Dass die Notwendigkeit solcher Eingriffe von der damaligen Landesregierung in einem Sonderausschuss begründet oder in einem solchen Gremium gar über Ausgleichsmaßnahmen zugunsten der Kommunen nachgedacht wurde, ist mir dagegen nicht überliefert worden. Sie haben das vielmehr einfach durchgezogen und die Kommunen ihrem Schicksal überlassen. Das habe ich als Kommunalpolitiker selbst gemerkt. Dies hindert Sie jedoch nicht daran, sich jetzt als Retter der kommunalen Finanzen aufzuspielen. Aber, Herr Kayenburg, wer ist nicht berufener zum Predigen als der Sünder!
(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Zurufe der Abgeordneten Rein- hard Sager [CDU] und Martin Kayenburg [CDU])
- Manchmal muss man eine Pause machen, damit es verstanden wird. Bitte hören Sie aufmerksam zu, das ist für Sie vielleicht auch ganz wichtig.
Nach unserem heutigen Kenntnisstand erfordert die finanzielle Situation des Landes - die Haushaltssituation - einen zeitlich befristeten Beitrag der Kommunen. Dieser soll - wie auch im Beschluss des Sonderausschusses deutlich gemacht wurde - durch ein Bündel von Maßnahmen abgefedert werden.
Ich nenne hier das Stichwort Deregulierung. Darüber müssen wir uns im Landtag noch unterhalten, um zu sehen, ob die Übereinkunft denn so groß ist. Weiter sind die Funktionalreform und die Sonderausschüttung beim kommunalen Investitionsfonds zu nennen.
- Herr Schlie, das wissen wir alle. Sie sind nicht der Einzige, der etwas begriffen hat. Wir wissen, dass dieses Geld den Kommunen zusätzlich zur Verfügung gestellt wird, zum Beispiel für dringend notwendige Investitionen, nicht nur im schulischen Bereich. Ich habe mir erzählen lassen, dass die Verhandlungen mit den Landesverbänden erfreulich weit sind.
Wir wissen, dass wir alle einen Eid geleistet haben, einen verfassungskonformen Landeshaushalt aufzustellen, dessen Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen sind. Meine Fraktion hat im Juli einen Beschluss gefasst, lange bevor Sie, Herr Kayenburg, meinten, Sie hätten uns zu einem Beschluss getrieben. In diesem Beschluss haben wir gesagt: Sollte sich die finanzielle Situation des Landes günstiger als bisher prognostiziert entwickeln, so gehen wir davon aus, dass über eine Reduzierung des Eingriffs in den kommunalen Finanzausgleich oder dessen Aussetzung nachgedacht werden muss. Diese Entscheidung wird meine Fraktion - nach Vorlage der Steuerschätzung - im November treffen, weil wir dann erst die verlässlichen Daten haben, auf Grundlage derer wir eine Entscheidung für den Haushalt 2001 treffen können. Alles andere wäre unverantwortlich.
In der Enquetekommission erwarten wir eine kritische Debatte über die Kommunalverfassung. Eine Randbemerkung von mir: Das Ehrenamt muss endlich einmal gestärkt werden, nachdem die Quadratur des Kreises nicht funktioniert hat.
Wir erwarten auch, dass insbesondere über die Finanzbeziehungen der Kommunen untereinander diskutiert wird, damit gewisse Ungerechtigkeiten beseitigt werden können. Das ist ein Thema, das die Kreispolitiker nicht gern angehen, weil es zusätzliche Verantwortung bedeutet.
Im Folgenden möchte ich zu Einzelpunkten Stellung nehmen, die meiner Fraktion in besonderem Maße wichtig sind.
Die Minderheitenpolitik in Schleswig-Holstein und in Dänemark ist international beispielgebend für einen konstruktiven wechselseitigen Umgang mit Minder
heiten und für eine Entschärfung historischer Konflikte. Daran darf sich auch in Zukunft nichts ändern.
Es muss aber auch gelten: Wenn der gesamten Gesellschaft Kürzungen zugemutet werden, dann müssen und dürfen die Minderheiten davon nicht als Einzige ausgenommen werden. Sie können es auch nicht. Das würde auch die Stellung der Minderheiten in der Gesellschaft beeinträchtigen. Auf der anderen Seite sage ich deutlich: Minderheiten sind anders zu behandeln als Grenzverbände oder Wohlfahrtsverbände. Hier gibt es den Verfassungsauftrag.
Es muss aber auch gelten, dass es nicht zu einem Ungleichgewicht zwischen der Förderung der dänischen Minderheit bei uns und der der deutschen Volksgruppe nördlich der Grenze durch den dänischen Staat und das Land Schleswig-Holstein kommen darf. Wir können nicht darauf hoffen, dass unser nördlicher Partner Defizite auffängt, die durch Kürzungen bei uns entstehen würden. Von daher werden wir diese Bereiche mit Sicherheit noch einmal genau unter die Lupe nehmen müssen und gucken, ob es im Lichte von Steuerschätzungen Veränderungen der einen oder anderen Art geben kann.
Was die Kulturarbeit der Friesen - es gibt nicht nur einen Friesen in diesem Hause - und der Sinti und Roma angeht, so müssen wir sehr sorgfältig überlegen, ob minimale Einsparungen im Landeshaushalt kulturpolitisch nicht mehr Schaden als Nutzen bringen.
Schleswig-Holstein ist die Brücke zwischen Norden und Süden und Osten und Westen. Wir sind ein Brükkenland, in dem man sich begegnen und Nachbarn treffen kann. Dieser wichtigen Funktion müssen wir uns noch stärker als bisher stellen und die sich daraus ergebenden Chancen ergreifen. Herr Kayenburg, insofern bedeutet für mich Ostseekooperation, OstNordseekooperation oder eine neue Ostpolitik, dass darin die Chancen Schleswig-Holsteins liegen. Daran müssen wir mit Kraft arbeiten. Für mich ist das viel mehr als Worthülsen, das ist ein realer Auftrag für uns alle in diesem hohen Hause.
Wir werden in diesen Tagen noch eine Debatte zum Thema Rechtsextremismus führen, das in diesem Sommer besonders in den Blick der Medien gerückt
ist. Was mögliche finanzielle Aspekte angeht, will ich nur sagen: Wir müssen uns vor einem kurzfristigen Aktionismus hüten, der nur den klaren Blick vernebelt und ignoriert, dass die bekannten Einstellungen sowohl durch Verhalten als auch durch die Verhältnisse, aber auch durch Ängste von Menschen, die wir durchaus ernst nehmen müssen, geprägt sind.
Für uns ist der Rechtsextremismus kein Modethema. Wir haben bereits vor der Sommerpause unsere Große Anfrage zu diesem Themenkomplex öffentlich vorgestellt und ich gehe davon aus, dass wir uns nach der Antwort im November auch entscheiden müssen, wo wir möglicherweise haushaltsmäßig nachbessern oder auch bei der einen oder anderen Kürzung bei Förderprogrammen umschichten müssen, um deutlich zu machen, dass das Wichtigste ist, junge Menschen nicht in den rechtsextremen Bereich abdriften zu lassen. Wir erwarten von den Verbänden aber auch, dass diese Maßnahmen aufgegriffen werden. Wir hoffen, dass durch die zur Verfügung gestellten Gelder Angebote stabilisiert und eventuell auch erhöht werden können. Es gibt viele Beispiele, durch die in den vergangenen Jahren sehr erfolgreich - manchmal auch außerhalb der Medien - Arbeit in dem angesprochenen Sinne geleistet wurde. Lassen sie mich als Beispiel die Aktion „Sport gegen Gewalt“ nennen. Das ist für mich das beste Programm gegen Gewalt, gegen Rechtsextremismus.
Ich möchte diese Gelegenheit nutzen und für meine Fraktion an dieser Stelle den Polizeibeamtinnen und -beamten unseren Dank und unsere Anerkennung für ihr besonnenes Verhalten anlässlich der vergangenen Demonstrationen von Rechtsextremisten in Neumünster aussprechen.
Die Erklärung der Polizei anlässlich der Demonstration in Neumünster vom 15. September, in der sie sich deutlich von dem menschenverachtenden Verhalten des von ihnen zu begleitenden Aufzuges der Neonazis distanzierte, ist ein Signal, von dem ich ausgehe, dass es in der Bevölkerung deutlich verstanden wurde.
Wir sind uns darüber im Klaren, dass Dank allein nicht die dauerhaft notwendige Ausstattung der Polizei ersetzt und werden deshalb in zukünftigen Haushalten einen stärkeren Blick auf diese Fragen richten müssen.
Die Entscheidung der Landesregierung, den Universitäten in Kiel und Lübeck insgesamt 5 Millionen DM zusätzlich zur Verfügung zu stellen, wird von der SPD-Fraktion voll mitgetragen. Wir streben verlässli
che und längerfristige, das heißt mindestens dreijährige Zielvereinbarungen zwischen dem Land und den Hochschulen an. Auf deren Basis müssen die Hochschulen strukturelle Einschnitte, die nicht immer ohne Schmerzen und Konflikte hingenommen werden, leisten. Uns täte mehr Gelassenheit und Abwarten gut! Die Hochschulen brauchen Planungssicherheit, die auch den jährlichen Tarifabschlüssen bis zu einem gewissen Ausmaß Rechnung tragen muss. Wir wollen uns daher dafür einsetzen, dass es nicht bei einer einmaligen Zahlung von 5 Millionen DM im Haushalt 2000 bleibt, sondern dass zumindest ein erheblicher Teil des Betrages zur dringend notwendigen Unterstützung struktureller Veränderungen an den Hochschulen des Landes auch in die mittelfristige Finanzplanung übertragen wird.
Man kann nicht häufig genug darauf hinweisen, dass Bildung einer der Schwerpunkte in dieser Legislaturperiode bleibt.
Zu den großen Herausforderungen der kommenden Jahre gehören nach wie vor eine gute Unterrichtsversorgung und vor allen Dingen die Nachwuchssicherung im Lehrerberuf. Hier werden wir - trotz Haushaltskonsolidierung - keine Abstriche machen. 200 neue Planstellen im schulischen Bereich Jahr für Jahr, jede frei werdende Planstelle wird wieder mit einem jungen Lehrer, einer jungen Lehrerin besetzt, die Stundengebermittel sollen so bleiben und 100 neue Referendarstellen - das sind klare Akzentsetzungen und sie unterstreichen deutlich den Willen der SPD-Landtagsfraktion und der SPD-Grünen Landesregierung, unseren Kindern eine gute Ausbildung zu geben. Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, wer noch mehr will, der soll dann bitte auch sagen, woher er die Mittel nehmen will.
Dies gilt auch für die Ausweitung von Betreuungsangeboten, Herr de Jager. Ich habe mit Interesse Ihren Umdruck gelesen. Sagen Sie bitte in der Debatte, woher Sie das Geld nehmen wollen.
Mit unserem Programm „ziel“, das sich aus den Instrumenten „Zukunft auf dem Lande“, „Regionalprogramm 2000“ und „ASH 2000“ zusammensetzt man kann diese drei Säulen nicht oft genug nennen -, wären dann für die kommunale Ebene viele Investitionsentscheidungen möglich, die es ohne dieses Programm mit einem Umfang von 2,3 Milliarden DM nicht gegeben hätte. Vielleicht ist es in der Sommerpause, wo ja nur wenige Nachrichten in den Zeitungen
standen, etwas untergegangen. Der Ausschuss für Agrarstruktur und ländliche Entwicklung in Brüssel hat dem Konzept „Zukunft auf dem Lande“ vor wenigen Wochen einstimmig zugestimmt. Die EUKommission hat formal dann auch noch einmal diesen Beschluss gefasst. Jetzt stehen dem Lande SchleswigHolstein bis 2006 rund 467 Millionen DM aus dem Europäischen Ausrichtungs- und Garantiefonds zur Verfügung.
Wir werden uns dafür einsetzen, dass dieses Geld und die Vorfinanzierung aus Mitteln des Bundes und des Landes für Maßnahmen von höchster Qualität eingesetzt werden. Darüber müssen Sie sich keine Sorgen machen; denn wir haben eine Vielzahl von Strukturund Entwicklungsanalysen gerade im ländlichen Bereich, die aufzeigen, in welche Richtung sich dieses Land weiterentwickeln wird. Da muss man keine Angst haben.