... tes Landesgesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes Gesetzentwurf der Landesregierung – Drucksache 17/9762 – Erste Beratung
Die Fraktionen haben eine Grundredezeit von 5 Minuten vereinbart. Ich darf zunächst einem Mitglied der Landesregierung die Gelegenheit zur Begründung des Gesetzentwurfs geben. – Herr Staatsminister Lewentz, Sie haben das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und liebe Kollegen! Die nächsten Landtagswahlen in RheinlandPfalz finden im Jahr 2021 statt. Neben Rheinland-Pfalz werden auch in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern Landtage und in Berlin das Abgeordnetenhaus gewählt. Ferner fällt in das Jahr 2021 der nächste allgemeine Termin für die Bundestagswahl.
In Rheinland-Pfalz ist es gute Staatspraxis, dass rechtzeitig vor der nächsten Landtagswahl die hierfür maßgebenden Rechtsvorschriften überprüft und gegebenenfalls, liebe Kolleginnen und Kollegen, fortentwickelt werden.
In einem ersten Schritt soll mit dem nun vorgelegten Gesetzentwurf das Gesetzgebungsverfahren durchgeführt werden, mit dem einzelne Wahlkreise geändert und die Wahlkreisbeschreibungen berichtigt werden. Alle weiteren Änderungen des Landeswahlgesetzes, wie zum Beispiel die Streichung der Regelung des Wahlrechtsausschlusses für in allen Angelegenheiten Betreute, sollen in einem weiteren Gesetzentwurf aufgegriffen werden.
Schließlich muss die Landeswahlordnung zur Anpassung an das geänderte Landeswahlgesetz, aber auch aus anderen Gründen, punktuell geändert und ergänzt werden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Wahlkreiseinteilung für die Landtagswahlen ist Aufgabe des Landesgesetzgebers. Nach der Verfassung unseres Landes sind Wahlen allgemein, unmittelbar, geheim, frei und gleich durchzuführen. Wesentliches Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die verfassungsrechtlich geforderte Wahlgleichheit der Bürgerinnen und Bürger sowie Chancengleichheit der Parteien und sonstigen Wahlvorschlagsträger zu gewährleisten. Daneben gibt es weitere Prinzipien, die Sie alle kennen, die bei der landesweiten Wahlkreiseinteilung zu beachten sind.
Bevor ich auf die wesentlichen Einzelheiten des Gesetzentwurfs eingehe, möchte ich herausstellen, dass sich die Wahlkreiseinteilung seit fast 30 Jahren bewährt hat. Ein wesentliches Indiz hierfür ist die Tatsache, dass seit der Schaffung der einschlägigen gesetzlichen Regelungen im Jahr 1989 kein Überhang- und damit auch kein Ausgleichsmandat angefallen ist. Mit Blick auf das gefühlt ungezügelte Aufwachsen des Bundestags ist das, so finde ich, ein schöner Erfolg.
vom 15. Oktober 2014 anlässlich der letzten Wahlkreisänderung. Darin brachte der Landtag seinen Willen zum Ausdruck, die Überarbeitung der Wahlkreiseinteilung vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung fortzusetzen. Ich glaube, das ist rechtlich geboten und natürlich auch sinnvoll.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Gesetzentwurf greift die Änderungs- und Berichtigungsvorschläge auf, die die Landesregierung in ihrem Wahlkreisbericht, der am 20. November 2018 dem Landtag zugeleitet wurde, aufgeführt und begründet hat. Ich darf die wesentlichen Neuerungen und Neuregelungen, die der Gesetzentwurf für die Einteilung der Wahlkreise bei Landtagswahlen vorsieht, wie folgt zusammenfassen:
Im Bereich der Wahlkreise 27 Mainz I, 28 Mainz II und 30 Ingelheim am Rhein soll ein weiterer vierter Wahlkreis gebildet werden. Hierfür soll die Zahl der Wahlkreise von 51 auf 52 erhöht werden.
Die frühere Verbandsgemeinde Otterbach soll aus dem Wahlkreis 45 Kaiserslautern-Land dem Wahlkreis 44 Kaiserslautern II und die frühere Verbandsgemeinde Kaiserslautern-Süd aus dem Wahlkreis 44 Kaiserslautern II dem Wahlkreis 45 Kaiserslautern-Land zugeordnet werden.
Die kreisfreien Städte Pirmasens und Zweibrücken sowie der Landkreis Südwestpfalz sollen nicht mehr drei, sondern zwei Wahlkreisen zugeordnet werden. Für die Stadt Landau in der Pfalz sowie die Landkreise Südliche Weinstraße und Germersheim sollen vier statt drei Wahlkreise gebildet werden.
Ferner sind für zahlreiche Wahlkreise redaktionelle Änderungen der Wahlkreisbeschreibungen vorgesehen, die sich aus der Kommunal- und Verwaltungsreform ergeben haben oder absehbar noch ergeben werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, gestatten Sie mir einen weiteren Hinweis, der etwas mit den Vorgaben für den Wahlkreisbericht und den Gesetzentwurf zu tun hat. Ich darf in Erinnerung rufen, dass wir im Jahr 2014, also vor fünf Jahren, die gesetzlichen Vorgaben für die Einteilung des Landes in Bezirke und Wahlkreise grundlegend geändert haben.
Bemessungsgrundlage für die Bezirke und Wahlkreise ist nicht mehr die Zahl der deutschen Bevölkerung, sondern die Zahl der Stimmberechtigten. Ferner wurde die Toleranzgrenze für Wahlkreisabweichungen von 33 1/3 v. H. auf 25 v. H. abgesenkt. Die Änderungen waren aus mehreren Gründen erforderlich, erschweren jedoch erheblich die Einteilung der Wahlkreise. Ich denke, viele hier in diesem Hohen Hause erinnern sich noch an die damalige Diskussion.
Wie in der letzten Wahlperiode wird das Bemühen um eine sachorientierte Fortentwicklung der Einteilung des Landes in Bezirke und Wahlkreise durch die noch laufende
Kommunal- und Verwaltungsreform erschwert. Auch hier gilt es, Kompromisse zu finden, die politisch mehrheitsfähig sind und einer gerichtlichen Überprüfung standhalten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Landesregierung hat zu dem Gesetzentwurf ein umfassendes Anhörungs- und Beteiligungsverfahren durchgeführt. Die Landesverbände der im Landtag vertretenen Parteien – mit Ausnahme der CDU – sowie die kommunalen Spitzenverbände und der Kommunale Rat haben zu dem Gesetzentwurf keine Stellungnahme abgegeben oder keine Einwendungen erhoben.
Die CDU hat mitgeteilt, dass sie Teilen des Gesetzentwurfs zustimmt. Sie sehe jedoch keine Notwendigkeit zur Umsetzung der bisher bzw. bis zum Ablauf der vergangenen Wahlperiode vollzogenen Zusammenschlüsse von Verbandsgemeinden. Auch seien im Hinblick auf die Toleranzgrenze für Wahlkreisabweichungen sowie die Bevölkerungsentwicklung keine Änderungen geboten.
In dem Gesetzentwurf ist hierzu ausgeführt, dass die Landesregierung die kommunalen Gebietsänderungen aufgreift, die sich in zeitlicher Hinsicht schon verfestigt haben. Es bleibt dem Landesgesetzgeber vorbehalten, im Zuge einer Gesamtschau der Kommunal- und Verwaltungsreform die Einteilung des Landes in Wahlkreise insgesamt neu zu ordnen.
Ich weiß aus früheren Wahlperioden nur zu gut – ich bin seit 1994 in allen Wahlperioden Mitglied dieses Hohen Hauses gewesen –, dass beim Thema „Wahlkreiseinteilung“ die Emotionen parteiübergreifend, aber auch parteiintern sehr schnell hochschlagen. Das wissen wir. Es ist ein ganz schwieriges Feld, das insbesondere auch in Begleitung der Parlamentarischen Geschäftsführer irgendwie gelöst werden muss.
Die Landesregierung hat sich sehr bemüht, Lösungen zu finden, von denen sie hofft, dass sie bei Ihnen eine große Mehrheit finden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich würde mich sehr freuen, wenn alle Fraktionen zu dieser Mehrheit beitragen würden.
Herr Minister, vielen Dank für die Begründung des Gesetzentwurfs. Ich eröffne die Aussprache und bitte um Wortmeldungen. Für die SPD-Fraktion erteile ich dem Abgeordneten Haller das Wort.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Einteilung des Landes in Wahlkreise stellt eine in jeder Wahlperiode wiederkehrende Aufgabe des Gesetzgebers dar, die sich, wie der Innenminister schon ganz richtig ausgeführt hat, stets als sehr komplex erweist.
(Heiterkeit der Abg. Martin Brandl und des Abg. Dr. Adolf Weiland, CDU – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Ja, das ist so!)
Das zeigt auch der Blick in die Plenarprotokolle der Vergangenheit. Auch wenn die Verfassungsgerichte dem Gesetzgeber hierbei einen Beurteilungsspielraum zubilligen, so hat er gleichwohl eine einzelfallbezogene Betrachtung der Wahlkreise vorzunehmen und die zahlreichen Gesichtspunkte, die für oder gegen eine Neuabgrenzung sprechen, zu bewerten.
Es scheint mir geboten, an dieser Stelle nochmals auf die einzelnen Kriterien der Wahlkreiseinteilung einzugehen.
Zu den Kriterien der Wahlkreiseinteilung zählen etwa das Anliegen weitgehender integrativer Repräsentanz und das Gebot der Wahlrechtsgleichheit. Zu berücksichtigen ist schließlich, dass jeder Wahlkreis ein zusammengehörendes und abgerundetes Ganzes bilden muss, um eine territoriale Verankerung des Wahlkreisabgeordneten zu ermöglichen; auch die historisch verwurzelten Verwaltungsgrenzen sollten nach Möglichkeit mit den Wahlkreisgrenzen deckungsgleich sein.
Ein weiterer verfassungsrechtlich verankerter und anerkannter Aspekt ist die sogenannte Wahlkreiskontinuität; ständige Änderungen der Wahlkreisgrenzen würden nämlich den Prinzipien der demokratischen Legitimation zuwiderlaufen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wegen der in Art. 76 Landesverfassung verankerten Wahlrechtsgleichheit kommt der Größe der Wahlkreise ein ganz besonderer Stellenwert zu. In der vergangenen Legislaturperiode wurde die Wahlrechtsgleichheit dadurch gestärkt, dass die Toleranzmarge in Höhe von damals noch plus/minus 33 1/3 v. H. auf plus/minus 25 v. H. abgesenkt wurde. Hierdurch wurde sichergestellt, dass alle Wahlkreisabgeordneten einen annähernd gleich großen Wahlkreis mit seinen Bürgerinnen und Bürgern im Landtag repräsentieren können und die Erststimme jeder Wählerin und jedes Wählers von annähernd gleichem Gewicht ist.
Anerkannt ist, dass sich die Wahlrechtsgleichheit bei der Wahlkreiseinteilung, wie die Verfassungsgerichte sagen, niemals mathematisch genau, sondern nur unvollkommen realisieren lässt.
Die 25-Prozent-Grenze, die im Wahlkreis Zweibrücken unterschritten und in Mainz II überschritten wird, ist die äußerste, nach Verfassungsrecht noch zulässige Toleranzgrenze, ab der der Gesetzgeber zwingend eine Neueinteilung vornehmen muss.
In seiner zur vergangenen Wahlkreisreform ergangenen Entscheidung hat der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof hierzu ausdrücklich festgestellt, dass der Gesetzgeber natürlich nicht gehindert ist, auch unterhalb dieser Grenze liegende Abweichungen zum Anlass für eine Neueinteilung zu nehmen.
Um das an dieser Stelle nochmal deutlich auszuführen, auch eine Abweichung, die innerhalb der 25-Prozent
Toleranzmarge liegt, stellt einen Eingriff in die Wahlrechtsgleichheit dar. Dieser ist jedoch aus den zuvor genannten Gründen einer Rechtfertigung aus anderen verfassungsrechtlich anerkannten Gründen zugänglich. Hierdurch wird noch einmal deutlich, dass der Gesetzgeber auch bei Einhaltung der Toleranzschwelle des § 9 Abs. 4 Landeswahlgesetz nicht völlig frei ist, sondern in allen 52 Wahlkreisen demnächst eine Bewertung der örtlichen Gegebenheiten vorzunehmen hat.
Die Landesregierung hat mit dem vorliegenden Gesetzentwurf diesem verfassungsrechtlichen Auftrag entsprochen und die relevanten tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte ermittelt, diese sorgfältig gegeneinander abgewogen und einer sachgerechten und folgerichtigen Lösung zugeführt. Sie hören schon heraus, wir werden dem Gesetzentwurf zustimmen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, dies gilt auch im Hinblick auf die Berücksichtigung der kommunalen Gebietsgrenzen, die sich im Zuge der Kommunal- und Verwaltungsreform mehr oder weniger bereits vor Ort verfestigt haben. Der Innenminister hat es angesprochen.
Demzufolge sieht der Gesetzentwurf vor, dass die Gebietsänderungen auf der Ebene der Verbandsgemeinden, die für die Wahlkreiseinteilung relevant sind und sich in zeitlicher Hinsicht schon verfestigt haben, bei der Wahlkreiseinteilung Beachtung finden. Von einer solchen Verfestigung ist auszugehen, wenn die Gebietsänderungen bereits in der vergangenen Wahlperiode in Kraft getreten sind. Nichts anderes steht im Gesetzentwurf. In diesen Fällen ist es angezeigt, dass spezielle, bereits manifestierte lokale Interessen in Gestalt des Wahlkreisabgeordneten im Parlament repräsentiert werden können.
Diese differenzierte Lösung ist nicht nur sachgerecht, sondern auch verfassungsrechtlich eindeutig zulässig. Dass es eine angekündigte umfassende kommunale Gebietsreform gerade nicht rechtfertigt, den Neuzuschnitt der Wahlkreise auf kommende Wahlperioden zu verlegen, wie es die CDU will, hat der Verfassungsgerichtshof RheinlandPfalz in seiner schon genannten Entscheidung ausdrücklich festgestellt. Mit seiner Regelung trägt der Gesetzentwurf dieser Rechtsprechung also gerade Rechnung.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir nehmen zu diesem Gesetzentwurf Stellung. Der Innenminister hat die Stellungnahme der Partei zum Teil schon vorweggenommen. Aber mir ist es noch einmal ein Anliegen, auch auf die einzelnen Regelungen dieses Entwurfs