Protocol of the Session on December 11, 2003

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Eine schuldenfinanzierte Steigerung der inländischen Nachfrage hilft Ihnen da überhaupt nicht - falls die neuen rot-grünen Schulden überhaupt die inländische Nachfrage merklich steigern können. Die inländische Nachfrage steigt durch die neuen Schulden 2003 so gut wie gar nicht. Nach der Ist-Liste vom November sind von den für 2003 geplanten fast 11 Milliarden € Bruttoausgaben nur 71 Millionen € noch nicht ausge

geben, angeordnet oder festgelegt. Nähmen wir an, dass die Landesregierung Mitte Dezember ohne neue Schulden auf diese Ausgaben verzichten müsste. Dann will die Landesregierung jetzt 71 Millionen € neue Schulden aufnehmen, um die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nicht um ein lächerliches Promille zu schwächen. Herr Minister Dr. Stegner, das ist verfassungswidrig, weil 1 ‰ Veränderung der inländischen Nachfrage keine schwerwiegende gesamtwirtschaftliche Störung abwenden kann.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Die restlichen 557 Millionen € neue Schulden stärken die gesamtwirtschaftliche Nachfrage sowieso nicht mehr und sind deswegen ebenfalls verfassungswidrig.

Aus den eben dargestellten Gründen wird die FDPLandtagsfraktion diesem „Wunderwerk“ der ökonomischen und mathematischen Kunst dieses „wunderbaren Finanzministers“, den die Ministerpräsidentin laut „Financial Times“ ja mit einem gewissen Borstenvieh verglichen hat, nicht zustimmen.

(Beifall bei FDP und CDU)

Herr Kollege Dr. Garg, Sie haben hier noch ein paar Seiten am Rednerpult liegen gelassen. Kann das sein?

(Zurufe von der FDP: Weitermachen!)

Ich wollte nur einer möglichen Verwirrung der nachfolgenden Rednerin entgegenwirken. Jetzt hat für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Abgeordnete Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Garg, das war jetzt schon der zweite Versuch, mir Ihre Rede unterzuschummeln. Ich befürchte, dass es Ihnen irgendwann noch einmal gelingt, hoffe es aber nicht.

(Günther Hildebrand [FDP]: Hätten Sie das gemerkt?)

Die Höhe der zusätzlichen Nettoneuverschuldung in 2003 ist erschreckend. Wenn das Land zusätzlich 629 Millionen € an Krediten aufnehmen muss, so muss dieses sehr gut begründet werden können, zumal wir die Höhe der in der Verfassung zulässigen Verschuldungsgrenze deutlich überschreiten. Die Gründe für die Notwendigkeit zusätzlicher Kredite sind bekannt. Steuerausfälle in Höhe von 280 Millionen €, Einnahmeausfälle in Höhe von 110 Millionen € durch im Haushalt eingeplante Ver

(Monika Heinold)

kaufserlöse, welche erst 2004 realisiert werden, Einnahmeausfälle in Höhe von 85 Millionen € durch die Verzögerung der EU-Entscheidung zur Vergütung der Inanspruchnahme des Haftkapitals der Investitionsbank durch die Landesbank und Mehrausgaben in Höhe von 130 Millionen €, überwiegend für Personal, Sozialhilfe, Wohngeld und für die Finanzierung von Ausgaberesten.

(Unruhe)

Eine Alternative zur erhöhten Kreditaufnahme sieht meine Fraktion nicht. Ich gehe davon aus, dass hier niemand in Erwägung zieht, dass eine zusätzliche Einsparung in Höhe von 629 Millionen € noch in diesem Jahr machbar gewesen wäre. Wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Realität steht, weiß auch, dass die Höhe der Kreditaufnahme eines Landes auch der gesamtwirtschaftlichen Lage angepasst werden muss, da der Staatshaushalt inzwischen ein wichtiger Faktor für das Wirtschaftsleben geworden ist. Deshalb wäre es geradezu kontroproduktiv, der konjunkturellen Flaute hinterher sparen zu wollen. Dieses Argument teilt auch die CDU hier im Landtag, welche mit ihren Haushaltsanträgen 2004/2005 die Verschuldung nicht etwa senkt, sondern die Ausgaben in 2004 um 36 Millionen und im Jahr 2005 um über 40 Millionen € erhöht. Von einer solchen ausgabeverliebten Opposition müssen wir uns keinen Vortrag über eine zu hohe Staatsverschuldung gefallen lassen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Dass meine Fraktion aber die Notwendigkeit sieht, strukturelle Entscheidungen zu treffen, um den Landeshaushalt zu konsolidieren, haben wir in den letzten Jahren immer wieder deutlich gemacht und dementsprechend Entscheidungen getroffen. So haben wir schon bei der Aufstellung des Haushaltes 2003 Förderprogramme gekürzt, Personalbudgets begrenzt und von der Umstrukturierung der Landwirtschaftskammer bis zur Schließung von Ämtern strukturelle Einsparungen realisiert. Mit Unterstützung der Fraktionen von SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat die Landesregierung in den letzten Jahren ein Tempo bei der Verwaltungsreform vorgelegt, wie es das Land bisher noch nicht erlebt hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD - Wolfgang Ku- bicki [FDP]: Wo denn?)

Ich verweise auf die Antwort der Landesregierung zu meiner Großen Anfrage „Verwaltungsstrukturreform“, ich verweise aber auch auf den Debattenbeitrag meines Kollegen Karl-Martin Hentschel im November diesen Jahres, in der letzten Landtagstagung.

(Günter Neugebauer [SPD]: Da hätte ich gern Details gehört!)

Die Opposition, die die meisten Reformvorhaben des Landes nicht mitgetragen hat, ist bisher nicht einmal bereit - auch das hat die Debatte heute wieder gezeigt -, die getroffenen strukturellen Entscheidungen als erfolgreich anzuerkennen.

(Günter Neugebauer [SPD]: Leider wahr!)

Vielleicht ist das auch deshalb so, weil sie nicht so hautnah miterlebt wie wir, wie viele Sparmaßnahmen das Land tatsächlich umgesetzt hat. Wer für keine der umgesetzten Reformen Verantwortung getragen hat, nimmt wohl nur selektiv wahr, was es in SchleswigHolstein bereits an strukturellen Entscheidungen zur Entlastung des Landeshaushalts gegeben hat. Meine Fraktion weiß um die schwierigen Entscheidungen, die wir als Gesetzgeber bereits getroffen haben, und wir wissen auch, dass uns weitere schwierige Entscheidungen bevorstehen.

Es sind die Abgeordneten meiner Fraktion, welche gemeinsam mit unseren Koalitionspartnern Kürzungsmaßnahmen vor Ort und im Gespräch mit den Betroffenen vertreten haben. Ich selbst habe die Kritik für die Auflösung des Amtsgerichtes Bad Bramstedt eingesteckt und mit dem Beamtenbund über Kürzungen von Weihnachts- und Urlaubsgeld diskutiert. Es ist Frau Fröhlich und es ist Herr Matthiessen, die bei Veranstaltungen der Polizei regelmäßig erklären, warum wir nicht mehr Haushaltsmittel zur Verfügung stellen können.

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

- Die SPD hat auch noch ein bisschen Redezeit.

Es ist Frau Birk, die auf den zahlreichen Schulveranstaltungen Lehrern, Eltern und Schülern erklärt, warum die Haushaltsmittel auch im Bildungsbereich begrenzt sind. Und es ist Herr Hentschel, der in vielen Gesprächen mit Vereinen und Verbänden Kürzungen diskutiert, die für meine Fraktion oft auch schmerzhaft sind. Ich bedanke mich bei meinen Kollegen für diese Unterstützung. Es ist nicht immer einfach und Sie können das nicht nachvollziehen, aber wir wissen, was wir an dieser Stelle im Interesse des Landes leisten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Nur wer diese Erfahrung in den letzten Jahren nicht gemacht hat, weil er sich weggeduckt hat oder den Betroffenen - wie auch vorhin wieder - alles Wünschenswerte versprochen hat, nur derjenige wird heu

(Monika Heinold)

te behaupten können, das Land hätte in den letzten Jahren keine strukturellen Einsparungen beschlossen.

Dennoch müssen wir heute feststellen, dass diese Maßnahmen zwar den Landeshaushalt in erheblicher Weise entlastet haben, dass es aber dennoch nicht gelungen ist, Einnahmen und Ausgaben des Landes in Übereinstimmung zu bringen.

Angesichts der Einnahmeentwicklung der öffentlichen Hand und angesichts der wachsenden Ausgabenblöcke durch Pensionskosten, Zinsen und neue Lehrerstellen reichen auch diese Maßnahmen nicht aus, um die Verschuldung innerhalb der von der Verfassung zulässigen Verschuldungsgrenze zu halten. Deshalb haben wir heute einen Landeshaushalt verabschiedet, der weitere strukturelle Maßnahmen beinhaltet, einen Haushalt, der erneut eine deutliche Kürzung der Förderprogramme des Landes für 2004 und 2005 in Höhe von 20 % vorsieht, einen Haushalt, der den Zusammenschluss von kommunalen Verwaltungen auf freiwilliger Basis unterstützt, einen Haushalt, der die Auflösung und Zusammenlegung weiterer Ämter und Behörden beinhaltet und der die Zusammenlegung von Behörden mit Hamburg erfolgreich dokumentiert.

Außerdem schöpfen wir die Einnahmequellen des Landes weiter aus, indem die Umweltabgaben erhöht worden sind und indem durch die Auflösung der Oberfinanzdirektion und durch die Strukturreform der Finanzämter die Steuerverwaltung als Einnahmebehörde gestärkt wird.

Zur Belebung der Konjunktur beinhaltet der Doppelhaushalt 2004/2005 auch große Teile des neuen 100 Millionen € schweren Investitionsprogramms. Diese Maßnahmen sollen gemeinsam mit dem Reformpaket der Bundesregierung dazu führen, dass das strukturelle Haushaltsdefizit überwunden wird.

Es ist ein Gesamtkonzept, um das gesamtwirtschaftliche Gleichgewicht wieder herzustellen. Im Interesse des Landes Schleswig-Holstein hoffe ich, dass der Vermittlungsausschuss klug genug ist, ein Reformpaket zu beschließen, das diesen Namen auch verdient hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Ich wünsche den Berlinern viel Erfolg. Ich drücke beide Daumen. Ich gönne im Interesse der Sache allen Parteien Erfolge, Hauptsache, es kommt etwas dabei herum. Nur so werden wir es gemeinsam - zur Not auch ohne Sie - in Schleswig-Holstein schaffen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SPD)

Das Wort für den SSW im Schleswig-Holsteinischen Landtag erhält jetzt Frau Abgeordnete Anke Spoorendonk.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In Anbetracht der Zeit werde ich gleich zur Sache kommen. Zur Sache gehört, dass seit der NovemberSteuerschätzung klar war, nun zum sechsten Mal in Folge mussten die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden schon bei der halbjährigen Steuerschätzung Steuerausfälle in Milliardenhöhe verkraften. Dieses Mal beliefen sich die Steuerausfälle für 2003 und 2004 insgesamt auf über 19 Milliarden €. Dies bedeutete für das Land in 2003 Steuerausfälle in Höhe von über 280 Millionen €. Dazu kommen weitere Einnahmeausfälle wegen der Verschiebung des LEG-Verkaufs und der Veräußerung von NordwestLotto.

Zusätzliche Mehrausgaben sind teils - wie beim Wohngeld oder bei der Sozialhilfe - durch die schlechte Konjunktur entstanden und sind teils politisch gewollt - wie die Personalausgaben für Lehrer, Polizei, Justiz und im Bereich der Kitas. Ferner sind auch mehr Gelder für die Werftenhilfe politisch beschlossen worden.

Insgesamt beläuft sich dadurch der Fehlbetrag beim Nachtragshaushalt 2003 auf über 600 Millionen €.

Bereits im laufenden Haushaltsjahr 2003 war der Kreditrahmen von circa 600 Millionen € voll ausgeschöpft. Deshalb schlägt die Landesregierung einen Ausgleich der Haushaltsbelastungen durch weitere Kredite vor.

Den Fehlbetrag innerhalb des Doppelhaushalts 2004 und 2005 zu erwirtschaften, sieht die Landesregierung ebenfalls als problematisch an. Darüber haben wir ja nun wirklich ausführlich diskutiert. Der SSW unterstützt diese Maßnahmen schweren Herzens, da wir keine andere Möglichkeit sehen, den genannten Unterschuss zu erwirtschaften.

Wie sollen wir in dieser konjunkturellen Krise noch die notwendigen Millionensummen im Haushalt einsparen können? Das ist ganz einfach nicht möglich, auch wenn von CDU und FDP immer so getan wird, als ginge das.

(Beifall der Abgeordneten Ursula Kähler [SPD])

Bereits der Haushalt 2003 war ja ein Sparhaushalt und die Kollegin Heinold hat deutlich und überzeu

(Anke Spoorendonk)