Protocol of the Session on September 19, 2019

(Zuruf des Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD)

Ich finde, Frau Kollegin Anklam-Trapp hat eben schon sehr ausführlich beschrieben, welche Projekte es seit langer Zeit in Rheinland-Pfalz gibt, an welchen Stellen sich die Landesregierung engagiert, an welchen Stellen wir uns alle noch engagieren müssen.

Eine Sache, die mich an dieser Debatte wieder massiv stört, ist – wir haben es auch bei der Frage der ärztlichen Versorgung immer wieder diskutiert –, es gibt nicht das e i n e Projekt, den e i n e n Masterplan, die e i n e Idee,

die man nur einmal umsetzen müsste, dann wäre das Problem gelöst. Diese eine Idee kommt natürlich von den Oppositionsfraktionen.

Es ist vielmehr eine Vielzahl von Maßnahmen, die wir brauchen, um uns diesem Problem, das wir haben, zu nähern und es auch auf absehbare Zeit anzugehen, um es zu lösen; denn es ist ein vielschichtiges Problem. Deswegen kommen wir nicht weiter, wenn ständig mantrahaft wiederholt wird, es hätten nur die einen die Idee, und die anderen hätten keine Ahnung.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Kommen Sie einmal zum Thema!)

Insofern möchte ich noch auf einen Punkt eingehen, der insbesondere für uns dazu führt, dass wir dem CDU-Antrag nicht zustimmen können. Das ist die Diskussion um dieses verpflichtende Dienstjahr. Wir glauben nicht, dass wir in Bereichen, in denen wir einen Fachkräftemangel haben, zu dem wir alle die gleiche Analyse haben, dass wir nämlich dort die Arbeitsbedingungen attraktiver machen müssen, weiterkommen, wenn wir Leute dazu verpflichten, dort zu arbeiten, und uns nicht der Attraktivität widmen, sondern sagen, wenn keiner freiwillig will, dann verpflichten wir eben irgendwelche.

(Abg. Hedi Thelen, CDU: Das ist ja Quatsch!)

Das funktioniert doch nicht. Man muss auch einmal sagen, der Zivildienst hat auch nicht dazu geführt, dass übermäßig viele Menschen in diesem Berufsbild haften geblieben sind.

(Zuruf der Abg. Hedi Thelen, CDU)

Sonst wäre die Pflege bis heute nicht ein Frauenberuf. Sonst hätten wir heute schon viel mehr Männer, die dort arbeiten.

(Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Sehr richtig!)

Genau aus diesem Grund sind wir gegen ein verpflichtendes Dienstjahr. Wir wollen natürlich die Pflege attraktiver machen. Wir wollen auch jungen Menschen mehr zeigen als heute, dass das gute Arbeitsfelder sind, dass es auch ein sehr erfüllender Beruf ist, in der Pflege zu arbeiten. Aber wir wollen niemanden dazu verpflichten. Deswegen können wir diesem Antrag der CDU nicht folgen.

Vielen Dank.

(Beifall des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Zu einer Kurzintervention hat der Abgeordnete Wäschenbach das Wort.

Liebe Frau Binz, ich habe nicht gesagt, dass nur wir in der Opposition Ahnung haben. Im Gegenteil habe ich darauf

hingewiesen, dass wir zehn Handlungsempfehlungen ausgesprochen haben. Die Landesregierung hat fünf Handlungsfelder benannt. Ich habe lediglich gesagt, dass über die Frage, ob wir etwas tun müssen, völlige Einigkeit besteht. Ich habe nur gesagt, dass es Unterschiede beim Wie gibt. Da sind wir etwas schneller unterwegs als die Regierungsfraktionen

(Abg. Hans-Jürgen Noss, SPD: Na ja!)

und haben konkrete Punkte benannt.

(Beifall bei der CDU – Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Man spürt die ganze Dynamik in der Rede!)

Sie bleiben oft im Allgemeinen.

Ich möchte noch eines zu dem sozialen Pflichtjahr sagen. Das ist einer von zehn Punkten, die wir genannt haben. Ich kenne keinen Zivildienstleistenden von allen Zivis, die im Altenheim oder im Krankenhaus gearbeitet haben, denen es schlecht getan hat, im Gegenteil.

(Abg. Dr. Sylvia Groß: Eben! – Abg. Martin Haller, SPD: Darum geht es nicht!)

Wir haben mit den Pflegeeinrichtungen gesprochen. Sie haben gesagt, dass die Zivildienstleistenden, wie immer man sie auch nennen mag, die früher in diesen Bereichen in der Pflege tätig waren, eine wertvolle Unterstützung waren und auch Empathie durch ihre Hände an Menschen entwickeln konnten, die unsere Hilfe brauchen.

(Beifall der CDU und bei der AfD)

Zur Erwiderung erteile ich der Abgeordneten Binz das Wort.

Vielen Dank, Herr Präsident. – Ich möchte nur ganz kurz erwidern, da ich nicht missverstanden werden möchte. Es geht nicht darum zu behaupten, dass der Zivildienst denjenigen, die ihn gemacht haben, geschadet hat, ganz im Gegenteil. Auch ich kenne die Geschichten. Das ist für die persönliche Weiterentwicklung dieser Personen sehr wichtig gewesen.

(Abg. Martin Haller, SPD: Das ist eine ganz andere Baustelle!)

Es kann doch keine Lösung für einen Fachkräftemangel sein, ein solches Pflichtjahr einzuführen.

(Abg. Martin Haller, SPD Das ist es! – Abg. Dr. Bernhard Braun, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Keine Lösung!)

Darum kann es uns doch nicht gehen. Dabei bleiben wir auch.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und FDP – Abg. Hedi Thelen, CDU: Ein Baustein!)

Für die Landesregierung erteile ich Staatsministerin Bätzing-Lichtenthäler das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Wochen und Monaten haben wir mehrfach – völlig zu Recht – zum Thema der Pflege diskutiert. Ich möchte gar nicht mehr auf die Details eingehen. Das haben wir hinlänglich getan. Ich möchte vielmehr die Gelegenheit nutzen, noch einmal eine abschließende Bewertung zu ziehen und zusätzlich auf neue Entwicklungen hinzuweisen.

Ja, lieber Herr Kollege Wäschenbach, die Landesregierung hat eine Pflegestrategie. Ich empfehle Ihnen eindringlich deren Lektüre; denn darin sind insbesondere drei Säulen enthalten, die Sie in Ihrem Antrag ansprechen. Ich beginne einmal mit der Säule der Fachkräftesicherung und der Stärkung der Pflegeberufe. Ja, hier ist das Land Rheinland-Pfalz gut aufgestellt. Auch wenn Sie es nicht glauben, möchte ich es Ihnen gerne an vier Punkten belegen.

Zum einen war das Land Rheinland-Pfalz das erste Bundesland, das eine Pflegekammer installiert hat, um damit auch den Beruf der Pflegekräfte wertschätzend zu unterstützen. Von unserer rheinland-pfälzischen Pflegekammer ist eine Bewegung in ganz Deutschland hinein ausgegangen, sodass es sich mittlerweile um eine Bundespflegekammer dreht, die es zu gründen gilt.

Wir haben darüber hinaus bereits im Jahr 2002 ein Branchenmonitoring ausschließlich für die Gesundheitsfachberufe gestartet. Aufgrund dessen können Sie jetzt auch immer wieder die Zahlen zitieren. Wir waren daher ganz früh und haben aus diesem Branchenmonitoring heraus Schlüsse gezogen. Wir waren das erste Land, das eine Fachkraftinitiative ausschließlich für Gesundheitsfachberufe im Jahr 2012 mit konkreten Maßnahmen vorgelegt hat.

Wir hatten Erfolg. Wir haben diese Fachkraftstrategie im Jahr 2017 wieder mit weiteren konkreten Maßnahmen auf den Weg gebracht. Es ist schön, wenn Sie wissen, dass diese Strategie fünf Handlungsfelder beinhaltet. Dann sollten Sie aber auch wissen, dass diese Fachkraftstrategie mehrere konkrete Maßnahmen beinhaltet, die sich auch schon in hervorragender Umsetzung befinden.

Nur noch einmal zur Erinnerung: Die konzertierte Pflege auf Bundesebene, an der wir auch mitwirken durften, hat erst im Juni dieses Jahres ihren Abschluss gefunden. Da fragt sich, wer früher dran war, Rheinland-Pfalz oder der Bund. Ich sage ganz klar: Rheinland-Pfalz.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt einen weiteren Punkt, den ich vor dem Hintergrund der Fachkräftesicherung erwähnen möchte. Wir haben schon lange, nämlich in dem Punkt schon seit dem Jahr 2013, in unserem Landesrecht einen Skill-Mix bei den Fachkräften zugelassen und haben nicht auf eine reine Pflegefachkraftquote gesetzt, sondern auf eine Fachkraftquote, sodass Ihre Forderung, die Sie in Ihrem Antrag aufnehmen, absolut ins Leere läuft.

Der weitere Punkt, den ich noch erwähnen möchte, wenn es um Fachkraftsicherung geht, ist, wir haben uns gemeinsam mit der Pflegekammer und den rheinland-pfälzischen Trägern engagiert, um die Dokumentationspflichten handhabbarer zu machen, damit die Arbeit der Pflegefachkräfte auch bei den Pflegebedürftigen ankommt und nicht in der Bürokratie erstickt.

Zu den weiteren zwei Säulen der Strategie, nämlich der Beratung und der Prävention, hat meine Kollegin AnklamTrapp schon einiges berichtet. Auch das ist für uns ein Kern dieser Pflegestrategie. Was die Beratung angeht, war es uns wichtig, dass wir insbesondere den ländlichen Raum berücksichtigen. Wir können hier auf eine flächendeckende Beratungsstruktur mit 135 Pflegestützpunkten verweisen.

Die Gemeindeschwesterplus als präventives Angebot haben wir hier schon mehrfach diskutiert. Ich kann Ihnen nur sagen, sie findet bundesweit eine Bedeutung. Ich bin sehr zuversichtlich, dass viele Bundesländer unserem Vorbild der Gemeindeschwesterplus folgen werden.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, Sie sehen, die Kritikpunkte aus dem CDU-Antrag laufen ins Leere. Der Grund ist einfach, sie sind alle in der rheinland-pfälzischen Pflegestrategie schon abgehakt. Da hatten wir die Nase vorn.

Auch die anderen Forderungen, die die CDU in ihrem Auftrag aufstellt, sind sehr kritisch zu hinterfragen. Bei aller Diskussionswürdigkeit zu der Förderung der Investitionskosten in der Pflege verkennt Ihr Antrag völlig – ich habe es schon bei der letzten Debatte gesagt –, dass, wenn man zu der früheren Praxis der Investitionskostenförderung zurückkehren würde, auch automatisch die Kommunen mitfinanzieren müssten. Er verkennt auch – das ist noch viel schlimmer –, dass diese Förderpraxis, auf die Sie abstellen, keine wirklich spürbare Wirkung entfalten würde. Sie wäre sogar folgenlos. Sie würde folgenlos verpuffen. Es würde für einen Bewohner lediglich eine Entlastung von 20 Euro bei einem Gesamteigenanteil von 1.900 Euro bedeuten. Ich finde, hier liegt nicht der Kern des Problems.

(Abg. Kathrin Anklam-Trapp, SPD: Ein Nichts!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich habe gesagt, ich möchte nicht nur bewerten, sondern ich möchte auch auf neue Entwicklungen hinweisen. Ich möchte Ihr Augenmerk auf die Angebote zur Unterstützung im Alltag lenken. Es ist zunächst einmal sehr erfreulich, dass die Anzahl der Unterstützungsangebote weiter steigt. Wir haben auch zugesagt, dass wir unsere Landesverordnung aus dem Jahr 2017 evaluieren, die diese Angebote und Standards

dafür entsprechend regelt.