Protocol of the Session on October 22, 2019

Wenn wir uns den Rechtsterrorismus in Deutschland anschauen, dann sind das rechtsterroristische Zellen, die sich auf den „Tag X“ vorbereiten, die gezielt für den bewaffneten Straßenkampf trainieren. Das wissen wir aus rechtsterroristischen Netzwerken. Wenn Herr Junge sagt: „Der Tag wird kommen“, dann bedient er ganz gezielt rechtsterroristische Rhetorik, und das muss man an dieser Stelle sehr, sehr klar und deutlich sagen.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Das sind ja alles Verschwörungstheorien!)

Wir handeln hier in Rheinland-Pfalz sehr klar. Herr Kollege Baldauf, Ihre Kritik läuft da ins Leere.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Die gibt es in Rheinland-Pfalz doch gar nicht. Es gibt doch gar keine rechten Gefährder! – Abg. Christian Baldauf, CDU: Ich lese Ihnen gleich etwas vor!)

Unsere Sicherheitsbehörden in Rheinland-Pfalz sind hervorragend aufgestellt, wenn ich das noch einmal betonen darf.

Was sind denn die Erfolge? Ihre Aussage zeigt einfach, dass Sie sich eben nicht kontinuierlich mit diesem Thema auseinandersetzen.

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Haben die Ihnen das aufgeschrieben? – Glocke des Präsidenten)

Ich nenne das Verbot der sogenannten Hilfsorganisation nationaler Gefangener, die Razzia gegen die Rechtsterroristen der Oldschool Society oder auch Anfang des Jahres die Großrazzia gegen Ableger des Ku-Klux-Klans auch in Rheinland-Pfalz. Das zeigt, dass die Sicherheitsbehörden hier in Rheinland-Pfalz ganz genau die rechtsextreme Szene im Blick haben und konsequent dagegen vorgehen.

Das ist die Haltung der Ampelkoalition. Wir sind hier ganz klar, ganz genau schauen wir hin, was die rechtsextreme Szene in Rheinland-Pfalz treibt.

Was die CDU damit erreichen möchte, ist eine Ablenkungsdebatte, nämlich eine Ablenkung davon, was für ein Komplettversagen wir leider auf Bundesebene bei der CDU erleben. Das muss ich ganz klar sagen.

(Zuruf des Abg. Joachim Paul, AfD)

Wer tatsächlich lange Zeit Hans-Georg Maaßen als Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz an der Spitze geduldet hat mit seiner Haltung, die jetzt immer klarer wird,

hat ganz bewusst nicht die rechtsextreme Szene im Blick gehabt.

(Abg. Jens Guth, SPD: Ja!)

Das muss man Ihnen vorwerfen. Spätestens seit dem NSU müsste doch klar sein, wir hätten einen personellen Neustart beim Bundesamt für Verfassungsschutz gebraucht.

(Zuruf des Abg. Damian Lohr, AfD)

Diese Reflexion legen Sie auch jetzt schon wieder nicht an den Tag.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP)

Wir handeln konsequent gegen Rechtsextremismus und Rechtsterrorismus, auch dann, wenn sich einmal nicht der Spotlight darauf richtet. Ich hoffe, dass nach dieser Debatte heute die reflexartigen Diskussionen im Innenausschuss aufhören und wir uns wirklich mit Rechtsextremismus auseinandersetzen können.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei SPD und FDP – Abg. Joachim Paul, AfD: Wenn Sie endlich das sagen, was ich hören will!)

Für die Landesregierung spricht Staatsminister Roger Lewentz.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will auch hier mit dem beginnen, womit ich immer beginne, wenn es um diese Themen geht: In meiner Verantwortung – das gilt für die gesamte Landesregierung – wird jede Form des Extremismus und der extremistischen Bedrohung mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln bekämpft.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Sehr gut! Genau!)

Das ist eine Selbstverständlichkeit für diese Landesregierung.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich freue mich über diese Aktuelle Debatte, die von der CDU beantragt wurde; denn, lieber Herr Baldauf, ich wollte eigentlich mit einem historischen Blick in Richtung der kleinsten Oppositionsfraktion beginnen, aber Sie haben mich direkt angesprochen.

Ich freue mich, dass Sie diese Schwerpunktänderung vollzogen haben. Das wurde auch Zeit; denn immer, wenn ich über diese größte Bedrohung, der wir ausgesetzt sind, nämlich die Bedrohung durch den Rechtsextremismus, ge

sprochen habe, ist im Parlament, aber auch im Innenausschuss aus Ihrer Fraktion das Wort „links“ gerufen worden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, Ihre Argumente, Herr Baldauf, sind ein nicht ganz ungefährlicher Irrweg.

(Unruhe im Hause – Glocke des Präsidenten)

Entschuldigung, Kolleginnen und Kollegen, der Lärmpegel ist einfach zu hoch.

Herr Baldauf hat das Bedrohungsszenario in RheinlandPfalz an Zahlen festgemacht, zum Beispiel an der Zahl 650 Personen, die in den Jahren 2014 bis 2018 als Gesamtzahl der Rechtsextremisten konstant geblieben sind. Er hat zu Recht 150 Personen genannt, die wir als gewaltbereit einschätzen. Er hat gesagt, dass – damit hat er mich und die Sicherheitsbehörden kritisiert – diese Anzahl steigend wäre.

Er hat es aber nicht im Verhältnis zu den Zahlen bundesweit genannt. Noch einmal: Die Gesamtzahl der Rechtsextremisten in Rheinland-Pfalz liegt bei 650, im Bundesgebiet liegt diese Anzahl – das sind Aussagen des Bundesinnenministers – bei 24.100. Gewaltorientierte in RheinlandPfalz – jeder Einzelne zu viel – 150, im Bundesgebiet 12.700.

Den Eindruck zu erwecken, dass wir hier sozusagen an der Spitze der Bedrohung stünden, Rheinland-Pfalz ein Hotspot wäre, das ist gefährlich, Herr Baldauf. Keine der Zahlen, die uns allen vorliegen, geben das auch nur im Ansatz her.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Ich bin stolz – ich weiß nicht, ob ich das morgen noch sagen kann –, dass wir in Rheinland-Pfalz keine Gefährder im Bereich PMK-rechts haben, wie das Bundeskriminalamt mit über 40 für die Ebene der Bundesrepublik Deutschland beziffert hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Bedrohung können Sie auch an den Zahlen ablesen, was rechtsextremistisch motivierte Straftaten ausmachen: 698 in Rheinland-Pfalz, jede einzelne zu viel. Ich will Ihnen gerecht werden und deshalb sagen, 187 im linksextremistischen Bereich. Rechtsextremistische Taten in Deutschland: 19.409.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich wiederhole es noch einmal. Zahlen lügen nicht. Damit ist eindeutig klar, bundesweit ist die größte Bedrohung, der diese Gesellschaft ausgesetzt ist, was Extremismus bedeutet, Rechtsextremismus. Deswegen sage ich noch einmal, ich bin froh, dass Sie diesen Schwerpunkt ab jetzt auch so sehen. Das ist gut und richtig.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will nicht die Zitate wiederholen, die genannt wurden, aber es sind nicht

nur die Rechtsextremen, es sind auch die Rechtspopulisten, die bewusste politische Brandstiftung in diesem Land betreiben. Auch das muss man ganz eindeutig nennen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Junge, an Parteien darf man den Anspruch erheben, wer solche Personen in seinen eigenen Reihen duldet, macht sich mitschuldig und muss sie ausschließen.

(Abg. Uwe Junge, AfD: Sarrazin! Haben Sie das?)

Im Übrigen – das ist doch ganz klar – beobachten wir diese Umtriebe sehr genau. Das ist doch selbstverständlich.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich will noch einmal wiederholen, die Landesregierung hat stets – das nehme ich auch für mich in Anspruch – eine klare Haltung gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus gezeigt. Sie wird dies auch weiter tun. Wir werden in dieser Frage nicht ruhen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

Dabei stellt die Landesregierung ihre Maßnahmen gegen Rechtsextremisten und Antisemiten fortwährend auf den Prüfstand und entwickelt sie an der Lage orientiert weiter. Das darf und muss man von Sicherheitsbehörden erwarten können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, am vergangenen Freitag hat ein Gespräch der Innenminister und Innensenatoren der Länder mit dem Bundesinnenminister in Berlin stattgefunden. Das dabei beschlossene ZehnPunkte-Programm zur bundesweiten Intensivierung der Bekämpfung der Politisch motivierten Kriminalität rechts war der Inhalt unserer Tagung und wird in Rheinland-Pfalz in wesentlichen Teilen bereits umgesetzt.

Zu den zehn Überschriften des Bundesprogramms im Einzelnen:

Erstens: Netzwerke und potenzielle Täter erkennen. Als unmittelbare Konsequenz – das darf ich für uns in Anspruch nehmen – des Mordanschlags auf den Kasseler Regierungspräsidenten wurde beim Verfassungsschutz die Taskforce „Gewaltaufrufe rechts“ eingerichtet, die bereits am 1. August 2019 als erste bundesweit ihre Arbeit aufnahm. Ziel ist auch ein verstärktes Internetmonitoring.

Zweitens: Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden ausbauen. In Rheinland-Pfalz besteht seit Langem eine enge, vertrauensvolle und intensive Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitsbehörden und der Justiz. Wir haben dort einen regen Informationsaustausch. Alles Dinge, die Sie von uns erwarten können.