Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Landwirtschaft ist für Rheinland-Pfalz nicht nur von wirtschaftlicher Bedeutung, sondern sie hat auch einen wichtigen kulturellen Faktor. Das haben wir schon öfter parteiübergreifend im Landtag festgestellt.
Die Kollegen haben bezüglich der Zahlen schon die wesentlichen Punkte dargestellt. Bei der Analyse des Berichts im letzten Jahr war es genauso wie in diesem Jahr, immer weniger Betriebe bewirtschaften immer größere Flächen. Die Einkommenssituation in der gesamten Landwirtschaft ist nach wie vor nicht zufriedenstellend, auch wenn sie sich im letzten Jahr deutlich verbessert hat. Es geht jetzt wieder bergauf.
Das Einkommen, das diejenigen, die unsere Lebensmittel erzeugen und dabei sozusagen Tag und Nacht im Einsatz sind, verdienen, spiegelt oft nicht das wider, was sie an Arbeit leisten.
Im Bericht steht, wir haben Fortschritte gemacht. Zum Beispiel im Bereich der Digitalisierung ist Rheinland-Pfalz auf einem guten Weg. Ich würde sogar sagen, wir sind an der Spitze. Unsere GeoBox erfreut sich auch andernorts inzwischen großem Interesse. Damit besteht mithilfe der Digitalisierung ein großes Potenzial für eine umweltschonende Landwirtschaft; denn wenn zum Beispiel durch die Verknüpfung der Daten der Wasserbehörden mit denen der Landwirte leichter Ausschlussgebiete zu erkennen sind, dann ist das in unserem Sinne.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf eine Diskussion verweisen, die wir vor der Sommerpause hatten. Es ging um den Einsatz von Drohnen in der Landwirtschaft. Ich hoffe, dass wir dort bald einen Schritt weiterkommen.
Wesentlich möchte ich mich auf zwei Punkte konzentrieren. Das sind der Bereich des ökologischen Anbaus und die Abhängigkeit der Landwirtschaft und des Weinbaus von klimatischen Veränderungen. Lassen Sie mich einige Punkte zur ökologischen Landwirtschaft sagen. Sie finden das in dem Bericht ab Seite 51 bezüglich Rheinland-Pfalz.
Die ökologisch bewirtschaftete Fläche ist auch im letzten Jahr wieder gestiegen. 10,5 % der landwirtschaftlich genutzten Fläche ist ökologische Landwirtschaftsfläche. Das ist ein Rekord in Rheinland-Pfalz, und zwar sowohl bezüglich der Fläche als auch der Anzahl der Betriebe. Inzwischen sind es 1.574 Betriebe.
Das starke Wachstum im letzten Jahr ist darauf zurückzuführen, dass sich verstärkt Ackerbau- und Gemüseanbaubetriebe für eine Umstellung auf ökologischen Landbau entschieden haben. Der Bericht stellt auch fest, die Nachfrage nach ökologisch erzeugtem Gemüse ist nach wie vor größer als das, was von Landesseite geliefert werden kann. Von daher ist da noch Luft nach oben.
Bemerkenswert finde ich den Fortschritt beim biologischen Anbau von Zuckerrüben. Im Moment ist es so, dass 90 % des ökologisch angebauten Zuckers importiert wird. Wir bauen in Rheinland-Pfalz auf rund 300 Hektar an. Deswegen ist es von großer Bedeutung – Zuckerrüben sind immer eine schwierige Frucht –, dass es gelungen ist, den Ökobereich zu stärken.
Ich komme zum Öko-Weinbau. Ich komme von der Mosel, auch dort boomt der Öko-Weinbau. Dieser wird nachgefragt. Wir haben an der Mosel – nicht nur dort, sondern überall in Rheinland-Pfalz – hervorragende Weine. Das will ich gar nicht infrage stellen. Ich erlebe es direkt mit, wie Quereinsteiger oder junge Winzer sagen, wir machen direkt Öko-Weinbau. Die Spitzenweingüter, die ganzen VDPler, die Mitglieder des Verbands Deutscher Prädikatsund Qualitätsweingüter, haben sich schon dafür entschieden.
Wenn wir über die Landwirtschaft und die Zukunft reden, finde ich es wichtig, dass in der Ausbildung das spezielle Wissen über Öko-Landbau und ökologische Bewirtschaftung in den Lehrplänen stärker verankert wird. Es gibt bereits erste Schritte bei den Dienstleistungszentren Ländlicher Raum. Das ist noch ausbaufähig.
Ich komme zum Bereich Klima. Das Fazit ist eigentlich in einem Satz gezogen, den ich zum Schluss sage. Die ökologische Landwirtschaft trägt deutlich dazu bei, den atmosphärischen Kohlenstoff zu reduzieren und die Böden durchlässiger zu machen.
Ich grüße die Präsidenten und würde mir wünschen, dass vielleicht im nächsten Jahr die Herrenriege von einer Frau bereichert wird.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Landwirtschaft betrifft alles und jeden. In diesem Satz spiegeln sich Anspruch und Wirklichkeit der Agrarbranche, aber auch
die Herausforderungen und Chancen, denen sie gegenübersteht, wider. Es besteht kein Zweifel, so intensiv wie derzeit war die öffentliche Erwartungshaltung gegenüber der Agrar- und Ernährungswirtschaft schon lange nicht mehr. Besonders verdeutlicht hat das vor 14 Tagen der vorgestellte Sonderbericht des internationalen Weltklimarats zum Thema „Klimawandel und Landnutzung“. Die Landwirtschaft steht wie nie zuvor im gesellschaftlichen Fokus.
Deshalb habe ich diesen Satz bewusst an den Anfang des Agrarberichts gestellt. Dessen Veröffentlichung nehmen wir heute zum Anlass, in dem Hohen Hause über Landwirtschaft, Weinbau, ländliche Räume und Agrarpolitik zu sprechen. Einerseits ist die Agrarwirtschaft führend in der digitalen Transformation auch und gerade mit Innovationen aus Rheinland-Pfalz.
Herr Kollege Gies, die Digitalisierung der Landwirtschaft ist mehr, als dass der Weinbauminister eine Drohne fliegen lässt. Es geht um wesentlich komplexere Dinge wie etwa die Schaffung einer GeoBox-Architektur, eines digitalen Agrarportals, Cloud-Lösungen, in der Informationen aus Pflanzen, Maschinen und Wetterinformationen zusammengeführt und vernetzt werden. Hier ist Rheinland-Pfalz kein nachvollziehender, sondern ein führender Standort nicht nur in Deutschland, sondern in Europa. Mit dem europäischen Entwicklungszentrum von John Deere, in dem einmaligen Business Ecosystem in der Westpfalz, sind wir hier führend. Wir sind stolz darauf.
Die Landesregierung hat einen Schwerpunkt gesetzt. Wir werden deshalb den Tag der Deutschen Einheit in Paris ausrichten und mit einer großen Smart Farming- und Digitalisierungsausstellung aus Rheinland-Pfalz begleiten, weil man uns gebeten hat, dort zu zeigen, was wir können und um einen Beitrag zu leisten, damit wir in Europa mit Technologie aus Rheinland-Pfalz vorankommen. Darauf sind wir sehr stolz.
Ich habe unlängst eindrucksvoll erleben können, wie man mit einem autonom fahrenden Weinbergtraktor einer Maschinenbaufirma aus Landau in Zusammenarbeit mit einem Start-up der TU Kaiserslautern die Digitalisierung nutzen kann, um ökologische Ziele in der Landwirtschaft erreichen zu können. Wir sind stolz darauf, dass wir in Rheinland-Pfalz Menschen haben, die nicht diese Gegensätze diskutieren, sondern diese durch innovative Lösungen miteinander zusammenbringen. All das ist möglich und wird von uns unterstützt.
Andererseits gehören Landwirtschaft und Agrarpolitik heute in die Mitte der Gesellschaft. Die Gesellschaft interessiert sich für die Erzeugung und die Herkunft von Lebensmitteln. Sie möchte mitreden. Der Berufsstand hat die Deutungs- und Planungshoheit darüber nicht mehr alleine. Bei allem Druck auf die Agrar- und Ernährungswirtschaft bleibt richtig, die Agrarwirtschaft ist systemrelevant. Es ist nicht nur so, dass sie uns alle ernährt, sie erhält unsere vielfältigen Kulturlandschaften, die von vielen Touristinnen und Touristen jährlich besucht werden. Sie ist Garant für die Attraktivität der ländlichen Räume und sorgt für Innova
Der Agrarbericht 2019 dokumentiert die Einkommenslage von Landwirtschaft und Weinbau bei uns im Wirtschaftsjahr 2017/2018 im Vergleich zur Bundesebene. Die Agrarstruktur und die Situation bedeutsamer Agrarmärkte sowie die aktuellen Herausforderungen des Agrarsektors werden beleuchtet. Als Schwerpunktthema sind der Wein auf dem Weg in ein neues Zeitalter sowie die Digitalisierung der Agrarwirtschaft dargestellt.
Meine Damen und Herren, zur Einkommenslage können wir sagen, 16.800 Betriebe in Rheinland-Pfalz haben sich im vergangenen Wirtschaftsjahr in den meisten Betriebsformen erfreulich und mit teils besten Ergebnissen seit deren Erfassung entwickelt. Das gilt insbesondere für die Weinbaubetriebe mit einem durchschnittlichen Unternehmensgewinn von rund 85.000 Euro, die Futterbetriebe und hier vor allem für die spezialisierten Milchviehbetriebe sowie für die ökologisch wirtschaftenden Betriebe mit jeweils rund 70.000 Euro Unternehmensgewinn.
Die ökologisch wirtschaftenden Betriebe haben ihren Anteil deutlich ausbauen können und sind zu einem relevanten Sektorbestandteil geworden. Mit 74.064 Hektar werden 10,5 % der Fläche bei uns ökologisch bewirtschaftet. Die Anzahl der Betriebe im Land liegt bei 1.574. Das entspricht einem Anteil auf die Betriebe bezogen von 9,4 %.
Ich darf betonen, dass der Agrarbericht 2019 nicht die Auswirkungen des extremen Dürrejahres 2018 erfasst. Das wird das Ganze im Folgejahr noch etwas anders darstellen.
Die Agrarmärkte haben sich trotz Volatilität insgesamt unspektakulär verhalten. Sorgenkinder bleiben hier der Zuckermarkt und der Schweinefleischsektor. Besondere Beachtung müssen wir den Agrarmärkten widmen, die Gegenstand von bilateralen Handelsvereinbarungen der Europäischen Union sind. Jüngst wurden Vereinbarungen mit Mercosur und den USA geschlossen.
Ich werde dieses Thema auf der Agrarministerkonferenz, die in etwa fünf Wochen hier in Mainz unter meinem Vorsitz stattfindet, thematisieren und zu einem Schwerpunktthema machen. Mit Blick auf Landwirtinnen und Landwirte sowie auf die Notwendigkeiten eines Industriestandorts weiß ich als Wirtschaftsminister eines Industriestandorts, wovon ich rede, wenn ich von der Notwendigkeit von internationalen Handelsabkommen spreche.
Es darf aber nicht übersehen werden, dass, wenn wir unseren Landwirtinnen und Landwirten in Europa strenge Regeln zumuten, wir sie nicht in einen Wettbewerb beispielsweise mit Rindfleisch aus Herkunftsländern setzen dürfen, von denen wir nicht wissen, ob dort dafür Regenwälder abgeholzt worden sind. Wir brauchen eine klare Tierwohlkennzeichnung und Transparenz am Markt. Ansonsten droht der Wettbewerb unfair zu werden.
Ich kämpfe in zweierlei Hinsicht. Zum einen als Landwirtschaftsminister, weil ich für einen fairen Wettbewerb für
unsere Landwirtschaft einstehe und unsere Landwirtinnen und Landwirte an dieser Stelle verteidige. Ich kämpfe auf der anderen Seite aber auch als Wirtschaftsminister eines Industriestandorts, weil mir klar geworden ist, dass die Akzeptanz für den Freihandel sinkt, wenn sich die Landwirtinnen und Landwirte in Europa beim internationalen Freihandel nicht fair behandelt fühlen. Das schadet einem Standort wie Rheinland-Pfalz. Wir sind immerhin eines der bedeutendsten exportierenden Bundesländer.
Deswegen rate ich allen, wenn Sie über Industriepolitik sprechen, die Landwirtschaft mit ihren ganz klaren und berechtigten Forderungen nicht aus dem Auge zu verlieren.
Wir haben in Rheinland-Pfalz den Glücksfall, dass Industrie-, Wirtschafts- und Landwirtschaftspolitik in diesen Zeiten in einer Hand liegen.
Das Jahr leitet über zu einem verstärkten Umgang mit Extremereignissen in Form von zunehmend deutlich werdenden Symptomen des Klimawandels, volatilen Agrarmärkten und Preisen, dringlicher werdenden Anforderungen an ein professionelles, unternehmensorientiertes Risikokrisenmanagement und den unabweisbaren Bedarf nach der Beibehaltung der Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik zur Einkommens- und Risikoabsicherung sowie zur Stärkung der Resilienz unserer Betriebe.
Mit anderen Worten: Bei den berechtigten Forderungen nach mehr Klima- und Umweltschutz in der Landwirtschaft muss die Agrarpolitik bei der Bewertung und im Umgang mit Risiken und Krisen auch die ökonomischen Folgen fest im Blick behalten.
Wir brauchen beides. Wir brauchen Klima- und Umweltschutz, und wir brauchen in Zukunft weiterhin Rahmenbedingungen auf der Grundlage neuer Klima- und Umweltschutzregeln, die es der Landwirtschaft ermöglichen, ökonomisch erfolgreich zu bleiben. Ansonsten wird sie nicht zu erhalten sein.
Diese Situation führt in der Gesamtschau zu der Aussage, dass die Landwirtschaft – im Übrigen mindestens im selben Umfang auch die Forstwirtschaft – über die gesamte Bandbreite strategisch neu gedacht werden muss, umso stärker jetzt an der Schwelle zur Gemeinsamen Agrarpolitik nach 2020. Es bedarf einer Agrarstrategie, die den konkreten Weg hin zu einer Landwirtschaft der Zukunft beschreibt.
Besondere Probleme hat das Bundeslandwirtschaftsministerium den Ländern bei zentralen Vorhaben bereitet, indem es agiert hat, ohne uns zu beteiligen und ohne konsequenten Abschluss der Projekte. Dies ist bei der Nachnovellierung der Düngeverordnung geschehen, aber auch bei der Überbürokratisierung der vermeintlichen Dürrehil
fe 2018 und derzeit beim Umgang mit dem Fördersatz „Integrierte ländliche Entwicklung“ der GAK, der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“, in der Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“. Der Gipfel ist das geplante Vetorecht für das Bundesumweltministerium beim Tierwohllabel.
Das sind keine verlässlichen Rahmenbedingungen, wie ich sie mir vorstelle. Meine Damen und Herren, ohne verlässliche Politik werden die Ansprüche zu einer strukturellen Überforderung der Landwirte führen. Zunehmende Betriebsaufgaben und ausbleibende Hofübernahmen durch die junge Generation werden die Folge sein. Deshalb gilt es, die Zukunft gemeinsam, sachlich und praxisbezogen zu gestalten.
Die Landesregierung will beste Chancen für Landwirtinnen und Landwirte, Winzerinnen und Winzer. Nur wenige Wirtschaftsbereiche sind so innovativ; wenige Wirtschaftsbereiche sind so digital wie unsere Landwirtschaft. GPS-gesteuerte Bodenbearbeitung, Dünge- und Pflanzenschutzmittelausbringung: Das ist alles digital gesteuert. Das setzt sich in Landwirtschaft und Weinbau mehr und mehr durch, und zwar schneller als in anderen Wirtschaftsbereichen.