Protocol of the Session on January 29, 2020

Wir sind gebrannte Kinder. Wir erinnern uns an die Festlegung und Änderung der Geschäftsordnung für die Ausschusssitze. Dahin wollen wir nicht. Was hindert uns eigentlich daran, aus jeder Fraktion aus diesem Parlament eine Person zu benennen?

(Abg. Martin Haller, SPD: Ach, darum geht es!)

Was hindert uns denn daran? Wir wollen doch kontrollieren, und wir sind alle in dieses Parlament gewählt, um auch zu kontrollieren. Das haben die Experten klar angesprochen: Natürlich ist die Trennung von Verfassungsschutz und Polizei nicht klar genug. Der Verfassungsschutz ist gegenüber der Polizei nicht weisungsbefugt. Das hätte deutlicher und klarer noch einmal kommen müssen.

Uns geht es in erster Linie darum, dass dezidiert und auch ruhig in der Tiefe klargemacht wird, was gemeint ist, wenn wir von Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit sprechen. Das war vorher drin. Das war klar definiert. Das ist jetzt draußen, was Möglichkeiten zur Interpretation gibt. Das finden wir nicht gut. Deshalb haben wir nicht zugestimmt.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht Abgeordnete Monika Becker.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir befassen uns noch einmal mit dem Landesverfassungsschutzgesetz. Ich möchte mich an dieser Stelle

zunächst bei den Teilnehmerinnen und Teilnehmern der gemeinsamen Sitzung des Innen- und Rechtsausschusses bedanken, besonders bei der Vorsitzenden des Rechtsausschusses, Frau Kohnle-Gros, und dem Vorsitzenden des Innenausschusses, Herrn Hüttner, dass sie dieses Format zugelassen haben.

In diesem Format konnten alle Fraktionen, und zwar gemeinsam, mit dem Justizminister, mit dem Innenstaatssekretär, mit dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit und dem Leiter des Verfassungsschutzes die Dinge beraten und offene Punkte, die noch zu diskutieren waren, insbesondere im Hinblick auf datenschutzrechtliche Fragen abschließend klären.

Insgesamt waren sich die Mitglieder des Innen- und Rechtsausschusses einig, dass der Entwurf mit Blick auf die Herausforderungen des Verfassungsschutzes und seiner herausragenden Bedeutung als tragende Säule unserer Sicherheitsarchitektur als gelungen zu bezeichnen ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der uns heute vorliegende Änderungsantrag, den Wolfgang Schwarz schon vorgestellt hat, greift die in dieser Sitzung geäußerten Anregungen auf. So wird die Norm zur Videoüberwachung konkretisiert und rechtsklarer formuliert. Zudem sollen zukünftig – das war das, was Wolfgang Schwarz noch einmal für die SPD eingebracht hat – keine Geistlichen im seelsorgerischen Bereich sowie Strafverteidiger und Personen, die an diesen beruflichen Tätigkeiten mitwirken, als Vertrauenspersonen angeworben und eingesetzt werden können.

Da gerade das Vertrauensverhältnis bei den Tätigkeiten dieser Berufsgeheimnisträger besonders schützenswert ist, halten wir den Änderungsantrag für nachvollziehbar und unterstützen ihn.

Meine Damen und Herren, nach der Reform des Polizeiund Ordnungsbehördengesetzes im Jahr 2017 ist die Novelle des Verfassungsschutzgesetzes somit die zweite wichtige Reform der Koalition, um unsere Sicherheitsbehörden an die Erfordernisse und Herausforderungen der heutigen Zeit anzupassen. Wir geben der Abteilung rechtssichere und zeitgemäße Leitlinien für ihre bedeutende Arbeit. Dadurch kann der Verfassungsschutz auch in Zukunft hochagile und digital vernetzte Verfassungsfeinde aufspüren und beobachten.

Zusammenfassend kann man also sagen: Das neue Verfassungsschutzgesetz weitet erstens die Befugnisse des Verfassungsschutzes vor dem Hintergrund der zunehmenden Digitalisierung und der digitalen Mobilität von Verfassungsfeinden aus. Demgegenüber unterliegt zweitens die Arbeit des Verfassungsschutzes noch deutlicher als bisher der parlamentarischen Kontrolle. Drittens werden die hohen Anforderungen an den individuellen Datenschutz auch von unbeteiligten dritten Personen gewahrt.

Aus diesem Grund folgen wir Freie Demokraten der Beschlussempfehlung des Innenausschusses und unterstützen den Entwurf ausdrücklich. Ich darf mich noch einmal persönlich für die gute Zusammenarbeit, die wir über viele Monate an diesem Gesetz hatten, sehr bedanken. Es war eine sehr gute Zusammenarbeit. Dass es ein guter Ge

setzentwurf war, macht, glaube ich, auch deutlich, dass die CDU gesagt hat, wir machen da mit. – Es ist ein vernünftiger Entwurf, und noch einmal ein herzliches Dankeschön auch dafür.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht die Abgeordnete Pia Schellhammer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ein handlungsfähiger freiheitlicher Rechtsstaat ist ein Staat, der seine demokratischen Prinzipien verteidigt und dabei die Rechte des Einzelnen wahrt. Mit dem vorliegenden Update des Landesverfassungsschutzgesetzes stärken wir unsere wehrhafte Demokratie und bewahren die Freiheitsrechte des Einzelnen.

Dass es notwendig ist, dass wir dieses Update dringend brauchen, hat auch die Debatte von heute Mittag gezeigt, nämlich über Hass und Hetze. Es ist notwendiger denn je, dass wir unsere freiheitliche Grundordnung schützen und unsere Demokratie wehrhaft verteidigen. Deswegen ist es ein guter Tag, dass wir heute dieses Gesetz beschließen.

(Zurufe von der AfD)

Im neuen Gesetz statten wir den Landesverfassungsschutz mit neuen Befugnissen aus, damit er seine Beobachtungsaufgabe auch in der digitalen Welt effektiv wahrnehmen kann. Wir konkretisieren bestehende Befugnisse, um Rechtsklarheit und Rechtssicherheit zu schaffen. Dabei war uns immer wichtig, Maß zu halten und nicht über das Ziel hinauszuschießen.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Ach! Sie wollen die Meinungsfreiheit einschränken!)

Deswegen haben weder die Online-Durchsuchung noch die Quellen-TKÜ (Quellen-Telekommunikationsüberwa- chung) oder die Vorratsdatenspeicherung Eingang in das Gesetz gefunden. Wir passen den rheinland-pfälzischen Verfassungsschutz an die Herausforderungen der digitalen Zeit an, ohne ihn dabei zu einer Datenkrake werden zu lassen.

Ein Kernstück des Gesetzes – das haben wir hier auch schon erörtert – ist die parlamentarische Kontrolle; denn Sicherheitspolitik muss immer Hand in Hand mit Freiheitsolitik gehen. Mehr Befugnisse müssen deswegen automatisch mehr Kontrolle bedeuten. Aus diesem Grund bekommt die PKK zukünftig mehr Kontrollmöglichkeiten zusätzlich zum bereits bestehenden Recht auf Akteneinsicht.

Wir haben es schon gehört, zukünftig wird es eine Geschäftsstelle geben. Man kann sich von Sachverständigen beraten lassen. Man hat auch jederzeit die Möglichkeit, die Räumlichkeiten des Verfassungsschutzes zu betreten. Und man kann öffentlich das Handeln der Verfassungsschutzbehörde bewerten und hat ein aktives Befragungsrecht.

Zusätzlich – auch das ist ein wichtiger Punkt, den uns Entwicklungen in anderen Bundesländern gezeigt haben – haben wir neben diesen Kontrollmöglichkeiten eine Whistleblower-Regelung geschaffen, damit sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Verfassungsschutzes vertrauensvoll an die Parlamentarische Kontrollkommission wenden können, wenn sie Missstände vorfinden.

Mit diesem Gesetz gehen wir insgesamt einen Weg für mehr Transparenz, eine bessere Überprüfbarkeit und eine zielgenaue digitale Arbeitsweise, die ein effektives Handeln des Verfassungsschutzes ermöglicht.

Wichtig ist – auch darüber haben wir im Ausschuss diskutiert – die Frage der Größe der PKK. Dabei geht es darum, die Mehrheitsverhältnisse im Parlament und nicht, wie es hier diffamierend dargestellt wurde, eine Mehrheit abzubilden, eine Regierungsmehrheit. Es geht um die Mehrheitsverhältnisse im Parlament.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Ja, Sie wollen sich selbst kontrollieren!)

Deswegen haben wir uns angeschaut, wie die parlamentarische Praxis in anderen Bundesländern ist. In acht Bundesländern sowie im Bund wird im Verfassungsschutzgesetz keine Anzahl, sondern jeweils zu Beginn der Legislaturperiode, wie wir es auch bei Ausschusszusammensetzungen haben, die jeweilige Größe und Zusammensetzung festgelegt.

Auch das ist eine Mär, die wir hier gehört haben, und es ist sehr durchsichtig, worum es von der AfD so kritisiert wurde. Es ist Teil dieser Verächtlichmachung staatlicher Institutionen,

(Zuruf des Abg. Matthias Joa, AfD)

was auch der Chef des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Haldenwang, in seiner Begründung gesagt hat. Im Kern ist es eine gezielte Verächtlichmachung staatlicher Institutionen, die die AfD an den Tag legt.

(Abg. Michael Frisch, AfD: Sie wollen keine kritische Opposition in den Gremien, das ist doch der entscheidende Punkt!)

Und genau das erleben wir auch heute wieder. Sie haben immer wieder das Wort „weisungsbefugt“ in den Mund genommen. Das zeigt einfach nur, Sie haben sich nicht konkret mit dem Gesetz auseinandergesetzt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wer lesen kann, ist klar im Vorteil. Wenn man unter „Aufgaben“ in § 5 schaut, dann ist ganz klar, wann der Verfassungsschutz tätig wird: Wenn er tatsächliche Hinweise hat, wenn Tatsachen vorliegen, dann wird der Verfassungsschutz tätig. Er ist also nicht an eine Weisung des Ministers an dieser Stelle gebunden. Es ist keine Weisungsbefugnis, sondern er wird aus sich heraus, wenn er solche Entwicklungen wahrnimmt, tätig.

Genau dasselbe gilt für das Trennungsgebot. Das ist klar in § 2 Abs. 2 geregelt. Sie wollen hier einfach wieder Fake

News verbreiten und damit staatliche Institutionen diffamieren. Damit lassen wir Sie nicht durchkommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wir haben uns die Stellungnahmen im Ausschuss – auch die des Landesbeauftragten für den Datenschutz – genau angeschaut. Wir haben deswegen noch einmal eine kleine Änderung, eine Präzisierung vorgenommen. Genau darum nämlich hat er gebeten, zum Beispiel was die Videoüberwachung anbelangt. Das haben wir jetzt vorgelegt.

Ich bin sehr dankbar über die Art und Weise, wie wir über den Verfassungsschutz diskutiert haben. Ich lasse jetzt einmal diese Diffamierung der AfD

(Glocke der Präsidentin)

an der Stelle beiseite. Wir haben sachlich darüber diskutiert, was notwendig ist, um unsere Verfassung zu schützen. Ich danke deswegen ausdrücklich meinen Koalitionspartnern und auch der CDU dafür, dass wir auf dieser Grundlage diskutieren konnten. Es ist ein guter Tag. Nach 20 Jahren haben wir endlich eine Novelle des Landesverfassungsschutzgesetzes.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Zu einer Kurzintervention erteile ich das Wort dem Abgeordneten Uwe Junge.

Frau Schellhammer, immer wieder das Gleiche.

(Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Weil es richtig ist, Herr Junge!)

Kritik wird als Hass oder Hetze dargestellt oder als Diffamierung. Nehmen Sie es doch einfach einmal so hin, wie man es tatsächlich gesagt hat. Es gibt Nachhol- und Nachbesserungsbedarf.

Und eine Belehrung darüber, ob ich meinem Staat gedient habe oder nicht, brauche ich nicht. Wirklich nicht. Ich habe das getan, ich kann es auch nachweisen.