Protocol of the Session on October 22, 2019

Stattdessen gibt es, so muss man auf Basis der Gesetzesbegründung vermuten, nur weiße Salbe und Sand in die Augen der Wählerinnen und Wähler, um zum Beispiel davon abzulenken, dass in Rheinland-Pfalz die Zahl der Mietwohnungen mit Miet- und Belegungsbindung allein im Jahr 2018 um über 4.700 Einheiten gesunken und damit zurückgegangen ist.

(Glocke der Präsidentin)

Die Landesregierung hat also beim Thema „Wohnraumversorgung“ noch erheblichen Nachholbedarf. Wir sind auf die Beratungen sehr gespannt.

Danke schön.

(Beifall der CDU und der AfD)

Für die SPD-Fraktion spricht der Abgeordnete Thomas Wansch.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wohnen ist ein soziales Gut. Es ist für die Lebensqualität und die gesellschaftliche Teilhabe der Menschen von elementarer Bedeutung. Bezahlbares Wohnen ist eine der wichtigsten sozialen Fragen unserer Zeit.

(Beifall der SPD – Abg. Martin Haller, SPD: Sehr gut!)

Erst gestern haben die Investitions- und Strukturbank (ISB) und das Statistische Landesamt gemeinsam mit der Finanzministerin den Wohnungsmarktbeobachtungsbericht Rheinland-Pfalz vorgestellt. Frau Ahnen hat das eben angesprochen. Wir können erfreulicherweise feststellen, dass Baugenehmigungen und Baufertigstellungen weiter ansteigen. Wir können dazu sagen, dass sie seit Jahren weiter ansteigen. So sprach der Präsident des Statistischen Landesamts von einem Zuwachs von 6,5 % bei den Baugenehmigungen im Vergleich zum Vorjahr.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Guter Mann! Der weiß Bescheid!)

Mit seinen Förderprogrammen setzt das Land gemeinsam mit der ISB Anreize zur Schaffung von qualitätsvollem und bezahlbarem Wohnraum für Bezieher niedriger und auch mittlerer Einkommen. Die Rahmenbedingungen sind derzeit mithilfe dieser Förderprogramm so optimal wie selten zuvor, sagt Herr Dexheimer, der Vorstandssprecher der ISB.

Eine genaue Beobachtung der Situation vor Ort im Zusammenhang mit dem präsentierten Datenmaterial zeigt jedoch: Wir haben gerade in den Ballungsräumen von Rheinland-Pfalz eine schwierige Situation. Es ist nicht einfach, die Bevölkerung mit angemessenem und bezahlbarem Wohnraum zu versorgen.

Das von der Landesregierung vorgelegte Gesetz zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum ist daher ausdrücklich zu begrüßen. Kollege Dr. Martin, es wird auch bereits an anderer Stelle angewandt. Insoweit bin ich bei Ihren Einlassungen zum Thema „Verfassungsmäßigkeit“ ganz gelassen.

Ich darf in diesem Zusammenhang zwei wesentliche Punkte darstellen.

Der erste Punkt ist, dass die Gemeinden die Situation vor Ort selbst am besten beurteilen können. Insoweit ist es auch richtig, dass sie jetzt diese Handlungsoptionen haben. Sie können in eigener Verantwortung entscheiden, ob sie dieses Gesetz mit ihrer Satzung anwenden. Das Ganze nennt sich Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung.

Lieber Kollege Dr. Martin, in aller Bescheidenheit möchte ich mich gern als oberschlau darstellen und darauf hinweisen, dass in Mainz und Trier eine besondere Situation gegeben ist und von diesen Städten nicht umsonst die Frage nach mehr und besserer Unterstützung bei der Gestaltung ihrer Wohnraumsituation vor Ort gestellt wurde.

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Richtig!)

Es ist damit selbstverständlich, dass das Land diese kommunale Forderung aufgreift.

Der zweite Punkt betrifft die Frage: Wann liegt diese Zweckentfremdung vor? Sie ist im Gesetzentwurf definiert. Die Gemeinde kann mit ihrer Zweckentfremdungssatzung entsprechend verhindern, dass Wohnraum beispielsweise in Gewerberaum umgewandelt wird, er über die Maßen leer stehen bleibt oder mehr als zwölf Wochen im Kalenderjahr als Ferienwohnung genutzt wird.

Mithilfe dieses Gesetzes, das uns heute als Entwurf vorliegt, und damit mithilfe der Möglichkeit, über ein eigenes Satzungsrecht einzuschreiten, wird für die Kommunen besonders in den Ballungsräumen die Möglichkeit geschaffen, dass ihre umfänglichen Bemühungen zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum nicht konterkariert werden.

Die im Begründungstext zum Gesetzentwurf mit dargestellte Verbändebeteiligung zeigt, dass die Landesregierung hierbei zu Recht auf die Unterstützung vieler großer Verbände in Rheinland-Pfalz bauen kann. So begrüßen beispielsweise die Architektenkammer Rheinland-Pfalz, der Verband der Südwestdeutschen Wohnungswirtschaft, der Deutsche Städtetag und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) diese Gesetzesinitiative.

Für meine Fraktion kann ich insoweit für die weitere Beratung signalisieren, dass wir dem Gesetz zustimmen werden.

Vielen Dank.

(Beifall bei SPD, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Dr. Böhme.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Landesregierung und die SPD ergießen sich wieder einmal in kontextlosen Argumentationen. Man sagt nämlich nie, wie viele Wohnungen eigentlich gebraucht würden, sondern agiert immer nach der Devise: Hurra, hurra, wir tun etwas! – Die riesige Lücke, die sich in diesem Bereich auftut, benennt man an dieser Stelle aber nicht. Dann werden die Probleme an die Kommunen abgeschoben. Darum geht es.

Auf dem Verbandstag der Wohnungswirtschaft südwest am 11. September 2018 in Ingelheim, der unter dem Titel „Volle Städte, leere Dörfer“ stand, sprach Axel Gedaschko, Präsident des Bundesverbands deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Er berichtete von Studien des eigenen Verbands, welche klargemacht hatten, dass die aktuellen Spannungen auf dem Wohnungsmarkt in den Schwarmstädten und Ballungszentren fast ausschließlich auf die massive Zuwanderung in den Jahren seit 2014 zurückzuführen sind. Seiner Meinung nach hat Deutschland Wachstumsschmerzen.

Diesen Schmerz spürt mittlerweile die Mehrheit der Bürger, nicht nur im gesellschaftlichen Bereich des Wohnens, aber vor allem da; denn der eklatante Verstoß gegen das Grundrecht des deutschen Volkes auf Selbstbestimmung, welcher mit der Grenzöffnung und dem massenhaften Missbrauch des Asylrechts begangen wurde, zieht nun weitere Einschränkungen von Grundrechten der Bürger nach sich.

Nicht nur, dass aktuell immer wieder verschärfte Sicherheitsgesetze gefordert werden, man fordert zunehmend auch Dritte auf, persönliche Daten über Bürger an den Staat weiterzuleiten, so zum Beispiel im vorliegenden Gesetzentwurf, in dem Dienstanbieter nach dem Telemediengesetz – Zielobjekt ist hier Airbnb – zu diesem Vorgehen verpflichtet werden.

Im Bereich der Wohnungswirtschaft scheut man zudem nun nicht einmal mehr vor Enteignungsdebatten zurück. Das Grundrecht der deutschen Bürger auf Eigentum wird somit auch mit dem vorliegenden Gesetzentwurf weiter eingeschränkt, getreu der Devise: Erst schaffen wir die Probleme, dann lösen wir sie durch Dirigismus und Sozialismus. – Was Ultima Ratio sein sollte, wird also mehr und mehr zur gängigen politischen Praxis.

Dabei sind Begründungen und Schuldige natürlich schnell gefunden, zum Beispiel die Plattform Airbnb, welche im Kontext der teilweise herrschenden extremen Wohnungsnot sicher kritisch betrachtet werden muss, aber natürlich nicht deren eigentlicher Auslöser ist. Außerdem muss bei Airbnb eine ganz klare Differenzierung zwischen den

Schwarmstädten und dem ländlichen Raum vorgenommen werden.

Neben diesen ganz grundsätzlichen Einwänden gegen den vorliegenden Gesetzentwurf bestehen vonseiten der AfDFraktion weitere inhaltliche Bedenken. Die Begründung des Gesetzentwurfs nimmt diese bereits teilweise vorweg, wenn darauf hingewiesen wird, dass die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe wie „Wohnraummangel“, „nicht auf andere Weise“, „zumutbare Mittel“ und „angemessene Zeit“ grundsätzlich zulässig seien, um eine einfallbezogene Anwendung der Norm zu ermöglichen – Entschuldigung, eine einzelfallbezogene Anwendung der Norm zu ermöglichen,

(Abg. Helga Lerch, FDP: Wenn man die Rede nicht selber schreibt!)

da nicht jeder regelungsbedürftige Sachverhalt antizipiert werden könne und die verwendeten Begriffe seitens der Gerichte bislang nicht beanstandet worden seien. Dabei wird auf die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 8. Dezember 2015 verwiesen. Ich würde dieser Liste noch die Begriffe der „ausreichenden Versorgung“, der „angemessenen Bedingungen“ und den Begriff „besonders gefährdet“ hinzufügen.

Ja, es ist richtig, dass die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe grundsätzlich zulässig und im jeweiligen Zusammenhang sinnvoll sein kann. Es mag sein, dass die im Gesetzentwurf bezeichneten Begriffe seitens der Gerichte bisher nicht beanstandet wurden.

Eine fehlende Beanstandung kann aus Sicht der AfDFraktion vor dem Hintergrund der mit dem Gesetzentwurf vorgesehenen Eingriffe in Grundrechte aber nicht der Maßstab sein; denn die Rechtsprechung tut mehr, als diese unbestimmten Rechtsbegriffe nur nicht zu beanstanden. Sie legt diese aus. Das ist ein ganz normaler Vorgang bei der Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen.

Der Nachteil dabei ist, dass unterschiedliche Gerichte diese unbestimmten Rechtsbegriffe durchaus unterschiedlich auslegen. Es besteht also keine abschließende Rechtssicherheit. Jahrelange Prozesse könnten die Folge sein.

Aber auch die Kommunen werden beim Erlass von Zweckentfremdungssatzungen diese unbestimmten Rechtsbegriffe unterschiedlich auslegen. Das heißt, die eigentlichen, für den Bürger vor Ort maßgeblichen Regelungen werden mit diesem Gesetzentwurf von den jeweiligen politischen Konstellationen und Machtverhältnissen in den kommunalen Parlamenten und Exekutiven abhängig gemacht.

Deshalb halten wir vor dem Hintergrund der im Gesetzentwurf vorgesehenen Eingriffe in Grundrechte und der Rechtssicherheit die Verwendung der zuvor benannten unbestimmten Rechtsbegriffe in der vorliegenden Form nicht für sinnvoll.

Vielmehr müssen die verwendeten Rechtsbegriffe hier deutlich spezifiziert werden. Eine solche Spezifizierung ist in jedem Fall möglich, sinnvoll und auch geboten. Es ist Aufgabe der Legislative, nicht der Judikative oder gar der Exekutive, die Voraussetzungen für solche Eingriffe in die

Grundrechte hinreichend bestimmt festzulegen.

Dem wird der vorliegende Gesetzentwurf nicht gerecht. Vielmehr wird hier die Entscheidung über maßgebliche Regelungsgegenstände, die in diesem Parlament geklärt werden sollten, den Gerichten und Kommunen überlassen. Der Gesetzentwurf sollte daher grundlegend überarbeitet und besser ausgestaltet werden.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht der Abgeordnete Thomas Roth.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Rheinland-Pfalz ist beliebt; denn unser Land bietet viele tolle Landschaften wie die Eifel, den Hunsrück, die Pfalz und natürlich den Westerwald. Gleichzeitig haben wir mit Mainz, Koblenz, Trier, Ludwigshafen und Landau auch prosperierende Städte und Regionen. Dazu trägt zu einem großen Teil die Wirtschaftskraft unseres starken Mittelstandes bei, der gute und sichere Arbeitsplätze garantiert.

Diese Beliebtheit stellt uns aber auch vor Herausforderungen. So haben wir in Rheinland-Pfalz einen zunehmend angespannten Wohnungsmarkt mit ständig steigenden Mieten. Die Versorgung unserer Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum ist in der heutigen Zeit somit eine wichtige Aufgabe unserer Ampelkoalition.

Der Staat muss durch sinnvolle Maßnahmen Rahmenbedingungen für sicheren und bezahlbaren Wohnraum schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen viele Hebel in Bewegung gesetzt werden, da die Gegebenheiten und Probleme auf dem Wohnungsmarkt regional sehr unterschiedlich sind.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, der heute vorliegende Gesetzentwurf der Landesregierung ist ein durchaus geeigneter Ansatz, den Problemen auf dem Wohnungsmarkt zu begegnen. Wir geben dabei den Kommunen die Möglichkeit, durch den Erlass einer Satzung die Zweckentfremdung von Wohnraum zu begrenzen, wenn ein Wohnraummangel festgestellt ist; denn die Vermietung von Wohnraum über Sharing-Plattformen wie zum Beispiel – wie heute schon so oft gehört – Airbnb kann dem Markt Wohnraum entziehen und die lokale Wohnraumknappheit verschärfen.

Dieser Gesetzentwurf gibt den Kommunen ein flexibles Instrument an die Hand, um auf diesen Trend zu reagieren, wenn es der Wohnungsmarkt vor Ort gebietet. Uns als Freien Demokraten ist es wichtig, dass wir kein generelles Verbot einführen, sondern ein Instrument, welches eine Änderung ermöglicht, wenn sie erforderlich, geeignet und verhältnismäßig ist.