Protocol of the Session on November 14, 2019

(Glocke des Präsidenten)

sowie auf Bundesebene dafür sorgt, dass die Interessen eines Flächenlandes, eines kleinstrukturierten Landes wie Rheinland-Pfalz, dort endlich gehört werden. Das wollen wir mit dieser Aktuellen Debatte unterstreichen.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Dr. Gensch.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Tatsächlich befinden sich die Krankenhäuser nicht nur in unserem Bundesland, aber auch in unserem Bundesland in einer existenzgefährdenden Notlage. Dies haben gerade die letzten Wochen noch einmal verdeutlicht. Das Krankenhaus Rodalben ist von der Schließung bedroht. Die geplante Schließung der Loreley-Kliniken, die Katholischen Kliniken Lahn GmbH mit ihrem Insolvenzantrag, die ViaSalus in Dernbach und die Bad Kreuznacher Diakonie sind aktuelle Beispiele.

Meine Damen und Herren, es steht außer Frage, dass wir auf allen politischen Ebenen weitere Maßnahmen ergreifen müssen, um die Finanzierung der Krankenhäuser zu verbessern,

(Beifall der CDU)

auch auf der Bundesebene mit einer Verbesserung der Betriebskostenfinanzierung im DRG-System.

Meine Damen und Herren, zuallererst – so verstehe ich politische Verantwortung –, bevor wir Verantwortung abschieben, müssen wir doch in Rheinland-Pfalz unsere Hausaufgaben in den Bereichen machen, die in unserer politischen Verantwortung liegen.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Das sind im Bereich der Krankenhauspolitik zwei ganz zentrale Handlungsfelder. Das sind die Landeskrankenhausplanung und die Krankenhausinvestitionsförderung. Das sind Instrumente der Landespolitik, um Krankenhauspolitik in Rheinland-Pfalz zu gestalten.

(Beifall bei der CDU)

Die Verantwortung nur auf den Bund, auf gesetzgeberische Änderungen abzuschieben,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Das hat doch keiner gemacht!)

die zu Verbesserungen geführt haben bzw. sie, wie in den letzten Wochen, auf die Träger abzuschieben, mit denen

man zwar ständig im Dialog ist, aber von deren Entwicklungen man dann doch immer überrascht wird und enttäuscht ist, ist eine zu billige Strategie und wird dem Anspruch dieses Parlaments an die rheinland-pfälzische Gesundheitspolitik nicht gerecht, meine Damen und Herren.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Erster Punkt: Krankenhausplanung. Frau Ministerin, Sie haben sich vor nicht einmal einem Jahr, am 18. Dezember 2018, in einer Pressemitteilung zum neuen Landeskrankenhausplan wie folgt geäußert: „Eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung der Menschen in Rheinland-Pfalz steht im Mittelpunkt der Landeskrankenhausplanung. Ich bin mit Blick auf den Maßnahmenkatalog im neuen Krankenhausplan optimistisch, dass wir die richtigen Antworten auf die gegenwärtigen Herausforderungen vorgezeichnet haben.“

Sie definieren die Hauptziele des Landeskrankenhausplans: Aufrechterhaltung der flächendeckenden Versorgung, ländliche Standorte bedarfsgerecht erhalten, Erreichbarkeit garantieren, Qualität weiterentwickeln. – Keine zwölf Monate später hat Sie die Realität überholt. Ihr Plan ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben steht.

(Beifall der CDU)

Sie haben eine anspruchslose Fortschreibung bisheriger Pläne geliefert. Meine Damen und Herren, von einer zukunftsweisenden Strukturplanung zu einer zukunftstragfähigen Strukturplanung keine Spur.

(Beifall der CDU)

Das Ganze hat auch noch eine Verzögerung um zwei Jahre nach sich gezogen. Wir brauchen in diesem Land eine Landeskrankenhausplanung, in der wir die zwei politischen Kernziele, die Wohnortnähe für Patienten zu erhalten und medizinische Qualität zu sichern, in Einklang miteinander bringen. Das ist Ihre, das ist unsere Aufgabe in RheinlandPfalz.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Zweiter Punkt: Krankenhausinvestitionsförderung. Das ist eine ureigene Landesaufgabe. Dieser Verantwortung kommen Sie ebenfalls seit vielen Jahren nicht nach.

Ich zitiere die rheinland-pfälzische Krankenhausgesellschaft: Infolge der nicht ausreichenden Fördermittel hat sich eine zunehmende Unterfinanzierung notwendiger Investitionen im Krankenhausbereich entwickelt. Die sich ständig vergrößernde Schere zwischen dem Investitionsbedarf der Krankenhäuser und der tatsächlichen Förderung gefährdet nicht nur auf Dauer, sondern auch gegenwärtig ein wirtschaftliches Handeln der einzelnen Krankenhäuser und die wirtschaftliche Sicherung der Krankenhäuser insgesamt. –

Meine Damen und Herren, die Investitionsquote in Rheinland-Pfalz liegt mit 2,9 % unter dem Bundesdurchschnitt. Wir liegen auch weit unter einer angemessenen Investitionsquote.

Sie liegen im Jahr 2019 noch 18 Millionen Euro unter der Fördersumme der Krankenhausinvestitionsmittel im Jahr 2001. Baupreisindex, Inflation, all diese Entwicklungen sind da noch gar nicht eingerechnet. Laut Krankenkassen und der Krankenhausgesellschaft Rheinland-Pfalz haben sie eine jährliche Förderlücke von mindestens 100 Millionen Euro. Der angelaufene Investitionsstau wurde von den Krankenkassen schon vor Jahren mit mindestens einer halben Milliarde Euro taxiert.

Wir haben hier im Land in diesen Bereichen eine Verantwortung. Sie kommen dieser Verantwortung nicht nach und beschränken sich darauf, wechselseitig Bund und Träger allein verantwortlich zu machen.

(Beifall der CDU)

Das ist ein Offenbarungseid.

Ich muss zum Titel dieser Aktuellen Debatte „Krankenhäuser im Strukturwandel: Rahmenbedingungen klar und umsichtig gestalten – Partnerschaftlich an der Seite unserer Krankenhäuser“ sagen: für uns nicht erkennbar.

(Beifall der CDU)

Für die AfD-Fraktion spricht die Abgeordnete Dr. Groß.

Verehrtes Präsidium, sehr geehrte Abgeordnetenkollegen! Der Titel dieser Aktuellen Debatte klingt insgesamt danach, als stünden zwar Veränderungen bevor, aber die Politik habe die Situation im Griff, und man sei auf einem guten Weg. Die Realität ist eine ganz andere. Die Realität entlarvt den Titel dieser Aktuellen Debatte als eine Aneinanderreihung von Euphemismen.

Wenn die SPD-Fraktion von einem Strukturwandel spricht, in dem sich die Krankenhäuser befänden, dann spreche ich von einem Krankenhaussterben in unserem Land. Diese Woche haben die Katholischen Kliniken Lahn mit den Standorten Hufeland-Klinik Bad Ems und Marienkrankenhaus Nassau einen Insolvenzantrag gestellt.

(Staatsminister Roger Lewentz: In Eigenregie! Das ist etwas ganz anderes!)

Im Oktober wurde über die geplante Schließung der Loreley-Kliniken in St. Goar und Oberwesel informiert. Im September war die befürchtete Schließung des Diakonie Krankenhauses in Kirn Thema. Eingeleitet wurde dieser traurige Reigen zum Jahresanfang mit der Schließung der Fachabteilung Geburtshilfe im Krankenhaus Maria Hilf in Daun. Die wirtschaftliche Entwicklung des AGAPLESION Diakoniekrankenhauses Ingelheim nach der Übernahme durch die Universitätsmedizin Mainz hat uns über das ganze Jahr hinweg beschäftigt.

Jetzt noch die Krönung des Ganzen: die Universitätsmedizin, die massive Probleme ebenfalls durch unzureichende Finanzierung beklagt. Das ist die Bilanz des jahrelangen

Unterfinanzierens durch die Landesregierung, meine Damen und Herren.

Acht Krankenhäuser in Nastätten, Kirn, Simmern, Wittlich, Altenkirchen, Hachenburg, Hermeskeil, Saarburg und das Westpfalz-Klinikum werden im kommenden Jahr wohl einen Sicherstellungszuschlag erhalten. Das hört sich zunächst gut an. Jedoch zahlen die Kliniken selbst ihren Sicherstellungszuschlag und nicht die Krankenkassen. Das ist der Gipfel.

Die wirtschaftlichen Schieflagen und der Präkollaps, in dem sich so manche Klinik befindet, haben vor allen Dingen damit zu tun, dass natürliche Veränderungsprozesse durch die Politik nicht ausreichend begleitet und aktiv gesteuert werden und wurden, sondern vielmehr nur noch im akuten Einzelfall reagiert und eingegriffen wird. Das hat eben damit zu tun, dass die finanziellen Rahmenbedingungen für unsere Krankenhäuser nicht stimmen, um nicht sagen zu müssen, sie sind katastrophal.

Schwer wiegen hier die Versäumnisse der Landesregierung bezüglich einer ausreichenden Investitionsförderung unserer Krankenhäuser. Sie bewegt sich nach wie vor mit rund 120 Millionen Euro auf dem Niveau des Jahres 2003, bei gleichzeitigen Baupreissteigerungen von 40 % bis heute. Sie werden im Rahmen der Investitionsförderung von der Landesregierung schlichtweg missachtet.

Nach den Berechnungen des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus liegt der benötigte und tatsächliche Investitionsbedarf unserer Kliniken beim Doppelten dessen, was die Landesregierung zahlt, nämlich 320 Millionen Euro im Jahr. Das wird von der Ministerin schlicht abgestritten.

Schließlich kulminiert die jahrelange finanzielle Unterversorgung unserer Kliniken in einem von Ihnen selbst bezifferten Investitionsstau in der Größenordnung von 620 Milliarden Euro. Dass Krankenhäuser kollabieren, darf doch nicht verwundern.

Es gehört schon eine gehörige Portion Chuzpe dazu,

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Was?)

ich weiß, dass Sie das Wort noch nicht gehört haben –,

(Heiterkeit der Ministerpräsidentin Malu Dreyer)

die Ursachen des derzeitigen Klinikdramas zu leugnen.