Schriftführende Abgeordnete sind Kollege Reichert und Kollegin Kinkel, die auch die Redeliste führen wird.
Entschuldigt fehlen heute Abgeordneter Ahnemüller, die Kollegin Sahler-Fesel und der Abgeordnete Wink sowie Staatsministerin Höfken und Staatsministerin Dr. Hubig, Staatssekretärin Raab und Staatssekretär Dr. Weinberg.
Wir beginnen mit der Mündlichen Anfrage der Abgeordneten Michael Hüttner, Nina Klinkel, Johannes Klomann und Benedikt Oster (SPD), Tests zu neuen Anund Abflugverfahren im Februar 2020 – Nummer 1 der Drucksache 17/10791 – betreffend.
1. Wie beurteilt die Landesregierung die jüngsten von der Deutschen Flugsicherung vorgestellten Pläne?
3. Wie beurteilt die Landesregierung die unter anderem von der Initiative gegen Fluglärm in Rheinhessen vorgebrachte Einschätzung, aus dem Testbetrieb könne eine dauerhafte Situation entstehen?
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Landesregierung darf ich antworten
und damit beginnen, dass es gerade erst ein paar Wochen her ist, dass Pläne der Deutschen Flugsicherung GmbH (DFS) zur Luftraumabsenkung im Bereich Bingen und Stromberg für Unmut gesorgt haben. Darüber haben wir auch im Plenum gesprochen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, ebenso lassen die aktuellen Pläne der DFS zur geänderten Nutzung des Start- und Landebahnsystems am Flughafen Frankfurt aus Sicht der Landesregierung nichts Gutes erahnen; denn hiermit sind auch Auswirkungen auf die Nutzung der Flugrouten verbunden. Nach den vorliegenden Informationen steht der Probebetrieb im Zusammenhang mit dem Bau des dritten Passagierterminals. Mit dem Probebetrieb sollen nach Angaben der DFS Sicherheits-, Kapazitäts- und Pünktlichkeitsanforderungen der Zukunft getestet werden.
Nach dem aktuellen Betriebskonzept für den Flughafen Frankfurt werden zwei Pisten für Starts und zwei Pisten für Landungen genutzt. Mit dem Probebetrieb soll eine gleichzeitige Nutzung von Center- und Südbahn zum Starten und Landen im Mixed Mode getestet werden. Dies soll bei gleicher Verteilung der Flüge eine dichtere Staffelung der Flugzeuge ermöglichen.
Der Testbetrieb soll im Zeitraum vom 3. Februar bis zum 25. März 2020 täglich längstens zwischen 6:00 bis 22:00 Uhr erfolgen. In dieser Zeit ist vorgesehen, dass bei Westwind alle Abflüge über die Startbahn West und die Südumfliegung abgewickelt werden. Erklärtes Ziel ist die Erhöhung der Flugkapazitäten, um im Bedarfsfall am Flughafen Frankfurt bis zu 126 Flugbewegungen pro Stunde zu ermöglichen. Dies entspricht dem im Planfeststellungsbeschluss genannten Höchstwert.
Im Einzelnen beantworte ich die Fragen wie folgt. Zu Frage 1: Seit dem Ausbau des Flughafens Frankfurt haben die Bewohnerinnen und Bewohner von Mainz und Rheinhessen eine stark angestiegene Belastung durch Fluglärm zu ertragen.
Mit der sogenannten Südumfliegung und der neuen Landebahn Nordwest werden seit dem Jahr 2011 viele Tausend Menschen in Rheinland-Pfalz deutlich stärker belastet. Dies gilt sowohl für die Anwohnerinnen und Anwohner, die in der Hauptbetriebsrichtung, als auch für jene, die in der Nebenbetriebsrichtung des Flughafens Frankfurt betroffen sind.
Anstatt der angestrebten größeren Verteilung von Flügen auf die verschiedenen Flugrouten soll jetzt genau das Gegenteil erfolgen. Bei Westwind sollen zukünftig alle Abflüge über die Startbahn West sowie die Südumfliegung und damit – das beklagen wir seit vielen Jahren – über die Landeshauptstadt und über Rheinhessen abgewickelt werden.
Die bisherigen Nordwestabflüge über hessisches Gebiet sollen im Testzeitraum ganz eingestellt werden. Die Pläne der DFS hält die Landesregierung für nicht akzeptabel, da in immer stärkerem Maße Fluglärm nach Rheinhessen verlagert wird. Schon heute wird die Region westlich des
Flughafens bei den nördlichen und südlichen Gegenanflügen durch niedrige Flughöhen – wir wissen es – sehr stark belastet.
Die angekündigten Tests offenbaren erneut die grundlegenden Schwächen des gesamten Ausbau- und Flugroutenkonzepts für den Flughafen Frankfurt.
Zu Frage 2: Die Pläne wurden erstmals am 4. Dezember 2019 von der DFS in der Fluglärmkommission Frankfurt vorgestellt. Die Landesregierung hatte zuvor keine Kenntnis über die vorgesehenen Tests zu neuen An- und Abflugverfahren am Flughafen Frankfurt. Die geplanten Tests wurden auch nicht im Rahmen der Abstimmungsgespräche mit der DFS am 1. Oktober 2019 angesprochen.
Zu Frage 3: Gemäß Planfeststellungsbeschluss zum Ausbau des Flughafens Frankfurt sind bis zu 701.000 Flugbewegungen jährlich zulässig. Gegenstand des Ausbaukonzepts ist auch der bereits im Bau befindliche neue Terminal 3. Es liegt auf der Hand, dass sich mit der Inbetriebnahme des Terminals 3 die Anzahl der Flugbewegungen weiter deutlich erhöhen wird. Bei dichterem Flugverkehr sind in den nächsten Jahren daher weitere Verschlechterungen der Flugverfahren und eine Verschiebung des Fluglärms nach Rheinhessen zu erwarten.
Es ist deshalb mehr als nachvollziehbar, dass sich die Fluglärminitiativen wegen des Testbetriebs Sorgen machen. Diese Sorgen teilt die Landesregierung. Sie sind berechtigt. Mit dem geplanten 20-tägigen Test neuer Anund Abflugverfahren wird ganz konkret schon jetzt die Zeit nach der Inbetriebnahme des Terminal 3 vorbereitet.
Die neuen An- und Abflugverfahren werden daher perspektivisch zu einem Dauerzustand werden. Der geplante Testbetrieb wurde deshalb auch in der letzten Sitzung der Fluglärmkommission Frankfurt kritisch kommentiert.
Zur letzten Frage, zu Frage 4: Die Landesregierung hat rechtlich keinen Einfluss auf die Kapazitätserweiterung auf dem Flughafen Frankfurt und die Lärmbelästigung, die von den von der DFS erteilten Flügen über Rheinland-Pfalz ausgehen. Die Landesregierung hat ebenso wenig eine Einflussmöglichkeit auf die Planung der DFS zu Flugrouten und die Belegung der einzelnen Flugrouten.
Die rheinland-pfälzische Landesregierung ist an dem Verfahren zur Gestaltung der Flugrouten weder unmittelbar beteilig, noch kann sie die Einrichtung von Flugrouten mit rechtlichen Mitteln beeinflussen oder verhindern. Die Mitwirkungsrechte können nur durch eine Änderung der luftverkehrsrechtlichen Bestimmungen beim Fluglärmschutz nachhaltig gestärkt werden.
Herr Minister, vielen Dank für die Ausführungen. Hat die Landesregierung Kenntnis darüber, ob die Absenkung der Anflüge etwas mit einer mangelnden Personalausstattung
Das kann ich Ihnen jetzt nicht beantworten. Wir gehen dem gern noch einmal nach, weil das ein Hinweis wäre, bei dem man – freundlich ausgedrückt – sehr nervös werden müsste. Flugsicherung muss auf höchstem Niveau laufen, insbesondere dann, wenn die Kapazitäten in diesem dicht besiedelten Raum dauernd erhöht werden.
Herr Minister, wie kann die einseitige Verteilung der Routen über Rheinhessen durch die DFS begründet werden? Sie haben es erwähnt, es war vorgesehen, dass die Routen eigentlich eine größere Streuung erfahren sollten.
Die eine Seite sind der Wunsch und die Forderung der Landesregierung und der Menschen in Mainz und in Rheinhessen. Das andere ist das Vorgehen der DFS. Ich habe Ihnen eben erklärt, dass rechtlich die Einwirkungsmöglichkeiten äußerst gering sind und wir an die Landesregierung in Hessen appellieren. Wenn allerdings im Testbereich Flugrouten über Hessen ausgesetzt werden und gefühlt alles nach Rheinland-Pfalz verlagert wird, ist das ein politisches Problem. Das muss man versuchen, politisch zu lösen.
Ich glaube, die DFS kann sich rechtlich auf ihre Position zurückziehen. In Ordnung ist es allemal nicht, da gebe ich Ihnen ausdrücklich recht.
Herr Minister, habe ich Sie richtig verstanden, dass die Landesregierung einen direkten Zusammenhang zwischen diesen Tests und den Kapazitätssteigerungen mit Blick auf das dritte Terminal sieht?
Ich habe ausgeführt, wir glauben, das eine dient der Vorbereitung des anderen, und damit ist automatisch der innere Zusammenhang hergestellt. Das lässt wenig Schönes erahnen. Ich gebe Ihnen absolut recht.
Herr Minister, gibt es Ihrerseits Kenntnisse über BeinaheKollisionen im rheinhessischen Flugraum, was in letzter Zeit wieder verstärkt im öffentlichen Fokus steht?
Ich kann Ihnen über das hinaus, was bekannt gegeben wurde, aktuell nichts Neues nennen. Sie werden in aller Regel veröffentlicht. Das muss auch so sein. Wir haben zugesagt, dass wir die eine Situation, die in der ersten Frage benannt wurde, nachreichen werden. Wir schließen diese Frage, wie aktuell die Situation ist, an.
Allerdings ist klar: Wenn in dem Maße, wie ich es Ihnen geschildert habe, der Luftraum verdichtet wird, gehen die Gefahren für solche Beinahe-Kollisionen – hoffentlich bleibt es bei beinahe – nach oben.