Mit aller Macht unsere Verfassung schützen – Extremistischer Gewalt trotzen und Radikalisierung entschlossen bekämpfen auf Antrag der Fraktion der SPD – Drucksache 18/9728 –
Kein Platz für sicherheitsgefährdenden Extremismus, Islamismus und Kalifatsfantasien – Freiheit und Rechtsstaat verteidigen auf Antrag der Fraktion der CDU – Drucksache 18/9709 –
Man hat sich darauf verständigt, diese beiden Anträge aufgrund des thematischen Zusammenhangs gemeinsam zu behandeln und in der ersten Runde eine Redezeit von 7 Minuten und in der zweiten Runde von 2 Minuten anzusetzen.
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Unser Mannheimer Nachbar Rouven Laur war ein Held. Er wurde bei einer politischen Veranstaltung ermordet, als er ein zentrales Grundrecht unseres Staates verteidigte, die Meinungsfreiheit.
Ihm und allen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten sind wir zu großem Dank verpflichtet, ein Dank, der sich kaum in Worte fassen lässt; denn sie verteidigen jeden Tag unter Einsatz ihres Lebens unsere Gesellschaft, unsere Grundwerte, nicht zuletzt unser Grundgesetz. – Vielen Dank dafür.
Knapp zwei Wochen nach dieser erschütternden Tat geht es heute im rheinland-pfälzischen Landtag darum, politische Schlussfolgerungen zu debattieren, und zwar in sachlicher Form, ohne Schaum vor dem Mund; denn nur das ist angemessen.
Es ist daher auch richtig und gut, dass die zwei Volksparteien in Abstimmung mit den demokratischen Fraktionen ihre Aktuellen Debatten zu einer zusammengelegt haben. – Lieber Gordon, herzlichen Dank dafür.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Mord in Mannheim wurde von einem afghanischen Täter begangen, der islamistisch geprägt war. Damit passt die Tat leider zum jüngst veröfentlichten Verfassungsschutzbericht RheinlandPfalz; denn dieser Bericht und auch andere Berichte geben ein klares Bild. Die größte Bedrohung für die Demokratie sind der Rechtsextremismus und der Islamismus. Diese zwei Extreme sind im Kern gleich: Sie wollen die Unfreiheit von Menschen. Für sie steht einer über dem anderen, Männer über Frauen, und ihnen sind Gewalt und Terror als Mittel recht. Wer anderes behauptet, liebe Kolleginnen und Kollegen, der verhöhnt die Realität.
Erstens muss unser Rechtsstaat mit klarer Kante zeigen, dass er wehrhaft sein kann und wehrhaft ist. Politik, Verwaltung, Sicherheitskräfte und Justiz müssen dafür sorgen, dass in Deutschland niemand unbestraft bleibt, der die freiheitlichen Grundsätze angreift, seien es Nazis, seien es Reichsbürger, Linksradikale oder Islamisten. Aus diesem Grund ist es so wichtig, dass die Polizei und der Verfassungsschutz sehr gut aufgestellt sind und mit hohem Druck ermitteln können.
Zweitens, liebe Kolleginnen und Kollegen, sollten verantwortungsvolle Demokraten an folgender Doppelbotschaft immer festhalten: Die Mehrheit der nach Deutschland Geflüchteten ist willkommen, weil sie Schutz suchen und gesetzestreu sind. Zugewanderte gehören zu uns, zu Deutschland, ohne Einschränkung.
Straftäter, Schwerststraftäter und islamistische Gefährder ohne deutschen Pass aber müssen schnellstmöglich abgeschoben werden, auch zurück in Staaten wie Afghanistan und Syrien.
Aber – auch das ist ein wichtiges Aber an dieser Stelle, liebe Kolleginnen und Kollegen – wir müssen auch der Wahrheit ins Auge blicken und erklären, warum es sehr schwierig ist, manche Gewalttäter aus Deutschland herauszubekommen, weil sie keine Pässe haben, Länder wie Somalia kein funktionierender Staat sind und weil Deutschland zum Glück – das dürfen wir bei dieser Debatte nie vergessen – ein Rechtsstaat ist.
Drittens, liebe Kolleginnen und Kollegen, müssen wir mittel- und langfristige Strategien verfolgen, Maßnahmen zur Demokratiebildung, die Förderung von Partizipation und bürgerschaftlichem Engagement. Sie müssen weiter gestärkt werden, damit Menschen eben nicht in radikale Milieus abgleiten.
Lassen Sie mich als gutes Beispiel an dieser Stelle die rheinland-pfälzische Präventionsagentur auführen. Sie klärt seit 25 Jahren bezüglich Extremismus auf und hat schon fast 40.000 Menschen erreicht. Präventionsarbeit, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist auch so wichtig, weil heute in sozialen Medien leichter als früher extremistische Parolen kursieren. Dieser Hetze ist durch Medienbildung und Fake-News-Enttarnung entgegenzutreten und durch die konsequente Löschung von Hassbeiträgen.
An dieser Stelle gibt es ein neues Gegenmittel. Seit Mitte Mai kann die Bundesnetzagentur – auch das hatten wir schon debattiert – dank des Gesetzes über die digitalen Dienste gegen Verunglimpfungen in den sozialen Medien und gegen Fake Videos vorgehen. Der Chef der Bundesnetzagentur hat jüngst eine harte Gangart angekündigt, und wir werden darauf achten, dass es nicht bei einer Sonntagsrede bleibt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen die Wellen des Hasses im Internet auch durch harte Strafverfolgung und aufsehenerregende Aktionen brechen. Vergangene Woche haben die deutschen Strafverfolgungsbehörden an einem Aktionstag über 130 Maßnahmen gegen Hetze im Netz durchgeführt. Auch in Rheinland-Pfalz, Herr Innenminister, fanden Razzien statt. Erneut war über die Hälfte der bearbeiteten Hass-Postings der politisch motivierten Kriminalität rechts zuzurechnen. Es ging also um volksverhetzende Inhalte, um Propagandadelikte, das Verwenden von Hakenkreuzzeichen oder anderer widerlicher NS-Symbolik.
All das beweist einmal mehr, die braune Saat treibt im Internet aus, und es wird unser stetiger Kampf bleiben, sie dort eben auch zurückzudrängen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich abschließend sagen, vielleicht reicht das auch alles noch nicht aus. Desinformation, Hass und – besonders schlimm – auch Antisemitismus breiten sich auf TikTok und auf Kanälen wie Telegram aus. Durch den TikTok-Algorithmus werden immer neue Videovorschläge produziert. Extremisten nutzen diese Dynamik aus und
steuern manchmal auch ganz subkutan ihre verachtenswerten Parolen in die Algorithmen der Nutzer. Soziale Medien werden durch diese extremistische Unterwanderung zu Brandbeschleunigern für Radikalisierung.
Es ist vollkommen klar, unser Rechtssystem gilt eben auch für TikTok. Dort muss es ebenfalls robust durchgesetzt werden. Vielleicht kann dies nur gelingen, wenn TikTok neu reguliert, verkauft wird. Dieser Schritt steht in den USA wohl bald an. Vielleicht finden wir aber auch in Europa gute Hebel, um gegen diese Blitzradikalisierungen im Internet weiter voranzukommen.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kollegen! In diesen Wochen werden in den Bundesländern die Verfassungsschutzberichte vorgestellt. Dabei ist ein grundlegender Befund festzustellen. 75 Jahre nach Verabschiedung unseres Grundgesetzes, dem Fundament unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung, ist die Bedrohung durch Extremismus für unsere Demokratie größer als je zuvor.
Das müssen wir sehr ernst nehmen. Ob Rechtsextremismus, Linksextremismus oder Islamismus, Extremisten eint, dass sie Freiheitlichkeit und Rechtsstaatlichkeit und damit die Grundfesten unserer Gesellschaftsordnung bekämpfen. Sie stellen eine große Gefahr für unser Gemeinwesen dar.
Die von Reichsbürgern, Landesverrätern oder Spionage ausgehende Bedrohung ist aber auch so hoch wie nie zuvor. Dem, meine Damen und Herren, muss sich der Rechtsstaat mit aller Härte und Konsequenz entgegenstellen.
Ich frage mich: Was ist los in unserem Land? Da gehen zum Beispiel in Hamburg Tausende auf die Straße, fordern ein Kalifat, eine neue Ordnung in einem Gottesstaat mit Scharia, Tausende, die gern die Annehmlichkeiten unseres Wohlfahrtsstaates und die Freiheiten unseres Grundgesetzes genießen, die sie anderswo nicht hätten.
Da gehen Tausende auf die Straße und bejubeln ohne Scheu die bestialische Ermordung von über 1.000 Kindern, Frauen, Männern, Alten und Jungen durch
Da äußern einzelne Professorinnen und Professoren deutscher Hochschulen und Universitäten ofen und ohne Scheu antisemitische Botschaften.
Es ist richtig, diese Menschen zu brandmarken. Wenn es aber in den privaten Bereich hineingeht bis hin zu den Eltern und Arbeitgebern, muss das auch für Judenhasser, Antisemiten und Islamisten gelten.
Da verbreiten deutschsprachige Prediger und Influencer ihre radikalen, illiberalen Botschaften auf TikTok. Sie haben Hunderttausende Follower und Millionen von Likes von jungen Menschen, die gern von der Freiheit hier profitieren. Da werden in Nordrhein-Westfalen und Brandenburg zwei jugendliche Islamisten – 15 und 16 Jahre alt – festgenommen, die einen Terroranschlag auf einen Weihnachtsmarkt geplant haben sollen, um Ungläubige zu töten.
Da wird ein junger Polizist in Mannheim von einem radikalisierten afghanischen Flüchtling brutal ermordet, ermordet von einem Flüchtling, der hier Aufnahme und Hilfe gefunden hat.
Meine Damen und Herren, das, was in Mannheim geschehen ist, stellt eine Zäsur dar. Es ist schockierend und lässt uns fassungslos zurück. Unsere Gedanken sind bei den Angehörigen des jungen Polizisten, der sein Leben noch vor sich hatte. Wir trauern mit ihnen.
Unsere Gedanken sind aber auch bei unseren und vielen anderen Polizistinnen und Polizisten, die sich tagtäglich in den Dienst für diese Gesellschaft stellen und dabei Risiken für Leib und Leben eingehen.
Dabei muss eines ganz klar sein: Die Geschehnisse der zurückliegenden Monate und der brutale Mord in Mannheim müssen Konsequenzen haben, klare, unmissverständliche, eindeutige Konsequenzen. Die Zeit folgenloser Lippenbekenntnisse muss vorbei sein;
denn, meine Damen und Herren, bei allen Anfeindungen, denen unsere freiheitliche Demokratie ausgesetzt ist, wird die massive Ausbreitung des politischen Islam zu einer immer stärker anwachsenden Gefahr für unseren Staat, unsere Sicherheit und die Art, wie wir leben und leben wollen; denn Deutschland hat in diesem Bereich ofensichtlich ein Sicherheitsproblem. Dies ist
auch auf die zu liberale Migrationspolitik der zurückliegenden Jahrzehnte zurückzuführen. – Ja, da muss sich auch die Union kritisch hinterfragen.