Protocol of the Session on August 21, 2019

(Beifall der Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD – Abg. Christian Baldauf, CDU: Textbausteine!)

Warum sage ich das? An dem Gesetz haben Sie anscheinend nichts auszusetzen, weil kein einziger Vorschlag kommt, was an der Struktur oder sonst wie verändert werden soll.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU: Was? – Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Sie fordern nur mehr. Zum Teil widerspricht sich das auch,

(Zurufe von der CDU)

und Sie engen Ihre eigenen Handlungsspielräume ein mit dem, was Sie sagen. Aber das Mehr bedeutet in Ihrem Sinne: eine läppische Milliarde Euro mehr wollen Sie ins System geben.

(Zurufe von der CDU: Was?)

Ja, selbstverständlich. Sie wollen 500 Millionen Euro Investitionskosten haben,

(Abg. Christian Baldauf, CDU: Die werden ja auch anfallen!)

und Sie wollen ungefähr 365 Millionen Euro mehr für Personal haben. Das implizieren Ihre Vorschläge, die Sie gemacht haben, und das ohne irgendeinen Gegenfinanzierungsvorschlag. Es gibt keinen einzigen Gegenvorschlag von Ihnen dazu.

(Zurufe von CDU und AfD – Glocke der Präsidentin)

Und deswegen ist das so. So macht die Opposition Politik, aber nicht die Regierungskoalition. Wir machen verantwortliche, ernsthafte Politik.

Wir danken Frau Ministerin Hubig für die Vorlage des Gesetzes, weil das den Weg

(Glocke der Präsidentin)

für die Zukunft ebnet und die Herausforderungen der Zukunft damit gut gemeistert werden können. Wir sind optimistisch, dass wir durch die Umsetzung des Gesetzes auch diejenigen überzeugen werden,

(Glocke der Präsidentin)

die heute noch zweifeln.

Vielen Dank.

(Beifall der SPD, der FDP und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die AfD-Fraktion spricht der Abgeordnete Frisch.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn ein Kind zum ersten Mal im Leben in eine Kita geht, dann ist das ein einschneidendes Erlebnis für diesen kleinen Menschen: eine neue, ungewohnte Umgebung, eine beängstigende Geräuschkulisse, viele fremde Personen, stundenlange Trennung von den Eltern.

Wie oft fließen Tränen, klammern sich die Kleinen an Mamas oder Papas Hand, wenn die Zeit kommt, allein in dieser fremden Welt zurückzubleiben. Für manche werden diese Abschiede zu einem traumatischen Erlebnis.

(Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Oje!)

Nahezu alle Kinder leiden nachweislich unter Stress. Bis sie Vertrauen und Sicherheit gewinnen, braucht es zumeist Wochen oder gar Monate. Und ob dies gelingt, hängt von denen ab, die fortan außerhalb der Familie ihre wichtigsten Bezugspersonen sind: Erzieherinnen und Erzieher. Auf ihren Schultern lastet eine große Verantwortung; denn KitaKinder befinden sich in der verletzlichsten und zugleich prägendsten Phase ihres Lebens.

Das, was sie in dieser Zeit erfahren, formt ihre Persönlichkeit in einer Art und Weise, die später kaum mehr korrigierbar ist. Für eine gesunde Entwicklung brauchen sie deshalb viel Zeit voller Zuwendung und Empathie, ja, sie brauchen die gleiche Sicherheit und Bindung wie zu Hause.

Meine Damen und Herren, seit Jahrzehnten setzt sich die Wissenschaft mit den Bedürfnissen von Kindern auseinander. Kinderärzten, Psychologen, Psychotherapeuten, Hirn- und Bindungsforschern verdanken wir gesicherte Erkenntnisse darüber, was wir unseren Kleinsten auch in den Kitas geben müssen, damit sie für das Leben gut gerüstet sind. Sie haben Mindeststandards definiert, und diese Standards sind sehr klar: eine Erzieherin auf zwei oder maximal drei unter dreijährige Kinder, bei älteren sollten es nicht mehr als acht sein.

Das, was der Gesetzentwurf der Landesregierung als Personalbemessung vorsieht, ist meilenweit von diesen Anforderungen entfernt:

(Beifall bei der AfD)

durchschnittlich neun bis zehn Kinder auf eine Fachkraft und keine Besserstellung der Zweijährigen, mittelbare pädagogische Arbeit und Ausfallzeiten, die in der Expertenanhörung zusammen mit über 40 % beziffert wurden, inklusive.

Mag die Landesregierung rechnen wie und so lange sie will, das reicht bei Weitem nicht aus. Die viel gerühmte und erst nach heftigen Protesten von Erzieherinnen und Erziehern vorgenommene geringfügige Anhebung des Personalschlüssels genügt nicht einmal, um Leistungsausweitung, Inklusion, Sprachförderung und den hohen Betreuungsbedarf für immer mehr Zweijährige aufzufangen. Noch viel weniger wird damit die dringend gebotene Verbesserung der Fachkraft-Kind-Relation erreicht werden können.

Zwar weisen Ministerin und Ampelfraktion gebetsmühlen

artig darauf hin, man gebe mehr Geld ins System, aber das ist ein Scheinargument; denn es geht nicht um ein Mehr, es geht um ein Genug, ein Genug im Hinblick auf die existenziellen Bedürfnisse und die gesunde Entwicklung unserer Kinder.

Wie kann es sein, dass eindeutige wissenschaftliche Erkenntnisse unter Hinweis auf angeblich fehlende Finanzmittel einfach beiseite geschoben werden, obwohl man um die damit verbundenen Folgen weiß?

Stellen Sie sich einmal vor, man würde im Bereich Gesundheit oder Pflege mit dem Hinweis auf zu hohe Kosten elementare Standards der Wissenschaft zulasten der Menschen vernachlässigen. Ein Aufschrei der Entrüstung wäre zu Recht die Folge. Warum gelten diese Maßstäbe bei der Kinderbetreuung nicht?

Meine Damen und Herren, der tschechische Kinderpsychologe Zdenˇek Matˇejˇcek hat einmal festgestellt, Kindertagesstätten seien eine Einrichtung zugunsten Erwachsener, die sich Kinder nie selbst ausdenken würden. – In der Tat gibt es vor allem für die Kleinsten nichts Besseres als liebevolle Eltern und Geborgenheit in der Familie. Auch dafür gibt es eine Fülle von wissenschaftlichen Belegen.

Deshalb setzen wir uns dafür ein, die familiäre Erziehung zu stärken und Eltern es mehr als bisher zu ermöglichen, in den ersten Jahren selbst für ihre Kinder da zu sein. Aber uns ist auch bewusst, dass die gesellschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen dies nicht in dem Maße erlauben, wie es wünschenswert wäre. Deshalb brauchen wir das Angebot einer öffentlichen Kinderbetreuung. Aber dann müssen wir eine solche Betreuung auch richtig machen. Dann müssen wir sie so machen, dass nicht aus ideologischen oder ökonomischen Zwängen, sondern einzig und allein aus der Perspektive der Kinder gedacht und gehandelt wird.

Das heißt konkret: ausreichende Eingewöhnungszeit, Kontinuität in der Beziehung zu einer festen Bezugsperson und kleine Gruppen. Das heißt: individuelle körperliche und seelische Zuwendung immer dann, wenn es notwendig ist, und nicht nur 30 Minuten am Tag, wie eine aktuelle Studie den Ist-Zustand in unseren Kitas beschreibt. Das heißt: nicht von der Personalsituation abhängiges, sondern zuverlässiges und unmittelbares Beantworten kindlicher Signale und Bedürfnisse.

All das geht nicht ohne Zeit, Zeit und noch einmal Zeit. Mit der Personalausstattung dieses Gesetzes kann das nicht annähernd funktionieren. Deshalb ist dieses Gesetz schlicht und ergreifend verantwortungslos. Es gefährdet das Wohl der Kinder, und es bringt Erzieherinnen und Erzieher endgültig an die Grenze der Belastbarkeit.

Meine Damen und Herren, so manches ließe sich zu diesem Gesetz noch sagen. Insbesondere die zu erwartende finanzielle Belastung der Kommunen erfüllt uns mit Sorge. Sie werden beim Personal und dem notwendigen Ausbau der Infrastruktur wieder einmal draufzahlen müssen. Auch der Fachkräftemangel, gegen den die Landesregierung kein wirkliches Rezept hat, dürfte den Einrichtungen in Zukunft immer mehr zu schaffen machen. Hier rächt sich eine seit Jahrzehnten verfehlte Familien- und Bildungs

politik. Diese Kritikpunkte bestärken unsere ablehnende Haltung zum Gesetz.

Meine Damen und Herren, von dem Schriftsteller Jean Paul stammt der wunderbare Satz: „Mit einer Kindheit voller Liebe kann man ein halbes Leben hindurch die kalte Welt aushalten.“ Nur wenn wir unseren Kindern diese Liebe geben, werden sie

(Glocke der Präsidentin)

gesund und glücklich aufwachsen und die Herausforderungen des Lebens meistern. Diesem alles entscheidenden Anspruch wird das KiTa-Zukunftsgesetz in der vorliegenden Form nicht gerecht. Die AfD-Fraktion lehnt es deshalb ab.

Vielen Dank.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion spricht die Kollegin Helga Lerch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf erfährt das alte Kita-Gesetz aus dem Jahr 1991 eine grundlegende Veränderung. Und niemand, aber niemand, auch hier im Hause, bestreitet, dass eine Überarbeitung des alten Gesetzes mehr als überfällig war und eine Anpassung an neue gesellschaftliche Rahmenbedingungen erfolgen musste.

Diese neuen Bedingungen betreffen in allererster Linie Familien und Alleinerziehende. Das Gesetz garantiert einen Rechtsanspruch auf sieben Stunden Betreuung und Bildung am Stück sowie die Sollbestimmung eines Mittagessens.

Eltern in Rheinland-Pfalz können damit weitaus flexibler ihren Alltag gestalten und organisieren, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Es verwundert daher nicht, dass der Landeselternausschuss in der vorliegenden Gesetzesnovelle – ich zitiere aus der Anhörung – deutliche Verbesserungen für die Kitas in Rheinland-Pfalz feststellt. –

Familien werden finanziell weiter entlastet, indem alle Kinder ab dem zweiten Lebensjahr beitragsfrei sind. Damit setzt die Landesregierung den Weg der kostenlosen Bildungskette fort, fördert Chancengleichheit schon ab dem frühen Kindesalter. Ein Blick über die Landesgrenzen zeigt, dass dies im Bundesvergleich herausragend ist.

Frau Beilstein, wenn Sie den Landeselternausschuss zitieren oder anführen,