Protocol of the Session on June 13, 2019

Frau Spiegel, trauen Sie unseren Frauen zu, ihr Leben eigenverantwortlich, selbstständig und autonom zu führen.

(Vereinzelt Beifall bei der AfD – Abg. Michael Frisch, AfD: Ganz genau!)

Die Frauen brauchen keine grünen Bevormunder, die angeblich falsche Strukturen aufbrechen und doch nur ihre subjektive Ideologie anderen aufzwingen wollen.

(Beifall der AfD)

Meine Damen und Herren, es gefällt uns nicht, wenn die Ministerin Dinge vermischt, die überhaupt nicht zusammengehören. Dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz inakzeptabel ist, versteht sich doch von selbst.

(Abg. Helga Lerch, FDP: Ach ja?)

Aber in Geschlechtsstereotypen und vorurteilsbehafteten Einstellungen bekämpfungswürdige Diskriminierung und sexistische Unterdrückung zu sehen, wie es die Kampagne „LAUT+STARK“ suggeriert, geht entschieden zu weit. Wer legt denn fest, was diskriminierende Strukturen sind? Wieso ist eine von Partnern frei gewählte Rollenverteilung in der Familie Ausweis einer frauenausnutzenden Struktur, die es zu verändern gilt?

(Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD: Wer sagt das denn? – Abg. Michael Frisch, AfD: Das sagt die Kampagne! Sehen Sie doch mal rein!)

Woher nehmen Sie das Recht, so etwas zu behaupten und dann auch noch mit den Mitteln des Staats aktiv dagegen vorzugehen? Frau Spiegel, für uns ist das Ausdruck eines voraufklärerischen Menschenbilds und zeugt von einem ideologisch geprägten, freiheitsfeindlichen und letztendlich totalitären Verständnis von Gesellschaft.

(Beifall der AfD – Zuruf der Abg. Giorgina Kazungu-Haß, SPD)

Aber vielleicht soll die sogenannte Antisexismuskampagne „LAUT+STARK“ auch vom eigenen Versagen ablenken. Frau Spiegel hat nicht völlig Unrecht,

(Abg. Cornelia Willius-Senzer, FDP: Sie hat vier Kinder, von wegen Versagen!)

wenn sie behauptet, ich zitiere: „Sexismus ist in unserer Gesellschaft in einem erschreckenden Ausmaß allgegenwärtig.“

Ja, das ist es. Daran haben allerdings Rot-Grün und auch die gelben Politiker einen gehörigen Anteil.

(Zuruf von der FDP: Ach! – Zuruf des Abg. Daniel Köbler, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ja, hören Sie zu! Was nämlich zunächst frauenfreundlich rüberkommen soll, kann bei genauer Betrachtung auch frauenfeindlich sein.

Zur Erinnerung: Unter der rot-grünen Bundesregierung wurde im Jahr 2001 mit den Stimmen der FDP das Prostitutionsgesetz verabschiedet. Folgen: Deutschland wurde zur Drehscheibe moderner Sklaverei

(Heiterkeit bei der FDP)

ja, hören Sie zu –, der Menschenhandel stieg rasant an. Dieser geht meist einher mit Zwangsprostitution, mit Kinderprostitution, mit Kinderpornografie.

(Glocke der Präsidentin)

Laut dem FOCUS entwickelte sich Deutschland – ich zitiere – zum Puff Europas.

Ich komme zum Schluss. Die Anerkennung und Legalisierung der Prostitution erleichterte Ausbeutung und Menschenhandel. Dazu tragen die Ministerin und ebenfalls SPD und FDP bei.

(Glocke der Präsidentin)

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Hier sollte angesetzt werden, und es sollte nicht Lebensentwürfen der Familien strukturelle sexistische Diskriminierung unterstellt werden.

Vielen Dank, und hierzu noch ein bisschen mehr – –

(Glocke der Präsidentin)

Kommen Sie zum Schluss, Frau Abgeordnete!

in der zweiten Runde.

(Beifall der AfD)

Für die FDP-Fraktion erteile ich der Abgeordneten Helga Lerch das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Eigentlich bräuchte ich jetzt erst einmal ein Sauerstoffgerät, um richtig durchatmen zu können.

(Heiterkeit und Beifall der FDP, der SPD und des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Rede war schon beeindruckend, in vielerlei Hinsicht.

(Beifall bei der AfD)

Die FDP ist für die Sklaverei verantwortlich. Dass man gegen Sexismus arbeiten muss, versteht sich von selbst. – Liebe AfD, Sie haben heute noch einmal, wie schon so oft, unter Beweis gestellt, wie rückwärtsgewandt Sie sind.

(Beifall der FDP, der SPD, des BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Welche Zusammenhänge Sie hier aufgebaut haben, das war schon abenteuerlich.

(Zuruf des Abg. Michael Frisch, AfD)

Es lohnt sich, sich die Rede noch einmal durchzulesen

(Abg. Michael Frisch, AfD: Ja, machen Sie das mal! – Abg. Uwe Junge, AfD: Machen Sie mal!)

und sich die Analysen und die Querverbindungen, die Sie gezogen haben, noch einmal auf der Zunge zergehen zu lassen.

(Abg. Dr. Jan Bollinger, AfD: Nur weil Sie es nicht verstehen, muss es nicht falsch sein! – Abg. Alexander Schweitzer, SPD: Da braucht man nicht gleich patzig zu werden!)

Es ist schon erschütternd.

Meine Damen und Herren, ich komme zum eigentlichen Thema und nicht zu den Dingen, die mit realer Politik nichts zu tun haben. Wie Sie sicherlich alle wissen, wurde am vergangenen Dienstag Fußball gespielt. Deutschland gegen Estland, Ergebnis: 8 : 0. Eine große Tageszeitung mit vier Buchstaben und einer Reichweite von über 9 Millionen Leserinnen und Lesern titelt: „Fußballzwerg Estland zerlegt! Deutschland feiert Acht-Tore-Party“.

Aber nicht nur gestern, sondern auch am vergangenen Samstag wurde Fußball gespielt, eine meiner Vorderrednerinnen hat das schon vermerkt. In Frankreich findet die Frauen-WM statt. Deutschland gegen China, Ergebnis: 1 : 0. Eine große Tageszeitung mit vier Buchstaben und einer Reichweite von über 9 Millionen Leserinnen und Lesern titelt: „Hässlicher Auftakt-Sieg dank unserer ‚Hübschesten‘“.

Dass besagte Zeitung also beim Männerfußball gerne über Ergebnisse und beim Frauenfußball lieber über das Aussehen der Torschützin berichtet, verwundert wohl niemanden hier im Saal. Wir sollten diesem Blatt nicht allzu viel Aufmerksamkeit schenken, aber das ist ein Zeichen, ein Beispiel dafür, dass Sexismus leider noch immer Teil unseres Alltags ist.

Für uns Freie Demokraten will ich gleich zu Beginn sagen: Wir stellen uns geschlechterbezogener Diskriminierung entgegen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir erheben unsere Stimme gegen Sexismus, und zwar laut und stark.

Das Beispiel aus der Fußballberichterstattung ist im Vergleich zu vielen sexistischen Handlungen ein eher harmloses. Denken Sie an großflächige Plakatwerbung, in der Frauen unter dem Motto „Sex sells“ vermarktet werden. Denken Sie an die #MeToo-Debatte, in der millionenfach über sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe berichtet wurde. Und denken Sie an männerdominierte Institutionen, in denen strukturelle Diskriminierung von Frauen insbesondere im Arbeitsleben noch immer an der Tagesordnung ist. Damit muss Schluss sein!