Protocol of the Session on September 27, 2000

Die öffentlich-rechtlichen Anstalten tummeln sich in immer größerem Umfang auf dem Werbemarkt. Das ist ganz eindeutig nicht der Sinn der dualen Rundfunkstruktur in Deutschland. Die Entwicklung läuft im Augenblick darauf hinaus, dass wir bei der Programmstruktur nur noch Privatanbieter haben und dass ein Teil davon auch noch über die Gebühren finanziert wird.

Die Öffentlich-Rechtlichen haben einen klar definierten Programmauftrag. Solange sie über Zwangsgebühren finanziert werden, müssen sie diesen Auftrag auch erfüllen. Es kann nicht sein, dass sie den Privaten immer ähnlicher werden und ihr eigenständiges Profil immer weiter verlieren. Wenn diese Entwicklung nicht gestoppt wird, dann sind langfristig die Struktur des dualen Rundfunksystems in Deutschland und insbesondere der Fortbestand des öffentlichen-rechtlichen Rundfunks gefährdet.

Ein weiteres Ärgernis ist die Nichtentscheidung zum Thema Gebührenpflicht für internetfähige PCs bis 2005. Das ist ein Ärgernis.

Mit der F.D.P. - das sage ich ausdrücklich und sage ich nicht nur für uns hier, sondern für die F.D.P. bundesweit - wird es keine Gebührenpflicht für PCs geben.

(Beifall bei F.D.P. und SSW sowie des Ab- geordneten Lothar Hay [SPD])

Niemand zwingt die Öffentlich-Rechtlichen, ihr Angebot im Internet bereitzustellen. Solange Web-Radio nicht einen signifikanten Anteil am Gesamtradioangebot hat und nur als Zusatzdienst angeboten wird, ist diese Diskussion aus der Sicht der F.D.P. nur schädlich und muss sofort beendet werden.

Ein besonderes Highlight ist die Änderung des § 73 des Landesrundfunkgesetzes. Auch hierzu hat Kollege Kayenburg schon einiges gesagt. Durch diese Neuregelung wird dem NDR die Aufgabe zugewiesen, Produktionsunternehmen zu beraten. Das Gesetz sieht weiter vor, dass der NDR über Form und Art der Beratung bestimmt, die ULR muss sich beteiligen. Sie darf aber die Rundfunkveranstalterberatung und die Infrastrukturförderung weiterhin selbst durchführen oder auf die neue Beratungseinrichtung übertragen selbstverständlich mit den dazugehörigen Haushaltsmitteln.

Wir fragen uns, Frau Ministerpräsidentin: Wen soll der NDR eigentlich beraten - sich selbst oder die eigenen Tochtergesellschaften? - Wohl kaum! Aber wen dann? Etwa private Veranstalter, am besten noch solche, die Aufträge von privaten Anbietern durchführen sollen?

(Wolfgang Kubicki)

Nur weil dem NDR etwa 1,1 Millionen DM an Mehreinnahmen aus der Gebührenerhöhung zufließen, muss nicht automatisch ein neues Gremium geschaffen werden. Es ist allen bekannt, dass die F.D.P. die Landesmedienanstalten für überholt hält. Wir haben aber eine und diese kostet uns bis zu ihrer Abschaffung 7 Millionen DM pro Jahr und beschäftigt mittlerweile 18 hauptamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Die ULR hat bereits die Aufgabe der Rundfunkveranstalterberatung. Wenn schon die Beratungsaufgabe im Gesetz festgeschrieben wird, dann muss sie wenigstens so kostengünstig und effizient wie möglich geleistet werden. Dafür ist die ULR der richtige Ort.

Auch die Möglichkeit zur Schaffung einer Förderungseinrichtung nach § 73 Abs. 5 des Landesrundfunkgesetzes ist unnötig. Damit würde nur unnötig Geld für die Vorhaltung einer Beratungsstruktur verbraucht werden, das viel dringender für die Verbesserung der technischen Infrastruktur im Land gebraucht wird.

Was nutzt denn die schöne Naturkulisse des Landes, Frau Kollegin Böhrk, wenn die Produktionsbedingungen so schlecht sind, dass die Teams trotzdem nicht ins Land kommen? Wenn schon Förderung aus Gebührenmitteln, dann in diesem Bereich!

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Rundfunkstaatsvertrag sieht eine Gebührenerhöhung vor, die nicht hinreichend begründet wird, führt zu einer weiteren Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen im dualen Rundfunksystem und führt eine Beratungsstelle ein, die absehbar außer neuen Personalkosten keinen Nutzen für das Land bringen wird.

Wir sollten uns im Innen- und Rechtsausschuss noch einmal sehr intensiv um § 73 des Landesrundfunkgesetzes kümmern. Es gibt keinen Grund, dieses Gesetz übereilt zu verabschieden, außer den, die Landesregierung will durch die Hintertür Strukturveränderungen erreichen. Deshalb stimmen wir nicht nur der Überweisung zu, sondern wir werden uns an der Beratung im Innen- und Rechtsausschuss auch sehr intensiv beteiligen.

(Beifall bei der F.D.P. und vereinzelt bei der CDU)

Das Wort hat Frau Abgeordnete Fröhlich.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Fünfte Rundfunkänderungsstaatsvertrag soll hier nun von uns beschlossen werden

beziehungsweise wir haben eigentlich im Vorweg schon gesagt, dass die wirkliche Auseinandersetzung darüber und die Beratung dazu im Innen- und Rechtsausschuss stattfinden sollen. Hier ist schon viel Kluges und Sinnvolles und Wegweisendes gesagt worden.

Ich glaube, es ist ganz wichtig, an dieser Stelle noch einmal zu betonen, dass wir Grünen natürlich uneingeschränkt zum Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks stehen und ihn auch gestärkt wissen wollen. Ich glaube auch, dass es richtig ist, im Vergleich mit Zeitungspreisen zu sagen, dass dies eine Gebührenerhöhung ist, die man tragen kann. Außerdem ist sie ja gründlich geprüft worden. Daran können wir im Grunde genommen auch gar nichts mehr machen, weil die Strukturen eigentlich total festgezurrt sind.

Deswegen würde ich es für sinnvoll halten, dem Vorschlag von Herrn Kayenburg nachzugehen und zu sagen, das nächste Mal wollen wir vor der Erörterung hier im Landtag eine Beratung im Innen- und Rechtsausschuss, um sich dann auch schon einmal über Details zu verständigen oder das Augenmerk etwas genauer darauf zu richten. Dann kann man hier vielleicht etwas qualifizierter und auch mit entsprechenden Nachfragen darüber beraten.

Der politische Spielraum bleibt dennoch sehr gering, was ich an sich in Bezug auf den Rundfunk auch richtig finde. Interessiert haben mich diesmal die Protokollnotizen. Ich finde es doch ganz interessant, dass offensichtlich den Rundfunkanstalten ausdrücklich mitgegeben werden muss, sich sozusagen in der Vorausschau auf den nächsten Schritt der Gebührenerhöhung nicht weiter zu verschulden. Ich glaube, das ist ein richtiger Schritt, bei dem man sich wahrscheinlich auch als Land an die Brust schlagen und sagen muss: Ja, genau, das ist Finanzpolitik; so müssen wir sie machen. Wir können immer nur im Rahmen der Einnahmen über die Ausgaben verfügen und nicht schon im Vorhinein alles vorwegnehmen.

Was ich auch in einer Protokollnotiz noch wichtig finde, ist etwas, was für mich dann die weitere Begründung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist, nämlich der besondere Augenmerk auf die ländlichen Räume, das heißt dahin, wo es nicht unbedingt lukrativ und nicht selbstverständlich ist, vernünftige Dienstleistungen vorzuhalten und alle Menschen in diesem Land an den Segnungen moderner Technologie zu beteiligen.

Letztlich will ich aber Folgendes sagen. Auch wenn wir womöglich die Beratungen über Rundfunkangelegenheit nicht mehr im Innen- und Rechtsausschuss behandeln würden, sie nur noch in den Wirtschaftsausschuss zu geben, Frau Böhrk, hielte ich für verkehrt. Aus unserer Sicht ist Rundfunk immer auch ein

(Irene Fröhlich)

Stück Kulturleistung. Ob das dann allerdings an den Kulturausschuss gehen soll, vermag ich hier so nicht zu sagen, weil ich glaube, dass die sowieso zu viel an der Hacke haben. Aber ich glaube, man muss einen solchen Gedanken auch mit bewegen, und zwar gerade dann, wenn man als Parlamentarierin oder Parlamentarier doch auch eine Verantwortung dafür hat, und gerade dann, wenn man sich in einer Auseinandersetzung - ich sage es einmal so - zwischen „Big Brother“ und 3 sat bewegen soll und sagen soll, wo der Weg eigentlich längs geht, wo hier Politik eigentlich auch gestaltend mitwirken soll.

(Beifall der Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Renate Gröpel [SPD])

Das Wort hat Frau Abgeordnete Spoorendonk.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Landtag hat in den meisten Punkten bezüglich der Rundfunkstaatsverträge nur sehr beschränkte Änderungsmöglichkeiten. Sobald wir den Rahmen des von den Ministerpräsidenten verabschiedeten Papiers verlassen, wird der gesamte Änderungsstaatsvertrag null und nichtig. Daher möchte auch ich deutlich machen, dass uns die Anregung des Kollegen Kayenburg in dieser Sache weiterhelfen wird. Ich finde es wichtig, dass wir im Vorwege einen Bericht bekommen, dass eine Beratung im Vorwege stattfinden kann.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Unsere Änderungsmöglichkeiten beziehen sich de facto hauptsächlich auf die Umsetzung des Staatsvertrages in Landesrecht. Ein Bereich, in dem wir aber Spielraum haben, ist die Verwendung der Mittel für besondere Aufgaben. Hier hat die Landesregierung geplant, dass in Kooperation von NDR und ULR eine Beratungsstelle eingerichtet werden soll. Das ist schon aus den anderen Redebeiträgen hervorgegangen. Diese soll die Umstellung auf neue Technologien begleiten sowie Medienfirmen darüber aufklären, welch schöne Kulisse Schleswig-Holstein für deren Produktionen bietet und welche Fördermöglichkeiten im Lande bestehen. Das begrüßen wir natürlich; denn unser Land bietet sehr viel mehr als Heimattöne, Schifffahrtromantik oder bäuerliche Provinz und das ist im Rest der Republik noch nicht genug bekannt.

Wir haben allerdings unsere Zweifel, ob für diese Einrichtung ein eigener Beirat eingerichtet werden muss oder ob diese Aufgaben nicht auch von Mitglie

dern bestehender Gremien wahrgenommen werden können. Diese Frage werden wir noch im Ausschuss erörtern müssen. Darum bin auch ich dafür, dass wir den Gesetzentwurf im Innen- und Rechtsausschuss ausführlich beraten.

Bezüglich der Vergabe terrestrischer Frequenzen für digitales Fernsehen gibt es keine Alternative zu einem Bestandsschutz für bestehende Anbieter. Besondere Aufmerksamkeit verdient aber die Protokollnotiz zu § 52 a des Rundfunkstaatsvertrages. Danach erwarten die Ministerpräsidenten eine angemessene Berücksichtigung der ländlichen Räume beim Aufbau digitaler terrestrischer Fernsehnetze. Diese Forderung ist zuerst einmal zu begrüßen; denn betrachtet man die gewöhnliche Vorgehensweise bei der Versorgung mit technischen Neuerungen, werden immer erst die Ballungsgebiete und erst später die ländlichen Bezirke mit den neuen Techniken gesegnet. Allerdings wissen wir alle, wie biegbar das Wort „angemessen“ ist. Daher besteht auch für den Landtag Anlass anzumahnen, dass die flächendeckende Versorgung auch des ländlichen Raumes mit terrestrisch basiertem digitalen Fernsehen wirklich zügig erfolgen muss. Darauf werden wir im Interesse unserer ländlichen Räume pochen müssen.

Ich möchte nicht verhehlen, dass es der SSW mit äußerster Skepsis sieht, wenn die Werbung in den Medien weiter ausgedehnt wird. Die Öffnung der Möglichkeiten einer Ausweitung der Werbung in regionalen Fernsehprogrammen mag für deren Finanzen gut sein, für die Verbraucher ist sie es nicht. Wir hoffen, dass von dieser neuen Ausnahmeregelung, die ja eine Kann-Bestimmung ist, nicht großzügig Gebrauch gemacht werden wird. Das gilt auch für die neu hinzugekommene Zulässigkeit von Werbung in Krankenhausradios und ähnlichen Formen des vereinfacht zugelassenen Einrichtungsfunks. Der Landtag hat sicherlich nur begrenzte Möglichkeiten, die Werbung in den Medien einzudämmen. Angesichts der weiteren Ausweitung der Werbung fordern wir, dass die Förderung der Kompetenzen von Kindern und Jugendlichen für den kritischen Umgang mit Werbung gestärkt wird. Diese Anstrengungen werden in den nächsten Jahren verstärkt und auf jüngere Altersgruppen ausgedehnt werden müssen.

(Unruhe)

Durch den vorliegenden Gesetzentwurf wird die Zuständigkeit der ULR für die Finanzierung von Projekten zur Stärkung der Medienkompetenz noch einmal unterstrichen. Wir fordern die ULR auf, im Rahmen dieser Aufgaben auch die Medienkompetenz für den Umgang mit Werbung zu fördern.

(Anke Spoorendonk)

Wie gesagt, im Innen- und Rechtsausschuss gibt es zu diesem Gesetzentwurf allerhand zu sagen.

(Beifall bei SSW, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und des Abgeordneten Joachim Behm [F.D.P.])

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf dem Innen- und Rechtsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe die Tagesordnungspunkte 23 und 34 auf:

Gemeinsame Beratung

a) Ladenöffnungszeiten

Antrag der Fraktion der CDU Drucksache 15/377 (neu)

b) Abschaffung des Gesetzes über den Ladenschluss

Antrag der Fraktion der F.D.P. Drucksache 15/388

c) Innenstädte und „Tante Emma“ stärken

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 15/418

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile als erstes der Frau Abgeordneten Strauß das Wort.