Begründung großen Wert darauf gelegt, ihr Konzept zur Abwendung der Störung dieses gesamtwirtschaflichten Gleichgewichtes zu erklären.

Aus diesem Konzept wird deutlich, dass der Nachtragshaushalt 2003 nicht allein stehen kann, wenn man beurteilen will, wie die Landesregierung die Wachstumsschwäche überwinden will.

Man muss also schon das Gesamtkonzept sehen, das die Wirtschafts- und Beschäftigungsentwicklung in Schleswig-Holstein voranbringen soll. Dazu gehören Maßnahmen, insbesondere zur Stärkung der Binnennachfrage wie die Unterstützung der Reformen auf Bundesebene, zum Beispiel das Vorziehen der Steuerreform oder das Landesinvestitionsprogramm „ZIP“, das die Landesregierung im Rahmen des Doppelhaushalts auflegen wird.

Auf jeden Fall würden weitere Ausgabenkürzungen in der angesprochenen Größenordnung dieses Konzept kontrahieren.

Der SSW wird also dem Nachtragshaushalt 2003 zustimmen. Ich kann versichern, dass wir jede Landesregierung jedweder politischen Farbe in einer solchen schweren Haushaltskrise politisch unterstützen würden. Es geht schließlich um das Land und nicht um die Interessen von Parteien.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir kommen jetzt zu den Redebeiträgen der Landesregierung. Wir haben zunächst die Freude, Herrn Finanzminister Dr. Stegner zu hören, und danach wird Herr Prof. Dr. Rohwer, der Minister für Wirtschaft, sprechen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wir haben mit dem Doppelhaushalt alle Weichen auf Wachstum gestellt und der heutige Nachtrag ist dafür die Voraussetzung.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das war mein erster Haushalt und ich möchte mich sehr herzlich bei der linken Seite dieses Hauses dafür bedanken.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Steuerausfälle und Mehrausgaben dieses Jahres belasten Schleswig-Holstein zunächst in Höhe von 86 Millionen € aus dem ersten Nachtrag und nun mit weiteren 630 Millionen €.

Sehr geehrter Herr Wiegard, Sie haben eben gesagt, Titel für Verkäufe seien nicht nachvollziehbar. Ich finde es eigenartig, dass ausgerechnet ein Parlamentarier Kritik daran übt, dass die Landesregierung bezogen auf den LEG-Verkauf den Wunsch des Parlaments, das intensiv zu beraten und Veränderungen vorzunehmen, respektiert. Es ist eine Selbstverständlichkeit für die Exekutive, dass sie dieses tut und ich finde es eigenartig, dass Sie dieses kritisieren.

Wer die Kosten der Arbeitslosigkeit - und die Sozialhilfe und das Wohngeld gehören dazu - nicht nachvollziehen kann, der muss solche Anträge stellen. Die CDU hat nämlich beantragt, das zu kürzen. Dann kommt am Ende mehr herraus und dann wundern Sie sich darüber. Das ist sehr eigenartig, Herr Wiegard. Insofern entspricht das, was herausgekommen ist, dem Gebot von Haushaltsklarheit und -wahrheit. Man legt die Dinge auf den Tisch und sagt eben nicht: Wir schönen das ein bisschen. - Wir stellen es dar, wie es ist. Wir machen es so.

Solche Summen komplett in diesem Jahr oder in einem der nächsten beiden Jahren auszugleichen hätte verheerende ökonomische Folgen und würde die unzweifelhaft bestehende Störung des wirtschaftlichen Gleichgewichts noch verschärfen, anstatt ihr entgegenzuwirken.

(Minister Dr. Ralf Stegner)

Den Aufschwung - endlich wieder in greifbarer Nähe, jedenfalls wenn wir auf Bundes- und Landesebene die richtigen Weichen stellen - könnten wir uns für Schleswig-Holstein abschminken, wenn wir Ihnen Ratschlägen folgen würden.

Ein vollständiger Ausgleich der Belastungen würde Massenentlassungen erfordern, wie Sie Ihr Landesvorsitzender will, ob direkt vom Land oder durch die jetzt noch geförderten Institutionen. Entlassungen in einem Umfeld erneut hoher Arbeitslosigkeit und schwachem privaten Konsum müssten doch selbst dem hartgesottensten Marktliberalen kontraproduktiv erscheinen.

Schleswig-Holstein ist aber weder eine Insel noch das Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Allerdings erscheint es mir manchmal als das Land der unbegrenzten Unmöglichkeiten, wenn ich Sie betrachte und an heute Morgen denke.

(Beifall bei der SPD)

Unser Verhalten wird jedoch durch andere beeinflusst und beeinflusst andere.

Beschäftigung schaffen und Schulden abbauen ist etwas, was nur im Kontext betrachtet werden kann. Es ist doch kein Zufall, dass auch andere Länder in Nachtragshaushalten ihre Nettokreditaufnahme verdoppelt haben und müssen und dass auch andere Staaten in der Rezession stecken. Lieber Herr Kayenburg, es hieß immer, lokal handeln und nicht lokal denken.

(Beifall bei der SPD)